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Popkultur

„Chattanooga Choo Choo“: Wie Glenn Miller die erste goldene Schallplatte aller Zeiten bekam

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Glenn Miller
Titelfoto: GAB Archive/Redferns/Getty Images

Wir Rockstars kennen das: Nach dem Aufstehen führt der Weg zur Frühstückshalle erstmal durch den Gang mit den goldenen Schallplatten. Da schmeckt der Kaffee doch gleich viel besser. Doch wem haben wir die Tonträger-Trophäe eigentlich zu verdanken? Big-Band-Legende Glenn Miller war daran nicht unbeteiligt…

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch einige der größten Hits von Glenn Miller anhören:

Im Leben des jungen Glenn Miller spielt Gold noch keine Rolle. Er kommt in Iowa zur Welt, geht in Nebraska zur Schule und verbringt seine Jugend in Missouri und Colorado. Familie Miller lebt in überschaubaren Verhältnissen, seine erste Posaune spart sich der kleine Glenn durch das Melken von Kühen zusammen. Zu der Zeit ahnt er wohl selbst noch nicht, dass ihm eine unglaubliche Karriere bevorsteht — wenn auch nicht ganz freiwillig.

Chattanooga Choo Choo: ein goldener Hit

Als junger Erwachsener muss er alles auf die Musik setzen, denn von der Uni wird er gegangen. Das klappt: 1938 erscheint seine erste Single My Reverie, direkt im Anschluss gelingt ihm mit Moonlight Serenade der erste Top-Ten-Hit. Davon veröffentlicht er bis 1944 noch 58 weitere — mehr als Elvis oder die Beatles. Doch für einen Nummer-eins-Erfolg erhält Miller eine ganz besondere Auszeichnung: Chattanooga Choo Choo.

Das Stück handelt von einem Mann, der zu seiner Frau heimkehrt. Das trifft inmitten des Zweiten Weltkriegs einen Nerv, mehr als eine Million Singles gehen über die Ladentheke. Das hatte es lange nicht gegeben und Millers Plattenfirma möchte ihrem Star danken. In einer Live-Radiosendung überreicht RCA Victor dem Big-Band-Musiker eine echte goldene Schallplatte.

Eine Trophäe aus Massivgold

„Ich denke, die Zuhörer am Radio sollten wissen“, erklärt Ansager Paul Douglas Miller im Rahmen der Verleihung, „dass es sich tatsächlich um eine Aufnahme von Chattanooga Choo Choo handelt. Aber sie ist aus Gold, massivem Gold, und sie ist wirklich schön.“ Die Geste kommt bei allen Beteiligten so gut an, dass daraus eine Plattenfirmentradition wird. Später übernehmen Verbände die Auszeichnungen, zum Beispiel die Recording Industry Association Of America (kurz: RIAA).

Goldene Schallplatten in Deutschland

Auch in Deutschland kennen wir die goldene Schallplatte: Wer hierzulande 100.000 Alben verkauft, darf sich über das Edelmetall freuen. Eine Platinauszeichnung gibt es ab 200.000 verkauften Einheiten, Diamant ab 750.000. Jazz-Musiker*innen müssen für eine goldene Schallplatte nur 10.000 Exemplare verkaufen, Platin gibt es ab 20.000. In der klassischen Musik reichen 30.000 verkaufte Alben für Gold, 60.000 für Platin.

Aus Massivgold bestehen die Platten in Deutschland aber nicht, wie Ronald Reinsberg von der Werbegentur Reinsberg im Interview mit Vice erklärt: „Die Scheiben werden 24 Karat vergoldet.“ Er weiß das, denn seine Agentur stellt die Trophäen her. Früher sei bei der Pressung von 25.000 Schallplatten eine sogenannte „Mutter“ verbraucht worden, quasi die Pressform. Diese habe man anschließend vergoldet und eine neue Mutter für die nächsten 25.000 Platten in Betrieb genommen. Heute gebe es zwar auch noch Vinyl, aber nicht mehr so viel, dass man aus der Produktion genug Mütter für eine Vergoldung bekäme. „Deswegen lassen wir extra Mütter mit einer Leerrille, also ohne Musik in der Rille, im Presswerk herstellen. Optisch sieht das aber identisch aus.“

Glenn Miller: das tragische Ende einer beeindruckenden Karriere

Trotz goldener Schallplatte lässt der Zweite Weltkrieg auch Miller nicht kalt. Er möchte die Vereinigten Staaten unterstützen, ist mit 38 Jahren aber zu alt für den Kriegsdienst. Einen Weg findet er trotzdem: Miller überzeugt die US Army davon, ihm eine Art „modernisierte Armee-Band“ anzuvertrauen. Wenige Monate nach der Verleihung der goldenen Schallplatte spielt seine Band ihren letzten zivilen Auftritt.

Beim Militär bringt Miller es ganz schön weit. Er darf eine 50-köpfige Band gründen, ab Sommer 1944 spielt er ungefähr 800 Konzerte in England. In den Abbey Road Studios entstehen Propaganda-Aufnahmen für die Alliierten und Miller verkündet im Radio: „Amerika bedeutet Freiheit, und es gibt nichts, was die Freiheit so gut ausdrückt wie die Musik.“

Leider kostet der Krieg ihn wohl auch das Leben. Am 15. Dezember 1944 fliegt Miller von England nach Paris, doch während seine Maschine den Ärmelkanal überquert, verschwindet das Flugzeug spurlos. Er wird nie wiedergefunden. Doch das ist wie so oft eine andere Geschichte.

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Zeitsprung: Am 15.12.1944 verschwindet Glenn Miller.

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