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Popkultur

10 Jahre „…Like Clockwork“: Als die Queens Of The Stone Age von den Toten auferstehen

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Queens Of The Stone Age
Foto: Kevin Winter/Getty Images

Erst ist Josh Homme praktisch tot, am Ende spielt er mit Elton John, Trent Reznor und Dave Grohl das erfolgreichste Album der Queens Of The Stone Age ein: die verrückte, traumatisierende, wagemutige Geschichte von …Like Clockwork.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr …Like Clockwork hören:

„Du brauchst eine richtige Queen!“ Selbst ein Josh Homme muss erstaunt gewesen sein, als er diesen Satz hörte. Er kam immerhin von Elton John, der am anderen Ende der Leitung irgendwo in England saß und dem Desert-Rock-Priester höflich, aber bestimmt mitteilte, dass er auf der neuen Platte der Queens Of The Stone Age mitwirken wird. Dann wiederum ist es nur ein weiteres bizarres Detail einer Reise, an deren Ende mit …Like Clockwork das erfolgreichste Album der Queens Of The Stone Age steht.

Das Herz legt die Arbeit nieder

Diese Reise beginnt in Dunkelheit, Verzweiflung und Schmerz. 2011 kommt Josh Homme für eine Routineoperation an seinem Knie ins Krankenhaus. Während der Operation hört sein Herz auf zu schlagen, die Ärzte müssen ihn mit einem Defibrillator zurückholen. Er verbringt zwei Wochen im Krankenhaus, danach vier Monate zuhause im Bett. Er stürzt in eine tiefe Depression, ist drauf und dran, die Musik hinzuschmeißen. Und das ausgerechnet an diesem Punkt: Nach der fünften Queens-Platte Era Vulgaris tourt er um die Welt, produziert die Arctic Monkeys, gründet Them Crooked Vultures mit Dave Grohl und Led-Zeppelin-Bassist John Paul Jones, hat Spaß mit den Eagles Of Death Metal. Eigentlich läuft es bei Homme so richtig rund, als sein Herz die Arbeit niederlegt.

„Ich wusste nicht, ob ich es jemals wieder auf die Beine schaffe“, sagte er damals. „Ich hatte einige schlimme Jahre, aber ich will da nicht großartig lamentieren, weil für mich alles einfach eine kleinere Wunde in einer sehr großen Wunde ist.“ Während Josh Homme absolut keine Lust auf eine neue Platte mit den Queens Of The Stone Age hat und lieber in Drogen (und ein wenig Selbstmitleid) versinkt, drängen ihn seine damaligen Bandkollegen förmlich dazu. Instinktiv tun sie das Richtige, holen ihn aus seinem Eremitendasein zurück in sein Pink Duck Studio in Burbank.

Der beste Freund wird gefeuert

Zwischen dem 9. August 2012 und 9. März 2013 entsteht dort das Album …Like Clockwork, Hommes persönlicher Ablassbrief, das Album, das all seine Phantome und Dämonen vertreiben soll. Es bleibt bei einem Versuch: „Alben zu machen sollte Spaß machen“, sagt der Bandgründer später über den Prozess. „Selbst wenn sie düster sind, macht es Spaß. Dieses hier fühlte sich an wie Höhlenforschen. Wir kamen einfach nicht aus der Dunkelheit ans Licht.“ Die Spannungen in der Band vertiefen sich, mitten in den Aufnahmen schmeißt Josh Homme seinen Drummer und Freund Joey Castillo aus der Band. Obwohl das Line-Up der Queens durchaus immer fluide war, spielt Castillo damals seit zehn Jahren in der Band. Bis heute gibt es keine Gründe für den Rausschmiss. „Manche Hindernisse sind einfach zu groß“, sagte er nur mal in einem Interview. „Manche denken, ich bin ein Wichser, weil ich meinen besten Freund gefeuert habe, aber die Wahrheit ist, dass ich zu ihm gegangen bin, ihm in die Augen gesehen und ihm gesagt habe, wie ich mich fühle.“


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Dave Grohl springt ein

Sein guter Kumpel Dave Grohl eilt postwendend ins Pink Duck Studio, um die noch warmen Drumsticks von Castillo entgegenzunehmen. „Dave macht aus Gutem etwas Großartiges“, so sagt Homme damals. Was den gepeinigten Hünen wirklich zurück auf Spur bringt, ist aber besagter Anruf von Elton John. Den hält er erst für einen Scherz eines Freundes, muss dann aber sehr schnell feststellen, dass es wirklich der Elton John ist. Ruckzuck kommt er über den großen Teich, steht plötzlich einfach im Studio. „Ich schüttle Elton John die Hand, während ich eine tiefe Wunde verberge, weil ich meinen Drummer vier Tage zuvor gefeuert habe“, erinnert sich Homme an die Begegnung. „Elton betritt den Raum, riesiges Grinsen und in Schale geworfen wie immer, da kannst du einfach nur mitmachen.“

Machismo und Verletzlichkeit

Er spielt Piano auf Fairweather Friends, diesen schleppenden Wüsten-Blues mit Honkytonk-Saloon-Flair, hilft dem traumatisierten Homme wieder auf die Beine und stürmt dann wieder davon, weil er mit Engelbert Humperdinck aufnehmen muss. Typisch Elton John. Er hinterlässt eine Band, die sich neu findet und mit …Like Clockwork gegen Dunkelheit und Schmerz anspielt. „Die Sessions waren richtig destruktiv geworden. Doch als Elton uns verließ, schwebten wir alle auf Wolke sieben“, so Homme. Ebenfalls auf Fairweather Friends zu hören sind übrigens Trent Reznor und Mark Lanegan.

Aus vielerlei Hinsicht ist die sechste Platte der Queens Of The Stone Age deswegen der eigentliche Nachfolger der dritten Platte Songs For The Deaf, auf der auch schon Grohl die Drums verdrosch. Und mindestens ebenso gut. Mindestens. Es zwängt den muskulösen Wüstengroove von Hommes alter Band Kyuss mit seiner Verletzlichkeit in einen Raum, schließt ab und schaut mal, was passiert. Es ist laut, wenn es laut sein muss, abgedreht wenn niemand hinsieht und fragil, wenn man es schon gar nicht mehr erwartet. Insbesondere der Titelsong, ganz ans Ende der Platte gestellt, steht für das Trauma und die Tränen, die am Ende dieser Sessions stehen: nur Hommes Falsett zu einem klagenden Piano – ganz leise und doch ganz laut.

Die Queens Of The Stone Age waren immer Machismo, Rock’n’Roll, Übergröße. Josh Homme auch. Allein körperlich. Doch die Art und Weise, wie sie auf …Like Clockwork Breitbeinigkeit und Zerbrechlichkeit an einen Tisch bringen, ist schlichtweg sensationell. Und bis heute unerreicht.

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