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Popkultur

„All Along The Watchtower“: Wie Bob Dylan Jimi Hendrix einen Riesen-Hit bescherte

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Jimi Hendrix
Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Mit den meisten seiner unzähligen Songs feierte Bob Dylan selbst riesige Erfolge; mit anderen bescherte er vor allem denjenigen wichtige Meilensteine, die seine Musik coverten. Das gilt auch für All Along The Watchtower – denn erst die Jimi Hendrix Experience veredelte die Dylan-Komposition zum Mega-Hit.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Electric Ladyland von der Jimi Hendrix Experience anhören:

Mitte der Sechziger muss Bob Dylan gehörig auf die Bremse treten. Nicht nur, dass er sich im Juli 1966 bei einem Motorradunfall verletzt und anschließend zwangsläufig 18 Monate zuhause verbringt. Nein, auch sein neu gewonnenes Familienleben stellt den Alltag des Folk-Helden gehörig auf den Kopf. Sein erster Sohn Jesse war Anfang 1966 geboren worden, Dylans erste Tochter Anna erblickte im Juli 1967 das Licht der Welt. Das sorgt für Veränderung und Trubel. Doch neue Songs schreibt der Musiker trotzdem, wann immer es gerade passt — und sammelt schließlich genug Material für sein achtes Studioalbum John Wesley Harding.

Am 6. November 1967 begibt sich Dylan ins legendäre Studio A in Nashville, wo er auch sein Erfolgsalbum Blonde On Blonde (1966) eingespielt hatte, und nimmt unter anderem die musikalische Perle All Along The Watchtower auf. Darin verneigt er sich vor Blues-Legende Robert Johnson sowie Liedermacher Woody Guthrie und zeigt: Hier komme ich her. Im Text beschäftigt er sich mit der Geschichte eines Gauklers und eines Diebes — eine Analogie für das damalige Verhältnis zwischen Dylan und seiner Plattenfirma. Als das Stück Ende 1967 als Single erscheint, interessiert sich allerdings kaum jemand dafür. Erst durch jemand anderen wird die Nummer zum Riesen-Hit.

Jimi Hendrix hatte schon früher Gefallen an Dylans Songs gefunden und zum Beispiel Like A Rolling Stone gecovert. Als ihm 1967 die noch unveröffentlichten Masterbänder von John Wesley Harding zugespielt werden, packt es den virtuosen Gitarristen. „Hendrix kam mit diesen Dylan-Tapes an und wir haben sie zusammen im Studio zum ersten Mal gehört“, erinnert sich Toningenieur Andy Johns in einem Interview. Zunächst möchte Hendrix das Stück I Dreamed I Saw St. Augustine covern, doch All Along The Watchtower gefällt ihm schließlich noch besser. Am 21. Januar 1968 beginnt die Jimi Hendrix Experience im Londoner Olympic Studio damit, den Song noch einmal aufzunehmen.

All Along The Watchtower: Von Dylan geschrieben, von Hendrix veredelt

Jimi Hendrix und seine Musiker spielen All Along The Watchtower nicht bloß nach, sondern machen ihren ganz eigenen Song aus Dylans Komposition. „Wenn sich Dylan mit seinem Blues vor Robert Johnson verneigt“, schreibt Musikhistoriker Albin J. Zak III in seinem Aufsatz Bob Dylan And Jimi Hendrix: Juxtaposition And Transformation, „dann erinnert Hendrix’ Gesang an Muddy Waters, seine tiefe Stimme und seinen heavy Beat.“ Dass Hendrix den Dylan-Song so stark verändert, gefällt nicht allen in der Band. So verlässt Bassist Noel Redding die Sessions sogar, weil ihm die Version von Bob Dylan besser gefällt. Am Ende der ersten Aufnahmesessions zeigt sich auch Hendrix selbst unzufrieden.

Weil ihm der erste Mix von All Along The Watchtower nicht zusagt, nimmt Hendrix weite Teile des Songs noch einmal auf. Dafür wechselt er in das Studio Record Plant in New York City, wo ein gewisser Tony Bongiovi arbeitet. Falls euch eine Namensähnlichkeit auffällt, habt ihr vollkommen recht: Tony ist der ältere Cousin von John, der später unter dem Namen Jon Bon Jovi ein paar Platten verkaufen soll. Die Zusammenarbeit mit Hendrix gestaltet sich für Tony schwierig, denn der Gitarrist verläuft sich in seinen Ideen und verliert den Überblick. Doch im Sommer 1968 stellt Hendrix seine Cover-Version fertig — und am 2. September erscheint sie auch schon.

Komponist Bob Dylan zeigt sich begeistert von Hendrix’ Version — sogar so sehr, dass die Folk-Legende einige von Hendrix’ Ideen in seine eigene Performance des Songs aufnimmt. „Seine Interpretation hat mich umgehauen“, erzählt Dylan 1995 im Interview mit der US-Tageszeitung Sun-Sentinel. „Er konnte Dinge in einem Song finden und sie energisch weiterentwickeln. Er fand Sachen, von denen andere Leute nicht gedacht hätten, dass sie überhaupt existieren. Wahrscheinlich hat er das Lied noch verbessert, indem er die vorhandenen Räume genutzt hat. Ich habe mir viel von ihm abgeschaut und tue das bis heute.“

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