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Popkultur

Zeitsprung: Am 14.12.1949 wird AC/DC-Bassist Cliff Williams geboren.

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Foto: Bob King/Redferns

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 14.12.1949.

von Christof Leim

Klare Sache: Auf der AC/DC-Bühne ist Angus die Attraktion und Brian Johnson der Zirkusdirektor. Doch man darf bei dieser Band nie, niemals die Rhythmussektion vernachlässigen: AC/DC grooven so verdammt packend wegen Malcolm Young (RIP) an der Gitarre, Phil Rudd am Schlagzeug – und wegen Cliff Williams, der seit 1977 ein unkaputtbares Bassfundament darunterlegt. Am 14. Dezember feiert er Geburtstag und kann auf ein erfolgreiches Leben mit vielen, vielen Achteln zurückblicken.

Hier könnt ihr Cliff Williams’ Einstand bei AC/DC hören:

Clifford Williams heißt der Junge, der am 14. Dezember 1949 in Romford, Essex außerhalb von London auf die Welt kommt. Er wächst in Liverpool auf, lässt sich dort wie so ziemlich alle seiner Generation von der aufkommenden Beatmusik infizieren und beschließt, Rockmusiker zu werden. Zu seinen Lieblingen gehören Klassiker wie die Stones, The Who, Bo Diddley und die Kinks, mit deren Platten und ein paar Unterrichtsstunden er sich das Bassspielen beibringt. Mit 13 gründet er, wie es sich gehört, seine erste Band, mit 16 verlässt er die Schule, arbeitet tagsüber als Techniker und spielt nachts Musik.

Es fehlt die richtige Band

Das läuft anscheinend ganz gut, denn kurz darauf, im Jahr 1966, zieht er nach London. Zwar muss er hier in Supermärkten und auf Abbruchhalden schuften, kann aber mit diversen Bands an der Rock’n’Roll-Weltherrschaft arbeiten. Eine dieser Bands heißt Sugar, hier spielt Cliff mit dem Gitarristen Laurie Wisefield (der später bei Wishbone Ash und in Live-Entourage von Tina Turner wieder auftaucht). Viel geht erstmal nicht. Also ziehen Williams und Wisefield 1970 weiter zur Kapelle Home, die als Prog Rock beschrieben wird, aber auch tatsächlich nach „English Country“ klingt, wie der Bassist es später beschreibt. Home können einen Vertrag bei einem Majorlabel ergattern, veröffentlichen drei Alben und spielen sogar im Vorprogramm von Led Zeppelin, doch trotz eines (moderaten) Erfolgs in der britischen Hitparade lösen sie sich 1974 wieder auf.

Cliff auf dem Cover der zweiten Platte von Home. Erkannt?

Also muss die nächste Band her, und die heißt Bandit. Hier spielen zukünftige Mitstreiter von Roger Waters und andere gute Leute. Mit Bandit veröffentlicht Cliff 1977 ein Album, außerdem tourt die Truppe als Backing-Band von Alexis Korner, aber auch hier ist bald wieder Schluss. Bis jetzt hat unser Mann konsequent durchgezogen und als Musiker gearbeitet, selbst wenn der große Durchbruch nicht passiert. Noch nicht. Nach dem Ende von Bandit allerdings will er hinschmeißen und sich aus dem „Business“ zurückziehen. Bis ihn ein Kollege überzeugt, bei der einer gewissen australischen Band vorzuspielen…

Dann eben zu den Australiern

AC/DC haben gerade das großartige Album Let There Be Rock (1977) eingehämmert, aber kurz darauf ihren Bassisten Mark Evans vor die Tür gesetzt und aus London, wo die Band damals ihr Hauptquartier unterhält, auf den Heimweg nach „down under“ geschickt.  Cliff spielt bei der der Truppe vor, „nur zum Spaß“, wie er später einräumt. Aber offensichtlich haben alle Beteiligten davon eine Menge, denn am 27. Mai 1977 wird Cliff Williams der neue Bassist von AC/DC. Angeblich passiert das zum Teil auch wegen seines guten Aussehens, soll Angus einmal behauptet haben, damit endlich mal mehr Frauen zu den Shows kommen. Muss man natürlich auch bedenken.

AC/DC 1979: Unser Mann hält sich meist im Hintergrund…

Die ersten Shows spielt das neue Line-up in Australien bei kleinen Gigs unter falschem Namen, anschließend geht es in die USA auf Tour. Seinen Albumeinstand gibt Cliff 1978 auf Powerage. Fortan tut er, was bei dieser Band getan werden muss, nämlich Achtel pumpen so groß wie Ayers Rock, und immer in diesem magischen Groove, der AC/DC besser macht als die anderen Kinder. Kein Note zu wenig und ganz sicher keine zu viel.

Nur was nötig ist

Der Tieftöner gibt bereitwillig zu, in jedem Stück im Wesentlichen das Gleiche zu spielen, denn „der Song ist wichtiger als der Anteil der einzelnen Musiker“. Und das können wir uns alle mal merken. Recht hat er auch mit der Feststellung, dass „komplexe Basslinien in einer gitarrenorientierten Band wie unserer überhaupt nichts bringen“ und führt aus: „Deshalb schaffe ich die Grundlage, die das antreibt, was die Jungs darüberlegen. Damit habe ich überhaupt kein Problem, ich spiele gerne einfach. Das stört mich nicht, und ich fühle mich auch nicht eingeengt dadurch.“

Und damit es richtig schiebt, schlägt er die meisten Töne nur von oben an (so wie Johnny Ramone grundsätzlich „Downstrokes“ spielte), und er schlägt richtig zu. Oft trägt er deshalb Bandagen an den Fingern und eine Lederstütze am Handgelenk, wie man im legendären Konzertfilm AC/DC: Let There Be Rock sehen kann, den die Combo 1979 in Paris während der Highway-To-Hell-Tour aufzeichnet.

Vierviertel. Reicht, wenn man’s richtig macht.

Hier sagt Williams auch: „Für mich selbst schreibe ich ein bisschen an Liedern herum. Aber man würde mich nicht als guten Songwriter bezeichnen.“ In all seinen Jahren bei AC/DC bekommt er keinen einzigen Songwriting-Credit, die Lieder stammen von Young/Young/Scott oder Young/Young/Johnson, seit The Razors Edge (1990) sogar im Alleingang von den Gitarrenbrüdern.

Das macht aber alles nix, denn Williams erklimmt mit AC/DC die höchsten Höhen des Rock’n’Roll (Back In Black! Highway To Hell!) und geht durch ein paar kleine Täler (angefangen mit Flick Of The Switch). Und immer stellt sich Cliff Williams in den Dienst der Band und dieses unerbittlich großartigen Viervierteltaktes. Live steht er (von uns aus gesehen) rechts neben dem Schlagzeug und marschiert nur für die Backingvocals im Stechschritt parallel zu Malcolm (bzw. seinem Nachfolger Stevie) ans Mikro.

Endlich normale Leute

Privat hört man von dem Musiker wenig, es gibt kaum Medienauftritte und kein Skandale. Wie alle seine AC/DC-Kollegen hält er sich aus vom Blitzlichtpromizirkus fern und bleibt schlicht: normal. 1980 heiratet Cliff seine Georganne, eine Dame aus Colorado, und zieht mit ihr nach Hawaii. Wenn man schon die meiste Zeit unterwegs ist, aber ein paar Taler verdient hat, kann man es sich auch in der Sonne gemütlich machen, oder? (Kirk Hammett von Metallica sieht das zum Beispiel genauso.) 

AC/DC 2014 – Pic: James Minchin/Promo

Zwei Kinder kommen auf die Welt, doch zusehends fühlt sich Familie Williams auf der Insel isoliert. Einmal berichtet der Bassist, dass er für einen eintägigen Videodreh vier Tage reisen muss. Auch doof. Weil die Schulen zudem nicht so recht taugen, aber aus den Kids ja was werden soll, folgen Cliff und Georgeanne einem Vorschlag von AC/DC-Kollege Brian Johnson. Der wohnt nach einem halben Leben im regnerischen England mittlerweile in Florida und findet das ganz hervorragend. Unser Geburtstagsrocker lässt sich fortan in Fort Myers nieder und geht Hobbies wie Angeln, Fliegen und gutem Wein nach. Nebenprojekte oder gar andere Bands gibt es wie bei allen AC/DC-Mitgliedern nicht bis kaum. Die Mafia ist da offener.

Gefrorene Kamele?

Ganz kann Williams die Bassfinger aber nicht stillhalten, wenn die AC/DC-Maschine mal Pause macht: 1984 beteiligt er sich am Song I Want My Heavy Metal von Adam Bomb, während der Zweitausender tut er sich mit dem bosnischen Musiker Emir Bukovica und seiner Band Emir & Frozen Camels zusammen. 2002 kommt das Album San heraus, eine kleine Clubtour in Europa folgt. Mit seinem Kumpel Brian spielt Cliff dann ab 2005 noch in diversen Wohltätigkeitsprojekten, auch damit er fit und im Groove bleibt, denn die Auszeiten der Hauptkapelle werden länger.

Fast vierzig Jahre zockt Cliff Williams bei AC/DC, bis er am 7. Juli 2016 bekannt gibt, sich nach der Tour zu Rock Or Bust zur Ruhe setzen zu wollen. Mittlerweile hat sich einiges bei der australischen Boogie-Brigade geändert: Malcolm kann wegen seiner Demenzerkrankung nicht mehr mitspielen, Brian Johnson muss wegen massiver Hörprobleme aufhören, und Phil Rudd steht mit einem Bein im Knast. Für Williams ist es an der Zeit, den Rock’n’Roll Train zu verlassen – „to come off the road“, wie er sagt. 

Ruhestand. Echt?

Seine letzte Show mit AC/DC spielt er am 20. September 2016 in Philadelphia, mittlerweile singt aushilfsweise Axl Rose. Nach der letzten Nummer For Those About To Rock zieht Angus Cliff nach vorne für eine kurze Verabschiedung. Kurz winken, ein knappes „Ladies & gentlemen, Mr. Cliff Williams!“, zack, das war’s, zu sehen hier. Viel Theater haben die Jungs noch nie gemacht. Und den Ruhestand, den hat sich Cliff Williams verdient.

Aber war es das wirklich? Anscheinend nicht. Zu Williams’ 70. Geburtstag Ende 2019 verdichten sich schon länger die Hinweise, dass AC/DC ein neues Album aufnehmen – mit Brian, Phil und wohl auch Cliff

Zeitsprung: Am 5.5.1978 veröffentlichen AC/DC „Powerage“.

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