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Popkultur

25 Jahre „Greatest Lovesongs Vol. 666“: HIM zwischen Sex und Tod

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HIM
Foto: Naki/Getty Images

1997 sind HIM höchstens Insidern bekannt. Und auch wenn der ganz große Durchbruch erst 2000 mit Razorblade Romance kommt: Es ist das Debüt Greatest Lovesongs Vol. 666, das bis heute die größte Schwarzmagie verströmt.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr euch Greatest Lovesongs Vol. 666 anhören:

Im Grunde ist alles vorbei, bevor es richtig beginnt: 1991 gründen die Sandkastenfreunde Ville Valo und Mikko Paananen eine Band. Die Teenager sind Metal-Heads, nennen sich His Infernal Majesty, spielen am Silvesterabend 1992 eine Show in Helsinki und lösen sich danach auf. Erst mal passiert gar nichts, Valo spielt Bass in einer anderen Band, bis er His Infernal Majesty 1995 wieder aus der Erde holt – diesmal mit Gitarrist Mikko Lindström und einem gerüttelt Maß an Ambition.

Ville will gar nicht Sänger werden

Ein erstes Demo entsteht, auf dem Valo nicht nur singt, sondern bemerkenswerterweise auch Schlagzeug spielt – alles Talente, die ihm heute bei seiner Solokarriere als VV zugute kommen. Sänger will Ville Valo anfangs gar nicht werden, nimmt die Rolle auch nur widerwillig an, weil sie niemand anderen finden. Man stelle sich mal vor, was passiert wäre, wenn sie jemanden gefunden hätten! Irgendwann kommt Paananen zurück, Schlagzeuger Juhana Pätkä Rantala komplettiert die zweite Inkarnation. Im Dezember 1995 spielen sie in Helsinki ein Konzert mit Coversongs von Type O Negative – ein definierender Moment, wie Valo später sagen wird: „Wir haben uns danach einfach die besten Parts von Type O Negative für unsere eigenen Songs rausgepickt.“

Das Cover von Chris Isaak macht den Unterschied

Nicht ganz unwahr. Aber auch nicht ganz richtig. Aus der kollektiven Liebe zu Metal-Bands wie Black Sabbath und Iron Maiden oder Goth-Rock-Nebelkrähen wie The Sisters Of Mercy oder The Cure formen die jetzt nur noch HIM genannten Finnen einen eigenen Sound, gewürzt mit einer Prise Glam. Ihr geniales und unvergessenes Cover von Chris Isaacs Schmachtfetzen Wicked Game ist es dann auch, das ihnen einen Deal landet.

Dicke Budgets für lange und ausschweifende Studioaufenthalte haben HIM aber noch lange nicht – und Studioerfahrung schon gar nicht. In gerade mal 15 Tagen nehmen Valo und seine Bande Greatest Lovesongs Vol. 666 auf, tatkräftig unterstützt von Produzent Hiili Hiilesmaa, ohne den es nie zu diesem Album gekommen wäre. Er ist der fünfte Beatle von HIM, wie die Band oft betonte.

Sex-Symbol wider Willen?

Die Musikwelt weiß damals zwar noch nicht, was auf sie zurollt, aber HIM stellen schon mit ihrem Debüt die Weichen für einen der größten Erfolge der finnischen Musikgeschichte. Sie kombinieren den Sex und den Rock’n’Roll von Billy Idol mit düsterem Eyliner-Goth und wuchtigen Metal-Riffs, bauen schon von Anfang an stark auf Stimme und Charisma ihres Frontmanns Ville Valo – auch mit dem Cover-Artwork, das den damals 21-Jährigen mit freiem Oberkörper zeigt. Auch das aus seiner Sicht eher unfreiwillig: Valo hat andere, deutlich morbidere Ideen für das Cover, Zeit und Geld zerstören diese Ambitionen und inszenieren ihn als Goth-Johanna von Orléans. Seinem baldigen Aufstieg zum Sex-Symbol und Goth-Posterboy hat das nicht geschadet; wirklich geplant war aber auch das nicht, wird auf Razorblade Romance dann auch entsprechend gesteigert.

Das gilt auch für die hastig hinzugefügte, doomige HIM-Fassung von Don’t Fear The Reaper, die nur deswegen auf Greatest Lovesongs Vol. 666 landet, weil die Platte sonst nur 32 Minuten lang gewesen wäre. Passt gut zum allgemein sehr düsteren, dräuenden Sound, den HIM schon auf ihrem nächsten Album partiell ablegen sollen. Das Debüt bleibt das große ernste Werk von HIM, dem noch der trockene Humor späterer Alben fehlt. „Ich hatte wohl damals nicht wirklich Humor“, blickte Ville Valo mal zurück. „Ich dachte wirklich, dass wir große, ernstzunehmende Kunst machen. Erst irgendwann später merkte ich, dass daran vielleicht gar nichts dran ist.“ Die Themen – Sex und Tod – sollen HIM aber bis zu ihrem Ende erhalten bleiben und sich jetzt auch durch Valos Solowerk ziehen.

Im November 1999 wird sich das Leben der Band dann für immer ändern: Join Me (In Death) erscheint, katapultiert die Band ins Rampenlicht und Vilel Valo in die Träume sehr vieler junger Menschen. Doch die Weichen für den Siegeszug der Goth-Dandys, die stellen sie schon 1997.

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