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Popkultur

Zum 75. von Ritchie Blackmore: Zehn essentielle Guitar-Hero-Momente

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Foto: Frank Hoensch/Redferns/ Getty Images

Happy Birthday, Ritchie Blackmore: Zum 75. Geburtstag des Gitarren-Messias und Solo-Verstehers lassen wir seine stürmische Karriere in zehn seiner besten, wichtigsten oder überraschendsten Songs hochleben.

von Björn Springorum

Viele Titulierungen für den Gitarrengott

Jähzorniger Gitarrengott, begnadeter Komponist, skrupelloser Chef: Man muss schon ganz genau sagen, über welchen Ritchie Blackmore man da jetzt eigentlich sprechen will. Über den vielleicht, der 1968 in der Mark One-Ära zu Deep Purple stieß und den Sound der Band durch seine Liebe zu Led Zeppelin hin zu kernigem Hard Rock lenkte? Oder über den, der nach Ende der Mark Three-Phase 1975 ausstieg, um mit Rainbow seine eigene legendäre Band zu gründen, bei der anfangs auch Ronnie James Dio sang? Oder vielleicht doch über den, der mit seiner Frau Candice Night bei Blackmore‘s Night dem mittelalterlich-folkigen Rock und seiner Liebe zu Mike Oldfield frönt?

Wer es jetzt aber auch ist: Das Gitarrenspiel des 1945 geborenen Briten ist nicht von dieser Welt. Eine innige und kunstfertige Verschmelzung von Rock-Tugenden und klassischer Schule, ein irrwitziges Händchen für Soli und Melodien und diese unverschämte Selbstsicherheit am Riff erfreuen uns jetzt schon rund 55 Jahre. Heute wird der Guitar Hero stolze 75 Jahre jung, was wir mal als Anlass nehmen, ihn anhand einiger seiner besten, schönsten, unvergesslichsten oder vielleicht auch überraschendsten Songs zu feiern.

The Outlaws – The Return Of The Outlaws

Bevor Ritchie Blackmore zum unsterblichen Messias der E-Gitarre und gefürchteten Band-Despoten wurde, verdient er sich erste Sporen bei den englischen Insrumental-Rockern The Outlaws. Die sind in etwa das Western-Gegenstück zu den Shadows und lassen Blackmore seine Gitarre schon 1963, mit gerade mal 18 Jahren, im besten Tex-Mex-Gerangel zupfen. Hey, irgendwo muss man ja mal anfangen.

Deep Purple – Speed King

1970 sieht die Sache schon wieder anders aus. Also, ganz anders. Mit ihrem vierten Album In Rock zeigen sich Deep Purple gehäutet, gewandelt, gehärtet: Verschwunden sind Prog- und Psych-Ansätze, jetzt regiert eine harte Knute, die das Album zu einem der ersten und einflussreichsten Heavy-Metal-Vorreiter macht. Schon mit den dissonanten, lärmenden, kreischenden ersten 50 Sekunden zerlegt Blackmore, zu diesem Zeitpunkt längst der Tonangeber der Band, die gesamten Sechziger, all den Beat und Rock‘n‘Roll, und läutet eine neue, eine laute Ära ein. Das Riff, mit dem Blackmore nach dem Orgel-Intermezzo einsteigt, duftet nach Jimi Hendrix, das Solo-Duell zwischen seiner Stratocaster und Jon Lords Orgel wird zur Blaupause.

Deep Purple – Child In Time

Jedes Wort über diese zehn Minuten und 18 Sekunden ist eines zu viel. Deshalb nur ganz kurz: Statt seiner Fender Stratocaster benutzt Blackmore bei den Aufnahmen die Gibson ES-335. Aber jetzt pssst, der Song läuft schon.

Deep Purple – Highway Star

Noch so ein Opener, der repräsentativ für Blackmores überlebensgroßes Schaffen steht. Prägnantes Riff, hohes Tempo, aufwallender Solo-Grabenkampf zwischen Gitarre und Orgel, hörbar geprägt von wahnwitzigem Tempo und klassischen Motiven, in diesem Fall gar Bachs Akkordfolgen. Das ist eine Naturgewalt, solche Soli spielt damals schlichtweg niemand sonst. Nette Randnotiz: Gerüchten zufolge entsteht der Song 1971, als ein Reporter die Band im Tourbus interviewt und fragt, wie so ein Deep-Purple-Song denn eigentlich entstehen würde. Blackmore schnappt sich die Gitarre und hackt drauflos, Gillan improvisiert was dazu. Kurz darauf ist die Nummer fertig. Höchst ökonomisch: Der Song ist bis heute Grundnahrungsmittel ihrer Live-Konzerte.

Deep Purple – Burn

Als Ian Gillain 1973 frustriert hinschmeißt, fackelt Blackmore nicht lange. Längst ist er ein Alleinherrscher, der kurzerhand das gesamte Konstrukt Deep Purple neu modelliert. Er setzt Roger Glover auf die Straße und holt dafür Glenn Hughes sowie den Sänger David Coverdale. Letzteren kennt damals niemand, aber das soll sich schnell ändern: Burn entsteht in Montreux und präsentiert Deep Purple 1974 bluesiger, souliger. Wieder mal ist es ein Opener, dessen Stärke fast den Verstand raubt: Diese Energie, dieses Tempo und dieser vollkommen unbekannte Wahnsinnssänger, dieses Riff, das sich sofort in die Gehörgänge fräst, stehen symptomatisch für eine Band, die sich neu gefunden hat. Nebenbei bemerkt: Für Eddie Van Halen ist dieses Riff eines der besten aller Zeiten!

Rainbow – Stargazer

Der Schock, den Ritchie Blackmores Ausstieg bei Deep Purple 1975 verursacht, sendet Wellen durch die Musikwelt. Nach Stormbringer hat Blackmore die Schnauze voll von der Shoeshine Music, die seine Band seiner Ansicht nach mittlerweile produziert. Er steigt aus, krallt sich Ronnie James Dio von der Band Elf und gründet Rainbow. Endlich kann er ganz seinen Vorlieben für mittelalterliche Musik und die Werke des Barock frönen und bringt sie mit epischem Hard Rock und der dramatischen, dräuenden Stimme Dios zusammen. Das feinste Beispiel dieser Verschmelzung ist Stargazer vom zweiten Album Rising, ein perfektes, monumentales Beispiel für neoklassischen Heavy Metal mit Fantasy-Texten. Rollenspiel-Rock par excellence!

Rainbow – Difficult To Cure

Dass Blackmore es klassisch mag, ist etabliert. Dass er seine Vorliebe für Klassik in seine Soli einfließen lässt, auch. Auf Difficult To Cure vom gleichnamigen Album treibt er diese Passion auf die Spitze: Im Grunde ist die Nummer eine rockige Fassung von Beethovens Neunter – und wurde live zum elfminütigen Giganten, der selbst eingefleischten Fans einiges abverlangt haben dürfte. Dennoch: Diese Nummer zeigt sein Können ziemlich exemplarisch.

Blackmore‘s Night – Under A Violet Moon

Und dann ist da natürlich noch Blackmore‘s Night, das mittelalterliche Minnesang-Projekt mit seiner Frau Candice Night. Viele mögen die Nase über den Spielmann-Look des Paares rümpfen, aber fest steht: Es ist sowohl beeindruckend als auch konsequent, wie Blackmore seine künstlerischen Visionen lebt. 23 Jahre gibt es dieses Projekt jetzt schon, eine Nummer wie Under A Violet Moon von 1999 überzeugt bis heute mit filigranem Spiel und entrückter Rollenspiel-Stimmung, bei der man am liebsten sogleich die nächste Taverne aufsuchen möchte.

Screaming Lord Sutch – diverses

Deutlich obskurer wird da schon seine Beteiligung an diesem Projekt: Screaming Lord Sutch ist ein englischer Sänger und Politiker, der mit diversen Musikern spielt, die später einmal sehr prominent werden sollten – Jimmy Page, Jeff Beck oder Ritchie Blackmore etwa. Sutch ist dem Horror und dem englischen Humor verfallen, hält auf der Bühne Horrorshows ab, die Alice Cooper maßgeblich beeinflusst haben dürften. Zwischen 1962 und 1967 greift Blackmore immer wieder mal für den Exzentriker in die Saiten. Es heißt, er schaut sich in dieser Zeit einige von seinen Possen für seine spätere Bühnenpräsenz ab.

Adam Faith – I Survived

Wenn man weiß, dass Ritchie Blackmore eine Schwäche für deutschen Schlager hat, erklärt sich auch diese kuriose Zusammenarbeit: 1974 steuert Blackmore ganz selbstlos ein irisierendes Solo im Intro zum 1974-er Spätwerk des englischen Schnulzen-Chansoniers Adam Faith bei. Schönes Beispiel dafür, dass Blackmore immer schon macht, was er für richtig hält.

Zeitsprung: Am 13.11.1974 macht Ritchie Blackmores Doppelgänger Ärger.

 

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