Popkultur
5 Wahrheiten über Produzenten-Legende Conny Plank
In den 1970er-Jahren hatten Produzenten noch nicht den Superstar-Rang, den viele heute einnehmen. Doch Conny Plank erarbeitete sich in kürzester Zeit einen Ruf, der Rockstars aus der ganzen Welt in sein Bauernhof-Studio am Rande von Köln lockte.
von Michael Döringer
Ein faszinierendes Lebenswerk
Kraftwerk und DAF, Ultravox und Gianni Nannini: Der Krautrock-Pionier nahm mit einer Vielzahl großer Namen auf, produzierte oder mischte zahlreiche Klassiker. Sein Sound und sein Arbeitsethos machten ihn legendär. 1987 verstarb Conny Plank mit nur 47 Jahren an Krebs, doch sein Werk bleibt faszinierend. 2017 erschien mit „The Potential Of Noise“ eine eindrückliche Doku über Plank, entwickelt von seinem Sohn Stephan.
Conny Plank in jungen Jahren. Foto: groenland.com
Auch alte Weggefährten wie Michael Rother werden nicht müde, immer wieder seinen Einfluss zu betonen: „Wir müssen an Conny Plank denken, uns und die Fans unserer Musik an seine entscheidenden kreativen Beiträge erinnern, uns dafür bedanken. Wenn immer nur die Band oder die Musiker genannt werden, greift das zu kurz. Wir hätten in den 70ern (nicht nur) die Neu!-Alben nicht hinbekommen ohne Conny.“ Hier sind fünf Geschichten aus dem Leben und Schaffen des Ausnahmeproduzenten, die das deutlich machen.
Film-Trailer:
1. Conny Plank war der Ideengeber von Krautrock
Alleine die Liste der Alben und Musiker*innen, mit denen Plank arbeitete, macht das klar: Da sind die ersten vier Alben von Kraftwerk inklusive Autobahn; das erste Album von Ash Ra Tempel (mit Klaus Schulze und Manuel Göttsching); die stilprägenden Werke von Neu!, Cluster oder La Düsseldorf; Gruppen wie Guru Guru, Hoelderlin, Kraan und auch die erste Platte der Scorpions, die 1972 auf Lonesome Crow noch viel progressiver klingen, als man sie kennt. Abgesehen von klanglichen Aspekten und Fragen des Arrangements war Plank auch konzeptueller Ideengeber: Ihm ist der Einfall zu verdanken, dass die Kraftwerk-Cover mit einem Verkehrsleitkegel illustriert wurden. So erhielt die Band nicht nur ihr ikonisches Pylon-Logo, sondern die ganze Krautrock-Bewegung ein bis heute wiedererkennbares Symbol.
Kurz: Plank zeichnete für die spannendste Musik verantwortlich, die in den 1970ern in Deutschland gemacht wurde und kam damit im Ausland ins Bewusstsein experimentierfreudiger Musiker*innen. Auch in den 80ern drückte er der heimischen Musikwelt noch seinen Stempel auf, indem er mit NDW-Acts wie Ideal, Joachim Witt oder Rheingold arbeitete.
2. Alle Welt kam nach Wolperath, um mit Conny in einem ehemaligen Schweinestall aufzunehmen
Wer etwas besonderes wollte, der kam zu Conny Plank. Der Erfindungsreichtum seiner Krautrock-Aufnahmen wurde in aller Welt geschätzt. Ein anderer Studiomagier war einer seiner ersten großen Fans: Brian Eno nahm sein großartiges Before And After Science mit und bei Conny Plank auf. Viel wichtiger war, das Eno Musiker*innen aus der ganzen Welt an Conny weitervermittelte und so seinen Ruf noch weiter verbreitete. 1978 brachte er Devo aus Cleveland nach Wolperath bei Köln, um in Connys umgebautem Bauernhof mit ihnen den New-Wave-Klassiker Are We Not Men? (1978) aufzunehmen.
„Conny’s Studio“, das auf so vielen berühmten Album-Sleeves genannt wird, befand sich übrigens im ehemaligen Schweinestall des Gebäudes. Saustarke Akustik. Bands wie Ultravox, DAF oder die Eurythmics kamen zu Conny Plank, weil sie etwas Ungewöhnliches wollten. Robert Görl von DAF erinnert sich daran, wie dort seine Romanze mit Annie Lennox begann:
„Die Eurythmics waren ja vorher The Tourists und auch schon kommerziell erfolgreich. Aber von dieser Radio-Mucke wollten sie weg und cooler werden. Also sind sie zum Plank und wollten ein neues Konzept. Conny holte sich dann von Gabi und mir das Einverständnis, dass die Ex-Tourists, also Dave Stewart und Annie, uns zwei Tage im Studio zuschauen dürfen. Da fing es gleich an zu knistern zwischen uns.“
Conny Plank in seinem Studio. Foto: groenland.com
Auch Gabi Delgado war voll des Lobes für Conny Planks Studio-Tricks, etwa wie er den typischen DAF-Synthesizer-Sound schuf: „Wir haben unsere Korgs über Gitarren-Amps in den Raum geschickt. Wir hatten richtige Marshall-Türme. Das war Conny Planks Idee, denn er fand die Synthesizer so dünn. Er war ein Meister der Mikrofonie und hat diese Mischung aus Direktsignal und Verstärkersignal ganz toll aufgenommen.“
3. Bowie und Bono blitzten bei ihm ab
Die Rockstars gingen ein und aus, aber zwei der größten schafften es gar nicht erst über die Schwelle. Während eines Köln-Besuchs machte sich David Bowie im Jahr 1976 auf den Weg in das 35 Kilometer entfernte Wolperath. Es war die Zeit, als er mit Eno an Low arbeitete, kam also wohl auch auf dessen Anraten und erhoffte sich von Plank neue kreative Impulse. Der ließ ihn jedoch wissen, dass er leider keine Zeit für ihn habe. Fassungslos fuhr Bowie zurück nach Berlin. Immerhin gelangen ihm und Eno mit Heroes auch ohne Plank ein anständiges Album.
David Bowie, Bono und Brian Eno – ohne Conny Plank. Foto: Kevin Mazur Archive 1/WireImage/Getty Images
U2-Fans werden das wohl über The Joshua Tree sagen, das die Iren mit Brian Eno produzierten, nachdem Conny Plank dankend abgelehnt hatte. Er richtete Bono aus, dass U2 zwar „recht gute Musik“ machen würden, er für eine Zusammenarbeit aber nicht zur Verfügung stehe. Eno gab er im Vertrauen eine konkretere Begründung: „Ich kann mit diesem Sänger nicht arbeiten.“ Der Mann hatte eben seine Prinzipien. In einem Pressetext zu einer Tribute-Compilation heißt es : „Der von Zeitzeugen als äußerst liebenswürdig beschriebene Produzent konnte seine Liebenswürdigkeit ganz schnell vergessen, wenn es um den Arbeitsethos ging und die Ignoranz der Medien und der Musikindustrie.“
4. Mainstream oder Underground war kein Kriterium – er wollte radikal und experimentell arbeiten
Warum schickte Plank Bowie und Bono weg, nahm aber mit der Kölner Mundart-Band Bläck Fööss, der italienischen Rockerin Gianna Nannini oder Heinz-Rudolf Kunze auf? Ganz nebenbei entstanden dabei deren größte Hits, Bello e impossibile und Dein ist mein ganzes Herz. Schlager und experimenteller Rock, wie geht das zusammen?
Plank suchte die Herausforderung und Künstler*innen, die Entwicklungspotenzial besaßen und ihm Raum für neue Klangideen gaben. Dieser Raum sollte eben nicht schon mit Künstler-Egos besetzt sein oder die Künstler*innen bereits komplett abgeschlossene Vorstellungen davon hatten, wie ihre Musik zu sein klingen habe. Plank machte Pop, aber das hielt ihn nicht von radikalen Arbeitsprozessen ab.
Midge Ure, Sänger und Gitarrist von Ultravox macht diese Arbeitsweise mit einer Anekdote greifbar: Für den Song All In One Day ihres Albums U-Vox (1986) ließen sich die Synth-Popper ein Orchesterarrangement von George Martin schreiben – dem Beatles-Produzenten George Martin! Und was machte Conny Plank damit? Er schickte dieses „sehr teure Arrangement“ durch den Verzerrer, weil es so seiner Meinung nach besser klingen würde. Wahnsinn.
5. Auch nach seinem Tod wollten alle weiter in Conny’s Studio aufnehmen
Sein gemütliches Heimstudio im ehemaligen Schweinestall in Wolperath verbreitete natürlich eine mystische Aura, nachdem so viel legendäre Musik hier entstanden war. Doch auch das Set-Up und die klanglichen Eigenschaften des Raums dürften dazu geführt haben, dass Conny’s Studio noch lange über Conny Planks Tod im Jahr 1987 hinaus eine gefragte Adresse blieb. Seine Lebensgefährtin Christa Fast und ihr gemeinsamer Sohn Stephan führten das Studio bis 2006 weiter.
Die Ärzte nahmen dort ihre Platte Die Bestie in Menschengestalt (1993) auf, die Fantastischen Vier ihr Erfolgsalbum 4:99 (1999), und auch die Einstürzenden Neubauten versuchten auf Silence Is Sexy (2000) wohl, den Spirit von Conny Plank ein bisschen einzufangen. Manchmal reichte vielleicht auch eine spirituelle Ahnung, um am Mischpult die richtigen Entscheidungen zu treffen. Oder man hoffte einfach darauf, dass Connys Geist im richtigen Moment den Fader in Position bringt.

Popkultur
Zeitsprung: Am 21.9.1993 erscheint Nirvanas drittes und letztes Album „In Utero“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 21.9.1993.
von Christof Leim und Timon Menge
Im Jahr 1993 haben Nirvana die Schnauze voll vom Superstar-Dasein. Sie möchten nicht länger auf ihren Megahit Smells Like Teen Spirit reduziert werden und stattdessen ein authentisches, rohes Album aufnehmen. Das Ergebnis: In Utero.
Hört hier in In Utero rein:
Mit ihrem dritten Album verfolgen Nirvana ein klares Ziel: In Utero soll sich deutlich von seinem eingängigen Vorgänger Nevermind abheben und die Extreme der Band in den Vordergrund rücken. „Einige Songs klingen härter, andere noch radiotauglicher“, gibt Songwriter, Sänger und Gitarrist Kurt Cobain im Vorfeld der Aufnahmen zu Protokoll. „Das Album wird nicht so eindimensional wie Nevermind.“
Produziert wird die Platte von Steve Albini, der bereits Erfahrung mit der US-amerikanischen Punk- und Indieszene hat. Das Album trägt zunächst den Arbeitstitel I Hate Myself And I Want To Die, benannt nach einem Stück, das während des Aufnahmeprozesses entsteht. Eigentlich hat Albini keine Lust auf Nirvana und bezeichnet sie als „R.E.M. mit Fuzzbox“. Den Job habe er nur aus Mitleid mit der Band angenommen. Seine Meinung ändert sich im Zuge der zweiwöchigen Aufnahmephase im Pachyderm Studio in Cannon Falls, Minnesota, wo die Musiker sich unter dem Namen The Simon Ritchie Bluegrass Ensemble eingemietet haben. „Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr meine Bewunderung für diese Band zugenommen hat“, korrigiert er sich. Kurt Cobain und er teilen sogar eine gemeinsame Leidenschaft: Telefonstreiche. So rufen sie während der Sessions zum Beispiel Pearl Jam-Frontmann Eddie Vedder an und geben sich als Produzent Tony Visconti aus.
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Eigentlich soll In Utero bereits im Sommer 1992 eingespielt werden, doch die Bandmitglieder leben zu jener Zeit in verschiedenen Städten, was eine Zusammenkunft erschwert. Außerdem erwarten Cobain und seine Partnerin Courtney Love ihre gemeinsame Tochter Frances Bean. Die Plattenfirma DGC wird ungeduldig und veröffentlicht kurzerhand Incesticide, eine Compilation mit B-Seiten, Studio-Outtakes und raren Songs.
Vom Umfeld der Band hält Produzent Albini nicht viel, wie der NME in diesem Artikel berichtet. „Alle Personen, die an Nirvana beteiligt waren und nicht zur Band gehörten, waren Arschlöcher“, schimpft er. Tatsächlich stehen die Parteien während der Albumproduktion auf Kriegsfuß: auf der einen Seite Albini und die Band, auf der anderen Seite das Management und die Plattenfirma. Mehrfach stellen Albini und Nirvana klar, dass sie während der Arbeiten nicht gestört werden möchten, doch immer wieder erscheinen DGC-Abgesandte und möchten Zwischenstände hören — ein Verhalten, dass Albini bestraft, indem er alle Nichtmusiker eiskalt ignoriert. Für seine Arbeit erhält der Produzent stolze 100.000 US-Dollar, weigert sich aber, zusätzliche Royalties anzunehmen und bezeichnet derartige Beteiligungen als „Beleidigung für den Künstler“. Stark.
Als das Material fertig ist, halten Management und Plattenfirma es für unzureichend und werfen der Band und Albini vor, ein Album aufgenommen zu haben, das nicht veröffentlicht werden kann. Der Gesang sei nicht zu hören, das Schlagzeug viel zu laut und zu überladen mit Effekten. Zwar sind auch Nirvana selbst der Überzeugung, dass die Scheibe kein kommerzieller Erfolg werden kann, haben mit dieser Vorstellung aber keine großen Schwierigkeiten.
Die konservativen US-amerikanischen Einzelhandelsgiganten Wal-Mart und Kmart finden In Utero inhaltlich zu heiß, weshalb sie eine alternative Version fordern. Der Song Rape Me wird zu Waif Me umbenannt, die Cover-Collage von Kurt Cobain wird retuschiert und zeigt nun Frösche statt Babys und Föten. An den Song All Apologies legt R.E.M.-Produzent Scott Litt Hand an und befreit ihn von strittigen Textzeilen. Die Band stimmt den Änderungen zu, weil Cobain und Bassist Krist Novoselić in ihrer Kindheit nur zwei Möglichkeiten hatten, an neue Musik zu kommen: bei Wal-Mart und Kmart. Dass In Utero gleich auf Platz eins der Billboard-Charts landet und innerhalb der ersten Woche 180.000 Mal über die Ladentheke geht, erwartet niemand. Bis heute verkaufen sich mehr als 15 Millionen Exemplare des Albums.
In Utero zeigt Nirvana von ihrer aggressivsten Seite. Ob Scentless Apprentice, eine Vertonung des Romans Das Parfüm von Patrick Süskind, oder Pennyroyal Tea, eine Anspielung auf das als Abortivum benutzte (also einen Schwangerschaftsabbruch induzierende) Küchenkraut Polei-Minze – Nirvana wühlen in menschlichen Abgründen, dass es wehtut. Die Songs stammen alle von Kurt Cobain; lediglich Scentless Apprentice wird als Gemeinschaftswerk angegeben und maßgeblich von Dave Grohl beeinflusst, der das Riff und einige Drum-Parts für das Stück liefert. Marigold, der erste und einzige Song, den Grohl im Alleingang schreibt, schafft es zwar nicht auf das Album, wird aber als B-Seite für Heart-Shaped Box verwendet. Auch auf dem Foo Fighters-Livealbum Skin And Bones ist er zu hören. Das Cover gestaltet Cobain gemeinsam mit Robert Fisher, der schon das legendäre Nevermind-Artwork realisiert hat (alles dazu hier).
Mit Heart-Shaped Box (1993) und All Apologies/Rape Me (1993) flankieren zwei erfolgreiche Singles das Album. Letzteres zieht den Ärger zahlreicher Feministinnen auf sich, bis Cobain klarstellt, dass es sich um einen Anti-Vergewaltigungssong handelt. Hätte man auch so drauf kommen können. Überhaupt: Rape Me liefert Diskussionsstoff. Schon bei den MTV Music Awards 1992 lehnt der Musiksender die Aufführung des Songs vor einem größeren Publikum ab. Stattdessen soll die Band Smells Like Teen Spirit spielen, ein Stück, das Kurt Cobain selbst nicht mehr hören kann. MTV droht sogar damit, Amy Finnerty zu entlassen, eine enge Freundin des Frontmanns und Mitarbeiterin des Senders. Man einigt sich auf die damals aktuelle Single Lithium, doch Cobain lässt es sich nicht nehmen, den Auftritt mit den ersten Takten von Rape Me zu beginnen. Kurz bevor MTV zur Werbung schaltet, geht er wie besprochen in Lithium über, und die MTV-Verantwortlichen kommen mit einem ordentlichen Schreck davon. Die legendäre Performance endet mit Novoselić, der sich sein Instrument ins Gesicht schlägt (zu sehen hier – aua!), und ironischen Grüßen von Cobain und Grohl an Axl Rose.
Die Message von Nirvana, eingefangen in einem Pressefoto.
Legendär sind auch die Entstehungsgeschichten zu Cobains Songs. So gibt seine Witwe Courtney Love zu Protokoll, dass er Heart-Shaped Box innerhalb von fünf Minuten in einem Kleiderschrank geschrieben habe. Die Inspiration für die Nummer, die ursprünglich Heart-Shaped Coffin heißen soll, liefert eine herzförmige Schachtel, der Sänger von seiner Partnerin erhält. Love behauptet, der Text handele von ihrer Vagina. Für die Geduldigen hält In Utero einen Hidden Track namens Gallons Of Rubbing Alcohol Flow Through The Strip bereit, der etwa 20 Minuten nach All Apologies einsetzt. Sowas gibt’s heute gar nicht mehr. Der verborgene Song ist ein spontaner Jam, der im Januar 1993 in Rio de Janeiro entsteht.
Im Anschluss an die Albumveröffentlichung gehen Nirvana mit dem heutigen Foo Fighters-Mann Pat Smear an der zweiten Gitarre auf die Welttournee, in deren Rahmen auch das Livealbum MTV Unplugged in New York (1994) entsteht. Am 1. März 1994 spielen Nirvana in München ihr letztes Konzert. Die dritte In Utero-Single Pennyroyal Tea (1994) wird kurz nach Auslieferung an den Handel zurückgezogen, weil Kurt Cobain sich am 5. April 1994 das Leben nimmt. Nur wenige hundert Exemplare gelangen in den Verkauf und sind bis heute gefragte Sammlerstücke. In Utero setzt damit ein krachiges, schräges, selbstbewusstes Ausrufezeichen an das tragische Ende von Nirvana.
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Zeitsprung: Am 18.11.1993 nehmen Nirvana ihr legendäres „MTV Unplugged“ auf.
Popkultur
Zeitsprung: Am 20.9.1973 verschwindet die Leiche von Byrds-Gitarrist Gram Parsons.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 20.9.1973.
von Christof Leim
Die vielversprechende Karriere von Gram Parsons endet leider typisch für viele der zu wilden Musiker der Siebziger: Der Country Rock-Pionier und zeitweilige Byrds-Gitarrist stirbt im September 1973 mit nur 26 Jahren an einer Überdosis. Sein Leichnam soll nach Louisiana zu seiner Familie überführt werden, doch seine Kumpels haben da ganz andere Pläne – immerhin aus ehrenhaften Gründen…
Hört hier in Sweetheart Of The Rodeo rein, Parsons Album mit The Byrds:
Unter Eingeweihten genießt Gram Parsons einen hervorragenden Ruf: Als Gitarrist hat er seit Ende der Sechziger maßgeblich die Genres Country und Rock zusammengebracht. Einem größeren Publikum wird er wegen seinen kurzer Zeit bei den Byrds bekannt, deren Album Sweetheart Of The Rodeo (1968) er prägte. Nach einem ebenfalls kurzen Intermezzo bei den Flying Burrito Brothers startet er eine Solokarriere und hängt mit vielen hochkarätigen Freunden rum, etwa mit einem gewissen Keith Richards in dessen Villa im französischen Villa Nellcôte. Für sein Soloalbum GP entdeckt Parsons die Sängerin Emmylou Harris.
Gram Parsons auf dem Cover seines Soloalbums „GP“
Oft und gerne verbringt der Musiker seine Zeit im Joshua Tree National Park östlich von Los Angeles. Am 17. September 1973 begibt sich der Gitarrist mit ein paar Freunden wieder dorthin, um sich vor einer anstehenden Tour noch ein wenig zu erholen. Und selbstredend wird ordentlich gefeiert: Gram Parsons trinkt Alkohol in rauen Mengen und wirft Drogen ein, dass es nur so eine Art hat. (Später sagt sogar Keith Richards, dass sein Kumpel es hätte besser wissen müssen, was die Kombination von Opiaten und Schnaps angeht.)
Es kommt, wie es kommen muss: Der erst 26-Jährige erleidet nach einem Schuss Morphin eine Überdosis. Seine geschockten Freunde können ihn nicht wiederbeleben, kurz nach Mitternacht des 19. September wird Gram Parsons für tot erklärt.
Bis hierhin klingt das wie eine typische Live-fast-die-young-Geschichte des Rock’n’Roll, aber dann wird es bizarr: Schon vor seinem Tod hatte Parsons erklärt, dass seine Asche über die Felsformation Cap Rock im geliebten Joshua Tree Park verstreut werden soll. Allerdings plant seine Familie, ihn nach Hause, nach Louisiana zu bringen. Deswegen befindet sich der Sarg mit dem Leichnam am 20. September am Los Angeles Airport.
Von den Überführungsplänen halten Parsons Kumpels Phil Kaufman und Michael Martin nichts. Sie wollen dem Verstorbenen lieber seinen letzten Wunsch erfüllen, zumal zum privaten Familienbegräbnis in New Orleans kein einziger Wegbegleiter aus der Musikwelt eingeladen wurde. Die beiden verfolgen also noble Beweggründe für die folgende Aktion, doch vielleicht, ganz vielleicht schießen sie ein bisschen über das Ziel hinaus.
Kaufman und Martin fahren in einem Leichenwagen am Flughafen vor, erzählen dort einem Mitarbeiter ein Märchen von „geänderten Plänen“ und laden den Sarg ein. Die entsprechenden Papiere unterschreiben sie mit „Jeremy Nobody“. Auf dem Weg ins 150 Meilen entfernte Joshua Tree kaufen sie mehrere Liter Benzin und halten an einer Bar, um auf ihren Freund zu trinken. Am Ziel angekommen, schleppen sie ihre Fracht bis Cap Rock, angeblich sogar im Mondschein (wenn schon, denn schon). Dort öffnen sie den Sarg, in dem der nackte Leichnam von Gram Parsons liegt, schütten das Benzin darüber und werfen ein brennendes Streichholz hinein. Den resultierenden Feuerball kann man über Kilometer sehen.
Das erregt die Aufmerksamkeit der Polizei, die die beiden Kollegen jedoch nicht zu fassen bekommt. Erst zwei Tage später werden sie gestellt. Allerdings gibt es verblüffenderweise kein Gesetz, dass den Diebstahl eines Leichnams verbietet. Kaufman und Martin erhalten eine kurze Bewährungsstrafe und müssen eine Stange Geld zahlen für die Entwendung des Sarges. Von ihrem Freund bleiben nur 16 Kilogramm an verbrannten Überresten zurück, die schlussendlich in New Orleans ihre letzte Ruhe finden.
Kaufman und Martin verteidigen sich damit, nur den letzten Wunsch Parsons ausgeführt zu haben. Das ist ehrenvoll. Und eigentlich bietet diese Episode ein aufsehenerregenderes Ende für die Lebensgeschichte des Musikers als eine einsame Überdosis in einem Hotelzimmer.
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Zeitsprung: Am 10.11.1969 erscheint „Ballad Of Easy Rider“ der Byrds.
Popkultur
Zeitsprung: Am 18.9.1978 veröffentlichen die Kiss-Musiker am gleichen Tag Soloalben.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 18.9.1978.
von Christof Leim
Wenn schon dicke Hose, dann richtig: Ende der Siebziger läuft es bei Kiss. Die Schminkemonster sind vor allem in den USA zu einem Phänomen geworden, das wirklich jeder kennt. Insbesondere der legendäre Konzertmitschnitt Alive! von 1975 hat die Truppe zu Stars gemacht. In den fünf Jahren nach der ersten Probe der Urbesetzung sind sechs Studioalben und zwei Liveplatten erschienen, dank üppiger Verkäufe, ausverkaufter Hallen und eines lukrativen Merch-Imperiums inklusive Kiss-Comics haben die vier New Yorker Millionen auf dem Konto. Und erst einer von ihnen ist über 30. Allerdings lässt die Stimmung in der Band zu wünschen übrig…
Hört hier in die vier Kiss-Soloalben rein:
Kiss mögen 1978 auf ihrem kommerziellen Höhepunkt angekommen sein, doch Paul Stanley, Gene Simmons, Ace Frehley und Peter Criss streiten sich über die kreative Ausrichtung, Kontrolle und Drogenkonsum, und vermutlich haben sie nach etlichen Jahren ununterbrochenen Arbeitens einfach die Nase voll voneinander. Um die Spannungen zu entschärfen, fassen die Kollegen zusammen mit ihrem Manager Bill Aucoin den Entschluss, dass jeder der Musiker völlig frei und unabhängig von den anderen ein Soloalben veröffentlicht. So lautet zumindest die am häufigsten kommunizierte und durchaus einleuchtende Begründung. Tatsächlich sieht manchen Quellen zufolge der Plattenvertrag von 1976 solche Einzelveröffentlichungen explizit vor.
Gene, Ace, Paul und Peter können so ihre musikalischen Vorlieben ausleben und komponieren, was immer sie wollen. Die Ergebnisse fallen durchaus unterschiedlich aus: Paul Stanleys Solowerk klingt am meisten nach den Kiss der Siebziger, vielleicht sogar noch ein bisschen dramatischer. Gene Simmons lässt die Beatles, Siebziger-Disco-Funk und Disney-Soundtracks durchklingen. Auf seiner Scheibe, der „buntesten“ der vier, spielen Joe Perry von Aerosmith, Donna Summer und seine Freundin Cher mit. Bei den Background-Vocals singt auch eine unbekannte Schauspielerin namens Katey Sagal, die später als Peggy Bundy aus Eine schrecklich nette Familie berühmt werden sollte.
Ace Frehley haut ein kräftiges Hard Rock-Scheibchen raus und kann sogar entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten als Sänger punkten. Mit seinem Cover der Siebziger-Disco-Nummer New York Groove, im Original von der Band Hello, schafft er als einziger einen Single-Hit. Drummer Peter Criss hingegen überrascht mit vergleichsweise entspannten Nummern zwischen Soul und frühem Rock’n’Roll.
Natürlich hauen Kiss für die ganze Aktion mit beiden Händen auf die Sahne: Alle vier Soloalben erscheinen unter großem Getöse am gleichen Tag, dem 18. September 1978. Das hat es bis dahin nicht gegeben, und nachher auch nicht. Jede Platte ziert ein ähnliches Cover, nämlich ein Gemälde des jeweiligen Musikers im vollen Make-up.
Das Label fährt dazu eine megafette Werbekampagne für einen siebenstelligen Dollar-Betrag und stellt von jeder Platte über eine Million Exemplare in die Läden. Das heißt, die Alben erhalten quasi von Tag eins an eine Platinauszeichnung. Ein voller Erfolg? Nicht ganz.
Denn „Platin ausliefern“ und „Platin verkaufen“ sind zwei verschiedene Dinge. Da der Markt ohnehin von Kiss-Produkten überflutet ist, kommen viele der Soloalben nach einer Weile wieder zurück zum Label oder landen preisreduziert auf Wühltischen. Insgesamt sollen sich die vier Scheiben zusammen so gut verkauft haben wie das letzte Studiowerk Love Gun von 1977. Das lief allerdings beachtlich gut, und in Sachen PR und öffentlichkeitswirksamer Kackehauerei liegen Kiss mit der Aktion natürlich weit vorne. Und schlecht sind die Platten tatsächlich nicht…
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Zeitsprung: Am 12.3.1999 zünden Kiss in Bremen alle Pyros auf einmal.
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