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Popkultur

Zeitsprung: Am 10.11.1983 startet Billy Idol mit „Rebel Yell“ durch.

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Foto: Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 10.11.1983.

von Christof Leim und Tom Küppers

Wer es in den Achtzigern im Pop-Biz auch nur ansatzweise zu irgendetwas bringen will, kommt nicht an MTV vorbei. Die Idee, einen Sender zu etablieren, der überwiegend Musikvideos zeigt, ist so einfach wie genial und erschüttert die Musiklandschaft bis in ihre Grundfesten. Auch Billy Idol, der ehemalige Frontman von Generation X, profitiert von dem neu geschaffenen Massenmedium in erheblichem Maße.

Ein kleiner Rückblick: Nach dem Ende seiner britischen Punk-Kapelle siedelt der im November 1955 als William Broad geborene Sänger 1981 nach New York über, wo er vom damaligen Kiss-Manager Bill Aucoin unter die Fittiche genommen wird. Ebenfalls kreuzen sich in dieser Zeit seine Wege mit denen des Gitarristen Steve Stevens, der Idols Karriere maßgeblich mitgestalten wird. Damals trägt Billy Idol einen punkigen Look mit platinblonder Stachelfrisur, während Stevens’ Erscheinungsbild nach New Wave aussieht, zumindest was schwarze Kleidung, Eyeliner und eine Frisur der Marke „explodierte Haarspraydose“ angeht. Und das ist genau das, wonach sich die neuen Musikvideo-Regisseure die Finger lecken. 1982 erscheint das Debüt und wirft mit White Wedding einen ersten Hit ab. Dabei unterstützt MTV nach Kräften, der Sender ruft sogar kurzerhand eine „zweite britische Invasion“ aus – in Anspielung auf die Sechziger, als Künstler wie die Rolling Stones und die Beatles in den USA Erfolge feiern konnten.

Mit dem zweiten Wurf Rebel Yell gelingt Billy Idol am 10. November 1983 schließlich der Durchbruch in großen Stil, und das nicht nur in seiner Wahlheimat USA. Hierfür setzt er auf das gleiche Kernteam wie beim ersten Mal und nimmt Stevens und Produzent Keith Forsey mit in die legendären, von Jimi Hendrix erbauten Electric Lady Studios. Für die Fertigstellung des Titeltracks braucht Team Idol lediglich drei Tage, Konflikte zwischen dem Sänger und der Plattenfirma über die kreative Ausrichtung sorgen aber regelmäßig für Verzögerungen.

Irgendwann platzt Idol der Kragen, und er klaut kurzerhand die Mastertapes der bisherigen Aufnahmen. Nach dem Motto „Entweder so oder gar nicht“ setzt er seine Plattenfirma unter Zugzwang. Überraschenderweise knicken Chrysalis Records ein, so dass der Künstler fortan schalten und walten kann, wie er es für richtig erachtet. Das sich Forsey als Produzent und somit eigentlich Mittelsmann zwischen den Parteien von all dem nicht aus der Ruhe bringen lässt, hat einen ziemlich einfachen Grund: Idol hat die falschen Bänder eingepackt, die Originale liegen nach wie vor im Studio. „Ich ließ ihn bis zum Schluss in dem Glauben, er hätte die echten Mastertapes“, erzählt Forsey später süffisant.

Dank des dazugehörigen Videos gerät Rebel Yell zum Welthit. Für den Dreh in einem Theater in New Jersey werden die Fans aus dem nahen New York in eigens organisierten Bussen herbeigekarrt. „Wir haben während der Fahrt reichlich Bier und Wein ausgeschenkt“, erinnert sich Regisseur Jeff Stein. „Damit käme man heutzutage nicht mehr durch, aber alle hatten gut einen sitzen. Ich habe dann die hübschen Mädels in den ersten Reihen platziert.“ MTV ist bereit, den Song in die Rotation zu nehmen – bis ihnen auffällt, dass in einer Szene ein Minderjähriger mit einem Bier in der Hand zu sehen ist. Stein rast zurück zum Schnittplatz und schafft es erst wenige Minuten vor der geplanten Premiere, den überarbeiteten Clip wieder in der Sendezentrale abzuliefern.

Mit Eyes Without A Face und Flesh For Fantasy kann Billy Idol zwei ebenbürtige Hits auskoppeln. Billys damalige Freundin Perri Lister darf nicht nur die französische Zeile in Eyes Without A Face einhauchen, sondern spielt auch im Video mit. Nach drei Tagen durchgehender Dreharbeiten macht sich Idol auf den Weg zu einer Liveshow, stellt aber unterwegs fest, dass seine Kontaktlinsen an den Augäpfeln festkleben und muss sich einer Notoperation unterziehen. Kann man sich nicht ausdenken. Bei einem seiner ersten TV-Auftritte in Deutschland legen Idol und Band übrigens eine sehenswerte Playback-Performance dieser beiden Songs hin, die wir extra zu diesem Anlass noch mal ausgegraben haben. Spätestens nach der Ankündigung von Thomas Gottschalk mit „Hier kommt was für die Freaks“ weiß man: Dranbleiben lohnt sich

Musikalisch klingt das Album deutlich seiner Zeit entsprechend, nämlich sehr nach den Achtzigern, irgendwo zwischen mit Rock, Pop und Wave. Aber die Songs stimmen. Mit Catch My Fall erscheint schließlich sogar eine vierte Single, ebenfalls mit Video, und alle werden sie auf MTV rauf- und runtergespielt. So klettert Rebel Yell in den USA auf Platz 6, in Deutschland sogar bis auf Platz 2.

Und was ist die größte Form der Ehrerbietung? Genau, die gepflegte Verballhornung. Wenn die Sesamstraße mit „Rebel L“ das Alphabet erklärt, darf auch der hartgesottene Rocker gerne ein wenig schmunzeln.

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Zeitsprung: Am 13.3.1984 erscheint „Heartbeat City“ von The Cars.

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