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Popkultur

„One More Time“ von Blink-182: Wenn DeLonge will, klappt’s auch wieder

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Blink-182

Blink-182 veröffentlichen jenes Reunion-Album, das man sich schon bei der ersten Wiedervereinigung anstatt des wenig beherzten Neighbourhoods gewünscht hätte.

von Markus Brandstetter

Hier könnt ihr One More Time hören:

Als Blink-182 vor knapp zwei Jahren verkündeten, dass Interimsmitglied Matt Skiba sich künftig wieder seinen Alkaline-Trio-Pflichten widmen und Gründungsmitglied Tom DeLonge an seinen angestammten Platz zurückkehren würde, hofften Fans der kalifornischen Pop-Punker, dass es diesmal nicht so half-assed werden würde, wie bei DeLonges erster Rückkehr. Wir erinnern uns: Nach dem namenlosen/selbstbetitelten Album im Jahr 2003 wurde die sehr erfolgreiche Band, die die späten 1990er-Jahre maßgeblich mitgeprägt hatte, auf Eis gelegt. Dass vor allem Tom DeLonge keine Lust mehr auf das hatte, mit dem er berühmt wurde – also simplem, gerne pubertärem, aber effektivem Pop-Punk – hatte sich bereits abgezeichnet.

Blink-182 hatten schon auf Enema Of The State (Adam’s Song) und Take Off Your Pants And Jacket (Stay Together For The Kids) ernste Songs geschrieben, das Nebenprojekt Box Car Racer schlug ebenfalls in eine andere, melancholischere Kerbe. Nachdem die Band mit dem Album die Welt betourt hatte, war Schluss. Zunächst ließ man die Fans im Unklaren, später bestätigte Hoppus, dass DeLonge die Band verlassen habe. Der gründete Angels And Airwaves (kurz AVA), verkündete in Interviews großspurig, dass das AVA-Debüt die Rockmusik so verändern würde wie zuvor Pink Floyd und nahm mit der Band zwar keine revolutionären, aber immerhin teils sehr gute Alben auf. DeLonge widmete sich vielen, oft multimedialen, Baustellen und hatte sich vom Pop-Punk und seinen Freunden Hoppus und Travis Barker entfernt. Hoppus verarbeitete das damals etwa im Song im Song No It Isn’t seiner Kurzzeit-Nachfolgeband +44, bei er DeLonge lyrisch klarmachte, ihn nicht mehr leiden zu können.


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Katastrophen bringen sie zusammen

Es brauchte eine Katastrophe, damit die Band wieder zusammenfand – einen Flugzeugabsturz, den Barker überlebte, bei dem sein Kumpel DJ AM aber ums Leben kam. 2009 verkündete die Band bei den VMAs, dass man wieder eine Band sei. Nur: Das merkte man bei den Albumaufnahmen zu Neighbourhoods nicht so wirklich; DeLonge, Barker und Hoppus nahmen in getrennten Studios auf. 2011 erschien ebenjenes Neighbourhoods, das gar nicht daran dachte, zum klassischen Blink-182-Sound zurückzukehren. Vier Jahre später war’s wieder Schluss mit der Tom-, Mark- und Travis-Show: Hoppus und Barker erklärten, dass man DeLonge seiner Bandpflichten enthoben habe. Ans Aufhören dachte man nicht, sondern holte sich Matt Skiba an Bord, mit dem man zwei Alben, California (2016) und Nine (2019) veröffentlichte.

Bei Reunion Nummer zwei klappt’s endlich

Warum der lange Exkurs in die Vergangenheit? Weil 2023 endlich das passierte, was sich die meisten Blink-182-Fans schon bei DeLonges erster Rückkehr erhofft hatten: Das Trio fand nicht nur wieder zusammen, sondern scheint auch wieder so eng wie Anfang der 2000er-Jahre zu sein. Diese Jungenfreundschaft macht schließlich einen großen Teil des Charmes der Gruppe aus – und leider brauchte es wieder eine Katastrophe, dass man zusammenfand. Nämlich Hoppus’ mittlerweile überstandene Krebserkrankung, die ihn und DeLonge näher zusammenbrachte. Das wird auch im Song One More Time thematisiert: „I wish they told us, it shouldn’t take a sickness / Or airplanes falling out the sky“, singt Hoppus darin. DeLonge erwidert: „Do I have to die to hear you miss me? / Do I have to die to hear you say goodbye?“

Mit One More Time gibt man den Fans genau das, was sie wollen: ein Blink-182 Album, das auch tatsächlich so klingt. DeLonge hat mittlerweile wohl genug Kanäle, seine anderen Vorlieben und Ideen zu verwirklichen, sodass er sich hiermit erstmals wieder ganz dem Blink-Kosmos widmen kann. Dass man es diesmal ernst meint mit dem Spaß, zeigt schon der erste Titel Anthem Part 3.

Gleich danach der erste Masturbationswitz: „When I teach masturbation, I’m always just like: Have fun with it“, hört man DeLonge sagen. Danach gibt’s unbeschwerten Pop-Punk mit Olé-Olé-Olé-Refrain (Die Toten Hosen wären neidisch!) „Olé olé olé olé / we’re doing it all night long“, singt der Blink-182-Chor, die Strophen teilen sich die beiden ehemaligen Streithähne. Auf Terrified spürt man einen Box-Car-Racer-Vibe, ansonsten gibt’s die übliche Blink-182-Mischung, mal stärker, mal schwächer (Edging – warum sich die Band ausgerechnet diesen Track als erste Veröffentlichung nach der Reunion-Ankündigung genommen hatte, ist unklar), aber immer gut gelaunt.

Tom DeLonge muss halt wollen

Was wir aus One More Time lernen: Damit es bei Blink-182 klappt, muss Tom DeLonge wollen und voll bei der Sache sein. Dass Travis Barkers Schlagzeugspiel die Sache natürlich nochmal extra veredelt und den oft naturgemäß sehr simplen Songs eine etwas anspruchsvollere Ebene hinzufügt, ist hingegen nicht seit gestern so. Barker ist mittlerweile sowieso längst Punk-Royalty, hat an dem Wiedererstarken des Genres im US-Mainstream (Machine Gun Kelly etc.) nicht nur großen Anteil, sondern spielt auf gefühlt jedem dieser Songs mit und produziert sie. Auf One More Time fungierte Barker (der auf More Than You die Doublebass ordentlich krachen lässt – ungewohnt Metal für Blink) als alleiniger Produzent.

Die Katastrophe brachte sie zusammen, die Sterne standen richtig, der Zeitgeist ist Pop-Punk gerade außerdem wohlgesonnen. Blink-182 machen es diesmal richtig, zum richtigen Zeitpunkt, mit viel Nostalgie, ausreichend Lockerheit, ein wenig Klamauk und vertrauten Zutaten. Die Tour läuft finanziell bestens und wenn DeLonge mal wieder den Weltraum erkunden möchte (musikalisch oder in anderen Hinsichten), hat er jetzt ja ausreichend Möglichkeiten. Bleibt zu hoffen, dass er weiterhin Lust hat!

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