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Popkultur

Zeitsprung: Am 29.9.1992 veröffentlichten Alice In Chains „Dirt“.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 29.9.1992.

von  Christof Leim

Leichter Stoff ist es nicht, das zweite Album von Alice In Chains. Auf „ Dirt“ vereint die Band viel zu autobiografische Düsterthemen mit großartigen Songs, wie sie sonst keiner schreibt. Am 29. September 1992 erscheint die Platte.

Hier könnt ihr euch The Dirt anhören:

Es sind schon aufmunternde Dinge, über die Alice In Chains hier singen: Depression, Wut, Krieg, Tod und nicht zuletzt Drogen. Insbesondere Sänger Layne Staley konsumiert Heroin und macht das in gleich bei drei Songs zum Thema, die Titel sind bezeichnend: Sickman, Junkhead und God Smack. Zehn Jahre später lebt er nicht mehr. Vor den Aufnahmen von Dirt versucht er einen Entzug, bricht den aber ab – und hängt prompt wieder an der Nadel. Nicht nur er hat bei der Entstehung der Platte zu kämpfen: Seine Kollegen Sean Kinney (Schlagzeug) und Mike Starr (Bass) saufen zu viel.

Trotzdem reiten Alice In Chains mit Dirt mit auf einer Welle des Erfolges, gleich fünf Singles werden zu Hits. Wer Anfang der Neunziger auf harte Rockmusik steht, kennt sie: Would? über den verstorbenen Mother-Love-Bone-Sänger Andrew Wood (auch ein Heroin-Opfer, übrigens), Rooster über den vom Vietnamkrieg geschädigten Vater von Gitarrist Jerry Cantrell, außerdem Them Bones, Angry Chair und Down In A Hole. In einem freakigen 43-Sekunden-Instrumental vor God Smack, das manchmal den Titel Iron Gland trägt, hört man sogar Tom Araya von Slayer.

Werden mit “Dirt” zu einer der größten Rockbands ihrer Zeit: Alice In Chains – Foto: Rocky Schenck/Promo

 Insgesamt klingt die Scheibe düsterer als das Debüt Facelift, kein Wunder bei den Inhalten. Die früher noch hörbaren Einflüsse aus Hard Rock und Heavy Metal verschwinden hier fast vollständig. (Und ja, es gab sie: Cantrell ist riesiger Kiss-Fan, und auch Staley trug mal eine 1a-Hairspray-Poser-Rocker-Frisur.) Alice In Chains finden mit ihrem Zweitling komplett zu einem eigenen Stil, so klang und klingt niemand. Das liegt vor allem an den eigenständigen Riffs und den charakteristischen Harmoniegesängen. Das Gros des Materials stammt von Cantrell, zum ersten Mal steuert auch Staley zwei Songs bei (Hate To Feel und Angry Chair).

Die Aufnahmen passieren von April bis Juli 1992 in Burbank, Seattle und Los Angeles. Ebenda erleben Alice In Chains die „Rodney King Riots“ hautnah (wie Motörhead übrigens auch) und müssen sogar ein paar Tage die Stadt verlassen. Die Produktion übernimmt wie schon auf dem Debüt Dave Jerden.

Dirt erscheint am 29. September 1992, erreicht in den USA Platz 6, in Deutschland Platz 37 und verkauft sich millionenfach. Später wird das Werk sogar für einen Grammy nominiert. Auf der Scheibe hört man zum letzten Mal das Original-Line-up, weil Bassist Mike Starr im Januar 1993 gefeuert wird. Jahre später stirbt auch er an seinem Drogenkonsum. Zum Album touren Alice In Chains als Support für Ozzy Osbourne und heuern später dessen Bassisten Mike Inez an. In Europe sind sie unterwegs mit Clawfinger.

In den Folgejahren gehört die Truppe zu den größten Rockbands der Zeit und steigt 1994 sogar mit einer Akustik-EP auf Platz eins der US-Charts ein. Mitte der Neunziger befindet sich die Welt der harten Musik in einem Umbruch, und Alice In Chains stehen ganz vorne als eine Band der „Big 4 des Grunge“ (die in Wirklichkeit recht unterschiedlich klingen). Man könnte sagen: Alice In Chains rocken (relativ) geradlinig, Pearl Jam musizieren leichter, Soundgarden schräger und Nirvana punkiger, aber die Diskussion heben wir uns mal für einen Tresen auf. Leider häufen sich die Probleme des Quartetts, vor allem Layne Staley stürzt irgendwann völlig ab… mit ungutem Ausgang, wie wir wissen. Diese traurige Geschichte könnt ihr hier nachlesen.

Zeitsprung: Am 22.8.1967 wird Layne Staley (Alice In Chains) geboren.

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