------------

Popkultur

Musik wie Meteoriten: Vor 25 Jahren erscheint die erste Muse-EP

Published on

Muse HEADER
Foto: Jim Dyson/Getty Images

In den frühen Zweitausendern werden Muse sehr schnell zu einer der größten Rock-Bands Englands. Alles beginnt am 11. Mai 1998 mit der EP Muse. Und klingen bei aller Unausgereiftheit schon damals anders als alles andere. Chronologie eines raschen Eroberungszugs.

von Björn Springorum

Das Schöne ist ja, dass selbst die größten Rock-Bands der Welt mal so angefangen haben, wie wir alle: In einer peinlichen Schülerband, bei einem Band-Contest, in einer Garage. Im kleinen südenglischen Küstenstädtchen Teignmouth gründen in den frühen Neunzigern auch Matt Bellamy, Chris Wolstenholme und Dominic Howard diverse Schulbands. Bei einer Gruppe mit dem schönen Namen Carnage Mayhem treffen Sänger, Gitarrist und Songwriter Bellamy und Drummer Howard aufeinander. Wolstenholme schnappt sich den Bass und das Trio ist komplett. „Fast jeder Schüler war damals in einer Band“, sagte Bellamy mal. „Wir haben uns in Teignmouth wie gefangen gefühlt. All unsere Freunde haben angefangen, Drogen zu nehmen oder Musik zu machen. Wir haben uns das Spielen selbst beigebracht, damit wir dieser Einöde irgendwann entfliehen konnten.“

Prinz Charles ist not amused

Nur der Name Carnage Mayhem, der passt mittlerweile nicht mehr. Und das Image, das auch nicht. Sie benennen sich in Rocket Baby Dolls um, verwendeten Kajal und Klamotten wie aus einem Tim Burton Film und bekommen sogar 150 Pfund für Equipment vom The Prince’s Trust, der Stiftung des heutigen King Charles. Wie es sich für böse Buben des Rock’n’Roll gehört, zerstören sie dieses von der Monarchie gestiftetes Equipment gleich mal bei einem lokalen Nachwuchswettbewerb – und gewinnen das Ding auch noch!

„Danach fingen wir an, diese ganze Band-Sache ernst zu nehmen“, so Bellamy. Und die Band meint es echt ernst: Alle schmeißen ihre Jobs und ziehen aus Teignmouth weg. Durchaus gewagt nach dem Gewinn eines kleinen Contests, das alles, aber gut. Jugendliche Hybris hat so manche Erfolgsgeschichte überhaupt erst ermöglicht. Diese hier auch: Die Band benennt sich in Muse um, weil dieser Name gut auf einem Poster aussehen würde, und hat fest vor, die größte Rock-Band des Planeten zu werden.

Väterliche Fürsorge als Kickstarter

Werden sie dann ja paar Jahre später irgendwie auch. Doch bis dahin muss noch viel passieren. Dennis Smith, Besitzer der Sawmill Studios in Cornwall, kennt die Eltern der Mitglieder und die Boys selbst noch als kleine Kinder. In väterlicher Fürsorge lässt er sie in seinem wunderschönen Studio aufnehmen – auch weil er spürt, dass hier etwas Besonderes entstehen könnte. Der Rest der Welt weiß noch nicht viel von Muse, doch immerhin können sie Support-Gigs für Skunk Anansie in London und Manchester spielen. In fünf Herbsttagen 1997 werden die vier Songs Overdue, Cave, Coma und Escape aufgenommen, drei davon landen später auch auf ihrem Debüt Showbiz.

Der Deal im Studio: Dennis Smith übernimmt die Kosten für die Produktion, wird aber im Falle eines späteren Label-Deals entlohnt. Ziemliches Glück für die drei Typen in ihren frühen Zwanzigern: Die Band ist ihre einzige Einkommensquelle, und die läuft eben nicht so richtig rund. Die schlicht Muse betitelte EP scheint daran zunächst nichts zu ändern: Die 999 handnummerierten Exemplare verkaufen sich schleppend. Liegt auch an der naiven Unausgereiftheit der Aufnahmen.

Zeitkapsel aus der Anfangszeit

Heute ist es natürlich aus popkultureller Sicht interessant, wie sich die drei Songs zwischen 1997 und 1999 ändern, als sie für Showbiz erneut aufgenommen werden. Die Produktion der EP ist deutlich roher, die Band offensichtlich nicht mit dem Studio und der Technik vertraut. Fast hat das Ganze einen Grunge-Touch, eine bewusst unfiltrierte Alternative-Schlagseite, die schon bald darauf verschwunden ist und durch Massivität, Melancholie, Sternenstaub und einen überlebensgroßen Sound zwischen Radiohead, Pink Floyd und Queen ersetzt wird. Muse ist wie eine Zeitkapsel, ein rarer Einblick in das Innenleben einer Band, die sich noch finden muss, aber gute Songs und jede Menge Potential und Verve hat. Sänger Bellamy kann außerdem zeigen, welch außergewöhnliche Stimme er hat und für wie dystopisch er die Zukunft wirklich hält. Ein spannender Anfang ist gemacht.

Madonna schnappt sich die Band

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

Don't Miss