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Popkultur

Gegen den Strom: Warum die 80er die beste aller Dekaden waren

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Foto: Steve Pyke/Getty Images

In der Musik gibt es so manches Konsens-Thema: Die Beatles sind die beste Band aller Zeiten, Jimi Hendrix war der größte Gitarrenvirtuose, der je auf Erden wandelte, und für Metallica ging es allerspätestens mit dem „schwarzen Album“ bergab. Aber kann man das wirklich so stehen lassen? In der Serie „Gegen den Strom“ hinterfragen wir die vermeintlich unumstößlichen Wahrheiten des Rock. Heute: Die meist gehasste aller Epochen war in Wahrheit das goldene Jahrzehnt der Musik.

von Michael Döringer

Sehnsuchtsort und Urschleim

Alter spielt eine Rolle, immer. Es spielt eine Rolle, wie und wann man aufgewachsen ist, mit welcher Musik, in welchen Jahren. Dass der Verfasser dieses Artikels Mitte der 1980er geboren wurde und er als Sechsjähriger ganz entscheidend von Love At First Sting von den Scorpions und Appetite For Destruction geprägt wurde, kann man nicht leugnen. Die 80er sind für mich ein Sehnsuchtsort und der klangliche Urschleim, in dem für mich alles seinen Anfang hat. Klar, dass nicht alle so ticken.

Aber es gibt auch viele ordentliche Argumente, um mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass die 80er ein schreckliches Jahrzehnt gewesen sind, ob stilistisch, modisch oder musikalisch. Diese boshafte Unterstellung von den schlimmen 1980ern wird viel zu oft viel zu leichtfertig verbreitet. Wer über dieses Jahrzehnt schimpft, schämt sich wahrscheinlich nur für seinen eigenen schlechten Geschmack von damals oder trauert den verlorenen Jahren hinterher. Dein Manta und dein Fuchsschwanz sind mir erst mal egal.

Vergessene Style-Ikonen

Reden wir auch nicht über die Frisur von Nena, die Outfits von Iron Maiden und all den Hair-Metal-Bands, oder diese Neon-Blousons. Jede Dekade hat ihre hässlichen Seiten. Schlaghosen sind auch nicht besser als Karotte, oder? Warum redet nie jemand über die Mode-Ikonen der 80er? Madonna, Bowie natürlich, oder Dave Gahan und Nick Cave? Jeder wollte so aussehen, und das funktioniert auch heute noch sehr gut, wie man in jeder Metropole sieht.

Nick Cave in den 1980ern, Foto: Gie Knaeps/Getty Images

Die Blütezeit aller Genres

Nein, wir reden über Musik. In keiner anderen Dekade blühten so viele neue Genres auf, sind so viele neue Stile und Sub-Genres entstanden wie in den 80ern. Dazu rechnen wir Punk und alles was danach kam, von britischem Post-Punk und New Wave à la Joy Division und New Order über Hardcore-Punk in den USA und die spätere Ausbildung von Indie- und Alternative Rock. Metal in all seinen Spielarten. Von Electro, Techno und House wollen wir hier gar nicht erst anfangen. Auch in diesen Sparten bilden die 1980er die faktische Geburtsstunde, alle großen Klassiker stammen aus dieser Zeit, auch wenn sich die Genres im Laufe der 90er noch deutlicher ausbildeten. Dasselbe gilt ganz nebenbei auch für Hip-Hop.

Ära der Innovation

Sicher: Die Zeit von Prog und Blues, vom Bombast-Rock der 70er war irgendwie vorbei, doch selbst von diesen Bands konnten sich viele in das neue Jahrzehnt retten, mit neuem Sound und neuer Relevanz: Queen, Fleetwood Mac oder Genesis sind nur wenige Beispiele. Neuerungen waren in jedem Genre an der Tagesordnung, Bezüge auf frühere Stile eher selten. Damit waren die 80er das letzte große innovative Jahrzehnt der Musikgeschichte.

Klassiker ohne Ende

Trotz Innovationsdrang und ständiger Weiterentwicklung besitzen die 80er wohl auch die höchste Dichte an Klassikern quer durch alle Genres. Selbstverständlich – gerade in der Rockmusik darf und muss man die 60er und 70er nicht klein reden. Auch damals wurde Geschichte geschrieben. Aber wann haben zum Beispiel Iron Maiden, Metallica, The Cure, AC/DC, Depeche Mode, Slayer und viele andere deiner Lieblingsbands ihre besten Platten veröffentlicht? Genau. Sogar die Stones haben in diesem Jahrzehnt zwei bis drei sehr gute Alben gemacht!

Die goldenen Pop-Jahre

Und wir haben noch viel mehr Argumente. Über welche Songs freut ihr euch denn am meisten, wenn sie im Radio laufen? Welche Oldies streicheln die Seele am angenehmsten? In den 80ern wurden einfach die schönsten Popsongs gemacht. Ok, es gibt da auch ein paar schreckliche Gegenbeispiele, aber die sind doch wirklich in der Unterzahl. Talk Talk, Kate Bush, die Hits von Phil Collins, da wird doch jeder schwach. Oder wie sieht es mit dem hier aus?

Nie klang die Zukunft besser

Kommen wir zum Style. Sicher sind auch die Sixties immer mal wieder Stichwortgeber in der Mode oder Musik, aber der Bezug wirkt doch meistens altmodisch. Die 80er hingegen sind immer noch aktuell. Wenig von damals ist wirklich veraltet, vieles war so futuristisch, dass das Potenzial in Sound und Design noch lange nicht ausgeschöpft ist. Die Zukunft klang nie besser als damals, und eigentlich hat man seitdem noch keine neue Idee entwicklen können, wie die nächste Stufe klingen könnte. Wie es sozusagen weitergehen könnte mit der Zukunft.

In den 80ern wurde die Welt digital, die moderne Welt entstand. Das muss man nicht mögen, man darf sich ruhig in eine vormoderne Zeit zurückwünschen, natürlich auch in der Musik. Aber das bringt uns doch auch nicht wirklich weiter, oder?

Und das führt zu weit. Hier geht es um die musikalische Ehrenrettung der 80er. Die Argumente sind schlagkräftig. Wenn du also das nächste Mal die 80er als schlimmes Jahrzehnt geißeln willst, denk an diesen Artikel und den Regen unten in Afrika.

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