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Popkultur

Zeitsprung: Am 10.4.1970 will Jim Morrison mal wieder seinen kleinen Rockstar zeigen.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 10.4.1970.

von Christof Leim

Am 10. April 1970 entgeht Jim Morrison nur knapp einer Verhaftung, weil er erneut auf offener Bühne schlimme Worte sagt und blank ziehen will. Keyboarder Ray Manzarek kann das gerade noch verhindern, doch zusehends spüren The Doors die Konsequenzen solcher Eskapaden…

Hört euch hier die besten Songs von The Doors an:

Jim Morrison ließ sich nie gerne sagen, was er zu tun und zu lassen hat. Und sehr gerne tat er Dinge, die das Establishment der Endsechziger in Rage brachten. Deshalb wurde ihm 1967 die zweifelhafte Ehre zuteil, vermutlich als erster Rockstar noch auf der Bühne verhaftet zu werden. Im Frühling 1970 hätte Jim Morrison sich deshalb eigentlich benehmen sollen. Einige Begegnungen mit der Justiz hatten es den Doors schwer gemacht, Konzerte zu spielen, weil sie von manchen Agenturen einfach nicht mehr gebucht wurden. Doch auf Regeln steht der 26-Jährige eben nicht so.

Eskalation nach Mitternacht

Als die Band am 10. April in Boston die Bühne betritt für das erste von zwei Sets hat der Sänger schon eine ganze Reihe Drinks intus. Doch zunächst äußerst sich das nur in einer sehr lockeren Darbietung und lustigen Ansagen. Beim zweiten Set, das erst spät in der Nacht startet, sieht die Sache (und auch Morrisons Pegel) ganz anders aus: Die Doors sind bekannt dafür, lange zu spielen, um 2 Uhr morgens muss an diesem Abend allerdings Schluss sein. Der Veranstalter macht sich Sorgen wegen dieser Sperrstunde und schaltet deshalb kurz vor dem geplanten Ende den Strom ab. Das Dumme: Morrisons Mikro funktioniert noch.

The Doors 1969. Jim Morrison (l.) hat die Hose noch an.

Dass dabei nicht Gutes rauskommen kann, weiß Ray Manzarek genau und greift sich seinen Sänger, um ihn von der Bühne zerren. Der kann noch schnell ein paar ausgesuchte Profanitäten raushauen, was damals allgemein nicht so gerne gesehen und gehört wird. Anders formuliert: „Pippikackearsch“ und andere böse Worte sind 1970 verpönt. Damit aber nicht genug: Morrison reißt sich los, rennt zurück zum Mikro und fragt das Publikum, ob sie etwas sehen wollen, das sich auf „sock“ reimt. (Eine wackelige, wenngleich adäquate Übersetzung ins Deutsche wäre: „Simmel“.) Und damit auch die komplette Kiffbrigade im Auditorium versteht, dass er seinen kleinen Jim meint, schreit er zur Sicherheit noch: „Wer will meine Genitalien sehen?“

Wird knapp

An der Stelle bekommt die anwesenden Polizei ein bisschen Kammerflimmern, aber im Gegensatz zu anderen Gelegenheiten mit angedrohtem oder vollzogenem „Blankzug untenrum“ wird der „Lizard King“ diesmal nicht verhaftet. Da hat er durchaus Glück, denn viel mehr behördliche Vermerke kann er sich nicht leisten: Ein halbes Jahr später entgeht er bei einer Gerichtsverhandlung zu mehreren solcher Vorfälle, etwa am 1. März 1969 in Miami, nur knapp einer Gefängnisstrafe wegen „Erregung öffentlichen Ärgernis“. Die Fans in Boston verdanken es dem beherzten Eingreifen Manzareks, dass die Doors mit ihrem wilden Sänger sogar noch für einen Song auf die Bühne zurückkommen dürfen. Damit die Nachwelt auch etwas davon hat, wir der Abend aufgezeichnet, Teile des Mitschnittes erscheinen noch im Sommer, das komplette Spektakel 2007 als Live In Boston.

Allerdings bleibt der Vorfall nicht ohne Folgen: Die Verantwortlichen für die nächsten Show in Salt Lake City am folgenden Tag stehen im Publikum und sagen das geplante Konzert kurzerhand ab. Generell werden The Doors  immer häufiger gemieden, und wenn sie doch spielen können, erweist sich Jim Morrison als zusehends instabil. Im Dezember 1970 steht er zum letzten Mal auf der Bühne, am 3. Juli 1971 stirbt er mit nur 27 Jahren.

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Zeitsprung: Am 30.8.1973, zwei Jahre nach Morrisons Tod, lösen sich die Doors auf.

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