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„Wer ist Nick Cave?“: Wie der legendäre Songwriter an einer italienischen Klavierfirma scheiterte

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Nick Cave
Foto: Kevin Winter/Getty Images

Eigentlich sollte es für Superstars wie Nick Cave ja kein Problem sein, Instrumente kostenlos zu bekommen. Bei einer italienischen Klaviermarke sah das allerdings ganz anders aus – denn die ließ Caves Manager rigoros abblitzen und zeigte sich von der Anfrage gänzlich unbeeindruckt.

von Markus Brandstetter

Wie das genau ablief, das beschrieb der Musiker selbst auf seiner Website, wo er in der Reihe „The Red Hand Files“ mit ausführlichen und stets lesenswerten Briefen auf Fragen seiner Fans eingeht. Teils sind die Antworten (wie auch die Fragen) sehr emotional, persönlich und offen – oder, wie im Fall dieser Geschichte, mit jeder Menge Humor und Augenzwinkern.

„Das schönste Instrument, das ich je gespielt habe“

Der Anlass für Caves Erzählung die folgende Frage eines Fans namens Andrew über das Klavier in Caves kürzlich veröffentlichtem Streaming-Konzert Idiot Prayer: „Das Klavier, das du für Idiot Prayer gespielt hast, war großartig. War es dein eigenes Instrument oder ist das einfach etwas, das einem die Leute hinstellen, wenn man an verschiedenen Orten spielt?“.

„Lieber Andrew, das Klavier das ich im Alexandra Palace spielte, war ein Fazioli. Es gab eine limitierte Anzahl von Pianos, zu denen ich während des Lockdowns Zugang hatte. Eines davon war ein Fazioli“, beschreibt Cave. Er selbst habe die Firma gar nicht gekannt, sie wurde ihm aber empfohlen. Dann beschreibt Cave den Klang des Klaviers – und zwar so begeistert, als hätte er einen Endorsement-Deal bekommen: „In dem Moment, als ich mich an das Fazioli setzte, sprach sein warmer, weicher, nuancierter Klang zu mir, wie kein Klavier zuvor zu mir gesprochen hatte. Ich war hingerissen von seinem außergewöhnlichen Tonumfang. Es flüsterte mir zu. Es brüllte mich an. Es war das schönste Instrument, das ich je gespielt hatte.“

Ein Fazioli muss her …

 Begeistert von dem Piano wollte Cave, dass sein Manager ihm ein Klavier der italienischen Marke besorgt – allerdings gratis. „Bei einem Zoom-Anruf bei meinem Manager erwähnte ich, wie sehr ich das Fazioli liebte. Ich erinnerte ihn daran, dass ich seit über dreißig Jahren immer noch das gleiche kleine, eklige, chinesische Upright-Piano habe. Ich erklärte ihm, dass ich dreiundsechzig Jahre alt sei und schlug vor, dass es vielleicht an der Zeit sei, mir ein schönes Klavier zu kaufen.“

Der gescheiterte Anruf

Cave überzeugte seinen Manager, beim Hersteller in Italien anzurufen. Laut seinen Schilderungen verlief der Anruf so:

„Mein Manager sagt: Ich vertrete den großen Künstler Nick Cave, und ich frage mich, ob ich ein kostenloses Fazioli bekommen könnte (oder etwas Ähnliches).

Die Italienerin sagt: L’acttore? [sic]

Mein Manager sagt: – Was?

Sie sagt: Der Schauspieler?

Mein Manager sagt: Nein, Cave. Cave.

Und sie sagt: Nick was?

Mein Manager sagt: Nick Cave.

Sie sagt: Nick Cave? Wer ist Nick Cave?

Mein Manager sagt: Nun, er ist wohl der größte Songwriter seiner Zeit. Er ist einer der Eckpfeiler der modernen Musik. Er ist ein nationales Kulturgut. Er wird von Millionen Menschen verehrt. Die Italiener lieben ihn.

Sie sagt: Wer sind Sie? Was wollen Sie von mir?

Mein Manager sagt: Ähm, ein kostenloses Klavier.

Und sie legt auf.“

Rüffel für Manager

„Ein paar Tage später habe ich einen weiteren Zoom-Anruf mit meinem Manager, und er wirkt ein bisschen verschlossen, und ich sage: Wie ist es mit Fazioli gelaufen? Haben sie mir ein Fazioli geschenkt?“, erzählt Cave. „Und mein Manager sagt: Nun, es scheint, als hätten sie eine ziemlich unflexible Politik, Klaviere im Wert von 200.000 Pfund an Leute zu verschenken, von denen sie noch nie gehört haben. Und ich sage: Alter, bist du mein Manager, oder was? Ich liebe dieses Fazioli!“

Auch zweiter Anruf blieb erfolglos

Caves Manager musste also nochmal zum Hörer greifen – diesmal war das Telefonat offensichtlich kürzer, aber um nichts erfolgreicher. Caves Nacherzählung des Gesprächs:

„Hier ist noch einmal der Manager von Nick Cave, kann ich mit Herrn Fazioli sprechen?

Und die Frau sagt: Nein.

Und mein Manager sagt: Hören Sie, mein Scheißjob steht hier auf dem Spiel.

Und sie legt auf.“

Cave nimmt es mit Humor

Er warte also immer noch auf den Tag, an dem ein Lastwagen vor seinem Haus stehen bleibt und ihm ein Klavier des italienischen Herstellers ins Haus bringt, erzählt er abschließend. Bis dahin muss es wohl das alte Pianino tun: „Bis dahin grinst mich mein kleines chinesisches Klavier aus der Ecke meines Zimmers an. Ich gehe hinüber, setze mich hin und beginne zu spielen“, so Cave – der den Brief mit den Worten „Love, Nick“ beendet.

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