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Dave Mustaine von Megadeth – Exklusives Interview

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Mitte der 80er Jahre erschütterte die Thrash Metal Explosion die Musikwelt und brachte u. A. die legendäre Band Megadeth hervor. Seitdem ist dieser Name allgegenwärtig. Trotz bisher 50 Mio. verkaufter Album ist Dave Mustaine, löwenmähniger Kopf der Band, motivierter als je zuvor und marschiert mit einer Entschiedenheit und Leidenschaft nach vorn, die einigen seiner halbherzigen jungen Kollegen gut zu Gesicht stünde. Dystopia ist Megadeths 15. Album und ein Paradebeispiel erstklassigen Thrash Metals. uDiscover spricht mit Mustaine über den Entstehungsprozess, die aktuelle Besetzung der Band und die Außenwahrnehmung des Mannes, der im Zentrum des Ganzen steht.

“In den letzten zwei Jahren ging es bei uns auf und ab: Managementwechsel, der Verlust meiner Schwiegermutter und die Sache mit der Rust In Peace-Reunion,” erzählt Mustaine und bezieht sich dabei auf die gescheiterten Pläne, die Besetzung dieser vergangenen Ära wieder zusammenzubringen. Stattdessen holte sich die Band schließlich frisches Blut: das brasilianische Wunderkind Kiko Loureiro (von Angra) und, die weitaus größere Überraschung, Chris Adler, Drummer der mit Platin ausgezeichneten Schwergewichte Lamb Of God.


“Kiko und Chris brachten frischen Wind in die Band. Sie gehören definitiv zu den talentiertesten Musikern, mit denen wir je gespielt haben”, betont Mustaine. “Wenn zwei Musiker dieses Kalibers zusammentreffen, setzt das unglaubliche Kräfte frei. Bei allen anderen Besetzungen gab es immer ein Mitglied, das den Ansprüchen nicht ganz gerecht wurde: Entweder ist der Gitarrist fantastisch und der Drummer nur passabel oder der Drummer ist toll und der Gitarrist nur okay. Als sich das änderte und beide Positionen von Topmusikern besetzt wurden, steigerte das nicht nur die Motivation in der Band, sondern auch die Professionalität. Wir alle arbeiteten und spielten besser. Ich glaube wirklich, dass Kiko mich so gepusht hat, dass ich ein besserer Gitarrist geworden bin.”

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Obwohl er unter Gitarristen als Vorreiter des Thrash Metal gilt, scheint Dave immer noch nach Perfektion zu streben. Wenn er über die Songstrukturen und die Energie von Dystopia spricht, leuchten seine Augen und ein warmes Lächeln legt sich auf seine Gesichtszüge; Mustaine weiß, dass er eines der besten Heavy Metal Alben des Jahres abgeliefert hat.

“Bis zum Beginn der Proben für die Tour hatten wir Vier noch nie zusammen gespielt”, erklärt er. “Als die Songs entstanden, waren wir teilweise an ganz unterschiedlichen Orten. Wenn Chris die Drumparts fertig hatte, machte Kiko sich an seine Tracks. Eigentlich war Dave [Ellefson] der Erste, der Aufnahmen machte.”

Und Mustaine fährt fort: “Erst kürzlich sagte ich zu jemanden, wie sehr ich mich darauf freue, endlich wieder live aufzutreten, weil wir nur eine Show in Kanada gespielt haben, vier in Australien und Indien, zwei in Russland und diese letzte kurze Europatour… Das erste Konzert mit uns Vieren war in Quebec vor 80.000 Leuten! Das nenne ich mal eine Feuertaufe!”

Wenn man bedenkt, dass Megadeth seit fast 35 Jahren weltweit auf Tour sind, sollte man meinen, dass Nervosität für Mustaine keine Rolle mehr spielt. “Bei dieser Show machte ich mir etwas Sorgen wegen der Jungs”, sagt er, “aber ich war mir sicher, dass wir Spaß haben würden und war bereit, diese Last zu tragen, wenn nötig, denn als Frontmann ist das mein Job. Aber die Beiden sind dermaßen professionell und großartig in dem, was sie tun und, was viel wichtiger ist, sie haben Charisma! In diesem Musikgenre, und vor allem in dieser speziellen Band, braucht man Kraft und Ausstrahlung.”



Was jedes ihrer Alben auszeichnet, ist die einzigartige Verbindung von eingängigen und mitreißenden Refrains mit einigen der technisch versiertesten Gitarrenarrangements des Thrash Metal. Die Komplexität sucht ihresgleichen. Bis heute überschreitet Mustaine Grenzen und wird dabei immer den hohen Erwartungen gerecht, die aufgrund seiner bisherigen Arbeit auf ihm ruhen.

“Ich gehe mit diesen Erwartungen so um, wie das Michael Jackson – zumindest in meiner Vorstellung – nach dem Mega-Erfolg von Thriller wohl erlebt haben muss, als er einen Nachfolger für ein Album zu schreiben begann, das Diamantstatus erreicht hatte”, sagt Mustaine. “Ich erinnere mich noch, wie man über ihn lachte, weil Bad nur acht Mio. Exemplare verkaufte. Ich meine, kommt mal klar: acht Millionen! Das ist immer noch Wahnsinn!”

Mustaine gibt zu, dass Megadeth “eigentlich unsere härtesten Kritiker sind” und erklärt: “Melodien sind mir sehr wichtig. Ich habe gar nichts gegen Bands, die knurren und bellen, aber für mich ist das nichts. Wenn ich in meinem Aston Martin unterwegs bin, dann habe ich normalerweise einen Jazzsender an. Oder ich höre unsere eigene Musik. Da kriege ich das richtige Feeling. Eine schöne Fahrt mit anständig Pferdestärken unter der Motorhaube und Megadeth auf den Boxen -”, lacht er, “das ist nicht unbedingt gut für die Versicherung, aber es hilft mir, die Dinge klar zu sehen. Ich überlege dann: ‘Inwiefern berührt dieser Song das Leben anderer Leute? Kann ich damit ausdrücken wie es ist, eine junger Mensch und scheinbar ohne Perspektive zu sein?’ Diese Emotionen sind ein Teil von mir: Ich komme aus einer zerrütteten Familie, war obdachlos, bettelte mit Dave Ellefson um Essen – das vergessen die Leute, wenn sie uns sehen.”

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Songs zu schreiben ist für Dave offensichtlich sehr heilsam. So geht er mit den schwierigen Erlebnissen um und schafft gleichzeitig etwas, das von Dauer ist. “Genau deshalb liebe ich gute Melodien”, sagt er. “Da kann man seine Augen schließen und der Song nimmt Dich einfach mit an einen anderen Ort. Ich erinnere mich noch, als wir uns Platten kauften und sie von Anfang bis Ende durchhörten. Heute drücken die Leute andauernd auf den ‘Skip’-Button. Die Aufmerksamkeitsspanne der Fans ist viel kürzer. Man muss viel konzentrierter sein und die Hörer packen.”

“Auf unseren frühen Alben hatten wir nur circa acht Songs”, erklärt er weiter, “weil die Rillen der Schallplatten berücksichtigt werden mussten. Sie mussten einen gewissen Abstand haben. Wenn man sich mal ‘Black Dog’ von Led Zeppelin anhört – an der Stelle wo der Gesang von Robert Plant anfängt, klingt er erst ziemlich leise und plötzlich wird er ganz laut. Das ist, weil die Rillen auf der Platte zu dicht beieinander sind. Auf Dystopia haben wir 15 Tracks – das sind fast zwei komplette Alben… Die Musikbranche hat sich über die Jahre sehr verändert und verändert sich auch weiterhin wahnsinnig schnell. Sich gegen die Konkurrenz zu behaupten ist da eine Sache; die Herzen der Fans für sich zu gewinnen, eine andere.”

Auch das Image eines Rockstars hat sich gewandelt. Verglichen mit den Rockikonen, die einst die Musikmagazine zierten und Eltern weltweit in Schockstarre verfallen ließen, machen die Jungspunde von heute einen weitaus weniger robusten Eindruck und man zweifelt, ob sie ein Leben wie Dave Mustaines lange durchhalten würden. Wenn man nach seiner Motivation fragt, erklärt Dave: “Zum Teil wurzelt sie im Glauben. Aber Wut ist auch ein Faktor. Wenn die Leute Deinen Wert in Frage stellen, dann erträgt man das nur eine gewisse Zeit. Es ist mir egal, was die Leute über mich denken. Wichtig ist, was Gott über mich weiß. Ich habe mir alles selbst beigebracht und da bekommt man nichts geschenkt. Es gibt da noch etwas Größeres und mir liegt viel daran, dieses Geschenk, das ich erhalten habe, mit den Fans zu teilen.”

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Mustaine hat schon “viele Stunden am Telefon und im Internet verbracht und sich auch vor Konzerthallen und bei Meet’n’Greets  persönlich mit Fans unterhalten, Autogrammwünsche erfüllt und den Leuten das Gefühl gegeben, dass sie nicht allein sind.” Zwar kann er für die Fans nicht so verfügbar sein, wie ihre Freunde und Familien, aber “ich will, dass sie wissen, dass sie nicht allein sind. Ich habe selbst schwierige Zeiten durchgemacht und sie sollen wissen, wenn ich das schaffen konnte, dann schaffen sie das auch. Das Wichtigste ist eigentlich die Botschaft in Songs wie ‘In My Darkest Hour’. Ich hatte wirklich nicht erwartet, dass er so viele Menschen berühren würde.”

Momentan beginnt eine sehr seltsame und turbulente Zeit für den Heavy Metal, denn über die nächsten zehn Jahre werden einige der Vorreiter des Genres ihre Gitarren an den Nagel hängen. Nachfolgenden Generationen fällt die schwierige Aufgabe zu, es nicht nur am Leben zu erhalten, sondern es weiter anzufeuern. Mustaine macht sich Sorgen, dass die Seele des Heavy Metal durch zuviele Subgenres verwässert wird.

“Es hat viel damit zu tun, wofür die Bands stehen,” sagt er. “In unseren Anfangstagen galten wir als ‘gefährlich’ und ‘böse Jungs’. Wir kamen allgemein nicht sehr gut an. Ich meine, zu der Zeit waren wir so drauf, dass, als Chris Poland [Megadeth Gitarrist 1984-97] etwas sagte, was mir nicht passte, ich ihm die Fresse polierte! Was für ein Typ behandelt so seine Band?… Es macht einen großen Unterschied, ob man weiß, dass man gefährlich ist, aber versucht, es nicht zu sein oder ob man weiß, dass man nicht gefährlich ist, die Leute aber glauben machen will, man wäre es.” Mustaine zitiert ein mexikanisches Sprichwort: “Großer Hut, kein Vieh,” und fügt hinzu: “Ich glaube, das ist einer der zynischsten Aspekte des Metal Genres momentan: Die Frontmänner tun so, als wären sie ganz harte Jungs und brüllen die ganze Zeit Leute an. Es ist einfach nur albern.”

Als Vater (von Justis Mustaine) ist Dave sich bewusst, dass er ein Vorbild für jüngere Generationen ist. “Wenn man bereit ist zu lernen, zu wachsen, seine Fehler zu akzeptieren und sich wo möglich zu ändern, dann wird man ein besserer Mensch,” sagt er. “Ich habe zu Justis gesagt, dass das Beste, was ich ihm hinterlassen kann, ein guter Name ist. Letztendlich ist das das Wichtigste.”

Autor: Oran O’Beirne


Dystopia ist jetzt verfügbar! Die Limited Edition Deluxe CD findet ihr hier:

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Fehlfarben: „Glut und Asche“ erscheint als 40th-Anniversary-Edition

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Fehlfarben Glut und Asche Header

Vor 40 Jahren veröffentlichten Fehlfarben – eine der wichtigsten deutschsprachigen Bands aller Zeiten – ihr Album Glut und Asche. Zum runden Jubiläum gibt’s eine besondere Ausgabe des Albums – und zwar auf limitiertem, farbigem Vinyl.

Hier könnt ihr euch Glut und Asche anhören:

„Es wirkt manchmal so, als hätten wir nur Monarchie und Alltag gemacht“, erzählte Fehlfarben-Gründungsmitglied Thomas Schwebel 2020 anlässlich des 40. Geburtstags der Fehlfarben-Überplatte Monarchie und Alltag im uDiscover-Interview. Dabei hat die Band, soviel steht fest, noch eine ganze Reihe anderer fabelhafter Alben aufgenommen – etwa Glut und Asche, das es nun zu feiern gilt.

Fehlfarben-Mitglied bezeichnet Glut und Asche als „persönlichen Favoriten“

Glut und Asche bezeichnete Schwebel damals sogar als sein Lieblingsalbum der Band: „Weil wir da nur noch eine ganz kleine Band waren – und mit wahnsinnig viel Aufwand und Genauigkeit lange daran gearbeitet haben. Musikalisch ist das, glaube ich, die beste Platte. Die kam damals raus, als sich die Neue Deutsche Welle erledigt hatte und von einem Tag auf den anderen völlig in sich zusammenbrach und plötzlich alle Flops hatten. Auch wesentlich erfolgreiche Bands als wir verkauften plötzlich keine Platten mehr. Unsere Platte ist im Vergleich sogar noch ganz gut angenommen, aber nicht so gut, wie wir uns das erhofft hatten. Die kam ein bisschen zum falschen Zeitpunkt“.

Limitierte, signierte Vinyl

Nun ist es also soweit: Glut und Asche feiert seinen 40. Geburtstag. Das wird mit einer speziellen Langspielplatte getan: Eine Jubiläumsausgabe von Glut und Asche erscheint am 20.Oktober 2023 als Doppel-LP auf violettem Vinyl.


Jetzt in unserem Shop erhältlich:

Fehlfarben - Glut und Asche
Fehlfarben
Glut und Asche
Ltd. Ed. Purple 2LP (signed, 10000 copies)

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Die Ausgabe kommt signiert daher und ist streng limitiert. Das Besondere: Es werden drei bislang unveröffentlichte Songs enthalten sein – die verloren geglaubten englischen Songs  All Night Station (Jenseits der Tür), It’s Not Enough (Tag und Nacht)  und Magnificent Obsession.  Pflichtkauf für jeden Fehlfarben-Fan also!

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Zeitsprung: Am 19.9.1988 erscheint „New Jersey“ von Bon Jovi

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Foto: Rob Verhorst/Redferns/Getty

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 19.9.1988.

von Christof Leim

Wie geht man mit dem Problem um, einen Nachfolger für ein internationales Nummer-eins-Album liefern zu müssen? Die Antwort von Bon Jovi: Man schreibt noch eins. Mit New Jersey etablieren sich die fünf Rocker mit Nachdruck in der Ruhmeshalle des Hard Rock – Gold, Platin, eine gewaltige Welttour und mehrere Klassikersongs inklusive.

Hört hier in New Jersey rein:

Ab Mitte der Achtziger läuft’s bei Bon Jovi: Mit dem dritten Album Slippery When Wet erreicht die Band 1986 zum ersten Mal die Spitze der Charts in den USA und etlichen anderen Ländern. Songs wie You Give Love A Bad Name, Livin’ On A Prayer und Wanted Dead Or Alive laufen wirklich immer und überall. Kurz gesagt: Die fünf frisch gebackenen Millionäre zwischen 25 und 35 haben es geschafft. Doch Frontmann Jon Bon Jovi will nach diesem Höhenflug auf keinen Fall als One-Hit-Wonder verglühen. Der immense Erfolg und die (tatsächlich tolle) Platte sollen nicht als Glückstreffer abgehakt werden. Außerdem muss man das Eisen – oder eher: Gold und Platin – schmieden, solange es heiß ist. Deshalb macht sich der Sänger mit seinem Songwriting-Partner, Gitarrist Richie Sambora, nur vier Wochen nach unfassbaren 16 Monaten auf Welttour zu Slippery When Wet schon Ende 1987 wieder an die Arbeit.

Sie schreiben über zwei Dutzend neue Stücke, immer mit der bangen Frage im Hinterkopf, ob ihnen nochmal ein Knaller gelingt wie You Give Love A Bad Name, ihre erste US-Nummer eins. Erneut arbeiten sie mit Hitschmied Desmond Child, mit dem sie schon Hitsingles für Slippery When Wet komponiert hatten. Never change a winning Erfolgsrezept, keine Frage. Und wieder hauen die drei Kollegen ein paar Granaten raus, darunter Bad Medicine und Born To Be My Baby. Die Ergebnisse dieser Kollaboration klingen immer noch nach Bon Jovi, aber irgendwie scheint der Herr Child ein Händchen für Refrains zu haben, die quasi zwingend im Radio gespielt werden müssen. Es gibt kaum einen Songwriter, der den US-Hard Rock insbesondere der Achtziger so geprägt hat, angefangen mit Kiss (I Was Made For Lovin’ You) über Aerosmith (Dude (Looks Like A Lady)) bis Alice Cooper (Poison). Mit dem Team Bon Jovi/Sambora funktioniert das am allerbesten. Auch andere Lohnschreiber wie Holly Knight und Diane Warren sind beteiligt.

Für die Aufnahmen begibt sich die Band erneut mit Produzent Bruce Fairbairn und Toningenieur Bob Rock in die Little Mountain Studios in Vancouver, nutzt also so das gleiche Setup wie zwei Jahre zuvor. Ursprünglich wollen die Musiker ein Doppelalbum veröffentlichen, auch einen Titel haben sie sich schon ausgesucht: Sons Of Beaches. Davon hält die Plattenfirma jedoch gar nichts, und Bon Jovi müssen die Tracklist ganz ordentlich zusammenstreichen. Dazu laden sie 50 junge Fans ins Studio ein und spielen ihnen die über 20 Songs vor, um herauszufinden, welche am besten ankommen. Schon beim Vorgängeralbum hat diese Methode (offensichtlich) geholfen, das potenteste Material auszusuchen. Direkte Marktforschung, wenn man so will.

Übrig bleiben die zwölf Lieder mit sonnigem Party-Hard Rock, wie gemacht für unendliche MTV-Einsätze und die wirklich großen Stadien der Welt. Besser geht’s in diesem Genre fast nicht. Nichtsdestotrotz zeigen sich Bon Jovi als Band und Songwriter gereift und bieten eine musikalisch breitere Palette. Beispiele dafür finden sich zum Beispiel im getragenen, souligen Intro zu Lay Your Hands On Me, der Mundharmonika bei Homebound Train und dem Akustik-Blues Love For Sale. Textlich haben die Herren zwar glücklicherweise weiterhin nichts mit Feuilleton oder Auf-die-Füße-guck-Studentengeschrammel zu, doch Jon und Ritchie erweisen sich zusehends als Geschichtenerzähler in der Tradition ihres Helden Bruce Springsteen. So beschwört Blood On Blood alte Freundschaften samt der alltäglichen, aber prägenden Erlebnisse von früher. In Born To Be My Baby hält ein Paar ganz wie in Livin’ On A Prayer in mageren Zeiten zusammen, während Living In Sin von zwei Liebenden erzählt, deren Eltern sie lieber getrennt sehen wollen. Klassischer Songwriting-Stoff, keine Weltrettung, aber auch mehr als Floskeln.

Die Produktion erweist sich erneut als äußerst groß und kräftig, schön und poliert, und klingt dabei noch ein bisschen runder als auf Slippery. Vom albernen Arbeitstitel Sons Of Beaches verabschieden sich Bon Jovi und wählen stattdessen den Namen des Bundesstaates, aus dem sie stammen: New Jersey. Der gilt üblicherweise nicht als das Zentrum der Welt-Coolness, doch hier kommen einige Rock’n’Roll-Helden wie Springsteen, Skid Row und Zakk Wylde her. Das geplante Artwork, eine Sgt. Pepper-mäßige Collage, wird ebenfalls verworfen zugunsten eines einfach gehaltenen Designs, das eine blauschwarze Steinwand, das Bandlogo und den Albumtitel zeigt.

New Jersey erscheint am 19. September 1988, weniger als zwei Jahre nach Slippery When Wet und nur acht Monate nach dem Ende der monumentalen Tour. Der Rolling Stone schreibt damals kritisch, aber an einer Stelle mit weiser Voraussicht: „Jon Bon Jovi ist brilliant… in dem, was er tut. Noch klingt kaum einer der Tracks nach einem Hit, aber es besteht kein Zweifel daran, dass in einem Jahr mindestens vier Songs Teil unseres kollektiven Bewusstseins sind werden.“ Und so kommt es auch: New Jersey steigt auf Platz 8 in den USA ein, kracht aber schon in der nächsten Woche mit Schwung auf die Eins und bleibt da erstmal einen Monat. Bon Jovi haben es also geschafft und das Kunststück von Slippery When Wet tatsächlich wiederholt. Auch in anderen Ländern erobert die Scheibe die Charts, in Deutschland reicht es für Rang 4. Und die Konkurrenz aus diesem Stil kann sich damals sehen lassen: Def Leppard stehen mit Hysteria immer noch ganz weit vorne, Aerosmith und Mötley Crüe verkaufen Millionen, und seit einem Jahr spielt noch eine neue Band namens Guns N’ Roses mit.

Alle Singles von „New Jersey“ schaffen es in die US-Top Ten

Von den zwölf Songs werden gleich fünf als Single ausgekoppelt, und alle erreichen sie die Top Ten. Das hat es für ein Hard Rock-Album bis vorher nicht gegeben und nachher auch nicht mehr. Die Platte kommt sogar erstes amerikanisches Album überhaupt in der Sowjetunion auf den Markt. Schon die erste Single Bad Medicine, am 3. September vorab veröffentlicht, steht rasch auf Platz 1 der Single-Charts, womit Bon Jovi auch an diese Errungenschaft ein weiteres Häkchen machen können. Für das Video zu dieser spaßigen Rock’n’Roll-Nummer mit XXL-Refrain lässt Regisseur Wayne Isham mit Hilfe des Comedians Sam Kinison bei einem Konzert in Long Beach 5000 Kameras an die Fans verteilen – und schneidet aus deren Aufnahmen den Clip zusammen.

Born To Be My Baby klettert bis auf Platz drei, die dritte Auskopplung I’ll Be There For You rauscht wieder ganz nach oben. Nicht überraschend: Das Stück gehört zu den Top-Balladen der Ära, alleine die Backing Vocals von Richie sind schon ihr Geld wert. Man höre rein bei 2:15 Min. und 3:37 Min.. Und ein bisschen zeigt die Nummer schon den „erwachseneren“ Sound späterer Alben.

Wie lange New Jersey „heiße Ware“ bleibt, zeigt sich daran, dass Lay Your Hands On Me fast ein ganzes Jahr nach der Albumveröffentlichung ausgekoppelt wird. Der Song wird sogar von Dolly Parton als Countrynummer gecovert. Ansonsten empfiehlt sich das Stück mit seinem kapitalen Refrain natürlich als perfekte Konzerteröffnung.

Bei Living In Sin schließlich zickt MTV ein bisschen rum wegen ein paar Sexszenen, also gibt es vom Video eine entschärfte Version. Reichweite verschenken kommt für Bon Jovi nicht in Frage. Aber die Platte hat mehr drauf als die Singles: Blood On Blood und Wild Is The Wind sind Hammersongs, Love For Sale klingt (oder soll klingen), als sei es nach etlichen „Erfrischungen“ inmitten einer Party aufgenommen worden, und das kurze Ride Cowboy Ride erinnert dank einer Aufnahme in Mono an eine LoFi-Aufnahme von Annodazumal. Hinter den angegebenen Songwritern „Captain Kidd“ und „King of Swing“ stecken, genau, Jon und Richie.

Und die vielen übrig gebliebenen Songs? Etliche der unveröffentlichten Sons Of Beaches-Demos erscheinen erst 2014 im Rahmen einer Neuauflage der Platte. Einige davon tauchen daneben an anderer Stelle auf, etwa das von Alice Cooper, Joan Jett und Desmond Child geschriebene House Of Fire, das Meister Cooper schließlich 1989 auf Trash veröffentlicht. Does Anybody Really Fall in Love Anymore? nehmen später Samboras Freundin Cher und Alice Cooper-Klampfer Kane Roberts auf, Diamond Ring verwursten Bon Jovi selber 1995 für ihr Album These Days.

Jon Bon Jovi auf der Bühne in Rotterdam, November 1988: Rob Verhorst/Redferns/Getty

Mit New Jersey stehen Bon Jovi 1988 ganz oben: Sie haben zwei Hitalben hintereinander abgeliefert, die eine Ära definieren und gleichzeitig einige zeitlose Songs bieten. Das muss man erstmal hinbekommen. Die Tour zur Platte dauert nochmal anderthalb Jahre, und danach sind fünf Rocker tatsächlich komplett durch. Doch die Hard Rock-Weltherrschaft haben sie erstmal in der Tasche.

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Zeitsprung: Am 24.12.1980 kann man Jon Bon Jovi mit R2-D2 singen hören.

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Colored Vinyl Special im uDiscover Store!

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Chuck Berry HEADER
Foto: David Redfern/Getty Images

Es muss nicht immer schwarzes Vinyl sein! Bei Fans der Langspielplatte ist farbiges Vinyl stets hoch im Kurs. Kein Wunder, handelt es sich dabei meist nicht nur um wunderschön anzusehende Kunstwerke, sondern auch um limitierte und exklusive Editionen!

Genau das findet ihr jetzt bei uns im uDiscover-Store. Von Rock über Pop bis Jazz haben wir etliche limitierte Schätze in unserem Sortiment, die ihr euch keinesfalls entgehen lassen solltet. Werfen wir doch einmal einen Blick auf ein paar Highlights aus dem Colored Vinyl Special Sale…

The Cranberries: Everybody Else Is Doing It, So Why Can’t We


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The Cranberries - Everybody Else Is Doing It, So Why Can’t We
The Cranberries
Everybody Else Is Doing It, So Why Can’t We
Dark Green Vinyl

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Das Debütalbum der Band um die 2018 verstorbene Frontfrau Dolores O’Riordan ist längst legendär. In den USA verkaufte es sich über fünf Millionen Mal, auch hierzulande ging das Ding weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Bei uns gibt es das Everybody Else Is Doing It, So Why Can’t We demnächst im dunkengrünen 140-Gramm-Vinyl – streng limitiert, versteht sich.

Tracklist

Side A
1.    I Still Do
2.    Dreams
3.    Sunday
4.    Pretty
5.    Waltzing Back
6.    Not Sorry

Side B
1.    Linger
2.    Wanted
3.    Still Can’t…
4.    I Will Always
5.    How

 Rex: Electric Warrior


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T-Rex - Electric Warrior
Electric Warrior
Electric Warrior
Sky Blue Vinyl

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In blauem Vinyl – genauer gesagt: in Sky Blue Vinyl – kommt das 1971 erschienene Album Electric Warrior von T.Rex daher. Für Fans der Kultband um Glam-Ikone Marc Bolan ein absolutes Muss. Als Produzent zeichnete damals übrigens Tony Visconti verantwortlich, der auch mit David Bowie Musikgeschichte schrieb.

Tracklist

Side A
1.    Mambo Sun
2.    Cosmic Dancer
3.    Jeepster
4.    Monolith
5.    Lean Woman Blues

Side B
1.    Get It On
2.    Planet Queen
3.    Girl
4.    The Motivator
5.    Life’s A Gas
6.    Rip Off

StereophonicsPerformance And Cocktails


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Stereophonics - Performance And Cocktails
Stereophonics
Performance And Cocktails
Orange Vinyl

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 In knalligem Orange gibt es eine limitierte Version des zweiten Stereophonics-Albums  Performance And Cocktails. „Dieses zweite Album ist ein Beispiel für viele gute Eigenschaften der Stereophonics – ihr Verständnis von Pop-Metal aus dem Bauch heraus, die viszerale Wirkung ihres Power-Trio-Sounds und vor allem die Texte von Kelly Jones“, zeigte sich das britische Musikmagazin NME damals zurecht begeistert.

Tracklist

Side A
1.    Roll Up And Shine
2.    The Bartender And The Thief
3.    Hurry Up And Wait
4.    Pick A Part That’s New
5.    Just Looking
6.    Half The Lies You Tell Ain’t True
7.    I Wouldn’t Believe Your Radio

Side B
1.    T-Shirt Sun Tan
2.    Is Yesterday, Tomorrow, Today?
3.    A Minute Longer
4.    She Takes Her Clothes Off
5.    Plastic California
6.    I Stopped To Fill My Car Up

Sum 41: All Killer No Filler


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Sum 41 - All Killer No Filler
Sum 41
All Killer No Filler
RELEASE DETAILS

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Auch für Freunde des gepflegten US-amerikanischen Pop-Punk gibt es etwas im Angebot – und zwar das Sum-41-Debütalbum All Killer No Filler, selbstverständlich mit dem Klassiker Fat Lip. Die LP kommt im Farbton coke bottle clear daher – und macht auch Jahrzehnte nach dem Erscheinen immer noch mächtig gute Laune!

Tracklist

Side A
1.    Introduction To Destruction
2.    Nothing On My Back
3.    Never Wake Up
4.    Fat Lip
5.    Rhythms
6.    Motivation
7.    In Too Deep

Side B
1.    Summer
2.    Handle This
3.    Crazy Amanda Bunkface
4.    All She’s Got
5.    Heart Attack
6.    Pain For Pleasure

Chuck Berry – The Great Twenty-Eight


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Chuck Berry - The Great Twenty-Eight
Chuck Berry
The Great Twenty-Eight
Trans-Blue Vinyls

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Zu guter Letzt wollen wir auch den Godfather of Rock’n’Roll nicht vergessen. Wen wir damit meinen? Na, Chuck Berry natürlich. Als 140-Gramm-Vinyl in Trans-Blue erscheint die Doppel-LP The Great Twenty-Eight des legendäre Gitarristen und Performers. Darauf enthalten: Meilensteine und Klassiker wie Maybellene, Roll Over Beethoven und natürlich Johnny B. Goode. Ein Lehrstück in Sachen Rock’n’Roll!

Tracklist

Side A
1.    Maybellene
2.    Thirty Days
3.    You Can’t Catch Me
4.    Too Much Monkey Business
5.    Brown Eyed Handsome Man
6.    Roll Over Beethoven
7.    Havana Moon

Side B
1.    School Day (Ring Ring Goes The Bell)
2.    Rock And Roll Music
3.    Oh Baby Doll
4.    Reelin’ And Rockin’
5.    Sweet Little Sixteen
6.    Johnny B. Goode
7.    Around And Around

Side C
1.    Carol
2.    Beautiful Delilah
3.    Memphis, Tennessee
4.    Sweet Little Rock ‘N’ Roller
5.    Little Queenie
6.    Almost Grown
7.    Back In The U.S.A

Side D
1.    Let It Rock
2.    Bye Bye Johnny
3.    I’m Talking About You
4.    Come On
5.    Nadine
6.    No Particular Place To Go
7.    I Want To Be Your Driver

Zu den weiteren Releases gehören auch limitierte Coloured LPs von The Oscar Peterson Trio, The Human League, Paul Weller, Roxy Music, Siouxie And The Banshees, Hole und vielen mehr.

Die limitierten Editionen erscheinen am 13. Oktober und sind ab sofort vorbestellbar.

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