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Popkultur

B.B. King – Ein Nachruf auf den King of Blues

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Der Mann, den Millionen von Bluesfans auf der ganzen Welt nur als B.B. kannten, ist im Alter von 89 Jahren verstorben, wie sein Anwalt bekannt gab. In der jüngeren Vergangenheit hörte man immer wieder von Gesundheitsproblemen des Künstlers; u. a. war er wegen einer durch seine Diabetes bedingten Erkrankung in medizinischer Obhut gewesen. Noch bis 2014 hatte er 100 Konzerte pro Jahr absolviert. Er liebte es, mit seiner berühmten Gitarre Lucille aufzutreten und zeigte den Menschen mit seinen Konzerten und seinen Alben, dass der Blues einen nicht nur traurig, sondern auch glücklich machen konnte.

B.B. King wurde 1925 als Riley B. King in Indianola, tief im Herzen des Mississippi-Deltas, geboren. Seine Eltern Alfred und Nora Ella King benannten ihn nach dem Besitzer der Plantage, auf der sie lebten und arbeiteten. „Er war Ire und hieß Jim O’Riley. Mein Dad und Mr. O’Riley waren so dick miteinander befreundet, dass er mich nach ihm benannte. Das O hat er allerdings weggelassen. Irgendwann war ich alt genug, um die Geschichte zu erfahren, und ich fragte meinen Dad: ‘Warum hast Du mich nach Mr. O’Riley benannt? Und warum hast Du das O weggelassen?‘ Er sagte, ich sah nicht irisch genug aus!“

B.B. King erzählte oft, dass wenn man auf einer Plantage geboren wurde, die Plantage immer und unweigerlich an erster Stelle stand. Man hatte einfach keine Wahl. Aber Riley B. King, bzw. The Beale Street Blues Boy, wie er sich nannte, wollte das ändern. 1946 ging der Sohn des Farmpächters nach Memphis, wo er bei seinem Cousin Bukka White unterkam. Allerdings kehrte er schon bald darauf als Traktorfahrer nach Indianola zurück.

„Ich bekam 22,5 Dollar pro Woche. Das war der gängige Lohn für Traktorfahrer und im Vergleich zu anderen Leuten, die dort arbeiteten, eine Menge Geld” – B.B. King

1948 ging der junge Riley zurück nach Memphis. Grund dafür war die Radiosendung von Sonny Boy Williams: „Ich hatte die Möglichkeit dort vorzuspielen. Der Song, den ich spielte, war Blues of Sunrise von Ivory Joe Hunter. Sonny Boy arbeitete in einer kleinen Bar in West Memphis, dem 16th Street Grill. Er sagte zu der Chefin – ihr Name war Miss Annie –, dass er mich an seiner Stelle schicken würde. Der 16th Street Grill hatte hinten eine Art Casino und mein Job war es, für die Leute zu spielen, die nicht in den Casinobereich gingen. Wenn also ein Typ mit seiner Freundin kam und sie damit nichts am Hut hatte, war es meine Aufgabe, Musik zu machen, damit sie tanzen konnte. Den Leuten schien meine Musik zu gefallen und darum sagte Miss Annie, dass wenn ich einen Job beim Radio kriegen könnte, so wie Sonny Boy, sie mich regelmäßig engagieren und 12,5 Dollar pro Abend zahlen würde. Sechs Tage die Woche sollte ich auftreten; dazu noch Unterkunft und Verpflegung. Mann, ich konnte es kaum fassen!“

b-b-king1949

King bekam einen Job beim Radiosender WDIA. „Ich war Discjockey und wurde als ‘Blues Boy, the boy from Beale Street‘ angekündigt. Und wenn ich Post bekam, dann war sie nicht an Blues Boy, sondern einfach abgekürzt B.B. adressiert.“ Dank seiner Popularität in Memphis erhielt er 1949 die Chance für Bullet aufzunehmen. Die ersten paar Scheiben waren nicht sehr erfolgreich, aber dann holte Sam Phillips ihn im September 1950 in sein Recording Services Studio. Die Bihari-Brüder waren auf Talentsuche in Memphis und nahmen B.B. auf ihrem Label RPM unter Vertrag. Sie veröffentlichten die Stücke, die er mit Phillips aufgenommen hatte, aber da der Erfolg ausblieb, reiste der jüngste Bruder, Joe Bihari, nach Memphis und machte am 8. Januar 1951 ein paar Aufnahmen mit B.B. King in einer Jugendherberge. Bei einem späteren Besuch in Memphis nahmen sie eine Version des Lowell Fulson Songs Three o’clock Blues auf. Am 29. Dezember 1951 stieg sie in die Charts ein und hielt sich Anfang 1952 fünf Wochen auf Platz 1. Der Durchbruch kam zwar nicht über Nacht, öffnete aber die Tür für eine der erfolgreichsten und langanhaltendsten Karrieren der heutigen Bluesgeschichte.

„Wir spielen nicht für Weiße. Ich sage nicht, dass wir nie für Weiße spielen werden. Wer weiß, was die Zukunft bringt. Schallplatten sind schon komisch: Man macht sie für den farbigen Markt und plötzlich fahren die Weißen drauf ab und ehe Du weißt, wie Dir geschieht, tanzen Weiße auf Deinen Veranstaltungen” – B.B. King in den 1950ern

Am Anfang seines Erfolgs lebte B.B. King noch in Memphis, wo er ein großer Star war. Allerdings nicht so groß, wie er dachte: „Wir waren im Auditorium in Memphis. Elvis war im Publikum und es spielten Bobby Bland, Little Milton, Little Junior Parker, Howlin’ Wolf und meine Wenigkeit. Jeder war schon auf der Bühne gewesen. Bobby Bland – eine echte Rampensau, der konnte die Leute mitreißen; Little Milton und ich – wir machten unser Ding, aber wir konnten die Leute nicht so schnell packen wie Bobby Bland. Wir waren alle durch und jetzt war Howlin’ Wolf dran und die Leute drehten durch. Milton sagte, ‘da draußen passiert irgendwas‘. Und Junior Parker, ‘los, wir gehen mal nachsehen‘. Als Wolf gerade Spoonful spielte, gingen wir raus und er krabbelte auf allen Vieren auf dem Fußboden herum. Die Leute flippten völlig aus und dann sahen wir warum: Seine Hose war gerissen! Und alles hing raus!”

Eines Abends, während eine Auftritts in einem Club in Twist, Arkansas, wurde während einer Auseinandersetzung ein Ofen umgeworfen und das hauptsächlich aus Holz bestehende Gebäude geriet in Brand. Band und Publikum hatten sich bereits ins Freie gerettet, als King merkte, dass er seine geliebte 30 Dollar-Gitarre zurückgelassen hatte. Er rannte zurück in das brennende Gebäude und rettete sie unter Einsatz seines Lebens. Später stellte sich heraus, dass es bei dem Streit um eine Frau namens Lucille ging. So kam B.B. Kings Gitarre zu ihrem Namen, den seitdem alle seiner circa 20 maßangefertigten Gibson-Gitarren trugen.

Während seiner Zeit bei dem Label RPM veröffentlichte King einen Hit nach dem anderen und schaffte es drei weitere Male an die Spitze der R&B-Charts. Ende 1958 trennte er sich von RPM und ging zu Kent. Diese Partnerschaft dauerte bis Ende der 60er Jahre. Er hatte zwar keine weitere No. 1 in den R&B-Charts, veröffentlichte aber weiterhin zahlreiche Hits. Seine markante, Gospel-angehauchte Stimme und sein großartiges Staccato-Picking begeisterten das Publikum immer wieder. So wurde King einer der erfolgreichsten Künstler aller Zeiten in den R&B-Charts.

„Ich versuche, den Leuten zu zeigen, dass wir alle Brüder sind; rot, weiß, schwarz, braun oder gelb, arm oder reich – wir haben all den Blues” – B.B. Kingbbking

Ende der 1960er wurde B.B. genau wie viele andere Bluesgitarristen von einen weißen Rockpublikum entdeckt, was seiner Karriere noch einmal enormen Auftrieb gab. 1970 erreichte er mit The Thrill is Gone Platz 3 der R&B-Charts und schaffte es auch in die Hot 100. Als der Song auf Platz 15 stand, war es definitiv sein bis dahin größter Hit. 1969 reiste B.B. nach Europa. Es war der erste von vielen Besuchen und das Publikum empfing ihn mit offenen Armen, da sie sich sehr bewusst waren, dass er Künstler wie Eric Clapton und Peter Greene maßgeblich beeinflusst hatte. Sein Album Live At The Regal (1964) wurde nicht nur von diesen beiden Musikern, sondern auch von Fans auf beiden Seiten des Atlantiks sehr geschätzt.

„B.B. war ein Held. Und die Band? Hören Sie nur mal, wie sie auf Live At The Regal swingen – wie eine Dampfwalze” – Mick Fleetwood

B.B. Kings Erfolg lässt sich nicht zuletzt durch seine Liveshows erklären. Er hat schon immer härter gearbeitet als die meisten anderen Livemusiker. Er spielte 250-300 Konzerte pro Jahr, auch in mageren Zeiten. Außerdem war er sehr gut darin, seine Bands zusammenzuhalten. Das hatte sicherlich mit seinen Fähigkeiten als Bandleader zu tun, aber auch mit seiner großherzigen Art als Chef.

„Die Jungs sind nicht nur fantastische Musiker. Sie sind mir gegenüber loyal und das beruht auf Gegenseitigkeit. Wir haben einfach Spaß zusammen. Sie sind alle ziemlich lange bei mir geblieben. Sonny Freeman, mein Drummer, der leider mittlerweile verstorben ist, blieb ungefähr 18 Jahre. Mein Trompeter ist jetzt seit 21 Jahren dabei. Momentan gibt es nur einen einzigen, der weniger als 10 Jahre in der Band ist” – B.B. King, 2000

1969 tourte B.B. mit den Rolling Stones durch Amerika. Für viele war es das erste Mal, dass sie diese großartigen Musiker live und in Farbe erlebten. Bill Wyman erinnert sich: „Wir standen immer an der Seite der Bühne und sahen B.B. zu. Er hatte eine 12-köpfige Band und das waren allesamt Virtuosen. Was mich immer am meisten beeindruckte, war, wie er sich von einem Moment auf den anderen von einem wuchtigen Sound zu einem leisen Raunen dämpfte. Der ganze Raum war still – man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Und dann schraubte er sich wieder ganz nach oben. Das faszinierte mich – die vielen Dimensionen seiner Musik”.

B.B. KingPhoto © Andy Freeberg

Während der 1970er erlebten viele Musiker eine Durststrecke, aber selbst da tauchte King immer irgendwo auf. Sogar im Fernsehen trat er auf und das zu einer Zeit, wo sich alle anderen Blueskünstler nur die Nase an der Scheibe plattdrücken konnten. Bei anderen Gitarristen hatte er den Status eines Stammesältesten des Blues erreicht. Darüber hinaus hörte er nie auf, über die Bedeutung des Blues zu sprechen und so half er, das Feuer am Lodern zu halten, als es fast schon erloschen war. Gelegentlich wird Kings Stil als etwas zu glatt kritisiert, aber das kommt wohl von Leuten, die alles getan hätten, um nur ansatzweise so viel Erfolg zu haben wie er.

1987 wurde King in die Rock and Roll Hall of Fame eingeführt und im Jahr darauf arbeitete er mit U2 an ihrem Album Rattle & Hum. Seine Performance auf When Love Comes to Town ließ keinen Zweifel daran, dass er auch im Alter von 63 Jahren nichts von seiner Kraft eingebüßt hatte. Es war nicht seine erste Kollaboration. Neben der Jazzgruppe The Crusaders in den 1970ern hat King u.a. mit der blinden Sängerin Diane Schuur, Alexis Korner, Stevie Winwood und Bobby Bland gearbeitet. 2001 gewannen er einen Grammy zusammen mit seinem langjährigen Freund Eric Clapton für ihr gemeinsames Album Riding With The King. Auf der Tracklist sind Coverversionen von Worried Life Blues und Key To The Highway, sowie eine neue Version von Three O’Clock Blues.

Wie viele seiner Kollegen steht auch B.B. King in der Schuld von Louis Jordan, durch den er zu der Überzeugung kam, dass schwarze Musiker viel erreichen konnten. Über viele Jahre sprach King davon, ein Album mit Songs dieses legendären Künstlers aufnehmen zu wollen. 1999 wurde dieses Album schließlich Realität. Es ist eine Verneigung vor Louis und feiert gleichzeitig die zahlreichen fantastischen Songs, die der „King of the Jukeboxes” geschaffen hat. Das Album trägt den angemessenen Titel Let the Good Times Roll. Mit diesem Song hat B.B. King jahrzehntelang seine Konzerte eröffnet.

Kings größtes Talent war es, die Stimmungsschwankungen der Musikwelt zu überstehen und immer wieder interessante Alben aufzunehmen. Er holte den Blues aus seiner Nische heraus und verhalf ihm zu einem Platz im amerikanischen Mainstream. Er nahm die Musik, die er als Kind gehört hatte, vermischte sie mit verschiedenen anderen Stilen und spielte sie mit einer Vielzahl anderer Musiker. So holte er den Blues ins digitale Zeitalter.

B. B. King war der unangefochtene King of the Blues, doch nun ist der König von uns gegangen und ob es einen vergleichbaren Künstler geben wird, bleibt abzuwarten. B.B. King eröffnete jede Show mit dem Song Let the Good Times Roll und so wollen wir ihn gerne in Erinnerung behalten.

B.B. King – Sein Lebenswerk in 35 Songs! Jetzt Playlist anhören!

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