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Popkultur

Zeitsprung: Am 19.2.1948 wird der Riffgott geboren: Tony Iommi von Black Sabbath.

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Foto: Header Pic: Photobra (Adam Bielawski) (Own work) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 19.2.1948.

von Christof Leim

Am Anfang war das Riff. Und Iommi sah, dass es gut war: Der Black-Sabbath-Gitarrist gilt völlig zu Recht als der Gott der Riffs, mehr noch: als Erfinder des Heavy Metal. Dabei hätte ein Unfall die Entstehung der besten Krachmusik der Welt beinahe verhindert. Heute feiert der Mann in schwarz Geburtstag.

Hört euch hier Tony Iommis Lebenswerk an und lest weiter:

 „Alle guten Metal-Riffs, die es gibt, hat Tony Iommi schon gespielt!“, sagt Scott Ian von Anthrax, und er hat nicht ganz Unrecht: Iommi hat mit Black Sabbath einen Stil begründet und ein ganzes Genre losgetreten. Sicher gab es vorher schon Hard Rock und auch Songs mit Riffs, von Deep Purple etwa, Led Zeppelin oder den Kinks, deren You Really Got Me das erste verzerrte Riff der Historie beinhalten dürfte. Doch mit Black Sabbath gewannen solche „sich ständig wiederholenden, rhythmisch prägnanten, dabei melodisch nur wenig abgewandelten Phrasen“ (sagt der Duden) richtig an Bedeutung.

Echte Grundlagen

Mehr noch: Tony Iommi, Ozzy Osbourne, Geezer Butler und Bill Ward kreierten seit 1968 eine Soundwucht und tonale Düsternis, die es bis dahin kaum gegeben hatte. Und das liegt an ihrem Gitarristen, dem unbestrittenen Anführer und Hauptsongwriter der Band. Headbanger weltweit dürfen dankbar sein: Ohne ihn hätte es Metal, Doom, Stoner Rock, Sludge, Thrash und viele andere schöne Freizeitbeschäftigungen wohl nicht gegeben. Fragt mal James Hetfield oder Zakk Wylde, wenn ihr sie trefft!

By Photobra (Adam Bielawski) (Own work) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons

Frank Anthony Iommi kommt am 19. Februar 1948 in Birmingham zur Welt. Viel Geld hat die Familie nicht, für den späteren Riffgott gibt es die Alternativen Fabrik, Knast oder Rock’n’Roll. Letzteres klingt nach einem guten Plan, weil er sich als Teenager ohnehin für Blues, Jazz und Rock interessiert und in diversen Bands spielt. Mit den Rockin’ Chevrolets soll er sogar in Deutschland auftreten. Vor der Abreise muss er noch eine letzte (!) Schicht in einer Fabrik abreißen. Dabei passiert ein Unglück mit einer Stanze: Iommi verliert zwei Fingerkuppen seiner rechten Hand, der Hand, mit der er als Linkshänder die Saiten greift.

Schwere Fingerverletzung

Das Thema „Rockstar“ scheint sich damit erledigt zu haben, denn an Mittel- und Ringfinger spannt sich über dem Knochen nur noch ein bisschen Haut. Akkorde spielen und Saiten ziehen tut so ordentlich weh. Doch inspiriert von Django Reinhardt, der nur mit zwei Fingern an einer Hand zu einer einflussreichen Jazz-Größe wurde, macht der 17-Jährige weiter. Er zerschneidet eine alte Lederjacke und klebt die Fetzen mit Hilfe des zerschmolzenen Plastiks einer Spülmittelflasche auf die Fingerkuppen (kein Witz). (Hier spricht Iommi selbst über den Unfall.)

Er trifft Schlagzeuger Bill Ward bei The Rest und antwortet auf eine Announce des Sängers „Ozzy Zig“. Der erweist sich als genau der John “Ozzy” Osbourne, mit dem er sich in der Schule öfters mal gehauen hat. Trotzdem starten die Herren mit Bassist Geezer Butler eine Krachkapelle. Die heißt zunächst Polka Tulk Blues Band, später Earth, und spielt Blues. Kurz wandert Iommi zu Jethro Tull ab, kehrt aber bald zurück. Inspiriert von einem Boris Karloff-Streifen nennt sich die Band jetzt Black Sabbath. Die Songs werden rifflastiger, und die Riffs selbst werden düsterer. Hier erweist sich Tonys Unfall als signifikant: Er passt sein Spiel an, verzichtet auf bestimmte Akkorde und verlegt sich vor allem auf… Riffs! Zudem stimmt er runter, um weniger Spannung auf den Saiten zu haben. Dadurch entwickelt sich ein spezieller Stil, der den Sound von Black Sabbath prägt.

Das Teufelsintervall

Das Debüt Black Sabbath wird in nur an einem (!) Tag auf Band genagelt und erscheint im Februar 1970, natürlich an einem Freitag, dem 13.. Die Platte beginnt mit dem Sound von Regen und Donner, Glocken läuten im Hintergrund. Und dann setzt es ein, das teuflischste Riff der Welt, das Riff zum Song Black Sabbath. Es basiert auf dem Tritonus, der übermäßigen Quarte, gerne auch „Teufelsintervall“ genannt. Und genauso klingt das auch. Herrlich. Das Coverfoto mit einer mysteriösen Frau vor einem verlassenem Haus passt dazu natürlich hervorragend, genauso das umgedrehte Kreuz mit morbider Inschrift im Inneren der Hülle. Nicht wenige Leute bezeichnen das Erscheinen des Black Sabbath-Debüts als den Geburtstag des Heavy Metal. Der Rest ist, wait for it, Geschichte.

Tony 1978. By Carl Lender (Flickr: Tony Iommi at the New Haven Coliseum) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

Das Nachfolgealbum Paranoid wird ein Hit, das berühmte Stück gleichen Namens entsteht angeblich in zehn Minuten. Black Sabbath werden zu Rockstars und leben in den Siebzigern entsprechend. Irgendwann fliegt Ozzy raus, Ronnie James Dio kommt für ein paar Jahre, in den Achtzigern und Neunzigern ändert sich die Mannschaft ständig. Die einzige Konstante: Tony Iommi. Er führt das schwarze Schiff und hält den Laden zusammen.

Bewegte Geschichte, eine Konstante

Einfach hat er es dabei nicht, wie man in 2011 erschienenen Autobiografie Iron Man: My Journey Through Heaven And Hell With Black Sabbath lesen kann. Es gibt Drogen, Line-up-Wechsel, neue Sounds im Metal, neue Sounds bei Sabbath. Manche Platten werden erfolgreich, zum Beispiel das einflussreiche Master Of Reality (1971) oder das majestätische Heaven & Hell (1980). Andere gehen in den Irrungen und Wirrungen der späteren Jahre unter. Aber eigentlich liefert unser Mann immer guten Stoff ab, auch auf den vergessenen Mittneunziger-Platten. Nach Forbidden (1995) mottet er Black Sabbath aber erstmal ein – bis zur Reunion des Ur-Lineups mit Ozzy 1997.

Zum Ende ihrer Karriere touren Black Sabbath wieder im Original-Line-up, nur Drummer Bill Ward fehlt ganz zum Schluss.

Tony Iommi scheint in all den Jahren nicht an Schreibblockaden zu leiden. Die Riffs fließen. Deshalb nimmt er 2000 das oft übersehene Soloalbum Iommi mit Gastsängern wie Phil Anselmo, Dave Grohl und Serj Tankian auf. Auf zwei weiteren Platten singt sein alter Kumpel Glenn Hughes (The 1996 DEP Sessions und Fused). Und weil der Meister nicht nur den Satan höchstselbst aus seiner Klampfe prügeln kann, schreibt er sogar den Choral How Good It Is für die Kathedrale seiner Heimatstadt Birmingham. Musikalisch geht es also immer weiter. Iommi und Butler touren ab 2006 mit Ronnie James Dio als Heaven & Hell, 2013 veröffentlichen Black Sabbath in der Aufstellung Iommi/Osbourne/Butler ihr letztes Album 13, nur Drummer Bill Ward fehlt.

Gentleman im Ruhestand

Mittlerweile ist Tony Iommi mit Maria Sjöholm verheiratet, der ehemaligen Sängerin der schwedischen Alternative-Metal-Band Drain STH. Aus einer früheren Ehe hat er eine erwachsene Tochter. Im Gespräch erweist er sich als englischer Gentleman. Zum Gitarrespielen nutzt er schon lange eigens angepasste Fingerkuppen aus einem speziellem Material, das ihm mehr Gefühl für die Saiten gibt.

2012 erkrankt der Gitarrist an Lymphdrüsenkrebs. Auf der World Tour muss er alle sechs Wochen zur Behandlung, und weil die Herren nicht jünger werden, verkünden Black Sabbath im September 2015 ihre Abschiedstour The End. Im Sommer 2016 berichtet Iommi, dass die Therapie angeschlagen hat. Das finale Konzert findet statt am 4. Februar 2017 in Birmingham. Der letzte Song: Paranoid. Nach fast 50 Jahren löst die Band sich auf, doch die Musik bleibt unsterblich. Tony Iommi will es langsamer angehen lassen, spricht aber in Interviews davon, weiter Songs schreiben zu wollen. Wir hätten nichts dagegen. Lange lebe der Gott der Riffs. Happy Birthday, Tony Iommi!

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Zeitsprung: Am 17.4.1980 feiern Black Sabbath mit Dio Premiere – in Ostfriesland.

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