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Popkultur

30 Jahre „Bigger, Better, Faster, More!“: Das kurze Beben der 4 Non Blondes

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4 Non Blondes
Foto: Paul Natkin/Getty Images

Nur ein Album haben die 4 Non Blondes veröffentlicht. Mit What’s Up gelingt ihnen ein Welthit, ihr offener Umgang mit Homosexualität setzt vor 30 Jahren ein Zeichen in der Alternative-Rock-Welt.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr euch Bigger, Better, Faster, More! anhören:

Man kann es als böses Omen werten, wenn die Heimatstadt am Tag der allerersten Bandprobe von einem Erdbeben heimgesucht wird. Es ist der 17. Oktober 1989, ein kühler Nachmittag in San Francisco. Um exakt 18:10 Uhr wollen die 4 Non Blondes das erste Mal im Proberaum lärmen. Doch dazu kommt es nicht: Um kurz nach fünf wackelt die Erde und das Loma-Prieta-Erdbeben trifft San Francisco und die Bay Area.

Egal, dann eben an einem anderen Tag. Fest steht schon 1989: Christa Hillhouse, Shaunna Hall und Wanda Day wollen es nach ersten musikalischen Gehversuchen mal mit Sängerin Linds Perry versuchen. Der ungewöhnliche Name soll ausdrücken, dass die Girl-Bande nicht zu den kalifornischen Stereotypen passt, zudem geht Perry von Anfang an offen mit ihrer Homosexualität um. Damals ist das noch eine große Nummer und sorgt auch unter ihren Bandkolleginnen für Missstimmungen.

Erfolge in der Gay-Community

Erste Erfolge feiern die 4 Non Blondes dann auch zu Beginn der Neunziger in den Gay-Bars von San Francisco. Ausgerechnet am Valentinstag 1991 eröffnen sie eine Show für Primus und werden danach praktisch vom Fleck weg vom Label Interscope unter Vertrag genommen. Ordentlich Federn müssen sie während den Arbeiten an ihrem Debüt Bigger, Better, Faster, More! lassen: Schlagzeugerin  Wanda Day wird von Dawn Richardson ersetzt, Gitarristin Shaunna Hall von Louis Metoyer, dem ersten Kerl in der Band. Die Stimmung ist nicht die beste.

Das Album, das entsteht, passt in den Zeitgeist der frühen Neunziger: Der Alternative Rock der Band ist von Funk-Anleihen ebenso durchzogen wie von Blues-Klecksern und Grunge-Nuancen gesprenkelt, konzentriert sich aber vollumfänglich auf die Wahnsinnsstimme von Linda Perry. Sie singt, sie röhrt, sie haucht, was das Zeug hält, kurz: Sie hat Stimmbänder aus einer anderen Dimension und trägt das Album zum weltweiten Erfolg: Nach Erscheinen am 13. Oktober 1992 kann sich Bigger, Better, Faster, More! Weltweit über sechs Millionen Mal verkaufen.

Neo-Hippie-Hymne

Das liegt, klar, vor allem an der Lead-Single What’s Up, die wahrscheinlich größte Neo-Hippie-Hymne der Neunziger. Er entsteht lange vor der Gründung der 4 Non Blondes. 1986arbeitet Linda Perry gerade als Kellnerin und trifft sich regelmäßig mit Stephan Jenkins von Third Eye Blind. Beide wollen Fuß fassen in der Musik, bekommen es aber nicht hin. Eines schicksalhaften Tages spielen sich die beiden mal wieder neue Songs vor – Perry zeigt ihm What’s Up und Jenkins spielt Semi-Charmed Life für sie. Beide Songs verkaufen sich gemeinsam 17 Millionen Mal.

Bei den Aufnahmen kommt es spätestens jetzt zum Eklat: Linda Perry, eh schon unzufrieden mit der Arbeit von David Tickle, verabscheut seine Version des Songs. Sie nehmen ihn noch mal heimlich ohne Tickle auf und sorgen dafür, dass ebenjene Fassung auf dem Album landet. „Und das ist die Version“, die überall einschlug wie eine Bombe“, so äußerte sich Perry mal sehr selbstzufrieden.

Hits für Pink und Christina Aguilera

Dennoch ist der große Erfolg von What’s Up zugleich der Sargnagel für die 4 Non Blondes: Weitere Singles können nicht mal ansatzweise an diesen Hit anknüpfen. „Nach What’s Up hatten wir alle das Gefühl, das nächste Album voller solcher Songs zu packen“, so sagte Perry mal nach der Auflösung der Band. „Aber das fühlte sich nicht richtig an. Ich wollte am liebsten extrem seltsame, atmosphärische Musik machen.“ Seltsame, atmosphärische Musik verkauft aber eben keine paar Millionen Platten, also brechen die 4 Non Blondes 1994 mitten in den Arbeiten an ihrem zweiten Album auseinander – auch, wie Linda Perry nicht ohne Verbitterung erzählt, wegen ihrer offenen Homosexualität.

Für die 4 Non Blondes ist 1994 Schluss. Doch für Perry geht es da erst los: Sie sagt sich los vom „flauschigen, glattpolierten Bullshit“ ihrer alten Band und veröffentlicht 1996 mit In Flight ein düsteres, experimentelles Album, das ausgezeichnete Kritiken einfährt, aber wie Blei in den Regalen liegt. 2001 schreibt sie dann nach einer längeren Pause einen Song namens Beautiful. Sie hfoft auf ein Comeback damit, verkauft ihn dann aber doch an Christina Aguilera, die daraus eine Hymne für die LGBTQ-Bewegung macht. Für Pink schreibt sie gleich das ganze Album Missundaztood und ist spätestens ab diesem Punkt auch als Songwriterin und Produzenten hinter den Kulissen eine der ganz großen. Die 4 Non Blondes, die werden aber für immer Geschichte bleiben.

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