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Popkultur

20 Jahre „By The Way“: Die sanfte Seite der Red Hot Chili Peppers

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Red Hot Chilli Peppers
Foto: Scott Gries/Getty Images

Selten geht es den Red Hot Chili Peppers so gut wie 2002: Nach dem Megaerfolg von Californication veröffentlichen sie ihren beseelten, sonnenverwöhnten, vor Harmonien nur so sprudelnden Strandspaziergang By The Way. Nur Bassist Flea ist damit so gar nicht happy.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr  euch By The Way anhören:

Für viele ist By The Way der geheime Favorit in der Diskografie der Red Hot Chili Peppers. Sicher, Californication verkauft vielleicht mehr Platten und hat die ganz großen Hymnen am Start, der Nachfolger Stadium Arcadium ist allein durch die epische Breite des Doppelalbums eine Nummer für sich; doch By The Way, dieses melodische, unaufgeregte, lockere, harmonieverwöhnte Album von 2002 ist vielleicht das Ungewöhnlichste in ihrer gesamten Vita – ein Exempel der Harmonie zwischen Anthony Kiedis und John Frusciante. Und ein Füllhorn grandioser, oftmals übersehener Songs.

Erst Punk, dann Beatles

Die Anfänge ihrer achten Studioplatte reichen bis ins Jahr 2001 zurück. Fast zwei Jahre sind die Red Hot Chili Peppers mit Californication auf Tour, schon sehr bald nach dem letzten Konzert entstehen im Frühjahr erste Ideen für neue Songs. Frusciante schwebt eine Punk-Platte im Stile von The Damned oder Discharge vor, Rick Rubin, der wieder als Produzent angeheuert wird, redet es ihm kurzerhand aus: In ihren melodischen Songs sei die Band viel einzigartiger.

Gut, denkt sich Frusciante, dann lebe ich eben meine anderen Leidenschaft aus: Die Beatles, Beach Boys und Emerson, Lake & Palmer. Das taugt auch Kiedis, die beiden verschanzen sich teilweise tagelang in ihren Homestudios, um an neuen Ideen zu tüfteln. „Wir fanden Magie und Musik und Riffs und Jams und Grooves und fügten hinzu und zogen ab und spielten damit herum und fügten Melodien hinzu“, so fasste der Sänger den Prozess mal zusammen. Was zwischen November 2001 und Mai 2002 im Studio auf Band kommt, ist ein verspieltes, musikalisches, höchst harmonisches Album, das sich stark vom bisherigen Werk der Band unterscheidet.

Meditieren für den Bandfrieden

Bassist Flea hat so seine Probleme damit. Der hat eigentlich vor, die Band mit diesem Album zurück zu ihren Funk-Wurzeln zu führen. Er fühlt sich ausgebootet von Frusciante, der nach seiner Rückkehr zur Band 1998 mehr und mehr das Heft in die Hand nimmt und die Band lenkt. Klassischen Funk-Rock muss man auf By The Way deswegen mit der Lupe suchen. Doch wenn, wie in Can’t Stop, dann knallt es gleich so richtig. Vor der Welttour zu By The Way will er dennoch aussteigen. Frusciante und er reden viel, meditieren sogar gemeinsam, um die Probleme aus der Welt zu schaffen – mit Erfolg.

Allgemein ist das Album aber getragen von romantischer, typisch kalifornischer Sonnenuntergangsstimmung. Balladen können die Red Hot Chili Peppers schon vor By The Way; allein Californication wird auf ewig ein ambivalenter Liebesbrief an Kalifornien bleiben. Die Dichte der sanften, ruhigen, bittersüßen Songs ist auf By The Way aber außergewöhnlich hoch – der Titeltrack, The Zephyr Song oder das luftige, melancholische Tear mit seiner wunderschönen Gitarrenarbeit sind hier nur drei Beispiele. Durch verspielte Hooks, den Einsatz eines Mellotrons und einer fast schon meditativen Aura wird das Album zu einem warmen Sommerregen, nach dem gleich wieder die Sonne durch die Wolken blinzelt. Man spürt regelrecht, wie gut es dieser Band tut, ein schlichtweg schönes Album wie By The Way einzuspielen.

Gesang im Chateau Marmont

Das meiste Material entsteht in den Cello Studios; für den Gesang zieht Kiedis zu Frusciante ins ebenso legendäre wie verruchte Chateau Marmont Hotel, dem legendärsten Ort in ganz Hollywood. Wo früher The Velvet Underground oder The Doors abstiegen, wo John Belushi an einer Überdosis starb, finden jetzt Aufnahmen statt. Gemeinsam mit ihrem Produzenten Rubin arbeiten sie jeden Tag am Gesang, feilen auch an der Musik und lassen sich von der nostalgischen Atmosphäre dieser puren Hollywood-Magie tragen.

Passend dazu singt Anthony Kiedis über die Liebe, über seine Freundin, über das Gefühl, sich zu verlieben. Schatten schieben sich in Form von einigen Songs über seine überwundene Drogensucht vor die Sonne Kaliforniens: I Could Die For You etwa oder, sehr berührend, This Is The Place, in dem er verarbeitet, dass er zu betrunken war, um auf die Beerdigung ihres 1988 an einer Überdosis gestorbenen Gitarristen Hillel Slovak zu gehen. Nicht jedoch verbittert oder voller Scham, sondern mit einer gewissen Distanz und Sanftheit sich selbst gegenüber. By The Way – ein Liebesbrief an das Leben selbst.

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