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Popkultur

Zeitsprung: Am 25.7.1999 läuft bei Woodstock ’99 einiges falsch.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 25.7.1999.

von Timon Menge und Christof Leim

Es hätte alles so schön sein können. Doch am 25. Juli 1999 endet das 30. Jubiläum des legendären Woodstock-Festivals mit Krawallen, Bränden, Plünderung, Vergewaltigungen und sogar drei Todesfällen. Eine Rückschau auf die traurigen Ereignisse.

Hier könnt ihr euch den Woodstock-’99-Auftritt von Limp Bizkit anschauen: 

Wer in den Neunzigern aufgewachsen ist, hat potenziell einen Teil seiner musikalischen Sozialisation durch die Bands erfahren, die zum Billing von Woodstock ’99 gehörten. Denn das bildet das Jahrzehnt ab wie kaum ein anderes: So spielen Metallica, Limp Bizkit, Korn, The Roots, The Offspring, Moby, Ice Cube, Chemical Brothers, Rage Against The Machine, Fatboy Slim, Creed, Red Hot Chili Peppers und Everlast bildet. Leider verhilft die Veranstaltung der Rock’n’Roll-Dekade auch zu einem äußerst unrühmlichen Ende. 

Schon zu Beginn der Veranstaltung leiden die Besucher unter den hohen Temperaturen, stolze 38° Celsius zeigen die Thermometer. Zusätzlich wurden auf dem Gelände im Vorfeld zahlreiche Bäume gefällt, die Schatten hätten spenden können. Die beiden Hauptbühnen liegen ganze vier Kilometer voneinander entfernt, sodass die Musikfans große Strecken zurücklegen müssen, um ihre Lieblingsgruppen sehen zu können. Als wäre all das nicht genug, sind mitgebrachte Speisen und Getränke auf dem Gelände verboten. Stattdessen können sie vor Ort gekauft werden — zu horrenden Preisen.

Ganze zwölf US-Dollar kostet eine Pizza, vier Dollar zahlt man für eine kleine Flasche Wasser. Um außerhalb des Festivalgeländes Lebensmittel zu besorgen, müssen die Besucher weite Wege zurücklegen – und dann ihre Einkäufe vor dem Eingang aufbrauchen. Die Läden in der Umgebung sind auf den Andrang zudem schlicht nicht vorbereitet, innerhalb kürzester Zeit herrscht gähnende Leere in den Regalen. Zwar stellen die Veranstalter auf dem Gelände kostenlose Wasserspender zur Verfügung; die Warteschlangen sind allerdings derart lang, dass die Fans ungeduldig werden und die dazugehörigen Pipelines beschädigen. Das Ergebnis: zahlreiche Schlammgruben.

Den traurigen Höhepunkt der Ausschreitungen läuten Limp Bizkit mit der Performance von Break Stuff ein. So beginnen die Zuschauer während des Songs unter anderem damit, Sperrholzplatten von Trennzäunen zu reißen. Im Anschluss an die Show werden sexuelle Übergriffe angezeigt. In einem Interview erzählt Limp-Bizkit-Frontmann Fred Durst später: „Ich habe nicht gesehen, dass irgendwer verletzt wurde. Das sieht man nicht. Wenn man in dieses Meer von Menschen schaut, von einer Bühne, die mehr als sechs Meter hoch ist, während man seine Musik spielt und fühlt, wie kann man dann von uns erwarten, dass wir sowas mitbekommen?“

Am nächsten Tag eskaliert die Situation völlig. Die Red Hot Chili Peppers und Megadeth spielen zeitgleich auf den beiden Hauptbühnen. Im Vorfeld hat die Anti-Waffenorganisation Pax Kerzen an die Besucher des Festivals verteilt, weil während des Chili-Peppers-Songs Under The Bridge eine Mahnwache abgehalten werden soll. Während des Auftritts der Gruppe entzünden die Zuschauer allerdings nicht nur die Kerzen, sondern auch zahlreiche Lagerfeuer — in die sie dann leere Wasserflaschen aus Plastik werfen. Gegen Ende der beiden Shows breitet sich das Feuer bis zu den Bühnen aus, bis schließlich einer der Lautsprechertürme brennt. Alle Dämme brechen.

Die Zuschauer reißen weiter Spanplatten von den Zäunen ab und schmeißen sie ins Feuer. Es werden Geldautomaten aufgebrochen, Merchandise und Equipment geplündert sowie ganze Stände verbrannt. Einige der Festivalbesucher tanzen um das Feuer. MTV-Moderator Kurt Loder erinnert sich in einem Interview mit USA Today: „Es war gefährlich. Das ganze Szenario war beängstigend. Wir wussten, dass wir dort weg müssen.“ Nach einer Weile trifft die Polizei ein und drängt die außer Kontrolle geratene Menge vom Festivalgelände.

Die ganze Tragik offenbart sich erst im Nachgang der Veranstaltung: Zusätzlich zu den genannten Ausschreitungen gab es zahlreiche weitere Vergewaltigungen sowie drei Todesfälle, wie MTV nur wenige Tage später berichtet. Vor allem die Besucher müssen sich Kritik anhören. Tom Morello von Rage Against The Machine äußert sich dazu in der New York Times: „Hey, lasst die Kids in Ruhe. Ich habe genug von dieser Dämonisierung der jungen Leute bei Woodstock ’99. Ja, Woodstock war voller Raubtiere: die abartigen Idioten, die sich an Frauen vergriffen haben, die gierigen Veranstalter, die jeden Cent aus den durstigen Konzertbesuchern wringen wollten und last but not least auch die Medien, die bei der realen Gewalt weggeschaut haben, um eine Viertelmillion Musikfans zum Sündenbock zu erklären, von denen die allermeisten die Zeit ihres Lebens hatten.“

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