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Popkultur

Das Genie muss gehen: Als die Beach Boys Brian Wilson feuern

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Beach Boys
Foto: Michael Putland/Getty Images

Am 5. November 1982 trafen die Beach Boys die schwere Entscheidung, Brian Wilson zu feuern. Das hatte einen besonderen Sinn: sein Leben zu retten.

 von Markus Brandstetter

„Hiermit teilen wir Ihnen mit, dass Ihre Dienste als Mitarbeiter von Brother Records Inc. mit sofortiger Wirkung beendet sind. Diese Maßnahme erfolgt in Ihrem besten Interesse und ist nicht rückgängig zu machen. Wir wünschen Ihnen die beste Gesundheit“ — diesen Brief erhielt Brian Wilson am 5. November 1982 im Anwaltsbüro jener Band, für deren Ruhm und Genialität er so maßgeblich war.

Drogensucht, psychische Probleme und „tough love“

Die 1980er-Jahre waren eine schwere Dekade für die 1961 gegründete Band, die mit dem Album Pet Sounds eines der wichtigsten Pop-Alben aller Zeiten veröffentlicht hatte. Popkulturelle Relevanz hatten die Beach Boys 1980 nur noch wenig — und dass sie zum Nostalgie-Act wurden, fiel auch den Mitgliedern selbst auf. Zum Beispiel Carl Wilson, der sich aus diesem Grund 1980 entschied, die Band zu verlassen. Fragen über die zukünftige Marschrichtung der Gruppe waren aber längst nicht das einzige Problem, mit dem die Beach Boys intern zu kämpfen hatten: Brian Wilsons Gesundheitszustand hatte sich in den letzten Jahren massiv verschlechtert. Seine Drogenprobleme hatten wieder einmal überhandgenommen, überschatteten seine Fähigkeiten als Songwriter und Performer. Wilson hatte zu diesem Zeitpunkt bereits seit Jahren zudem psychische Probleme — eine explosive Mischung, die bereits in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen und Katastrophen geführt hatte.

Und dennoch versuchte man es wieder mit Wilson, auch auf Drängen der Plattenfirma. So arbeitete man für den 1980er-Longplayer Keeping The Summer Alive zusammen – aber den Sommer der Band tatsächlich am Leben zu halten, war unmöglich geworden. Carl Wilson forderte die Band auf, mit „tough love“ vorzugehen — und seinen Bruder Brian dazu zu drängen, sich um seine Gesundheit zu kümmern. Irgendwann war aber auch diese Strategie keine ausreichende Möglichkeit mehr: Nachdem Brian eine Überdosis Drogen einnahm, war irgendwann der Bogen überspannt — und Wilson wurde gefeuert. Im oben zitierten Brief erklärte die Band außerdem, dass Wilson — sollte er weiterhin Tantiemen bekommen wollen — sich erneut unter die Obhut eines speziellen Therapeuten begeben sollte.

Die Sache mit Eugene Landy

Wieder einmal kam ein kontroverser Name der Beach-Boys-Historie ins Spiel: Psychiater Eugene Landy, bei dem Wilson bereits im Jahrzehnt zuvor mehrere Therapien absolviert hatte. Weil irgendwann die Rechnungen so hoch wurden (es gab viel Therapiebedarf bei Wilson), einigte man sich damals darauf, dass Landy ein Viertel der Urhebertantiemen für alle Stücke, die Wilson künftig schreiben würde, bekommen sollte. Die Therapie, die der Psychiater für Wilson entwarf, war überaus rigoros. Der Musiker musste regelrecht abgeschottet werden, bekam einen strengen Ernährungsplan vorgesetzt. Nach einigen Jahren war Wilson wieder so hergestellt, dass er wieder mit den Beach Boys arbeiten konnte — und zwar für das 1985 erschienene Album The Beach Boys. Es war zwar ein Comeback, allerdings nur ein kurzes, denn Wilson startete unter der Anleitung Landys eine Solo-Karriere und war zwar immer wieder mal bei der Band, aber nicht mehr regelmäßig. Wie die Geschichte mit Wilson und Landy ausging, ist oft berichtet worden — der Psychiater versuchte mehr und mehr, Kontrolle über Wilsons Leben und Finanzen zu bekommen. Er wurde sogar zu seinem Vormund — bis seine Familie Anfang der 1990er-Jahre per Gerichtsverfahren einen Wechsel der Vormundschaft (und Wilson eine einstweilige Verfügung) erreichte. 

Die Sache mit dem Nostalgie-Act

Zumindest die Sache mit Landy ist in der Beach-Boys-Historie einigermaßen gut ausgegangen. Was die Band leider nie mehr schaffen sollte, war das, was der 1998 verstorbene Carl Wilson schon in den 1980er-Jahren befürchtete: Sie tourte zwar weiter, über den Level eines Nostalgie-Acts brachte es die Gruppe aber leider nie mehr so richtig hinaus. Was natürlich nichts an der Genialität von Brian Wilson ändert.

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