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Popkultur

„I Heard It Through The Grapevine“: Wie sich Gladys Knight den Motown-Hit schon vor Marvin Gaye sichern konnte

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Gladys Knight
Gladys Knight 1975. Foto: David Redfern/Redferns/Getty Images

Die Geschichte von I Heard It Through The Grapevine ist ziemlich lang und vertrackt – und sie endet eigentlich immer mit einem Namen als Pointe: Marvin Gaye. Daran wollen wir auch gar nicht rütteln, schließlich zählt seine Interpretation zu den wichtigsten Aufnahmen in der Geschichte der Soul Music.

von Paul Sexton

Platz 1

Doch wie wir an anderer Stelle bereits dargelegt haben, hatte der von Norman Whitfield und Barrett Strong komponierte Song bereits ein paar Inkarnationen hinter sich, als sich Marvin Gaye das Stück im Studio vornahm. Genauer gesagt hatte der Titel sogar schon Platz 1 der US-R&B-Charts belegt – und zwar wochenlang. Ab dem 2. Dezember 1967. Verantwortlich für diese frühe, ganz klar aus der Motown-Hitschmiede stammende Aufnahme waren Gladys Knight and the Pips.

Bereits 1966 die erste Aufnahme

Die allererste Aufnahme von I Heard It Through The Grapevine entstand sogar schon im Sommer 1966, allerdings wurde diese Erstinterpretation von The Miracles auch gleich wieder als „nicht veröffentlichungswürdig“ aussortiert. Wenig später machte Mr. Gaye einen ersten Anlauf, aber richtig angetan war davon nur Co-Autor Whitfield; der Enthusiasmus von Labelchef Berry Gordy hielt sich hingegen noch in Grenzen, weshalb auch diese Version erst mal nur auf Halde landete. Also machte Whitfield, der nicht nur als Songschreiber wichtig war bei Motown, sondern auch als Produzent immer mehr Einfluss beim Label hatte, den nächsten Versuch, wofür er Gladys Knight and the Pips ins Spiel brachte.

Labelwechsel

Die Gruppe hatte immerhin schon mal die R&B-Charts der USA angeführt, und auch den ersten Top 10-Hit in den Popcharts hatten sie dank Every Beat Of My Heart bereits im Jahr 1961 verzeichnen können, als die Sängerin Gladys Knight gerade mal 17 war. Zugleich ihr Einstand beim Label Vee-Jay, folgte schon wenig später ein weiterer Hit, nunmehr für Fury Records, als Letter Full Of Tears in die Top 3 der R&B-Charts ging. Danach dauerte es bis 1964, bis mit Giving Up der nächste erfolgreiche Titel folgte, dieses Mal fürs Label Maxx. Inzwischen bei Motown unter Vertrag, war 1967 ein wichtiges Jahr für Gladys Knight and the Pips. Schon im Mai des Jahres hatten sie mit Whitfield dessen (mit Eddie Holland komponiertes) Stück Everybody Needs Love aufgenommen – eine Art Standard im Motown-Kosmos, den Mary Wells schon 1964 eingesungen hatte. Die Neuinterpretation der Pips schoss nunmehr jedoch direkt auf Platz 3 der R&B-Charts.

6 Wochen auf der 1

Der Produzent erkannte darin sofort den nötigen Rückenwind, also trommelte er Knight und Co. gleich wieder zusammen und machte die Aufnahme von Grapevine in dem Moment, als Everybody Needs Love gerade erschien. Der Zeitpunkt war perfekt, das Ergebnis umwerfend: Gladys’ Stimme harmonierte grandios mit den Hintergrundgesängen; für den nötigen Nachdruck sorgte dazu ein Percussion-Zweierteam, bestehend aus Schlagzeuger Uriel Jones und Benny Benjamin, der zusätzliche Becken einspielte. In den R&B-Bestenlisten tauchte die Aufnahme schon im Oktober des Jahres auf, um Anfang Dezember schließlich sogar Platz 1 der Billboard-Charts zu erreichen. Daran änderte sich auch bis nach Neujahr nichts, denn ihr I Heard It Through The Grapevine sollte gleich sechs Wochen am Stück ganz oben stehen. Auch in den Popcharts kletterte der Song bis fast an die Spitze: Drei Wochen lang Platz 2, nur Daydream Believer von The Monkees und Hello Goodbye von den Beatles waren in jenen Tagen noch erfolgreicher. „Das war für uns nicht bloß irgendeine Aufnahme“, schrieb Gladys Knight später in ihrer Autobiografie Between Each Line Of Pain And Glory. „Es war eine Arbeitserlaubnis, und danach konnten wir uns vor Aufträgen kaum retten.“

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