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Popkultur

40 Jahre „Ein bißchen Frieden“: Die tragische Aktualität von Nicoles ESC-Triumph

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Nicole
Foto: Rob Taggart/Getty Images

Vor 40 Jahren gewinnt Nicole mit Ein bißchen Frieden den ESC im englischen Harrogate. Angesichts des Krieges in der Ukraine erscheint die Botschaft des Songs leider aktueller denn je. Ein Rückblick.

von Björn Springorum

Wir schreiben das Jahr 2022 – und doch kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass wir Menschen für jeden Schritt nach vorn gleich wieder zwei zurück machen. Spulen wir doch mal zurück ins frühe Jahr 1982. Argentinien und Großbritannien führen Krieg um die Falklandinseln, der NATO-Doppelbeschluss schürt im Kalten Krieg die Ängste eines Atomkriegs. 40 Jahre später sieht das irgendwie nicht besser aus.

161 Punkte für Deutschland

Das macht den 40. Geburtstag von Nicoles Sieg beim 27. Eurovision Song Contest am 24. April 1982 im englischen Harrogate gespenstisch und tragisch aktuell. Die damals 17-jährige Nicole Hohloch singt den von Ralph Siegel und Bernd Meinunger geschriebenen Song zum Sieg, am Ende gibt es 161 Punkte dafür. Damals absoluter Rekord.

Als Zyniker mag man nun natürlich beißend urteilen, dass all die tollen Songs gegen den Krieg und für den Frieden offensichtlich herzlich wenig gebracht haben. Aber das verfehlt die Kernaussage dieser Lieder. Vielmehr geht es darum, der Gewalt zu trotzen, ein Licht zu sein in der Dunkelheit, zu sagen: Krieg wird es immer geben. Das heißt aber nicht, dass sich die Mehrheit nicht nach Frieden sehnt. Die Zeile „Ich singe aus Angst vor dem Dunkeln ein Lied – Und hoffe, dass nichts geschieht“ bringt das gut auf den Punkt. Selbst wenn es im an sich schunkelig-flehentlichen Schlagergewand daherkommt.

„Dieses Lied und ich – wir sind untrennbar“

Es ist ein Ansingen gegen Krieg und Gewalt, ein Appell für mehr Menschlichkeit. Heute ist Nicole 57. Und singt das Lied immer noch. „Dieses Lied und ich – wir sind untrennbar“, sagte sie mal der Deutschen Presse Agentur. „Wenn ich es auf der Bühne anstimme, passiert noch immer was mit den Menschen: Die Feuerzeuge gehen an, die Menschen fassen sich an den Händen, einige weinen sogar.“ Liegt natürlich auch daran, dass dieses Stück Musik sehr wahrscheinlich für immer aktuell bleiben wird – wenn es auch 40 Jahre später so aktuell erscheint wie lange nicht.

Fünf Millionen verkaufte Singles

Auch der phänomenale Erfolg des Stückes lässt sich mit einem Sehnen der Menschen nach Frieden und Ruhe erklären. Neben deutsch nimmt Nicole das Lied in sieben weiteren Sprachen auf, zahlreiche weitere Übersetzungen sollen folgen. Dafür gibt es Platz eins in gefühlt halb Europa, über fünf Millionen verkaufte Singles, aber auch Kritik. Es sei infam, dass sie sich nur ein „bisschen“ Frieden wünsche, urteilte man hier, da ging es eher um die dürftige Vortragsweise der 17-jährigen Nicole. Dabei sind für den Erfolg ja gerade diese ungeschminkte, pure, unschuldige Herangehensweise an ein Lied, dieses schwarz-weiße Pünktchenkleid, die langen blonden Haare und das schüchterne Sitzen auf dem Barhocker, die Gitarre auf den Beinen balancierend.

Und wenn ihr Erdrutschsieg 1982 eines klarmacht, dann das: Es reicht eben immer noch ein Mensch mit einer Gitarre und einer Stimme, um etwas zu verändern. Im Falle von Ein bißchen Frieden mag das schon mit ordentlich Kitsch und Flehen in der Stimme vonstatten gegangen sein, bedächtige Harfistin im Hintergrund inklusive; im Grunde ist diese Zeile aber durchaus so etwas wie ein kleiner genialer Kniff des Komponistenduos: „Ich weiß, meine Lieder, die ändern nicht viel; ich bin nur ein Mädchen, das sagt, was es fühlt.“ Letzten Endes ist genau das der Grund, weshalb die Menschen heute gegen den Krieg in der Ukraine auf die Straße gehen.

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