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Popkultur

Paul Wellers „66“: So geht die Sache mit dem „gut altern“

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Paul Weller
Foto: Nicole Nodland

1966 war ein gutes Jahr. Bob Dylan veröffentlichte Blonde On Blonde, die Beach Boys Pet Sounds, die Beatles Revolver, die Mothers Of Invention Freak Out. Dass die Zahlen 66 nicht nur (von Sir Peter Blake entworfen) groß auf Paul Wellers neuem Album prangen, sondern es auch 66 heißt, ist aber nicht nur dem historischen Musikjahr geschuldet. Paul Weller feiert am 25. Mai 2024 schließlich seinen 66. Geburtstag – und weil die 66 eine ansehnliche, catchy Zahl ist (fand auch Udo Jürgens), auch optisch, entschied sich der „Godfather Of Mod“, sein 17. Studioalbum so zu nennen.

von Markus Brandstetter

Ist 66 also eine Meditation eines Mannes, dessen Jugend früher oft im thematischen Zentrum seines Schaffens stand, auf das Altern, die eigene Sterblichkeit? Streckenweise ist es das tatsächlich. Weller zeichnet hier und da melancholische Bestandsaufnahmen: „Into the gardens in Blooming May / I’ll find a wooden seat where I can wait / Till the end of the world / Just for a glimpse of you“, singt er in A Glimpse Of You etwa.

So klingt Paul Wellers 66

Musikalisch verfolgt 66 nicht zwingend einen roten Faden. Weller liefert einfach zwischen Fingerpicking-Folkballaden, Disco-Sounds, Britpop, Rock und Soul zwölf sehr gute, eingängige Songs ab. Den Anfang macht das von Akustikgitarren getragene Ship Of Fools. „Oh boy! These high seas can be so cruel / When you’re trying to find your own way“, singt Weller, und dann: „And girl, that man of war’s a fool / I wouldn’t follow him anywhere“. Schon der zweite Track, Flying Fish, schlägt dann mit seinen treibenden Beats und seinem Disco-Flair in eine ganz andere Kerbe. Oft hört man den Einfluss David Bowies raus, auch der Geist Burt Bacharachs tänzelt auf 66 immer wieder mal durchs Klangbild. Weller gibt den Crooner, bekommt dabei oft orchestrale Unterstützung. Streicher, Chöre, alles dabei. Oder Weller bringt eine 1A-Soulnummer, wie bei Rise Up Singing. „When the morning comes with the rising sun / When you’re heading up / It’s only love that you’re bringing / You’re gonna make things better, make things better“ singt er zu Bigband – und das klingt wunderbar zeitlos.

Noel Gallagher & Co. schrieben Texte für Weller

Aufgenommen wurde das Album über einen Zeitraum von drei Jahren in Wellers Black Barn Studios. Für 66 ließ sich Paul Weller von Freunden lyrisch unter die Arme greifen. Sein alter Kumpel Noel Gallagher steuerte etwa den Text für Jumble Queen bei, Primal-Scream-Sänger Bobby Gillespie schrieb die Lyrics von Soul Wandering – und Madness-Mitglied Scruggs zeichnet für den Eröffnungstrack der Platte, Ship Of Fools, verantwortlich.

Weller tat dies keineswegs aus Ideenlosigkeit, sondern weil ihm das Arbeiten mit fremden Texten eine Lockerheit bringt, die er als Texter selbst nicht hat: „Ich habe so etwas in den letzten Jahren ein paar Mal gemacht, und es hat mir wirklich Spaß gemacht – die Texte anderer Leute zu singen”, so der Musiker im Interview mit Pop Matters. „Wenn ich das mache, bin ich nicht so pingelig oder kritisch, wie ich es sein würde, wenn es meine Texte wären. Manchmal verbringe ich Tage damit, nur über eine Zeile nachzudenken. Wenn man die Worte von jemand anderem hat, ist man als Sänger nur dazu da, sie zu interpretieren“, so Weller weiter.


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Stets in Experimentierfreude

Paul Weller ist im Alter von 66 Jahren mehr denn je in Experimentierlaune. Je älter er werde, desto offener werde er auch für neue Dinge, erklärt er. Eines möchte der ehemalige The-Jam-Chef nämlich keinesfalls: zum Heritage-Act werden, zum Best-Of-Performer. Und so liefert Weller pünktlich zu seinem Geburtstag ein tolles neues Album mit vielen einprägsamen Melodien, viel Abwechslung und viel, aber nicht ausschließlich Melancholie. Denn die Zahl 66 hin oder her, es geht immer weiter.

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