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Popkultur

20 Jahre „Killing Joke“: Als Dave Grohl mal wieder mit alten Helden trommelt

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Foto: Peter Pakvis/Getty Images

Vor 20 Jahren melden die Post-Punk-Kings Killing Joke eindrucksvoll Ansprüche auf den Genrethron an. Das selbstbetitelte Comeback-Biest wird auch von Dave Grohls mächtigen Galeerenbeat ins Ziel geprügelt. Und legt einen alten Streit bei.

von Björn Springorum

Eine Band ist immer nur so gut wie die Summe ihrer Teile. Das muss man Veteranen wie Killing Joke nicht erzählen, die dem Post-Punk-Kanon seit den frühen Achtzigern einige besonders triste und bleischwere Kapitel hinzugefügt haben. Und irgendwie ist es erstaunlich, dass ausgerechnet eine altgediente Bande wie diese Engländer ein knappes Vierteljahrhundert nach ihrer Bandgründung ein absolutes Karrierehoch vorlegt, noch dazu eingetrommelt von Schlagzeug-Tausendsassa Dave Grohl. Aber genau das ist vor 20 Jahren passiert. Genau das ist die Geschichte von Killing Joke.

Der 11. September reaktiviert die Band

Die Jahrtausendwende bekommen Killing Joke im Halbschlaf mit. Mit einem Auge blinzelt die Band in die Welt, die großen Erfolge der Achtziger, als sie mit Singles wie Love Like Blood auch im Mainstream eine ordentliche Präsenz hatten, sind lang vorüber. Dann kommen die Anschläge am 11. September, dann kommt der Krieg gegen den Terror von Bush. Und plötzlich regt diese einst züngelnde Hydra namens Killing Joke wieder ihr schlangengekröntes Haupt.

Am Ende ist es aber Dave Grohl, der Killing Joke zu einem denkwürdigen Comeback verhilft. Klar ist da immer noch Sänger Jaz Coleman mit diesem einschüchternden Bellen, klar ist da immer noch Bassist Paul Raven, der 2007 stirbt. Aber es ist Hyperfan Dave Grohl, der die Band aus ihrem Schlummer reißt. Grohl, damals mit den Foo Fighters und Times Like These in aller Munde, will unbedingt mal mit Killing Joke spielen und versucht, Raven und Coleman weichzuklopfen. Irgendwann stimmt die Band zu, hat für ihr neues Album (Arbeitstitel: Axis Of Evil) aber einen ambitionierten Plan: Neben Grohl sollen auch John Dolmayan von System Of A Down und Danny Carey von Tool auf dem Album trommeln. Doch als Grohl die Songs hört, sagt er nur: „Ich will das ganze Album!“

Eine Armee an Drummern

Und er meint es ernst: Grohl weigert sich, für seinen Job bezahlt zu werden, und prügelt das Album im März 2003 innerhalb von fünf Tagen in den Grand Master Studios in Los Angeles ein. „Ich will, dass das Drumming so klingt, als würde da eine ganze Armee trommeln“, so sagt er damals im Studio, sichtlich aufgeregt und euphorisch, für seine Helden spielen zu dürfen. Und das meint er ernst: So industriell stampfend und furios hat man Dave Grohl noch nie spielen hören. „Es ist mein erstes Album, bei dem die Drums ganz zum Schluss aufgenommen werden“, fügt er dann an. „Die kommen normalerweise als erstes. Das hat aber was, denn sobald die Drums im Kasten sind, hast du einen fertigen Song.“

Die Kollaboration trägt Früchte: Das Album ist intensiv, metallisch, sägt sich gnadenlos unter die Kopfhaut wie ihre Werke in den frühen Achtzigern. Kein Wunder, dass sie den Titel noch mal ändern. Beherrscht wird das Album zwar durchaus von diesem neuerlichen Beginn des US-amerikanischen Empire; doch zum zweiten Mal in ihrer Karriere kann dieses Album einfach nur Killing Joke heißen.

Alter Ärger mit Nirvana

Grohl ist weit mehr als ein Session-Drummer. Eher ist er ein Ehrenmitglied, das auf diesem einen Album eben auch mal zu hören war. Coleman zumindest hält große Stücke auf den früheren Nirvana-Schlagzeuger. „Er versteht den – wie soll ich sagen – zeremoniellen Aspekt, den Stammesaspekt der Tom-Tom-Muster von Killing Joke. Die Trommeln, die Killing Joke ausmachen. Er ist damit aufgewachsen. Der Kerl hört sich mehr Killing Joke an als ich, ha ha, und es war einfach ein natürlicher Prozess, mit ihm zu arbeiten“, so Coleman. „Die meisten Leute sehen ihn heutzutage als Sänger und Gitarristen, aber seine erste Liebe gilt dem Schlagzeug.

Dass es überhaupt dazu kommt, ist übrigens aus historischer Sicht ein einschneidendes Erlebnis: In den frühen Neunzigern rümpfen Killing Joke über Nirvana (https://www.udiscover-music.de/popkultur/smells-like-teen-spirit-die-hymne-der-generation-x) die Nase, weil die sich beim Riff von Come As You Are ziemlich dreist beim Killing-Joke-Song Eighties bedient haben – um nicht zu sagen einfach 1:1 kopiert haben. „Ich bin stolz auf jeden von Killing Joke, der damals Nirvana nicht verklagt hat“, so Coleman später.

Schwamm drüber. Grohl macht es allein durch diese unglaubliche Drumleistung wieder gut. Sie verziert ein grandioses Spätwerk einer Band, die eben doch noch was zu sagen hat. Produziert von Andy Gill (Gang Of Four), wird Killing Joke zum Triumph, der die Band wieder zurück auf die Landkarte bringt.

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