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Popkultur

Zeitsprung: Am 16.6.1950 kommt Klaus Lage zur Welt. Vielleicht macht es sogar „Zoom“.

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Foto: Richard Marszall/Promo

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 16.5.1950.

von Christof Leim

„1000 Mal berührt, 1000 Mal ist nix passiert“: Den Song mit dem „Zoom“ kennen wir wirklich alle. Damit landet Klaus Lage 1984 einen richtig dicken Hit und gehört fortan zum Soundtrack der deutschen Achtziger. Doch der Sänger war schon vorher da und ist es auch noch lange danach. Ein Rückblick zum Geburtstag.

Hier könnt ihr die besten Klaus-Lage-Songs hören:

Natürlich klingen die großen Platten von Klaus Lage voll nach der Dekade, in der sie entstanden sind. „Sign of the times“ würde man im Englischen vielleicht dazu sagen. Zum oberflächenversiegelten Tanz-Wave-Pop des Jahrzehnts passt der gitarrenbasierte Rock mit Liedermacher-Attitüde und sozialem Gewissen allerdings nicht, ganz zu schweigen von den Texten, in denen es immer ordentlich menschelt. Klaus Lage wird persönlich mit und gegenüber den Leuten in seinen Songs, und manchmal ist er das auch selber. Abstrakte Betrachtungen und Fantasiewelten sind seine Sache nicht.

Abschied aus der „Friend zone“

Die Geschichte von 1000 und 1 Nacht (Zoom!) über einen überraschenden, verwirrenden Abschied aus der „Friend zone“ jedenfalls können die meisten von uns nachfühlen, die Aussage von Monopoli muss man selbst ohne viel eigenen sozialkritischen Schwung als zeitlos bezeichnen. Und Wieder zuhaus zeichnet ein plausibles Bild von kleindeutscher Spießigkeit (und bedient gleichzeitig unser aller Nostalgie-Bedürfnis).

Die Klaus Lage Band – Foto: Promo

In den Zeiten seines großen Erfolges befindet sich Klaus Lage in bester Gesellschaft mit Grönemeyer, Westernhagen, Nena, Maffay, Lindenberg und so weiter. Lage schafft es deshalb natürlich auch in den Text von Deutschrockgirl, der Verhohnepiepelung der damaligen Deutschrock-Szene durch die berühmten Deutschrocker Die Ärzte aus Berlin (aus Berlin!). Mit Lennon-Brille, Vollbart, Jeansjacke und angerauter Stimme gilt Klaus Lage als der deutsche Joe Cocker, bei dem es auf die Musik und die Aussage ankommt, nicht auf das Styling. Kein Plastikpop, kein wildes Geballer. „Echt“ möchte man hier als zwar generisches, aber echt passendes Attribut zücken. Und genau damit prägt der Sänger den Sound der Achtziger in Deutschland.

Aus der Heide nach Berlin

Auf die Welt kommt Klaus Lage am 16. Juni 1950 in Soltau, in der Lüneburger Heide also. Seine Schulzeit absolviert er in Düsseldorf, kehrt zurück aufs Land und schickt sich an, Großhandelskaufmann zu werden. Was Ordentliches machen, klar. Doch irgendwie ist das alles zu eng, also geht der Zwanzigjährige wie es sich damals wohl gehört nach Berlin. Die Lehre wird beendet, Lage betätigt sich als Erzieher und Sozialarbeiter, was man seinen Texten später irgendwie auch anhört. Und das ist nicht mal negativ gemeint.

Krachmusik spielt ohnehin die wichtigste Rolle: Während der Siebziger tourt der Sänger mit dem Berliner Rock-Ensemble (BRE) durch Deutschland. Die Resonanzen halten sich in Grenzen, deshalb heißt die erste Single 1978 auch Alle ham’s geschafft außer mir. Zwei Alben kommen: Musikmaschine (1980) und Positiv (1982), das Stück Komm, halt mich fest schlägt ein paar kleine Kräuselwellen. Klaus Lage ist da schon über 30, aber jetzt dauert’s auch nicht mehr lange.

Durchbruch mit Zoom

Denn 1983 erscheint das Album Stadtstreicher: Wolf Maahn hat zum ersten Mal produziert, das Lied Mit meinen Augen wird ein erster Hit. Damit nimmt die Klaus Lage Band aber nur Anlauf, denn 1984 kommt Schweißperlen. Und mit der Platte hat es dann – die Formulierung ist einmal in jedem Text über Klaus Lage verpflichtend – „Zoom gemacht“. 1000 und 1 Nacht (Zoom!) schießt auf Platz fünf der Single-Charts und hält sich dort mehrere Monate, von Juni bis November 1984. 

Die von Keyboarder Göran Walger komponierte und von Lage sowie dem späteren Politiker Dieter Dehm betextete Nummer wird zum Hit, wie er im Buche steht. Sie gehört auf jede Kompilation, die irgendwas mit Party oder Achtziger oder deutscher Rockmusik zu tun hat, läuft in den (entsprechend retroaffinen) Radiosendern heute noch, lässt sich auf jeder nächtlichen Sause singen und am Lagerfeuer schmettern. Sie erfährt unzählige Neuauflagen durch Könner wie Roger Cicero oder James Last und wird von Apres-Ski-Kirmestechno-Umpf-Umpf-Dumpfbirnen misshandelt. Kurz gesagt: Wenn die drei Songwriter mal einen schlechten Tag haben, dann schauen sie einfach kurz in ihre GEMA-Abrechnung.

Hart wie Schimmi

Die folgenden Singles Wieder zuhause und Monopoli laufen ähnlich gut, das Album klettert auf Platz 3 und bleibt ein Jahr in den Charts, späterer Platinüberzug inklusive. Damit ist Klaus Lage Mitte der Achtziger ein Rockstar und eine feste Größe in der deutschsprachigen Musiklandschaft.

Leder, Jeans und zwei getönte Brillen: Götz George und Klaus Lage 1985

Eine Pause gibt es nicht: 1985 folgt Heiße Spuren mit dem Top-Ten-Erfolg Faust auf Faust, dem Song zum ersten Schimanski-Kinofilm Zahn um Zahn (1985). Hauptdarsteller Götz George soll die Nummer „richtig stark“ gefunden haben, als Klaus Lage sie ihm nach der gemeinsamen Fotosession zum Singlecover am Flughafen nervös über einen Walkman vorspielt. Nervös macht uns vor allem die Kleiderwahl der beiden auf dem Bild. Ah, die Achtziger. Von Faust auf Faust gibt es übrigens sogar eine englischsprachige Variante namens Fists Of Steel. Hätte bei Manowar auch nicht anders geklungen. Und für den zweiten Schimanski-Film Zabou (1987) steuert Lage das Lied Now That You’re Gone bei, das Joe Cocker singt.

Langeweile kommt nicht auf

Amtlich schlägt 1987 mit richtig guten Songs (Du kriegst deins, Nie wieder Kind) in die gleiche Kerbe und lässt den Sänger Stammgast in den Hitparaden bleiben. Der obligatorische Konzertmitschnitt Mit meinen Augen…Lage live kommt 1986, weitere Alben folgen regelmäßig. Der Zeitgeist zieht weiter, aber Klaus Lage geht nirgendwo hin, sondern auf Tour. 1995 gibt er die Hauptrolle in einem Musical namens Stars und singt die deutschen Versionen der Lieder in Toy Story. 

Klaus Lage steht weiter auf der Bühne, auch mal solo – Foto: Wolfgang Hoffmann/Promo

Lage tritt mit seinem Keyboarder Bo Heart als Duo auf, später auch solo nur mit seiner Akustikgitarre. Die Musik wird ruhiger, die Texte bleiben persönlich und aufmerksam. Er beteiligt sich an der Initiative „Deutsches Rockradio“ und unterstützt die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Im neuen Jahrtausend produziert er zudem noch Hörbücher für große Verlage und mit bekannten Stimmen.

Solange die Stimme hält

Über sein Privatleben hingegen gibt der verheiratete Familienvater, der seit 2008 in Bremen lebt, wenig preis. “Ich bin Opa, das ist schön“, sagt er im Stern, der Rest gehöre nicht in die Öffentlichkeit. Alben erscheinen regelmäßig, Klaus Lage hat immer noch was zu singen und zu sagen. „Am Tag nach meinem Geburtstag gehen wir ins Studio. Und dann nehmen wir eine Swingplatte auf“, erklärt er. Das Wichtigste: „Mit guten Musikern zu spielen. Solange die Stimme noch hält, mache ich das.“ Da kann man zum Geburtstag ruhig mal applaudieren.

Zeitsprung: Am 14.1.1983 erscheint „Nena“ – und die Luftballons fliegen bis nach Amerika.

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