Popkultur
Kippen, Schmäh und viel Amore: 10 Jahre Wanda
Geboren 2012 in einer Wiener Beisl bei reichlich Kippen, Bier und Schnaps, benannt nach einer Zuhälterin, voller Schmäh, Morbidität und gebrochenen Herzen: Zum 10. Geburtstag würdigen wir die vielleicht letzte Rock’n’Roll-Band Wanda und ihre unvergleichliche Musik.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr euch die besten Songs von Wanda anhören:
Die Österreicher haben es ja gern etwas morbider als der Rest der Welt. Das mag natürlich als grobe Verallgemeinerung gelten, findet in der musikalischen Kunst aber zahlreiche stützende Beispiele. Wolfgang Ambros etwa besingt in „Es lebe der Zentralfriedhof“ die tanzenden Skelette Wiens, Voodoo Jürgens skandiert munter „Heite grob ma Tote aus“. Wanda reihen sich gern ein. Ihre rumpelnden Bänkellieder atmen Bierodem und Kneipenrauch, ihre Texte handeln von sexueller Obsession, gebrochenem Herzen und Weisheiten auf dem Boden leeres Schnapsflaschen. Längst gehören sie zu den ganz großen Rock-Bands Österreichs, ihr Einfluss auf die Popkultur ist groß.
Ihre Geschichte beginnt 2012 in Wien. Benannt nach der ebenso berüchtigten wie fast schon folkloristisch verehrten Zuhälterin Wanda Kuchwalek, ist die Band um Sänger Michael Marco Fitzthum oft und gern in den Bierpfützen der Wiener Beisln anzutreffen. Davon, von den Geschichten zwischen Toilette und Tresen, zwischen Konterbier und letztem Schnaps, handeln ihre Lieder. Lieder von Fernweh und zu viel Nähe, vom Saufen und Leiden, von Wien, immer wieder von Wien.
Austro-Pop und Bier für zwei Euro
Im Oktober 2014 veröffentlichen sie ihr Debüt „Amore“. Der Feuilleton liebt die polternde Art und natürlich den österreichischen Dialekt von Fitzthum (nicht zu vergessen seine schmierige Lederjacke), eine ganze Generation singt die Zeilen des Titelsongs mit. Bologna wird zum Sehnsuchtsziel. Der Austro-Pop erlebt eine Renaissance wie zuletzt bei Falco, die Band kokettiert nicht mit dieser Schublade, sie füllt sie selbstbewusst aus. „Wir hätten gerne, dass es ‚Popmusik mit Amore‘ genannt wird“, so der Sänger schon 2014 über die Kategorisierung seiner Musik.“ Passt, das Mediterrane, das Sommerliche, es weht durch viele ihrer Stücke.
Nur eben: Nicht ohne Schatten, ohne einen hochprozentigen Schleier. „Schickt mir die Post“ erzählt auf morbide, aber eben dennoch leichte Weise von Lebensmüdigkeit, „Ich will Schnaps“ macht keinen Hehl aus den Leidenschaften des Sängers. Er ist ein Trinker, das muss man nicht glorifizieren, aber hinnehmen. „Was wir nicht mögen, sind Lokale, in denen das Bier mehr als 2,40 kostet, das finden wir ganz furchtbar“, so sagte Fitzthum mal. Er hat wohl recht wenig Spaß auf Tournee in Süddeutschland.
Der Geist von Sgt. Pepper
Schon ein Jahr nach „Amore“ schießen Wanda mit „Bussi“ einen Nachfolger nach. Kein Schnellschuss, vielmehr eine noch genauere Kalibrierung ihrer Bänkellieder. Rock’n’Roll, Polka, Walzer, leiernde Lastergesänge über leere Flaschen und tiefe Augenringe. Der Erfolg nimmt Wanda in vollem Schwung mit, ganz nach oben in die Charts und in immer größere Hallen. Sie treten im Fernsehen auf, eröffnen Konzerte der Toten Hosen von zehntausenden von Menschen. „Ciao!“, ihre Vierte von 2019, lässt vermehrt Disco und Funk aufblitzen, vielleicht sind da auf einmal die Landsleute von Bilderbuch zum Einfluss geworden – mehr noch als die Beatles, die hier in der Uniform von Sgt. Pepper herumgeistern. Doch die Amore, die zirkuliert immer noch durch diese Lieder wie der Alkohol durch die Blutbahnen.
Und das ist ja überhaupt das Allerbeste an Wanda: Ob man sie nun mag oder nicht, ob man den Fitzthum in seiner Erlöserpose auf der Bühne abnickt oder nicht, ob man die Glorifizierung der Sauferei infantil oder angemessen findet: Sie stehen dafür, mehr Liebe zu wagen. Egal wie. Das macht die Band auch zehn Jahre nach ihrer Gründung zu wichtigen Botschaftern. Und gerade in einem Jahr wie 2022 zu Ankerfiguren für Freiheit und Liberalität.
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Zeitsprung: Am 6.2.1998 kommt Falco bei einem Autounfall ums Leben.

Popkultur
Zeitsprung: Am 1.10.1985 wird Madonnas Filmdebüt gegen ihren Willen veröffentlicht.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 1.10.1985.
von Sina Buchwitz und Christof Leim
Viele Popstars wagen im Laufe ihrer Karriere einen Ausflug in die „benachbarte“ Film- und Fernsehwelt. Pop-Urgestein Madonna bildet da keine Ausnahme: Sie spielt zwischen 1985 und 2002 in 18 Spielfilmen mal größere, mal kleinere Rollen mit ebenso variierendem Erfolg. Ihr Debüt in A Certain Sacrifice von 1979 bringt ihr 100 Dollar – und dem Regisseur ein „Fuck You“.
Hier könnt ihr das Album Like A Virgin anhören:
Mitte der Achtziger brennt sich Madonna für immer in die Netzhaut der Popkultur: In Brautkleid und Bustier singt die Meisterin der Provokation erst bei den MTV Awards Like A Virgin und schockt damit die konservativen USA, um wenig später im Musikvideo zu Material Girl im Marilyn Monroe-Look einmal mehr zu beweisen, dass Männer in ihrer Welt höchstens die zweite Geige spielen. Im Frühjahr 1985 geht Madonna mit dem Album Like A Virgin auf Tour und festigt ihren Status als neue Stil- und Musikikone. Die Platte verkauft sich weltweit über 14 Millionen Mal. Zur gleichen Zeit feiert sie ihr Debüt auf der Kinoleinwand mit Desperately Seeking Susan (hierzulande: Susan… verzweifelt gesucht).
Ein kleines Stück vom Glück
Nun möchte auch jemand anders ein Stück von Madonnas Ruhm abhaben und veröffentlicht am 1. Oktober 1985 Madonnas eigentliches Filmdebüt. Das hatte sie bereits 1979 gedreht, bis dato war es aber nie an die Öffentlichkeit gelangt. Und das unterscheidet sich deutlich vom Hochglanz-Hollywood-Streifen Desperately Seeking Susan: In der bizarren Low-Budget-Produktion A Certain Sacrifice spielt Madonna die Rolle der Bruna, einer New Yorkerin, die mit ihren drei „Liebessklaven“ auf der Lower East Side lebt. Als die Figur sich unerwartet in einen jungen Mann verliebt und mit ihrer Clique brechen will, wird sie vergewaltigt. Ein brutaler Ritualmord ist die Folge.
A Certain Sacrifice on Home Video! Madonna’s Dirty Laundry #1985 #Madonna Only $59.95 #RebelHeart #StephenLewicki pic.twitter.com/LRXwkLIUUg
— it’s all madonna’s fault (@madonnas_fault) August 8, 2015
Mit nur 20.000 Dollar produziert Regisseur Stephen Jon Lewicki die 60-minütige Geschichte und zeigt sich vom Einsatz seiner Hauptdarstellerin begeistert. Die hatte sich mit einem dreiseitigen, handgeschriebenen Brief beworben, obwohl nicht mal eine Gage ausgeschrieben war. Letztlich erhält sie als einzige Schauspielerin 100 Dollar, um ihre Miete zahlen zu können.
„Fuck You“, Lewicki!
Sechs Jahre später ist die ursprüngliche Begeisterung für den Film verflogen: Neben einer Vergewaltigungsszene sind es vor allem die Oben-Ohne-Sequenzen, die Pop-Ikone Madonna Sorge bereiten. Über die geplante Veröffentlichung zeigt sie sich entsprechend erbost und versucht, diese zu stoppen. Bei einer privaten Vorführung in Lewickis Apartment reagiert sie schockiert auf das Ergebnis, brüllt „Fick dich!“ und stürmt aus der Wohnung. Im Anschluss verklagt sie Lewicki.
Das Filmposter zu „A Certain Sacrifice
Am 2. August 1985 verliert Madonna den Rechtsstreit jedoch, und der Streifen darf veröffentlicht werden. Nach einigen Filmvorführungen in New York wird A Certain Sacrifice auf Videokassette vertrieben. Die Reaktionen sind überwiegend positiv. So schreibt die New York Post: „Madonna ist sexy wie die Hölle.“ Erwartungsgemäß geistert er heute mit verschiedenen Coverartworks auch durch das Netz. Ihrer Karriere tut die Entblößung keinen Abbruch, im Gegenteil. Nur zwei Jahre später wird sie mit ihrer Who’s That Girl World Tour zur erfolgreichsten Popsängerin der Achtziger.
Zeitsprung: Am 21.10.1992 veröffentlicht Madonna ihr Buch „Sex“ — samt Skandal.
Popkultur
Zeitsprung: Am 30.9.1978 veröffentlicht Gary Moore „Back On The Streets“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 30.9.1978.
von Christof Leim und Tom Küppers
Als Gary Moore am 30. September 1978 Back On The Streets veröffentlicht, hat er schon einige Bands hinter sich. Die Platte erscheint unter eigenen Namen, doch er kann auf helfende Freunde zählen. Insbesondere die Herren Lynott und Downey, zwei alte Bekannte aus Dublin, mischen mit.
Hört hier in Back On The Streets rein:
Klickt auf „Listen“ für das ganze Album.
Dass bei Gary Moore etwas mit Musik gehen würde, zeichnet sich schon früh ab: Mit zehn bekommt er seine erste Gitarre in die Finger, schon im Alter von 16 Jahren wird er 1968 von der Dubliner Band Skid Row rekrutiert (nicht verwandt oder verschwägert mit den gleichnamigen Hardrockern aus New Jersey). Nach dem Ende dieser Truppe gründet er die kurzlebige Gary Moore Band und veröffentlicht 1973 das Quasi-Soloalbum Grinding Stone. 1974 hilft er kurzfristig auf der Bühne und im Studio bei Thin Lizzy aus und betätigt sich parallel bei den Jazzrockern Colosseum II. Als Lizzy Anfang 1977 vor einer gemeinsamen US-Tour mit Queen ohne Gitarrist dastehen, springt Gary wieder ein.
Insbesondere mit Lizzy-Frontmann Phil Lynott versteht sich Moore auf künstlerischer und persönlicher Ebene hervorragend. Doch das Angebot fest bei der seinerzeit populärsten irischen Band einzusteigen, lehnt der Gitarrist noch ab. Zum einen will er seine Colosseum II-Kollegen trotz kommerziellen Misserfolgs nicht im Regen stehen lassen, zum anderen steckt er zu diesem Zeitpunkt schon in den Vorbereitungen für sein erstes „richtiges“ Soloalbum.
Back On The Streets wird im Frühjahr 1978 unter der Aufsicht des legendären Hardrock-Produzenten Chris Tsangarides eingespielt. Neben Studiogrößen wie dem späteren Toto-Schlagzeuger Simon Phillips gastiert mit Phil Lynott und Trommler Brian Downey die Rhythmussektion von Thin Lizzy gleich auf mehreren Stücken. Und auch kompositorisch hinterlässt Lynott deutliche Spuren: Abgesehen von einer gelungenen Neueinspielung des Lizzy-Hits Don’t Believe A Word in balladesker Form profitiert Moore zwei weitere Male von den schöpferischen Fähigkeiten seines Freundes.
Fanatical Fascists zeigt sich von der wuchtigen Simplizität des aufkeimenden UK-Punk inspiriert, für den Lynott große Sympathien hegt. Für die größere Überraschung sorgt Parisienne Walkways: Der gemeinsam von Lynott und Moore geschriebene Schmachtfetzen entpuppt sich als Hit, der im vereinigten Königreich bis auf Position acht der Single-Charts vordringt. Bis heute fesselt die Nummer durch ihre wunderbaren Gitarrenlinien, 2014 trägt sie den japanischen Eiskunstläufer Yuzuru Hanyu gar zum Punkte-Weltrekord im Kurzprogramm. Und selbstverständlich profitiert auch das am 30. September 1978 veröffentlichte Back On The Streets-Album in Sachen Verkaufszahlen von diesem kommerziellen Überraschungserfolg.
Eine weitere denkwürdige (weil einzigartige) Performance gibt es im Januar 1979 im Rahmen der BBC-Sendung The Old Grey Whistle Test zu bestaunen. Für diesen Anlass rekrutiert Moore mit Lynott, Lizzy-Klampfer Scott Gorham, Keyboarder Don Airey und Trommel-Gott Cozy Powell eine All-Star-Truppe ersten Kalibers. Die Interpretationen des Titelsongs von Back On The Street und Don’t Believe A Word sind absolut mitreißend, bei letzterem lässt sich Gary selbst von einer gerissenen Saite nicht aufhalten.
Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Gitarrist allerdings bereits wieder mit Thin Lizzy im Studio, um als festes Bandmitglied deren Album Black Rose: A Rock Legend (1979) einzuspielen. Jedoch verlässt er die von Drogenproblemen geplagte Band im Sommer während einer laufenden US-Tournee wieder. Von dem Moment an widmet er sich fast ausschließlich seinen musikalischen Alleingängen, mit denen er in den kommenden Jahrzehnten so wohl im Hard Rock als auch im Blues epochale Gitarrengeschichte schreiben wird.
Zeitsprung: Am 30.5.1980 landet Gary Moores G-Force auf dem Rockplaneten.
Popkultur
„Monsters Of California“: Alles über den UFO-Film von Blink-182-Sänger Tom DeLonge
Blink-182-Fans wissen: Frontmann Tom DeLonge hat nicht nur ein Faible für Rock, sondern auch für Roswell. Schon seit vielen Jahren interessiert er sich für UFOs, außerirdische Lebensformen und alles, was damit zu tun hat. Mit Monsters Of California bringt er bald seinen ersten Film raus. Und darin geht es natürlich um …
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch Nine von Blink-182 anhören:
… genau. In Monsters Of California hängt der Teenager Dallas Edwards am liebsten mit seinen verpeilten Freund*innen herum. Eines Tages findet die südkalifornische Clique zufällig einige Unterlagen von Dallas’ Vater, die darauf schließen lassen, dass er beruflich mit mysteriösen und paranormalen Ereignissen zu tun hat. Die Jugendlichen verknüpfen ihre Erkenntnisse miteinander, stellen Theorien auf — und werden auf einmal von uniformierten Männern mit Maschinengewehren umstellt. Spätestens jetzt wissen sie, dass etwas Großem auf der Spur sind. Doch sie haben natürlich noch keine Ahnung, wie groß ihre Entdeckung wirklich ist …
Tom DeLonge: Pop-Punk-Ikone und UFO-Fan
Die meisten kennen Tom DeLonge als Sänger und Gitarrist der erfolgreichen Pop-Punks Blink-182. Doch der Kalifornier ist auch ein ausgewiesener Alien-Fan, der sich in seiner Freizeit ausgiebig mit UFO-Sichtungen, Area-51-Theorien, außerirdischen Lebensformen und paranormalen Aktivitäten beschäftigt. (Mit dem Song Aliens Exist vom Blink-182-Album Enema Of The State brachte er DeLonge beiden Leidenschaften 1999 unter einen Hut — und genau diese Nummer ist natürlich auch im Trailer von Monsters Of California zu hören.) Immer wieder hinterfragt und forscht er im Namen der Wissenschaft nach Aliens und sucht Erklärungen für diverse Verschwörungstheorien. Schräg, oder?
DeLonges Engagement geht so weit, dass er am 18. Februar 2017 zum Beispiel den „UFO Researcher of the Year Award“ von OpenMindTV verliehen bekam. 2015 erzählte er in einem Interview von einer mutmaßlichen Begegnung mit Außerirdischen — während eines Camping-Trips nahe der sagenumwobenen Area 51. „Mein ganzer Körper hat sich angefühlt, als sei er statisch aufgeladen gewesen“, versicherte der Sänger. Auch Freunde von ihm könnten über Begegnungen mit Aliens berichten. Außerdem verfüge er über Regierungsquellen und auch sein Telefon sei aufgrund seiner Forschungen schon abgehört worden. Wenn er meint …
Monsters Of California: Wann startet der erste Film von Tom DeLonge?
In den USA läuft Monsters Of California am 6. Oktober 2023 an, doch wann der Streifen in Deutschland erscheinen soll, ist bisher nicht klar. So oder so: Der Trailer verspricht mindestens einen unterhaltsamen Kinobesuch — nicht nur für Blink-182-Fans.
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