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Popkultur

Zeitsprung: Am 2.3.1983 gibt es den ersten CD-Player & 16 Alben auf CD zu kaufen.

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Foto: Atreyu/WikiCommons

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 2.3.1983.

von Christof Leim

Am 2. März 1983 konnten Audiofreaks auf aller Welt zum ersten Mal einen CD-Player kaufen. Die Erfindung revolutionierte die Musikwelt, und wie so oft spielten neben cleveren Entscheidungen auch Zufälle eine entscheidende Rolle. Heute hören wir Musik und speichern wir Daten zunehmend anders, aber die CD hält sich – noch.

Hört hier den ersten CD-Millionenseller:

Musik hören mit einem Laser: Was nach Feierabend auf der Enterprise klingt, beschreibt die Funktionsweise einer CD ganz gut. Die Idee, Musik und Daten auf einem optischen Medium zu speichern und mit einem Laser auszulesen, verfolgt ein US-amerikanischer Ingenieur namens James T. Russell schon in den Sechzigern. 1970 meldet er ein Patent an, doch damit endet sein Teil der Geschichte leider schon. Das Patent geht nämlich an eine kanadische Firma namens Optical Recording Corp., aber auch die spielt rasch keine größere Rolle mehr. Denn jetzt kommen die „Big Player“: Philips aus den Niederlanden und Sony aus Japan, die beide die Erfindung aufgreifen. Die werden zwar von Optical Recording Corp. noch schnell erfolgreich auf Lizenzzahlungen verklagt, können dann aber die Ressourcen aufbringen, die Compact Disc zu entwickeln, wie wir sie kennen. Von den Lizenzzahlungen sieht der heute über 80 Jahre alte James T. Russel übrigens nichts.

Gemeinsame Sache der “Großen”

Für das Projekt „CD“ tun sich die konkurrierenden Firmen Philips und Sony eigens zusammen, was in Zeiten vor der Globalisierung durchaus nicht als selbstverständlich gesehen wird. Gemeinsam können sie den grundlegenden Einfall von Russell so weiterentwickeln, dass er auch zuverlässig genutzt werden kann. Die ersten Prototypen entstehen schon Ende der Siebziger. Der Durchmesser der Discs wird auf 12 cm festgelegt, weil das der Diagonale einer Musikkassette entsprecht, dem damals wegen seiner Kompaktheit beliebten Medium. Der Sage nach plädiert der verantwortliche japanische Techniker Norio Ohga für eine Spielzeit von 75 Minuten deshalb, weil er Beethovens neunte Sinfonie ohne Unterbrechungen hören will. Andere Berichte sprechen von einem Wunsch seiner Frau. Der Chefentwickler auf der niederländischen Seite, Kees Schouhamer Immink, soll dem später jedoch widersprochen haben.

Einer der Väter der CD, der niederländische Ingenieur Kees Schouhamer Immink. Foto von Ehuang (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons

In einer von Philips aufgebauten Produktionsfabrik in Langenhagen bei Hannover wird als erster Test Eine Alpensinfonie von Richard Strauss auf Polycarbonat gepresst. Am 17. August 1982 wird die erste Compact Disc für den Handel produziert, und zwar mit dem Album The Visitors von ABBA. Ab 1. Oktober 1982 kann man in Japan den Sony CDP-01 kaufen, den ersten öffentlich erhältlichen CD-Player. Viel Musik gibt es dafür noch nicht, als erstes Album wird 52nd Street von Billy Joel angeboten. Am 2. März 1983 schließlich haben Musikfreaks auf der ganzen Welt, vor allem in Nordamerika und Europa, Zugriff auf das neue heiße Ding. Damit man die noch ziemlich teuren Geräte nicht nur angucken muss, veröffentlichen CBS Records praktischerweise ganze 16 Titel.

Die ersten CDs: ABBA und Billy Joel

Ein Hit!

Die Reaktionen fallen enthusiastisch aus, zumindest bei den Leuten, die sich solches Hifi-Spielzeug leisten können. Im Laden muss man für die CD-Player anfangs bis zu 1000 Dollar hinlegen, aber bis 1984 werden in den USA über 400.000 Geräte verkauft, weltweit sind es laut Philips 1985 schon fünf Millionen, 1986 verdoppelt sich die Zahl. Zunächst sind es vornehmlich Fans von klassischer Musik und audiophile Freaks, die auf die bahnbrechende Klangqualität und die einfache Handhabung abfahren. Auch verlegen sich die Plattenfirmen darauf, erfolgreiche Werke im neuen Format erneut zu veröffentlichen, weil sie dabei von einer Nachfrage ausgehen können. Schon im Jahr 1988, nur fünf Jahre nach der Markteinführung, werden 400 Millionen CDs in 50 Presswerken weltweit produziert. Kurz gesagt: Die Idee von James T. Russell und die technische Umsetzung von Philips/Sony sind ein Hit.

Der erste CD-Player im Handel: Der Sony CDP-101. Heute sehen die Dinger gar nicht so anders aus. Bild Credit: Alessandro Nassiri

In der folgenden Dekade läuft CD anderen populären Speichermedien den Rang ab: Schon 1988 überholen die CD-Verkäufe in den USA die von Vinyl, 1992 werden mehr CDs gekauft als Kassetten. Als erster Künstler hat David Bowie 1985 seinen gesamten Katalog auf CD rausgebracht, der erste CD-Millionenseller wird Brothers In Arms von Dire Straits. 1998 erhalten Sony und Philips einen Technik-Grammy, bis 2007 werden weltweit 200 Milliarden CDs (und die verwandten Formate CD-ROM und CD-R) verkauft.

Der erste Millionenseller auf Polycarbonat: “Brothers In Arms” von Dire Straits

Aufstieg und Abstieg

Aber so geht’s nicht weiter, wie wir alle wissen: Doof ist für das Musikgeschäft zunächst, dass man CDs irgendwann verlustfrei kopieren kann. 1982 konnte eine CD wesentlich mehr Daten speichern (etwa 800MB) als eine handelsübliche Harddisk in einem Personal Computer mit 10 MB Platz. Das ändert sich ziemlich schnell und ebnet den Weg für die Verbreitung von mp3s und ähnlichen Formaten. Und dann kommt dieses Internet, von dem alle immer reden: Zunächst geht der Trend zu Downloads, mittlerweile wird Musik zusehends gestreamt. Nach 2001 zeigt die Absatzkurve von CDs kontinuierlich nach unten, 2014 überholen die Umsätze mit digitaler Musik in den USA erstmals die durch Verkäufe physikalischer Tonträger.

Die Absatzkurve von CDs und Vinyl. Quelle: Wikipedia

In Deutschland wurden laut dem Bundesverband Musikindustrie 2016 immer noch etwa 54 Prozent des Umsatzes mit CDs gemacht, Tendenz fallend. Vinyl liegt bei 4,4 Prozent, bleibt also eine Nische für Liebhaberei. Downloads gehen ebenfalls zurück (12,2 Prozent), der Streaminganteil erreicht 24,1 Prozent Umsatz, Tendenz steigend. Wo die Reise hingeht, ist also klar. Trotzdem diskutieren Musikfans gerne große Biere leer, wenn es um die „richtige“ Art des Hörens geht. Folgendes Argument gegen physische Tonträger wird unserer Meinung allerdings oft unterschätzt: Umzüge mit umfangreichen Sammlungen sind so traumatisierend, dass sich diese Frage irgendwann unter dem Geräusch berstender Bandscheiben erledigen wird. Ehrlich.

Wer übrigens seine Schätzchen tatsächlich loswerden will, kann sie nicht einfach in die Tonne kloppen: Das Polycarbonat, aus dem CDs hergestellt werden, gehört ins Recycling – allerdings als Rohstoff für Medizin, Computertechnik und Autoindustrie, nicht für neue CDs.

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Popkultur

„Atomic City“: Neuer U2-Song feiert die Post-Punk-Jahre

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U2 HEADER
Foto: Jason Kempin/Getty Images

Und plötzlich ist ein brandneuer Song von U2 gelandet: Auf Atomic City schwelgen die Iren im Sound früherer Jahre und läuten zugleich eine furiose neue Ära ein. Hier bei uns gibt es Song samt Video!

U2 fahren die Motoren langsam hoch. Kürzlich erst gaben sie einen Überraschungsauftritt mitten auf dem Strip in Las Vegas, um ihre furiose Residence im Sphere zu bewerben. Die startet am heutigen Freitag und verspricht ein revolutionäres Konzerterlebnis: 160.000 Lautsprecher und 260 Millionen Videopixel läuten dieses Wochenende eine neue Ära in Sachen Livemusik ein.

Hommage an Las Vegas

Passend dazu erscheint heute die brandneue Single Atomic City. Produziert wurde der Song von Jacknife Lee und Steve Lillywhite und ist als Hommage an Las Vegas zu verstehen – die Stadt wurde in den fünfziger Jahren als Atomic City bezeichnet. Musikalisch ist der Song ein Kniefall vor dem magnetischen Geist des Post-Punk der Siebziger und Bands wie Blondie oder The Clash, die U2 beide stark beeinflussten. Hier gibt es die starke Nummer zu hören:

Aufgenommen wurde die Single in Los Angeles und erscheint passend vor den anstehenden Terminen der Band im Sphere in Las Vegas, wo sie ihr bahnbrechendes Album Achtung Baby aus dem Jahr 1991 zelebrieren. Der Frontmann Bono selbst sagt über die Single: „Es ist ein Liebeslied an unser Publikum: Where you are is where I’ll be.“ Das dazugehörige Musikvideo wurde unter der Regie von Ben Kutchins gedreht und zeigt U2s nächtlichen Überraschungsauftritt des Songs in Downtown Las Vegas letzter Woche. Da hat sich mal jemand mit Schnitt und Post-Production beeilt.

Jetzt können wir nur noch warten und morgen schon die Bilder dieser grandiosen neuen Show mit Ersatzschlagzeuger Bram van den Berg bestaunen. Oder doch vielleicht eher gleich Flüge buchen?

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U2: Alle Alben im Ranking

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Popkultur

„Monsters Of California“: Alles über den UFO-Film von Blink-182-Sänger Tom DeLonge

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Foto: Christopher Polk/Getty Images

Blink-182-Fans wissen: Frontmann Tom DeLonge hat nicht nur ein Faible für Rock, sondern auch für Roswell. Schon seit vielen Jahren interessiert er sich für UFOs, außerirdische Lebensformen und alles, was damit zu tun hat. Mit Monsters Of California bringt er bald seinen ersten Film raus. Und darin geht es natürlich um …

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Nine von Blink-182 anhören:

… genau. In Monsters Of California hängt der Teenager Dallas Edwards am liebsten mit seinen verpeilten Freund*innen herum. Eines Tages findet die südkalifornische Clique zufällig einige Unterlagen von Dallas’ Vater, die darauf schließen lassen, dass er beruflich mit mysteriösen und paranormalen Ereignissen zu tun hat. Die Jugendlichen verknüpfen ihre Erkenntnisse miteinander, stellen Theorien auf — und werden auf einmal von uniformierten Männern mit Maschinengewehren umstellt. Spätestens jetzt wissen sie, dass etwas Großem auf der Spur sind. Doch sie haben natürlich noch keine Ahnung, wie groß ihre Entdeckung wirklich ist …

Tom DeLonge: Pop-Punk-Ikone und UFO-Fan

Die meisten kennen Tom DeLonge als Sänger und Gitarrist der erfolgreichen Pop-Punks Blink-182. Doch der Kalifornier ist auch ein ausgewiesener Alien-Fan, der sich in seiner Freizeit ausgiebig mit UFO-Sichtungen, Area-51-Theorien, außerirdischen Lebensformen und paranormalen Aktivitäten beschäftigt. (Mit dem Song Aliens Exist vom Blink-182-Album Enema Of The State brachte er DeLonge beiden Leidenschaften 1999 unter einen Hut — und genau diese Nummer ist natürlich auch im Trailer von Monsters Of California zu hören.) Immer wieder hinterfragt und forscht er im Namen der Wissenschaft nach Aliens und sucht Erklärungen für diverse Verschwörungstheorien. Schräg, oder?

DeLonges Engagement geht so weit, dass er am 18. Februar 2017 zum Beispiel den „UFO Researcher of the Year Award“ von OpenMindTV verliehen bekam. 2015 erzählte er in einem Interview von einer mutmaßlichen Begegnung mit Außerirdischen — während eines Camping-Trips nahe der sagenumwobenen Area 51. „Mein ganzer Körper hat sich angefühlt, als sei er statisch aufgeladen gewesen“, versicherte der Sänger. Auch Freunde von ihm könnten über Begegnungen mit Aliens berichten. Außerdem verfüge er über Regierungsquellen und auch sein Telefon sei aufgrund seiner Forschungen schon abgehört worden. Wenn er meint …

Monsters Of California: Wann startet der erste Film von Tom DeLonge?

In den USA läuft Monsters Of California am 6. Oktober 2023 an, doch wann der Streifen in Deutschland erscheinen soll, ist bisher nicht klar. So oder so: Der Trailer verspricht mindestens einen unterhaltsamen Kinobesuch — nicht nur für Blink-182-Fans.

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blink-182: Alle Studioalben im Ranking

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Popkultur

Zeitsprung: Am 29.9.1986 trumpfen Iron Maiden erneut auf mit „Somewhere In Time“.

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Foto: Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 29.9.1986.

von Christof Leim

In den Achtzigern stürmen Iron Maiden von einem Triumph zum nächsten. Dabei reiben sie sich fast bis zur Überlastung auf, halten aber konsequent Kurs und Niveau und entdecken neue Sounds. Am 29. September 1986 erscheint Somewhere In Time – und Eddie wird zum Cyborg.

Hier könnt ihr das Album hören:

Die Geschichte von Somewhere In Time beginnt mit völliger Erschöpfung. Kann nach einer Welteroberung schon mal passieren: 1984 hatten die fünf Briten auf der World Slavery Tour elf Monate lang in 28 Ländern auf vier Kontinenten gespielt – und zwar satte 193 Shows vor geschätzten 3,5 Millionen Fans. Der Preis: Bruce Dickinson (Gesang), Steve Harris (Bass), Dave Murray (Gitarre), Adrian Smith (Gitarre) und Nicko McBrain (Schlagzeug) sind fix und fertig. Deshalb fordern die Musiker sechs Monate Pause. Daraus werden zwar nur vier, doch zum allerersten Mal seit Jahren steht die Maiden-Maschine ein Weilchen still. 

Neues Spielzeug

Die Konsequenzen hört man: Harris, Smith und Murray experimentieren mit Gitarrensynthesizern, mit denen sich Keyboardsounds über die Gitarre und den Bass erzeugen lassen. Dickinson indes zweifelt an seiner Motivation und will musikalisch in eine andere Richtung. Er komponiert vor allem akustisches (also stromloses, ruhiges) Material, das von den Kollegen und dem Produzenten aber abgelehnt wird. Der Sänger zeigt sich verletzt, freut sich aber darüber, für eine Weile „nur“  singen zu müssen. Für ihn springt Adrian Smith in die Bresche und liefert im Alleingang mehrere fertige Tracks, die auf einhellige Begeisterung stoßen und Somewhere In Time maßgeblich prägen sollten.

Futuristische Fahrzeuge, klassische Patronengurte: Iron Maiden auf dem Pressefoto für „Somewhere In Time“ – Foto: Aaron Rapoport/Promo

Erst im Januar 1986 geht es zurück ins Studio, genauer: in mehrere Studios. Drums und Bass nehmen Iron Maiden in den Compass Point Studios auf den Bahamas auf, in dem auch AC/DC Back In Black eingespielt hatten. Gitarren und Gesänge bringen die Musiker in den Wisseloord Studios im niederländischen Hilversum auf Band, abgemischt wird schließlich in den Electric Lady Studios in New York. Damit wird Somewhere In Time nicht nur zum teuersten Album der bisherigen Bandkarriere, sondern auch zum technisch ambitioniertesten. Wie für die Beständigkeit in der Maiden-Welt der Achtziger typisch, ändert sich an der sonstigen Formel wenig. Die Produktion übernimmt ein weiteres Mal Stammproduzent Martin Birch.

Fünf Minuten mindestens

Somewhere In Time erscheint am 29. September 1986 und steigt in Großbritannien auf Platz drei ein. In den USA schafft die Band mit Platz elf ihre bis dato beste Platzierung. Auf dem Cover prangt natürlich das unvergleichliche Iron Maiden-Monster Eddie in einem aufwändigen Science-Fiction-Gemälde. Schon im Intro der ersten Nummer, dem vom Film Blade Runner inspirierten Quasi-Titelstück Caught Somewhere In Time aus der Feder von Steve Harris, hören die Fans die besagten Gitarren-Synthesizer. Doch am grundsätzlichen Stil von Iron Maiden hat sich nichts geändert. Es galoppiert der Bass, wie es sich gehört, die Gitarren riffen, und Dickinson lässt seine Sirenenstimme aufheulen. Wo Iron Maiden drauf steht, ist Heavy Metal drin, vermutlich bis ans Ende aller Tage. Allerdings klingt Somewhere In Time insgesamt weniger rau, sondern bei gleichem Energieniveau erwachsener, vielschichtiger und, wenn mal so will, futuristischer.

Von den acht Songs fällt keiner kürzer aus als fünf Minuten aus, das Gros stammt von Steve Harris, drei Beiträge kommen von Adrian Smith. Dazu gehört die erste Single Wasted Years, in der Maiden so eingängig klingen wie es nur geht, ohne ihren eigenen Sound zu verlieren. Der Text erzählt von Heimatlosigkeit und Entfremdung – ein klarer Kommentar zur endlosen World Slavery Tour. Als Wasted Years drei Wochen vor dem Album als Single ausgekoppelt wird, sieht man auf dem Cover das Cockpit einer Zeitmaschine, in deren Armaturenbrett sich der Kopf von Eddie spiegelt. Der Grund: Sein neues Aussehen sollte nicht vor Erscheinen des Albums verraten werden, schließlich hat das Maskottchen mittlerweile Kultstatus erreicht.

Auf der Vorabsingle durfte Eddie sich noch nicht ganz zeigen…

Filme und Bücher als Inspiration

Das folgende Sea Of Madness, ein dramatischer Uptempo-Banger, stammt ebenfalls von Smith, setzt aber keine besonderen Akzente. Für Heaven Can Wait, einen Harris-Song über eine Nahtoderfahrung, rekrutieren Maiden die Gäste einer Kneipe, um die „Oh-Oh“ -Fußballchöre im Mittelteil einsingen zu lassen.

Das ebenso harte wie vertrackte The Loneliness Of The Long Distance Runner basiert nicht nur im Titel auf einer Kurzgeschichte des britischen Autoren Alan Sillitoe. Stranger In A Strange Land hingegen geht direkt ins Ohr und wird deshalb als zweite Single ausgekoppelt. Inspiriert wurde Adrian Smith hierfür durch ein Gespräch mit einem Arktisforscher, der einen gefrorenen Körper im Eis gefunden hatte. Vom gleichnamigen Science-Fiction-Roman von Robert A. Heinlein hingegen leiht sich Smith lediglich den Titel. 

Egal, wo und wann: Eddie ist immer cool

Die Credits für Deja-Vu teilt sich Harris mit Dave Murray, der im Schnitt für jedes zweite Album einen Song beisteuert. Alexander The Great stammt vom Bassisten alleine und reiht sich mit einer Spielzeit von achteinhalb Minuten in den Reigen der großen Maiden-Epen ein, diesmal mit explizit historischem Bezug.

Ein Cover wie ein Bildband

Ein sicherer Hit ist zweifelsfrei das Artwork der Platte: Hier steht Eddie als Weltraum-Terminator mit Cyborg-Auge und Laserpistolen in einer futuristischen Stadt, die vor Details nur so überquillt. Der Künstler Derek Riggs, der Künstler hinter diesem Werk, erinnert sich an den Arbeitsauftrag: „Wir haben uns eigens in Amsterdam getroffen und drei Tage lang über das Cover gesprochen. Sie wollten eine Kulisse wie in Blade Runner, eine Science-Fiction-Stadt.“ Um das zu erreichen, erschafft Riggs eine Skyline mit Werbeslogans und Firmennamen, die er größtenteils erfindet, um Copyright-Probleme zu vermeiden. Dabei dreht er richtig auf und auch ein wenig durch. 

Immense Detailfülle und jede Menge versteckte Späßchen: Das Artwork aus der Feder von Derek Riggs

Wer genau hinguckt, kann unter anderem erkennen: den Sensenmann und die Katze mit Heiligenschein von Live After Death, den abstürzenden Himmelsstürmer aus Flight Of Icarus, ein Flugzeug über der „Aces High Bar“ , das „Ancient Mariner Seafood Restaurant“, ein Straßenschild zur „Acacia Avenue“ , ein Konzertposter mit dem Ur-Eddie, die Dame aus Charlotte The Harlot, die Tardis aus Doctor Who, Batman, eine Uhr, die zwei Minuten vor Mitternacht anzeigt, das „Phantom Opera House“ , den Ruskin Arms Pub (eine der ersten Spielstätten der Band) sowie die exakt gleiche Straßenlaterne wie auf dem Cover des Debüts. Irgendwo steht sogar auf Japanisch „Pickelcreme“ , auf Russisch „Joghurt“  und in Spiegelschrift „Dies ist ein sehr langweiliges Gemälde“. Drei Monate sitzt Derek Riggs an dem Werk, mitgezählt eine mehrwöchige Zwangspause, weil er irgendwann Halluzinationen bekommt und aussetzen muss. Kurzum: Das Cover ist Wahnsinn. Und absolut großartig.

…und die Rückseite ist genauso bombastisch.

Auf die Straße. Natürlich.

Natürlich geht es für die fünf Musiker umgehend auf Konzertreise: Der Somewhere On Tour getaufte Trek zieht von September 1986 bis Mai 1987 um die Welt, mit dabei ein überdimensionaler Cyborg-Eddie, der über die Bühne spaziert, zwei riesige Podeste rechts und links in Form von Monsterkrallen, eine aufwändige, sehr helle Lightshow sowie ein pulsierendes Leuchtherz als Teil von Bruces Bühnenoutfit. 

Somewhere On Tour: Dave Murray schreddert, Eddie guckt kritisch – Foto: Ebet Roberts/Redferns/Getty Images

So stressig und geradezu selbstmörderisch wie zwei Jahre zuvor auf der World Slavery Tour sollte es jedoch nicht mehr werden, auch die Zeiten, in denen Iron Maiden jedes Jahr ein Album und eine Welttour hinlegen, sind mit Somewhere In Time vorbei. Doch die Metal-Weltherrschaft der Achtziger haben Iron Maiden da längst inne.

Zeitsprung: Am 28.4.1988 starten Iron Maiden ihre Welttournee in einem Kölner Club.

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