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Popkultur

Zeitsprung: Am 31.3.1955 rockt Angus Young von AC/DC los.

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Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 31.3.1955.

von Christof Leim

Der kleine wilde Mann in der Schuluniform: Kaum ein Gitarrist ist ikonischer als Angus Young von den mächtigen AC/DC. Wer in der Welt der Krachmusik mehr als ein Riff lang aufgepasst hat, kennt den energetischen Australier, der wie wenige andere steht für unverfälschten, hochenergetischen Rock’n’Roll. Das gilt seit Dekaden und wird sich so schnell nicht ändern. Gut so.

Hier könnt ihr euch einige der besten AC/DC-Songs anhören:

Seine Gitarre, die Gibson SG, hat Angus ausgesucht, weil sie nicht zu groß ausfällt und einen dünnen Hals hat. Denn Angus ist klein, nur 1,57 Meter, heißt es. Aber an komprimierter Energie macht ihm niemand was vor. Auf der Bühne geht er ab wie unter Strom, musikalisch weichen er und seine Band keinen Millimeter von der Spur: Rock’n’Roll, konzentriert auf die Basics, einfach, aber verdammt schwer. Und laut.

Schotten in Australien

Klein gewachsen sind übrigens die meisten Mitglieder seiner Familie, so auch Angus’ unvergessener Bruder, der verstorbene AC/DC-Chef Malcolm Young. Beide kommen im schottischen Glasgow zur Welt. Angus’ erster Schrei ertönt am 31. März 1955, er ist acht, als seine 15-köpfige Familie im Sommer 1963 nach Australien auswandert und sich in Sydney niederlässt.

Musik spielt eine wichtige Rolle im gemeinsamen Leben, so ziemlich alle Youngs spielen ein Instrument. Dabei werden die Gitarren von den großen Brüdern an die kleinen weitergereicht. Seine erste SG kauft Angus 1970 gebraucht in einem Laden um die Ecke, er besitzt sie heute noch. Mit 15 hat sich das Thema Schule für unseren Helden erledigt, zunächst wird er Schriftsetzer bei einem Männermagazin namens Ribald.  Aber Rock’n’Roll ist halt geiler…

Lieber Kakao

Angus liebt vor allem den grundlegende Stoff von Little Richard, Chuck Berry, den Stones und Jimi Hendrix. Später nennt er auch Louis Armstrong „einen der großartigsten Musiker aller Zeiten“. Der Junge lärmt in den Bands Kantuckee und Tantrum, mit seinem Bruder macht er zunächst nicht viel zusammen. „Malcolm saß in seinem Zimmer und schrieb Songs“, erinnert sich Angus 1992 im Magazin Guitar. „Ich war nebenan und tat so, als wäre ich Jimi Hendrix. Immer wenn ich bei ihm reinschaute, hat er mich rausgeworfen. Es hat mich überrascht, dass er mich gefragt hat, ob ich nicht bei seiner Band vorspielen will.“ Wir schreiben das Jahr 1973, und die Band kennen wir alle: AC/DC. Angus ist 18. Der erste Gig findet an Silvester des Jahres 1973 in Sydney statt, der Rest ist beste Rock’n’Roll-Geschichte (über die ihr hier jede Menge nachlesen könnt).

Foto: Promo-Bild

Früh erweist sich Angus’ hochenergetischer Stil als Hingucker auf der Bühne. Stillstehen kann der junge Mann schon damals nicht. Er versucht eine ganze Reihe an Kostümen, etwa Spiderman, Zorro, Gorilla (!) und „Super-Ang“, eine Parodie auf Superman. Bis seine Schwester Margaret ihm vorschlägt, einfach seine Schuluniform anzulassen. In den folgenden Jahren ziehen AC/DC durch. Endlose Touren, mehr oder minder jährlich eine Platte, alles für die Band, und immer Vollgas. Während seine Kollegen feiern, trinkt Angus Tee oder noch lieber Kakao. Seinen letzten Vollsuff hat er angeblich an seinem 18. Geburtstag – und dann keine Lust mehr auf Schnaps. Dafür raucht der Mann wie ein Industriegebiet.

Headbangen gegen Kopfweh

Für körperliche Fitness sorgt der allabendliche Auslauf auf der Bühne. Unermüdlich in Bewegung, die Füße machen zwei Beats links, zwei Beats rechts, der Kopf schaltet in den Headbang-Modus und hört nicht mehr auf. Auf die Frage, ob ihm das nicht Schädelweh bereite, antwortet er: „Nein, aber wenn ich vorher welches hatte, ist das nachher weg.“  Wir empfehlen an dieser Stelle ausdrücklich das Livevideo Let There Be Rock: The Movie – Live in Paris von 1979. Unfassbar.

Angus springt in die Luft, schmeißt sich auf den Boden, reitet auf den Schultern seines Sängers und macht – inspiriert von Chuck Berry – den Duckwalk. Manchmal klettert er sogar in Raketen oder auf fliegende Kanonenkugeln, und das trotz Höhenangst. Dass unser Mann schon 1977 drahtlose Übertragungssysteme benutzt, um nicht durch ein Kabel eingeschränkt zu sein, überrascht nicht. Natürlich wird der Bewegungsdrang mit den Jahrzehnten weniger, aber Stillstehen gehört auch heute bei Angus nicht zum Programm. Und bei all dem fliegen die Riffs und Soli…

Man hat es oder eben nicht

Überhaupt zählt er als Gitarrist zu den Besten: Äußerst agil in den Fingern, mit hervorragendem Ton und ähnlich wie Malcolm einem Groove am Leib, den man kaum nachmachen kann – man hat ihn oder eben nicht. Angus’ Spiel basiert massiv auf dem Blues und der frühen Rock’n’Roll-Ursuppe und weist eine eigenständige Phrasierung auf, die schwer zu reproduzieren ist. Die Licks kommen alle nicht aus dem Hirn oder Computer, sondern vermutlich irgendwo aus dem Rückenmark oder der DNA. Man weiß es nicht, würde es aber auch gerne können. Seine Soli sieht er aber „als einfachsten Teil des Jobs“, wie er einmal dem Guitar Player erzählte. „Das Schwerste ist mit anderen zusammenzuspielen, und zwar richtig.“

Seinen durchschlagenden Sound bekommt Angus nicht aus massiver Verzerrung, sondern er spielt vor allem: laut. Das hat natürlich auch Folgen: Im Interview fragt der Musiker oft mit einem „Hä?“ nach, nicht selten nimmt Bassist Cliff Williams die Frage auf, so dass Angus darauf einsteigen kann. 

Hells Bells in Holland

Privat macht Young viel weniger Lärm: Skandälchen, Boulevard-Quatsch und Auftritte auf roten Teppichen gibt es nicht. Angus ist seit langem verheiratet mit einer Niederländerin namens Ellen und wohnt mit ihr (unter anderem) in der Gemeinde Aalten, nicht weit von der Grenze zu Nordrhein-Westfalen. Kinder haben die beiden nicht.

Nicht zu rocken, steht für Angus anscheinend nicht zur Debatte. Was ein Young anfängt, bringt er zu Ende. Seit dem krankheitsbedingten Ausscheiden seines Bruders 2014 führt er die Band als einziges verbliebenes Gründungsmitglied weiter. Wie immer erzählen AC/DC nichts darüber, was sie vorhaben oder gerade machen, aber Gerüchte über ein neues Album halten sich auch im März 2020 hartnäckig. Hoffen wir es. Besseren Rock’n’Roll gibt es nicht, und das liegt nicht zuletzt an einem kleinen wilden Mann namens Angus Young. Happy Birthday.

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