Popkultur
Die musikalische DNA von Blink-182
»Nobody likes you when you’re 23!«, hieß es im Refrain des Songs, der Blink-182 endgültig weltberühmt machte. Wie sieht’s eigentlich mit 24 aus? Vor so vielen Jahren hat sich das Trio nämlich gegründet – und dabei einige Veränderungen durchgemacht. Von den Originalmitgliedern ist nur noch der charismatische Sänger Mark Hoppus dabei, zwischenzeitlich sah es sogar richtig übel aus: Die Band löste sich 2005 auf. Vielleicht lässt sich all das als Wachstumsschwierigkeiten entschuldigen. Denn die »wichtigste Band der Neunziger«, wie sie Kritikerin Maria Sherman einmal nannte, wandte sich immer wieder anderen Stilen und – nebenbei gesagt – auch ernsthafteren Themen zu. Nichtsdestotrotz bleibt ihre musikalische DNA vornehmlich von Punk, Punk und ein bisschen Pop eingefärbt. Wen Hoppus aber als seinen »musikalischen Seelenverwandten« bezeichnet hat, dürfte dann doch überraschen…
Hört euch hier die musikalische DNA in einer Playlist an und lest weiter:
1. Descendents – I’m Not A Punk
Skaten, Bier trinken, Penis-Witze: Teenager-Vergnügen, die 1982 endlich ihr eigenes Genre bekamen. Milo Goes To College war gleichzeitig Ansage und Abschied. Abschied, weil Milo Aukerman, der Sänger der Descendents, diese tatsächlich für ein Studium und ein verantwortliches Leben als Erwachsener eintauschte. Ansage, weil er sich auch zugleich vom Punk-Leben verabschiedete: »I’m not punk; how can I be? / Show me the way to conformity!«. Mit dem, was später als Pop-Punk bekannt werden sollte, positionierten sich die Descendents eindeutig gegen den (malz-)bierernsten Hardcore-Sound der Reagan-Ära – und machten den Weg für Bands wie Green Day sowie Blink-182 frei. Milo übrigens kam zurück: Die Descendents veröffentlichten ungefähr zeitgleich mit Blink-182 in diesem Jahr ein Comeback-Album.
2. Dinosaur Jr – Freak Scene
In den frühen Neunzigern fand sich inmitten der blühenden Punk-Szene Südkaliforniens eine Band zusammen, die ein paar Namenswechsel vollzog, bevor sie sich (vorerst) auf Blink einigte. Tom DeLonge und Scott Raynor kannten sich aus der Szene, zu welcher im August 1992 auch Mark Hoppus stieß. Der knackste sich erstmal den Knöchel an, als er DeLonge im Skatepark seine Tricks zeigen wollte. Es blieb nicht das einzige Opfer, welches er brachte: Vor der Aufnahme des Demo-Tapes Flyswatter trennte er sich von seiner Freundin, die ihn vor die Entscheidung gestellt hatte: sie oder die Band. Er traf die vielleicht richtige Entscheidung, das Flyswatter-Tape machte die Band in der Szene Kaliforniens bekannt. Wie holprig sie damals allerdings noch klangen, das lässt sich im Vergleich zum Dinosaur Jr.-Song »Freak Scene« abgleichen, den Blink darauf neben dem NOFX-Stück »The Longest Line« coverten. Andererseits, wer kann schon den wilden Gitarren-Soli eines J. Mascis das Wasser reichen?
3. Green Day – Welcome To Paradise
Als die jungen Blink sich einen Namen in der lokalen Szene machten, war das Trio Green Day darin bereits fest etabliert. Soll heißen: Während Green Day im legendären Venue Soma in San Diego die großen Bühnen bespielten, mussten sich Blink mit dem Kellerraum darunter zufrieden geben. Abgesehen von ihrem Hang zum Fäkalhumor einte beide Bands das enge Miteinander zwischen ihren Mitgliedern. Als die Familie von Blink-Drummer Scott Raynor nach Nevada zog und es auf Dauer zu teuer wurde, ihn für Shows einzufliegen, zog er – nachdem er kurzzeitig durch einen anderen Drummer ersetzt wurde – bei Mark Hoppus’ Familie ein. So wie auch Billie Joe Armstrong kurzzeitig bei seinem Bandkollegen Mike Dirnt einzog. Das prekäre Leben in besetzten Häusern besang Armstrong auf »Welcome To Paradise«, einem Song des Albums Dookie. Dieses erschien 1994 ungefähr zeitgleich mit Blinks Buddha, stellte dessen Erfolg aber bei weitem in den Schatten. Nicht für lange allerdings, schon bald sollten sich beide Bands dieselben Bühnen teilen.
4. The Aquabats! – Fight Song!
Auch wenn Blink-182 sich nicht immer an das ungeschriebene Gesetz vom dreieinhalbminütigen Pop-Song gehalten haben und meistens schneller fertig wurden: 20 Songs in 45 Minuten, das ist rekordverdächtig. Aber der Reihe nach: Nachdem Blink mit Cheshire Cat ihren Ruf als neue Pop-Punk-Hoffnung zementiert hatten und mit dem Nachfolger Dude Ranch glatt einen Gold-Hit landeten, wurde es Zeit, sich von Drummer Raynor zu trennen. Denn so spaßig die Dinge nach außen wirkten, so sehr brodelte es unter der Kulisse: 1998 trennten sich Hoppus und DeLonge von Raynor, weil dessen Alkoholsucht die Band gefährdete. Ersatz fanden die beiden schnell in Travis Barker, der die Band als Drummer von The Aquabats auf Tour begleitete. Noch schneller musste der die Setlist von Blink-182 auswendig lernen: Eine Dreiviertelstunde blieb ihm dazu, bevor er seine erste Show als Blink-182-Drummer antrat. Wer aber Stücke wie den »Fight Song« aus dem Ärmel schüttelte, für den ist das wohl das geringste Problem.
5. Wu-Tang Clan – C.R.E.A.M.
Barker brachte auch andere musikalische Einflüsse in die Band mit ein, sein Faible für Hip Hop färbte sich jedoch kaum auf Enema Of The State und Take Off Your Pants And Jacket ab, die beiden ersten Alben Blinks mit ihm hinter dem Kit. Mit Tim Armstrong von der befreundeten Punk-Band ging er dem stattdessen im Jahr 1999 unter dem Namen Transplants nach. Auf ihrem selbstbetitelten Debütalbum brachte die mittlerweile wieder aktive Supergroup eine gehörige Portion Punk-Wut mit tiefenentspannten Beats zusammen. Klar, dass dafür vor allem eine Crew Pate stand. Mit »D.R.E.A.M.« zollten die Transplants dem Wu-Tang Clan Tribut, deren Album 36 Chambers kurz vor dem Durchbruch von Blink-182 den Rap neu revolutionierte. Bei Blink-182 schlich sich das nicht ganz so geheime Faible Barkers allerdings erst 2011 auf Neighborhoods ein.
6. Refused – New Noise
Travis Barker ist keinesfalls das einzige Mitglied aus der bis 2015 bestehenden Bandbesetzung, das sich Nebenprojekten widmete. Tom DeLonge lud den Drummer für die Aufnahmen des ersten und einzigen Albums seiner Band Box Car Racer ein, welches im Jahr 2002 erschien. Mark Hoppus freute das keinesfalls: Er fühlte sich von den beiden ausgeschlossen. Vielleicht wäre das aber gerade die ideale Ausgangslage zum Hören der 13 Tracks gewesen. Auf dem Album nämlich verarbeitete DeLonge ziemlich viel Frust und Wut, für die bei Blink-182 einfach kein Platz war. Der Sound wurde ebenfalls härter, als Inspiration für das DIY-Projekt nannte DeLonge Post-Hardcore-Bands wie Fugazi oder die schwedischen Refused. Die hatten 1998 mit The Shape Of Punk To Come ein revolutionäres Album aufgenommen, dessen Eklektizismus noch auf Box Car Racer nachhallte. DeLonge wollte sich schließlich endlich mal zu einem neuen Beat und mächtig viel »New Noise« bewegen. Und schreien konnte er sowieso!
7. John Mayer – Your Body Is A Wonderland
Im Gegensatz zu seinen Bandkollegen DeLonge und dem hyperaktiven Barker hielt sich Mark Hoppus eher bedeckt, wenn es um Nebenprojekte ging. Die Band +44 mit Shane Gallagher von The Nervous Return, Craigh Fairbaugh von den Mercy Killers, Carol Heller von Get The Girl und – natürlich – Travis Barker wurde nach einem Album für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Dann aber wagte sich Hoppus von 2010 bis 2012 ins Fernsehen vor: Auf Fuse moderierte er gemeinsam mit der Comedian Amy Schumer die Show Hoppus On Music. Die geladenen Gäste überraschten: Snoop Dogg schaute ebenso im Studio vorbei wie etwa in der letzten Folge Santigold. Schon die erste Folge der damals noch A Different Spin With Mark Hoppus betitelten Show setzte einen ungewöhnlichen Akzent: John Mayer saß neben Hoppus auf der Couch. Seinen »musikalischen Seelenverwandten« nannte Hoppus den Kuschelrocker. Amerikanische Wissenschaftler sind sicherlich seitdem dabei, die lyrischen Qualitäten von »Fuck A Dog« und »Your Body Is A Wonderland« zu vergleichen.
8. The Cure – Push
»I can’t sleep ‘cause what if I dream / of going back to San Diego / We bought a one-way ticket / So we could go see The Cure«, heißt es auf dem Track »San Diego« von Blink-182s Comeback-Album California. Eine melancholische Liebeserklärung an die Heimat, in der alles begann. Womöglich ist in den Zeilen »And listen to our favourite song in the parking lot / And think of every person I ever lost in San Diego« sogar eine kleine Abschiedsnotiz an Tom DeLonge enthalten. Der nämlich verließ die Band im Jahr 2015 zehn Jahre, nachdem sich Blink-182 das erste Mal auflösten und er sein Wave-lastiges Projekt Angels & Airwaves startete, welches sich deutlich an der Klangsprache früher The Cure-Releases bediente. Mit dessen Frontmann hatte die Band 2003 auf ihrem selbstbetitelten Album für den Song »All of This« kollaboriert. 2012 sprach DeLonge in einer Radiosendung von The Cure als der Band, die sein Leben am meisten beeinflusst hätte und spielte daraufhin den Song Push vom Album The Head On The Door. Ob er sich beim Hören etwa auch nach den alten Zeiten in San Diego zurücksehnt?
9. Alkaline Trio – Mercy Me
Gesungen wurden die sehnsüchtigen Zeilen von »San Diego« dementsprechend nicht von Tom DeLonge, sondern vom neuen Blink-182-Mitglied Matt Skiba. Lange bewerben brauchte der sich vermutlich nicht. Mit seiner Band Alkaline Trio hatte der Gitarrist, der auch als Frontmann von The Sekrets aktiv ist, einen düsteren Pop-Punk-Sound perfektioniert, der zu Zeiten des selbstbetitelten Blink-182-Albums um dasselbe Publikum warb. Als Blink-182 sich im Jahr 2005 auflösten, war die Stunde des Alkaline Trios gekommen und sie wussten die Gelegenheit zu nutzen: Mit dem Album Crimson feierte die Band ihren endgültigen Durchbruch. Die Hit-Single »Mercy Me« trug einiges dazu bei.
10. Blink 182 – Bored To Death (Steve Aoki Remix)
Das Comeback von Blink war schon Überraschung genug, ein Steve Aoki-Remix toppte aber alles. Der EDM-Typ mit den Kuchenkanonen auf der Bühne versucht sich an Pop Punk? Seine Interpretation von Bored To Death vom Comeback-Album California ist dann aber doch recht zaghaft ausgefallen. Also, relativ zaghaft – für Aokis Verhältnisse. Warum ausgerechnet er? Der Zusammenhang lässt sich wieder über Rap-Musik und also Travis Barker herstellen: Der arbeitete 2011 an Kid Cudis Hit-Single Cudi The Kid mit – genau! – Steve Aoki zusammen. Und wenn diese Verbindung schon länger besteht, wird sie vielleicht auch in der Zukunft gepflegt – wer weiß? Obwohl wir uns die Pop-Punker von damals nun wirklich nicht auf der Bühne vom Tomorrowland vorstellen könnten.
Am 7. Oktober erscheint die Blink-182 Vinylbox und kann als Teil eines exklusiven Bundles mit Slipmat und Stickern jetzt vorbestellt werden:
Amazon: www.umgt.de/azjnoD
Saturn: www.umgt.de/zMZKMe
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Popkultur
Zeitsprung: Am 27.9.2013 erscheint der Metallica-Film „Through The Never“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.9.2013.
von Christof Leim
Fette Konzertaufnahmen, eine ebenso surreale wie brutale Rahmenhandlung, und beides auf mysteriöse Weise verbunden: Was Metallica in ihrem 3D-Film Through The Never veranstalten, fällt aus dem Rahmen. Am 27. September 2013 erschien der Streifen.
Hört hier in den Soundtrack zu Through The Never rein:
Klickt auf „Listen“ für das ganze Album.
Musikfilm? Fantasythriller? So genau kann man es gar nicht sagen. Metallica: Through the Never, wie der Film mit vollem Titel heißt, kann beides – und verzahnt die Welten. Im Mittelpunkt steht eine Show der Metal-Giganten, bei der in Sachen Produktion alle Register gezogen werden: Licht, Pyros, Krawall, die Bühne steht in der Mitte der Halle, darauf tauchen immer wieder überdimensional Elemente aus den Metallica-Artworks auf, etwa die Statue von …And Justice For All, das Klo von Metal Up Your Ass oder die Kreuze von Master Of Puppets. Es gibt viel zu gucken, die Band ist gut drauf, die Setlist kann sich hören lassen – und dank der 3D-Technik kommt der Zuschauer richtig nah ran, als wäre er an den beiden Abenden 2012 in Vancouver und Edmonton dabei gewesen.
Dem gegenüber steht eine Rahmenhandlung wie eine Mischung aus Mad Max und urbanem Endzeit-Thriller, gleichermaßen surreal wie actionreich inszeniert und packend gefilmt. Dabei sehen wir den Roadie Trip, der für die Band etwas besorgen soll und sich in einer Stadt voller Aufstände, Explosionen und mörderischen Reitern wiederfindet. Auch hier scheppert es gewaltig.
Mehr Trailer gibt es hier und hier.
Musik und Geschichte laufen im Wechsel, überlappen sich gelegentlich, und scheinen nur auf den ersten Blick unverbunden. Mal mehr, mal weniger deutlich nimmt die Handlung Bezug auf die Texte, die Hetfield gerade singt. Umgekehrt wirkt sich das Geschehen draußen subtil auf die Show aus. So versagt Hetfields Mikro kurz, als Trip auf seinem, äh, Trip zu scheitern droht. Hier hat sich also jemand etwas gedacht…
Nur wird nicht ganz klar, was das denn sein soll: Erklärt wird nichts, weder die sondersame Synchronizität noch die Apokalypse auf den Straßen. Das Abenteuer des Roadies endet damit, dass er es durch Feuer und Flammen schafft, eine Ledertasche zurück in die Konzerthalle zu bringen. Die steht dann neben den vier Musikern, als sie zum Abschluss in der leeren Halle das epische Instrumental Orion spielen. Was drin ist, bleibt offen, und auch die Bandmitglieder halten sich später bedeckt. Filmfreak Lars Ulrich wird zitiert mit „Es ist schön, einen Cliffhanger zu haben“. Trivia-Freaks weisen darauf hin, dass es sich bei Orion um eines der schönsten Vermächtnisse des verstorbenen Bassisten Cliff Burton handelt und der Streifen an seinem Todestag in die Kinos kommt. Enthält die Tasche also quasi „den Geist von Cliff“? Das zumindest reimen sich einige der fantasievolleren Anhänger im Netz zusammen. Womöglich gibt es hier aber viel weniger Hintergrundgeschichte, denn vor allem sprechen Fans nach dem Film weltweit darüber, was denn nun verdammt nochmal in dem blöden Ding drinsteckt. Das bleibt im Gedächtnis, und damit ist ja auch ein Ziel erreicht.
Taugt das alles denn? Gute Frage. Die Konzertszenen können einiges, sprechen aber eigentlich nur Metallica-Fans an. Die unerklärte Rahmenhandlung hingegen wirkt trotz ihres hohen Unterhaltungswertes latent unbefriedigend. Die Kritiken für Through The Never fallen größtenteils gut aus, und auch der Soundtrack – de facto ein neues Livealbum, ausnahmsweise ohne (!) Seek & Destroy – wird gelobt. Rein geschäftlich wird das Unterfangen aber zum Flop. Die Band, die die Produktion selbst verantwortet, verliert etliche Millionen Dollar. Sie werden es verschmerzen können. Lars Ulrich sagt in einem Interview, der Film sei „nicht wie irgendein anderer“, und damit hat er Recht. Gefragt nach der Motivation, dieses Projekt anzugehen, erklärt Hetfield einfach „Warum nicht?“ – und fasst so Attitüde von Metallica gegenüber neuen Herausforderungen prägnant zusammen. Sagen wir es so: Through The Never ist sehenswert. Aber vielleicht nur einmal.
Auf ihren Kanälen haben Metallica etliche Trailer, Ausschnitte und Making-ofs veröffentlicht und in dieser sehenswerten Playlist zusammengefasst:
Zeitsprung: Am 6.6.2004 spielen Metallica das einzige Mal ohne Lars.
Popkultur
„Shout At The Devil“: Mötley Crüe und ihr großer Durchbruch
Das Verhalten überlebensgroßer Rockstars legen Mötley Crüe im Jahr 1983 bereits an den Tag. Doch eigentlich steht ihr Durchbruch erst noch bevor. Zu einer wichtigen Kletterhilfe auf den Rockolymp wird ihr zweites Album Shout At The Devil — obwohl die Band alles unternimmt, um sich selbst zu sabotieren.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch Shout At The Devil von Mötley Crüe anhören:
Eine Duftmarke können die jungen Glam-Metaller Mötley Crüe schon mit ihrem Debütalbum Too Fast For Love (1981) setzen. So steigen die Nachwuchs-Rockstars mit ihrer ersten Platte immerhin auf Platz 77 der US-Billboard-Charts ein und kassieren im weiteren Verlauf ihrer Karriere sogar Platin für die Scheibe. Doch zu den alles überstrahlenden Bühnenlegenden, die Mötley Crüe noch werden sollen, macht das erste Album die vier Herren noch nicht. Knapp zwei Jahre später legen die Kalifornier ihr zweites Werk Shout At The Devil nach — und werden quasi über Nacht zu Superstars.
Shout At The Devil: die Platte, die Mötley Crüe an die Spitze katapultierte
Als Mötley Crüe mit den Aufnahmen von Shout At The Devil beginnen, haben sie gerade einen Rauswurf hinter sich. Eigentlich hätten die jungen Wilden nämlich Kiss auf deren Creatures Of The Night-Tour supporten sollen, doch die Schminkemonster haben Mötley Crüe nach Hause geschickt. Die Begründung: das schlechte Benehmen der Newcomer. Autsch. Umso mehr Zeit haben Mötley Crüe nun, sich um ihr neues Album zu kümmern. Das sollte man zumindest meinen. Doch statt bloß Hits wie Shout At The Devil und Looks That Kill zu komponieren, machen die Jungs natürlich auch wieder reichlich Unfug.
Während einer der Aufnahme-Sessions klaut Bassist Nikki Sixx zum Beispiel betrunken den Porsche eines Freundes und unternimmt damit eine kleine Spritztour durch Los Angeles. Das kann nicht gut gehen und es kommt, wie es kommen muss: Er baut einen Unfall und verletzt sich an der Schulter. Schon damals ist seine Freundin Demi Moore der Meinung, dass Sixx die Anonymen Alkoholiker aufsuchen sollte, doch davon möchte Sixx nichts wissen. Auch indirekt sorgt der Autounfall für große Probleme: Durch die Medikamente wird Sixx heroinabhängig. Doch das ist eine andere Geschichte.
Shout At The Devil: Düsteres Artwork, erhellende Verkaufszahlen
Für eine Kontroverse sorgt das Artwork von Shout At The Devil, denn das Cover der Platte zeigt ein riesiges schwarzes Pentagramm. Klar, dass da die komplette Christenheit Sturm läuft und den Rockern Satanismus vorwirft. Auf die Idee für das Artwork kommt Nikki Sixx, und zwar aufgrund seiner alten Band Sister. Schon dort hatte er mit okkulten Symbolen gespielt, gemeinsam mit dem späteren W.A.S.P.-Frontmann Blackie Lawless. Der wiederum hat kein Problem damit, dass Sixx die Sister-Einflüsse für Mötley Crüe recycelt. Den Verkaufszahlen tun die Satanismusvorwürfe wie erwartet keinen Abbruch.
Mehr als 200.000 Mal geht Shout At The Devil über die Ladentheke — in den ersten zwei Wochen. Gleich viermal Platin kassieren Mötley Crüe für das Album, obwohl sich viele Musikjournalist*innen alles andere als begeistert zeigen. In den Charts gelingt den Kaliforniern zum ersten Mal der Sprung in die Top 20. Man könnte also sagen: Mit Shout At The Devil beginnt die Erfolgsgeschichte von Mötley Crüe. Die Tour zu der Platte absolviert die Band mit dem „Prince Of Darkness“ Ozzy Osbourne. Der schickt die Jungs auch nicht wegen schlechten Benehmens nach Hause. Ganz im Gegenteil …
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Autoklau mit Ozzy Osbourne und fünf weitere legendäre Vince-Neil-Anekdoten
Popkultur
Zeitsprung: Am 26.9.2005 starten Volbeat mit „The Strength / The Sound / The Songs“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 26.9.2005.
von Christof Leim
Es dauert ein bisschen, bis die Welt etwas mit dem neuen Sound anfangen kann, aber irgendwann knallt’s: Mit ihrer eigenständigen Melange aus Metal, Elvis und Groove-Riffs treffen Volbeat am 26. September 2005 auf ihrem Debüt The Strength / The Sound / The Songs einen Nerv…
Hier könnt ihr das Volbeat-Debüt hören:
2001 hat der Frontmann der dänischen Death-Metal-Combo Dominus die Nase voll vom Todesgeprügel und will mehr Rock’n’Roll in seinen Metal bringen. Also gründet Michael Poulsen eine Band, die er nach dem dritten Dominus-Album Vol.Beat von 1997 benennt, auf dem der große Elvis-Fan bereits zaghafte Fifties-Einflüsse untergepflügt hatte: Volbeat sind geboren. (In der Videospielserie Pokémon gibt es ein Wesen gleichen Namens, aber wir dürfen davon ausgehen, dass das so gar nichts mit den Rockern zu tun hat.)
Die eigene Kante zählt
Die ersten Aufnahmen interessieren kaum jemanden, das zweite Demo Beat The Meat verkauft sich dann aber schon vierstellig und wird in den Magazinen Metal Hammer und Heavy oder was!? zum „Demo des Monats“ gekürt. Die großen Plattenfirmen reißen sich jedoch noch nicht um die Kapelle, Volbeat kommen schließlich bei Mascot Records aus den Niederlanden unter, die eigens das Sublabel Rebel Monster gründen – weil, so heißt es, Volbeat nicht so recht zum Rest des Portfolios passen.
Die Rückseite des Albums: So viel freie Haut gibt es auf Poulsens Arme heute nicht mehr.
Und genau liegt der Gag des Quartetts aus Dänemark: Volbeat haben einen eigenen Sound. Die Mischung aus Metal mit Rock’n’Roll und ziemlich speziellem Gesang zwischen Mina Caputo und James Hetfield klingt ungewohnt, aber dafür eigenständig. Das hat was. Die Musik klingt fett, dröhnt tief und fährt einen guten Groove auf. Das erinnert nicht selten an die frühen Life Of Agony mit mehr Black Sabbath als Hardcore. Vor allem aber die Stimme, die Gesangslinien und die vokale Rhythmik von Michael Poulsen geben dem Ganzen einen eigenen Charakter – und der ist in einem stilistisch stagnierenden Genre Gold wert.
Viel Elvis
Das Debütalbum entsteht im Sommer 2004 in anderthalb Wochen in den Hansen Studios im dänischen Ribe unter der Aufsicht von Jacob Hansen, der zum Stammproduzent der Band werden wird. Zur Mannschaft gehören damals neben Gitarrist, Sänger und Hauptsongwriter Poulsen noch die beiden Ex-Dominus-Mitstreiter Bassist Anders Kjølholm und Gitarrist Franz „Hellboss“ Gottschalk sowie (bis heute) Schlagzeuger Jon Larsen. Ein doch ungewohnt aussehendes Bandfoto von damals findet sich hier.
Die Scheibe trägt den unhandlichen, aber eigenständigen Titel The Strength / The Sound / The Songs und bietet ein paar frühe Bandschätzchen, etwa Pool Of Booze Booze Booza, das sich heute noch auf vielen Volbeat-Setlisten findet, daneben Caroline Leaving und Soulweeper. In Caroline #1 zitiert Poulsen ausschließlich Elvis-Presley-Songtitel, zum Cover des Dusty-Springfield-Klopfers I Only Wanna Be With You dreht die Combo ein Video. Auch die Grundlage für eine Fortsetzungsgeschichte findet sich hier: Fire Song und Danny & Lucy (11pm) stellen ein Liebespaar vor, dessen Schicksal auf späteren Alben weitererzählt wird.
Durchmarsch
Damit treffen Volbeat einen Nerv: Die Platte klettert auf Platz 18 der dänischen Charts, was damals kaum eine einheimische Krachkapelle schafft. Bei den Danish Metal Awards wird das Album als bestes Debüt 2005 ausgezeichnet, das deutsche Rock Hard zückt die Höchstnote 10 von 10. Nur folgerichtig spielt die Band im folgenden Sommer am 4. Juni 2006 auf dem Rock Hard Festival ihr erstes Deutschlandkonzert. Die erste Clubshow passiert am 1. September im Headbanger’s Ballroom in Hamburg.
Fortan gastieren Volbeat oft hierzulande und spielen sich generell den Arsch ab. Da werden ganz klassisch Tausende Kilometer im Van geschrubbt, dass es nur so eine Art hat. Das scheint sich rumzusprechen, denn der Name des Quartetts taucht immer öfter auf, eine Fanbase bildet sich, die zweite Scheibe Rock The Rebel / Metal The Devil erscheint 2007, und von da an geht es ab: Platz eins in Dänemark, Shows in ganz Europa, zwei Platten später springt auch Nordamerika auf die Truppe an. Heute gehören Volbeat weltweit zu den großen Rockbands. Mit The Strength / The Sound / The Songs fing der Spaß an.
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