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Popkultur

Adeles „30“: Von Trennungsschmerz, Selbsterkenntnis und Neuanfängen

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Adele

Adele schreibt ein Scheidungsalbum. Wer jetzt meint, damit sei über 30 alles gesagt, weil ein Scheidungsalbum der Londonerin Adele-typisch nur nach Melancholie und Rache klingen kann, der irrt: 30 kann streckenweise deutlich mehr.

von Sina Buchwitz

In den letzten sechs Jahren war es in der Öffentlichkeit still um Adele. Doch privat befand sich die Britin auf einer wilden Achterbahn der Emotionen: Lange galt ihr Partner Simon Konecki als Antwort auf Adeles ewige Einsamkeit; 2012 bekommen die beiden einen Sohn zusammen. Doch kurz nach der Hochzeit 2018 folgt das böse Erwachen und eine Scheidung.

Hör dir hier Adeles neues Album 30 an:

Es kostet die Sängerin viel Zeit, unzählige Gespräche mit Freund*innen und rund 40 Kilogramm Körpergewicht, um zu sich selbst zurückzufinden. Eine Trennung ist oft eben erst der Anfang. Was folgt, sind Selbstzweifel, Erkenntnis und ein behutsamer Wiederaufbau des eigenen Innern. Diese Reise – ausschweifend und unbeschönigt – kann man sich auf Adeles neuen Album 30 nun auch anhören. Dabei geht die Sängerin nicht nur auf ihre eigene Entwicklung ein, sondern auch auf die Auswirkungen, die das auf ihren Ex, ihren Sohn und auf neue Liebschaften hat.

Herzschmerz-Göttin auf dem Selbstfindungs-Trip

Wenn eine Jahrhundertkünstlerin wie Adele beschließt, sich für mehrere Jahre rar zu machen, sind die Erwartungen an ihr Comeback hoch. Wenn die Herzschmerz-Göttin dann auch noch ein Scheidungsalbum ankündigt, klettert die Spannung ins Unermessliche. Wie kann sich eine Sängerin noch steigern, die ohnehin seit Beginn ihrer Karriere für die schonungslose Dekonstruktion ihrer eigenen seelischen Abgründe bekannt ist?

In Adeles Fall lautet die Lösung: ausschweifende Songs in jeder Hinsicht. Sowohl in der Titellänge (fünf von zwölf Stücken sind mehr als sechs Minuten lang), als auch klangtechnisch (RnB-lastige Songs wechseln sich mit schwellenden Orchesterstücken ab) sowie in letzter Konsequenz auch emotional.

So leiden wir in My Little Love mit Adele, der Mutter, die verzweifelt versucht, ihrem Sohn, dem Scheidungskind, nahe zu bringen, warum in aller Welt es passieren kann, dass Mama und Papa sich ent-lieben. „Mama’s got a lot to learn“, gibt die Sängerin zu. Der Titel ist gespickt mit Gesprächsfetzen zwischen den beiden; mehrfach versichert sich Angelo der mütterlichen Liebe. Im Outro schluchzt Adele dann hemmungslos in den (vermeintlichen) Telefonhörer und erzählt von ihrer tiefsitzenden Angst. Das kann man radikal authentisch finden. Oder eine Nummer too much.

Zwischen Orchester und Reggae-Tönen

Denn eigentlich braucht 30 das nicht. Die innere Zerrissenheit, von der Adele auch in Interviews spricht und die eine weitreichende Entscheidung wie eine Scheidung mit sich bringt, spiegelt sich auch so auf dem Album wider. „I’ll be taking flowers to the cemetery of my heart“, lauten die ersten Worte, die Adele uns auf 30 zuhaucht, begleitet von kirchenhaftem Orgelsound und sanften Streichern.

Doch auf den Tod des Herzens folgt schon kurz darauf mit dem reggae-artig anmutenden Cry Your Heart Out die Suche nach dem Selbst: „When will I begin to feel like me again?“. Auch Oh My God erzählt von einer Frau, die sich unfreiwillig im Dating-Dschungel wiederfindet. Mit I Drink Wine wird es dann wieder deutlich balladenlastiger.

Die Lyrics unterstreichen die Wechselhaftigkeit, die sowohl dem Sujet als auch dem Sound des Albums anhaften: Mal gibt Adele die selbstbewusste Frau, die nach eigenen Angaben am liebsten allein bleibt, an anderer Stelle bettelt sie förmlich um Zuneigung. Mal klingt sie zuversichtlich auf (für Adele) schnelleren RnB-Tracks, mal verfällt sie zurück in die vom Klavier begleiteten Selbstzweifel.

Ein opulentes Ende

Zum Schluss überschlägt sich das Album fast: Jeder einzelne der drei letzten Songs könnte für sich das Ende von 30 markieren. Alle drei über sechs Minuten lang, jeder auf seine Weise episch. Hold On als Durchhalte-Hymne mit schwermütigem Text und Gospelsound sowie To Be Loved als mächtiger Trauersong, auf dem Adele ihren Schmerz förmlich herausschreit: „Let it be known that I tried“, singt sie und man glaubt ihr jedes Wort.

Den Schluss macht aber Love Is A Game. Adele entscheidet sich letztlich für die Zuversicht. Begleitet vom Gospelchor und romantischem Streicher-Arrangements beendet sie ihre Reise vorerst. „I can love again. I’d do it all again like I did“, gesteht sie. Auf ein Neues.

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