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Popkultur

„Enter Sandman“: 8 überraschende Fakten zum Metallica-Klassiker

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Foto: Niels van Iperen/Getty Images

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Den ersten neuen Metallica-Song der Neunziger hören die Fans am 29. Juli 1991: Enter Sandman wird als Single veröffentlicht und setzt die Marschrichtung für das „schwarze Album“ Metallica fest: Mit Macht an die Spitze.

von Christof Leim

Die Nummer nimmt den monolithischen Sound und die punktgenauen Kompositionen der Platte vorweg und erweist sich als größter Song in der Karriere der kalifornischen Metal-Helden. Heute ist das Ding ein unbestreitbarer Klassiker. Wir haben acht grundlegende und überraschende Fakten zu Enter Sandman zusammengetragen.

Hier kannst du dir das Black Album anhören:

1. Das Riff stammt von Kirk, Lars verfeinert es.

Eines Nachts um zwei hört Kirk Hammett Louder Than Love, das zweite Album von Soundgarden, und greift inspiriert zur Gitarre. Heraus kommt – fast – das ikonische Sandman-Riff, das im Originalsong bei 0:55 Min ertönt. Kirk nimmt seinen Einfall auf und packt ihn wie bei Metallica üblich auf ein „Riff Tape“, das er den Hauptsongwritern Lars Ulrich und James Hetfield reinreicht. Lars wird hellhörig, schlägt aber eine Änderung vor: Ursprünglich ertönt der erste Teil der Passage nur einmal, dann kommt schon der Schlusstakt. Der Drummer, der schon immer ein Händchen für gute Arrangements im Kleinen und Großen besaß, lässt diesen ersten Teil dreimal spielen, gefolgt von dem Ende. Das Riff ist also jetzt vierteilig, und zack: Fertig ist ein Ohrwurm erster Güte.

Der klingt kein Stück nach Soundgarden, wie Kirk betont, da lag „nur“ die Inspiration. Allerdings findet die Band Excel, dass die Ähnlichkeiten zu ihrem Stück Tapping Into The Emotional Void von 1989 doch ein bisschen zu auffällig sind. Man hört allerdings nur eine marginale Verbindung, was vor allem an dem guten alten „Teufelsintervall“ Tritonus liegt (siehe Black Sabbath), das hier jeweils zum Einsatz kommt. Und das gibt es im Heavy Metal an jeder Ecke, wie es sich gehört.

2. Der ganze Song basiert auf diesem einen Riff.

Nach den verschachtelten Kompositionen von …And Justice For All (1988) wollten Metallica bewusst mehr zum Punkt kommen. Deshalb entwickeln Lars und James Enter Sandman im Wesentlichen aus diesem einen Riff von Kirk: Das cleane Intro nimmt das Hauptmotiv vorweg, die folgende Steigerung baut es Stück für Stück zum Hauptriff auf, der Pre-Chorus moduliert das Ganze einfach einen Ganzton höher, und im Outro passiert die Steigerung vom Anfang quasi rückwärts. Klingt einfach, ist es aber nicht. Doch es funktioniert hervorragend. Zwei Tage brauchen die beiden Chefs laut Lars für die Nummer. Sandman wird als erster Song der Platte geschrieben und legt so die Marschrichtung fest.

Metallica

Werden mit ‘Enter Sandman’ und dem ‘Black Album’ zu Superstars: Metallica ein Jahr nach Veröffentlichung (Foto: Steve Allen/Getty Images)

3. Enter Sandman sollte zunächst gar nicht die erste Single werden.

Sowohl die Band als auch Produzent Bob Rock hielten Holier Than Thou für das geeignete Stück, die neue Platte zur eröffnen und auch als Single ausgekoppelt zu werden. Das mag damit zusammenhängen, dass Holier im Riffing tatsächlich noch die Thrash-Wurzeln durchscheinen lässt und ein wenig nach den alten Zeiten klingt. Doch Lars Ulrich bewies die richtige Vision und setzte die auch in langen Diskussion durch: Von Anfang an hielt er Enter Sandman für die Nummer, mit der Metallica das neue Jahrzehnt einläuten sollten. Er sollte Recht behalten. Sandman definierte nicht nur den Sound des schwarzen Albums, sondern wurde zu einem veritablen Hit.

An Holier Than Thou scheinen Metallica über die Jahre sogar ganz die Lust verloren zu haben: Anfangs steht er noch auf der Setlist der schier endlosen Touren zum schwarzen Album, doch in den folgenden drei Dekaden wird die Nummer nur 87 Mal live gespielt. Das kann man von Enter Sandman nicht behaupten.

4. Der Text klang ursprünglich auch ganz anders.

Für Sandman war die Musik früh fertig, die Titelidee gab es sogar schon seit Jahren, der vollständige Text aber stand bis zum Schluss nicht fest. In seinen ersten Entwürfen sang James Hetfield über die Zerstörung einer perfekten Familie und plötzlichen Kindstod, doch das schien Lars und Bob Rock zu klischeehaft und zu unpassend für die erste Single und die Musik an sich. Einmischung in seine Lyrik hatte der Frontmann bisher verboten, also reagierte er entsprechend gereizt, doch die Kollegen setzten sich durch. Die Zeilen, die wir alle kennen, drehen sich nun viel allgemeiner und „größer“ um Alpträume und die Figur des „Sandmanns“, die Kinder einschlafen lässt. Enter Sandman ist quasi ein Anti-Schlaflied.


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5. Was Heart und Ice-T mit einem Outro-Lick zu tun haben.

Am Ende des Liedes, wenn Metallica das Riff quasi wieder „abbauen“ und immer weniger spielen, ertönt kurz vor dem Fade-Out etwa bei 5:04 Min. ein kleines Lick von Kirk. Damit zitiert der Gitarrist eine Passage aus Magic Man von Heart. Doch unser Mann kam darauf nicht etwa durch das Original von 1975, sondern über den Ice-T-Track Personal (1988), auf dem der Rapper das besagte Heart-Lick als Sample einsetzt. Wir sehen: Die Wege der Inspiration sind verschlungen und vielfältig…

6. Enter Sandman ist trotz allem nicht das am häufigsten live gespielte Metallica-Stück:

Der Sandmann ist immer dabei, keine Frage. Auf den Touren zum schwarzen Album, als Metallica gerade mit Macht in den Mainstream durchbrachen, besaßen die Burschen sogar die Frechheit, ihren aktuellen und größten Hit einfach gleich am Anfang des Abends aufzutischen – und Gelegenheitsfans gleich danach mit Creeping Death zu erschrecken. Heutzutage bildet die Nummer meistens den krönenden Abschluss als letzte Zugabe. Dabei wird der Song für Lars Ulrich ”interessanterweise“ nicht langweilig, obwohl ihm viele Nummern sonst immer mal wieder zum Hals raushängen.

Trotzdem rangiert Enter Sandman in der Statistik nur am Ende der Top 5. Laut der Metallica-Homepage wurde das Lied bis zu seinem 30. Veröffentlichungsjubiläum 1.356 Mal live gespielt. One, Seek & Destroy, Creeping Death, sogar For Whom The Bell Tolls und natürlich das allmächtige Master Of Puppets kamen alle schon öfter zum Einsatz. Aber die gibt es auch alle länger…

7. Die Liste der Coverversionen ist endlos.

Keine Überraschung: Sandman gibt es in unzähligen Variationen. Lemmy sang es begleitet von der Band Zebrahead, Volbeat spielten es bei ihrem größten Konzert in Dänemark mit Lars Ulrich als Gast, Apocalyptica sägten es auf ihren Celli, es gibt Neuauflagen als Jazz (Paul Young), Lounge (Pat Boone), Polka (Weird Al Yankovic) und Latin Rock (Juanes). Nightwish nutzen einen Teil in The Greatest Show On Earth, und sowohl Dream Theater als auch Alice In Chains zitieren die Nummer auf offiziellen Livealben. Einmal gibt es aber Ärger: Als die Comedy-Rocker Green Jelly (die mit Three Little Pigs und Danny Carey von Tool an dem Drums) das Sandman-Riff für den Soloteil ihres Electric Harley House (Of Love) einsetzen, bekommen sie offizielle Post. In neuen Auflagen des Liedes gibt es an der Stelle fortan nur noch die Grundakkorde E und F#…

8. Enter Sandman ist das Smoke On The Water der Neunziger.

Das Lied gehört ohne Zweifel zu den ikonischsten Rocksongs des Jahrzehnts (neben dieser tollen kleinen Pop-Punk-Nummer von Nirvana zum Beispiel): Enter Sandman schaffte es auf Platz 16 in den USA und Platz 9 in Deutschland, wurde längst für über eine Million Verkäufe mit Platin ausgezeichnet und eröffnete Metallica den Weg in das Rockradio und den Mainstream an und für sich. Mittlerweile darf man die Nummer als Klassiker bezeichnen, der quasi losgelöst von seiner Dekade existiert (was man von der tollen kleinen Pop-Punk-Nummer von Nirvana nicht behaupten kann).

Enter Sandman steht auf jeder Metallica-Setlist und erklingt in jedem Konzertmitschnitt, kein Lied der Band wurde auf Spotify öfter angehört (um die 700 Millionen Mal). Es läuft in Sportstadien und in Computerspielen, vor allem wird es seit 1991 von Fantastillionen Bands nachgespielt. Jeder Gitarrist, jede Gitarristin hat irgendwann das Enter-Sandman-Riff gezockt, es gehört zum Sechs-Saiten-Allgemeingut. Das hat vorher vor allem Smoke On The Water geschafft.

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