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Popkultur

Zeitsprung: Am 5.2.1964 kommt Duff McKagan von Guns N’ Roses zur Welt.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 5.2.1964.

von Timon Menge und Christof Leim

Mit Guns N’ Roses räumt er alles ab, was es im Rock’n’Roll zu holen gibt. Als die Gruppe nach ihrem Höhepunkt in sich zusammenfällt, geht Duff McKagan neue Wege, gründet neue Bands, studiert, wird Kampfsportler und startet mit Velvet Revolver nochmal durch. Heutzutage steht er mit Guns N’ Roses wieder auf den größten Bühnen der Welt. Am 5. Februar feiert der Multiinstrumentalist seinen Geburtstag. Werfen wir einen Blick auf sein vielseitiges Leben.


Hört hier in die größten Hits von Guns N’ Roses rein:

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Der wilde Ritt beginnt in einem Arbeiterstadtteil von Seattle, wo Duff am 5. Februar 1964 unter seinem bürgerlichen Namen Michael Andrew McKagan zur Welt kommt. Als jüngstes von acht Kindern lernt er schnell, sich durchzusetzen. Von seinem Bruder Bruce lernt er das Bassspiel. McKagan fühlt sich vor allem in der DIY-Szene des Punk zu Hause, seine erste Band The Vains gründet er 1979 mit 15. Und es wird nicht lange gefackelt: Ein Jahr später erscheint schon die Single School Jerks. Beteiligungen in Gruppen wie The Living (als Gitarrist), The Fastbacks (als Schlagzeuger), The Fartz (als Schlagzeuger) und später 10 Minute Warning (als Gitarrist) folgen.

Duff McKagans erste Veröffentlichung

Weil der Drogenkonsum in Seattle überhand nimmt, zieht der junge Musiker 1983 nach Los Angeles, wo er zunächst als Kellner in einem Steakhaus arbeitet. In einer Lokalzeitung entdeckt er die Annonce zweier Musiker, die gerade nach einem Bassisten suchen. Ihre Namen: Slash und Steven Adler. McKagan ruft die beiden an, das Trio gründet die Gruppe Road Crew, findet aber keinen Sänger. Schließlich steigt Slash frustriert aus.



Zwei Jahre später steigt McKagan bei einer jungen Gruppe namens Guns N’ Roses ein, deren Line-Up zu jener Zeit aus Sänger Axl Rose, Rhythmusgitarrist Izzy Stradlin, Leadgitarrist Tracii Guns und Schlagzeuger Rob Gardner besteht. McKagan selbst schnallt sich den Bass um. Als Guns und Gardner die Band verlassen, steigen McKagans alte Kollegen Slash und Steven Adler ein.

Guns N’ Roses und ein Bierfass in angemessener Größe

Schon nach wenigen Proben spielen die Musiker am 6. Juni 1985 ihren ersten gemeinsamen Gig im Troubadour in L.A. Von da an geht es Schlag auf Schlag, die Band mausert sich zum heißesten Rock’n’Roll-Phänomen, das der Sunset Strip zu bieten hat. Die fünf Straßenköter teilen eine Vorliebe für lauten, ungestümen Rock, bringen dabei aber unterschiedliche Schwerpunkte zusammen: Izzy liebt grundlegenden Stoff wie die Rolling Stones, Slash hat den klassischen Hard Rock mit all seinen Gitarrenhelden verinnerlicht, Steven war schon immer ein fanatischer Kiss-Fan, und Axl steht auf großes Songwriting von Queen oder Elton John. Und Duff McKagan? Der ist der Punk. Geradlinig, dreckig, authentisch.



Die Mischung funktioniert: Schon nach zwei Jahren erscheint Appetite For Destruction: Das furiose Debüt der jungen Band verkauft sich bis heute mehr als 30 Millionen Mal und genießt Diamant- sowie 18-fachen Platinstatus. Mit Use Your Illusion I und II veröffentlichen Guns N’ Roses 1991 gleich zwei starke Platten auf einmal, belegen zur selben Zeit Platz eins und zwei der US-Charts und touren im Anschluss 30 Monate lang um die Welt, unter anderem mit Metallica. Guns N’Roses um die Kernmitglieder Axl, Slash und Duff sind eine der größten Bands der Welt.

Bis heute der Megaseller von Guns N’ Roses: das Debüt Appetite For Destruction

1993 legt die Truppe einen kleinen stilistischen Schlenker ein mit The Spaghetti Incident?, das vor allem aus gecoverten Punksongs besteht. Kein Wunder, dass McKagan gleich vier der Stücke einsingt.  Noch im selben Jahr veröffentlicht er sein erstes Soloalbum Believe In Me, eine stilistisch bunte, etwas ungehobelte, aber charmante Angelegenheit. Hierfür versammelt er seine Bandkollegen Slash, Matt Sorum, Dizzy Reed und Gilby Clarke um sich, aber auch Leute von Skid Row, Lenny Kravitz und sogar Jeff Beck.



In all dieser Zeit lebt McKagan das Leben eines Rockstars, nämlich immer am Anschlag. Die heilige Dreifaltigkeit aus Sex, Drogen und Krachmusik. Mittlerweile müssen die Musiker zwar nicht mehr in verranzten Bruchbuden leben, doch Duff sieht immer noch ein bisschen so aus, als hätte er in einer Hecke geschlafen. Seine erste Ehe Ende der Achtziger geht nach zwei Jahren in die Brüche. Aufgrund seiner Vorliebe für hopfenhaltige Kaltgetränke bekommt McKagan den Spitznamen „The King Of Beers“ verpasst. In seiner Autobiografie behauptet er sogar, dass das Bier aus der Fernsehserie The Simpsons nach ihm benannt sei, was deren Macher Matt Groening als absurd bezeichnet. Als Reaktion wundert sich Duff darüber, dass seine Behauptung überhaupt in Frage gestellt wird, was er wiederum scherzhaft als absurd bezeichnet.

Am 10. Mai 1994 zahlt er jedoch den Preis für seinen übermäßigen Alkoholkonsum. Man liefert ihn ins Northwest Hospital And Medical Center in Seattle ein, weil seine Bauchspeicheldrüse die Größe eines Fußballs angenommen hat. Die Ärzte warnen ihn eindringlich, dass er keinen Monat mehr leben wird, wenn er nicht aufhört zu trinken. Der Schuss vor den Bug trägt Früchte: McKagan entsagt dem Alkohol und widmet sich stattdessen mit Nachdruck seinem Mountain Bike und der asiatischen Kampfkunst. Schmerzen spüren für die Genesung.



Um Guns N’ Roses wird es in dieser Zeit still. Die Rockwelt hat sich geändert, Nirvana hatten einen kurzen Höhenflug, doch einen würdigen Nachfolger für die Use Your Illusions zu schaffen, erweist sich weiterhin als monumentale Aufgabe. Von internen Streitigkeiten geplagt, kommt die Band dabei kaum einen Schritt vorwärts. Auch eine zweite Ehe zerbricht. Zum Ausgleich stellt McKagan die Supergroup Neurotic Outsiders zusammen, für die er Steve Jones von den Sex Pistols, John Taylor von Duran Duran und Matt Sorum rekrutiert. Die Gruppe veröffentlicht ein gleichnamiges Album, spielt eine Tour, löst sich allerdings 1997 wieder auf. Im gleichen Jahr werden McKagan und seine Herzdame (und heutige Ehefrau), das Model Susan Holmes, Eltern einer Tochter. Im August steigt er schließlich bei Guns N’ Roses aus. Wie es zu dieser Entscheidung kam, erklärt er in seiner Autobiografie: „Wir haben damals drei Jahre lang Miete für ein Studio gezahlt, ohne einen einzigen Song aufzunehmen. Guns N’ Roses konnten mir zu jener Zeit augenscheinlich nicht die Stabilität geben, die ich mir als junger Vater erhofft habe.“

Nach seinem Austritt zieht McKagan zurück nach Seattle, wo er seine alte Band 10 Minute Warning wiederbelebt. Mit Beautiful Disease soll 1999 außerdem sein zweites Soloalbum erscheinen, doch als die Plattenfirmen Geffen Records und Interscope Records fusionieren, gehen die Aufnahmen unter. Im Anschluss an den Rückschlag widmet sich McKagan seiner neuen Band Loaded, in der er unter anderem mit Dez Cadena von Black Flag und Taz Bentley von The Reverend Horton Heat spielt. 2002 steigt auch Dave Kushner von Electric Love Hogs ein, mit dem McKagan wenig später Velvet Revolver gründet. Slash, Matt Sorum und der inzwischen verstorbene Stone Temple Pilots-Frontmann Scott Weiland komplettieren das Line-Up der neuen Supergroup.



Bereits das Debüt von Velvet Revolver, Contraband, steigt 2004 auf Platz eins der US-Charts ein und verkauft sich bis heute mehr als zwei Millionen Mal. 2005 folgen drei Grammy-Nominierungen; die Single Slither wird für die „Best Hard Rock Performance“ ausgezeichnet. 2007 veröffentlicht die Band mit Libertad noch ein Album, das aber (zu Recht) nicht an den Erfolg seines Vorgängers anknüpfen kann. Wenig später gibt es auch noch Stunk mit Weiland, und die anderen Musiker setzen ihn vor die Tür.

McKagans zweiter großer Wurf: Velvet Revolver

Immer wieder beteiligt sich Duff McKagan an unterschiedlichen Projekten. So spielt er 2006 ein bisschen bei den Grunge-Legenden Alice In Chains mit, kurze Zeit später reanimiert er Loaded. 2010 heuert er bei Jane’s Addiction an, eine große Sache. Das findet auch McKagan: „Die Chance, Songs mit einer Gruppe wie Jane’s Addiction zu schreiben, sie aufzunehmen und vielleicht sogar live zu spielen, bekommt man nicht alle Tage. Ich respektiere die Band und die Musiker sehr.“ Nur wenige Monate nach McKagans Beitritt löst sich die Band allerdings auf.


Am 14. Oktober 2010 tritt Duff McKagan als Gast mit Guns N’ Roses auf, die zu jener Zeit im Wesentlichen aus Axl Rose bestehen. Anschließend nimmt er das dritte Album mit Loaded auf. Ab 2014 rücken McKagan und Rose wieder enger zusammen. Auch Slash ist wieder mit von der Partie, was schließlich zur großen Reunion und zur Not In This Lifetime-Tour führt.

Axl Rose und Duff McKagan während der Not In This Lifetime-Tour – Pic: Raph-PH/Wiki Commons

McKagan gehört zu den Menschen, denen niemals langweilig wird. Ob Musik oder Schriftstellerei: Der inzwischen cleane und topfitte Tausendsassa weiß sich zu beschäftigen. Wenn gerade einmal eine Lücke im Terminkalender klafft, berät der inzwischen studierte High School-Abbrecher reiche Musiker, was ihr Vermögen betrifft. Auch mit Worten weiß er umzugehen. Seit 2008 schreibt er eine wöchentliche Kolumne für SeattleWeekly.com, 2009 erscheint seine Arbeit im Playboy. Seit Anfang 2011 veröffentlicht er eine regelmäßige Kolumne auf ESPN.com, einer der größten Sport-Websites der USA. Mit It’s So Easy (And Other Lies) (2011) und How To Be A Man (And Other Illusions) (2015) schreibt er außerdem zwei Bücher.



Mit seiner Frau Susan Holmes hat Duff zwei Töchter: Grace Elizabeth (1997) und Mae Marie McKagan (2000). Die Familie wohnt in McKagans Heimatstadt Seattle. Inzwischen ist er clean, und sein Körper hat sich von den Strapazen des Rockstardaseins erholt. Mit Guns N’ Roses und anderen Bands steht er regelmäßig auf der Bühne und veröffentlicht fleißig Musik. Seit über 30 Jahren spielt er Gitarre, Schlagzeug und sein Hauptinstrument, den Bass. Hoffen wir, dass es noch lange so bleibt. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!


Titelfoto: Antje Naumann (AllSystemsRed) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia Commons

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