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Popkultur

Zeitsprung: Am 2.4.1998 endet die skandalöse Geschichte von Milli Vanilli endgültig.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 2.4.1998.

von Christof Leim

Ruhm und Reichtum, dicke Schecks und dicke Sprüche: Für Milli Vanilli geht es Ende der Achtziger ganz nach oben. Doch als rauskommt, dass die beiden Stars Fab Morvan und Rob Pilatus nur so getan haben, endet der Höhenflug 1990 ziemlich unsanft. Trotzdem versucht Produzent und Strippenzieher Frank Farian eine Dekade später ein Comeback mit seiner Kreation. Doch als ein Protagonist stirbt, ist der Pop-Spuk endgültig vorbei.

Frank Farian. Foto von Natraj (Eigenes Werk) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Die Geschichte fängt ganz gut an: Der Produzent Frank Farian (Boney M.) gründet das R&B-Pop-Duo Milli Vanilli mit den beiden gutaussehenden jungen Männern Fab Morvan und Rob Pilatus. Die spätere Hitsingle Girl You Know It’s True gibt es da schon, eingesungen von unbekannten Studioprofis. Daran will Farian auch nichts ändern und bringt seine beiden Protagonisten dazu, lediglich schön für die Fotos zu posieren und auf der Bühne zu Playback zu tanzen und zu „singen“. Laut Fab Morvan blieb den beiden wegen eines entsprechend gestalteten Vertrages gar nichts anderes übrig.

Zu viel Hype

Das macht erstmal nichts, denn der Song und das gleichnamige Album gehen international durch die Decke. Alle verdienen eine Menge Geld, die beiden „Sänger“ werden zu Stars und gewinnen 1990 sogar einen Grammy als „Best New Artists“. Leider glauben sie irgendwann ihren eigenen Hype: Im März 1990 bezeichnet sich Rob Pilatus im Time-Magazin als „der neue Elvis“. Oops.

Lange geht das nicht gut: Als die Buben zum ersten Mal zu einem Interview bei MTV USA einlaufen, fällt den Anwesenden das schlechte Englisch der Stars auf, insbesondere die Aussprache, die so ganz anders klingt als auf den Alben. Am 21. Juli 1989 schließlich fliegt die Sache auch öffentlich auf: Bei einer Performance in Bristol, Connecticut verhakt sich das Playback von Girl You Know It’s True und wiederholt unablässig die Zeile „Girl, you know it’s…“. Pilatus und Morvan tanzen und „singen“ zunächst weiter, müssen aber irgendwann aufgeben und rennen von der Bühne. Es existieren Videos von diesem kurzen, aber bezeichnenden Vorfall; eines seht ihr unten. Interessanterweise soll das Publikum sich kein Stück daran gestört haben.

Irgendwann melden sich jedoch die echten Sänger zu Wort und müssen von Farian angeblich mit sechsstelligen Dollarbeträgen überzeugt werden, ihre Behauptungen zurückzuziehen. Doch da ist die Katze längst aus dem Sack, die Kritik häuft sich. Weil Morvan und Pilatus (verständlicherweise) auch noch verlangen, bei der nächsten Platte selber singen zu dürfen, lässt Frank Farian am 12. November 1990 die Bombe offiziell platzen: Er gesteht, dass seine beiden Schützlinge auf keinem der Alben gesungen haben. Prompt werden die Grammys wieder einkassiert.

Bis vor Gericht

Das ist ohne Frage ärgerlich für Milli Vanilli. Natürlich können die Fans weiter Spaß an den durchaus griffigen Popsongs haben, zumal die beiden Tänzer beileibe nicht die einzigen sind, die jemals zu Playback auf der Bühne gestanden haben oder stehen werden. Doch leider hat das Ganze ein juristisches Nachspiel: In den USA werden 27 Gerichtsprozesse gegen Pilatus, Morvan und ihre Plattenfirma Arista Records wegen Betruges angestoßen. Das Ergebnis: Horrende Schadenersatzforderungen. Aua.

Fab Morvan (links) und Rob Pilatus (rechts) alias Milli Vanilli mit dem Presidenten der Grammy Awards, Michael Greene (Mitte), im Februar 1990. Foto von Alan Light [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

Damit ist die Geschichte jedoch nicht beendet, denn wer will angesichts einer großen Fanbase einfach locker lassen? Farian veröffentlicht 1991 ein Album mit den echten Sängern der Hitplatten unter dem Namen The Real Milli Vanilli – mit durchwachsenem Erfolg. Morvan und Pilatus starten eine Solokarriere mit neuen Partnern, fallen aber komplett auf die Nase.

Comeback-Versuch & trauriges Ende

Also tun sich 1997 Farian und seine beiden Schützlinge wieder zusammen und nehmen unter dem Namen Milli Vanilli das Comeback-Album Back And In Attack auf. Am Gesang tatsächlich: Rob Pilatus und Fab Morvan. Sogar einige der Studiovokalisten von früher sind beteiligt, um an die glorreichen Zeiten anzuknüpfen. Allerdings läuft das Privatleben von Pilatus aus dem Ruder. Die Eckdaten: Drogen, Überfälle, Haftstrafe, Entzug. Nicht schön. Am 2. April 1998 schließlich, kurz vor einer Promotion-Reise zum Album, wird Rob Pilatus in einem Hotelzimmer in Frankfurt gefunden. Dort ist der 32-Jährige an einer versehentlichen Überdosis gestorben. Das Comeback-Album Back And In Attack wurde bis heute nie veröffentlicht. Angeblich sind die Aufnahmen sogar zerstört worden.

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