Popkultur
No Satisfaction – Der Sound der Stones
Die Rolling Stones empfanden nie diese „Satisfaction“, ein Gefühl der Befriedung, oder dass sie das, was sie erreichen wollten, erreicht haben. Für sie stehen sie auch jetzt noch Anfang des nächsten Kapitels, nicht nur der „Größten Rock ‘n’ Roll Band der Welt“, sondern auch der spannendsten Band in der Geschichte der Rockmusik und der Band, über die am meisten gesprochen wird.
Lange, bevor sie als „Größte Rock and Roll Band der Welt“ bekannt waren, waren die Stones eine Blues -Band, die alle Musik liebte, die „Made in Chicago“ war – von Chuck Berry bis Bo Diddley und natürlich Muddy Waters und Howlin’ Wolf. Die Beatles hatten bereits die Rolle der „Popmusik-Künstler“ eingenommen; die Stones hatten jedoch andere Pläne. Für die Stones standen weder Konformität noch Coversongs von Broadway-Musicals an der Tagesordnung, und erst Recht keine klonartig aufeinander abgestimmten Anzüge. Ihr Manager versuchte es zwar, aber scheiterte, als die Band absichtlich ihre identischen Jacken und Westen „verlor“. Plötzlich waren die Stones Unikate – aber dennoch bildeten sie zusammen etwas Besonderes. Damals wie heute waren die Stones mehr als nur die Summe ihrer verschiedenen Talente.
„Leute fragen mich immer, was uns zu dem macht, was wir sind. Wenn ich es wüsste, würde ich es verpacken und verkaufen. Aber eines weiß ich: wir verfügen über eine unglaubliche – eine einzigartige – Chemie. Wenn wir alle an unseren Instrumenten sind und Mick anfängt zu singen, ist es, als würden wir zu einer Person verschmelzen.” – Keith
In diesen frühen Jahren zählten sie zu einer der am härtesten arbeitenden Bands in Großbritannien und wie fast jede andere (Beat-)Band nahmen die Stones nur Singles auf, die es in die Charts schaffen sollten, ohne viel über die Zusammenstellung von Alben nachzudenken – das war die Aufgabe der Plattenfirma. Aber dennoch waren die Stones schon immer anders. Auf ihrer ersten in Großbritannien veröffentlichten Platte war noch nicht einmal ihr Name aufgedruckt – nur ein schlecht beleuchtetes Foto der Band.
In den ersten vier Jahren wurden alle Alben der Band auf beiden Seiten des Atlantiks in verschiedenen Formaten veröffentlicht – ein Zeichen dafür, dass es sich dabei nicht um Gesamtwerke, sondern um Sammlungen von Singles und/oder Tracks handelt; gar nicht so anders als die Alben der Band, die ihre Songs bei Chess Records in Chicago aufnahmen. Das erste UK-Album der Band, das einfach den Namen „Rolling Stones“ trug, wurde in den USA zu England’s Newest Hitmakers, mit Buddy Holly’s „Not Fade Away“ anstelle des Songs „Mona“. Das zweite US-Album, welches noch im gleichen Jahr veröffentlicht wurde, war eine verlängerte Version der britischen 5×5 EP – die amerikanische Version war um 7 Songs länger und wurde zu einer 12×5 EP. Die Situation wurde noch komplizierter, als Decca das gleiche Coverbild und einige der gleichen Songs für das zweite britische Album mit dem Titel Rolling Stones No.2 verwendete. Mit dem 3. US-Album The Rolling Stones, Now!, auf dem sich viele der gleichen Songs wie auf diesem befanden, war die Verwirrung perfekt.
Das zweite UK Album der Stones trug das gleiche Cover wie die US Version der 12×5 EP – Verwirrung pur! Hier könnt ihr in beide Platten reinhören!
Erst im Jahr 1965 veröffentlichte die Band das erste Album, das in Großbritannien und den USA den gleichen Namen trug – aber dennoch befanden sich auf beiden Seiten des Atlantiks verschiedene Songs auf Out of Our Heads , genau wie Aftermath im folgenden Jahr und Between the Buttons im Jahr 1967.
Am Ende des Jahres 1967 wurde mit Their Satanic Majesties Request zum ersten Mal ein Album veröffentlicht, das auch als ein solches geplant war – so sah es zumindest es. Damals wurde es oft, unvorteilhafter Weise, mit Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band verglichen. Erst später stellte sich heraus, unter welch schwierigen Umständen das Album aufgenommen wurden und sich bereits zu diesem Zeitpunkt die Hintergründe für Brian Jones’s Ausstieg aus der Band abzeichneten.
„Als wir den Ealing Club besuchten und gemeinsam eine Band gründeten, bevor wir uns mit Brian zu den Rolling Stones zusammen schlossen und im Juli 1962 im Marquee Club spielten, verfolgten wir einem Traum, aber uns war noch nicht ganz klar, welchen” – Mick
Man kann mit Sicherheit sagen, dass es die Rolling Stones ohne den Blues nie gegeben hätte. Das ist natürlich eine Vereinfachung der wahren Begebenheiten, aber wenn Brian Jones im Jahr 1961 nicht Alexis Korner Delta’s Musik mit Chris Barber’s Band hätte spielen gehört, hätte es die Stones nie gegeben. Brian lernte Korner kennen und zog Aufgrund seines Zuspruchs nach London, um im Ealing Blues Club von Elmore James inspirierte Slide-Gitarrensongs zu spielen. In diesem Club hörten zwei aufstrebende Musiker, Mick Jacker und Keith Richards, Brian zum ersten Mal spielen.
Im Juni 1962 erschien Mick Jagger zu einer Bandprobe von Brian’s Band, in der auch ein Klavierspieler mit einer Vorliebe für Boogie-Woogie namens Ian Steward spielte. Ein paar Wochen später schlossen sich Mick seine Kumpels aus Dartford an; Keith Richards und Dick Taylor am Bass. Die Band brauchte dringend einen Schlagzeuger, und so schaltete Brian eine Anzeige im „Melody Maker“, auf die sich ein junger Kerl namens Tony Chapman aus Penge meldete. Er spielte in einer lokalen Rock ‘n’ Roll Band namens Cliftons, deren Bassleader ein 25 Jahre alter, ehemaliger Royal Air Force Soldat namens Bill Perks war. Chapman erhielt die Position des Schlagzeugers vor allem, weil er den Shuffle Beat spielen konnte, der in vielen von Chuck Berry’s Liedern vorkam.
Als Alexis Korner’s Band eine BBC-Radioübertragung an einem Abend angeboten wurde, an dem die Band normalerweise im Marquee spielte, brauchten sie jemanden, der sie dort vertrat, so dass die diese Gelegenheit wahrnehmen konnten, ohne den regelmäßigen Live-Auftritt zu riskieren. Wie das Disk-Magazin am 7. Juli berichtet, eignete sich dafür niemand besser als „Mick Jagger und die Rolling Stones, gemeinsam mit einer anderen Gruppe, unter der Leitung von Long John Baldry“. Mick, Keith und Brian hatten ihren Namen als Anspielung auf ein Album von Muddy Waters gewählt – obwohl es am Anfang nicht ganz klar war, ob es „Rolling“ oder „Rollin’“ war.
In diesem Sommer stieg Dick Taylor aus der Band aus, um zu studieren, um im Dezember wurde Bill Perks, der sich zu dieser Zeit Bill Wyman nannte, auf Empfehlung von Tony Chapman der Band bei (welcher selbst noch nicht wusste, dass er bald gefeuert werden würde). Im Januar 1963 trat nach viel Überredungsarbeit auch der Jazz-Fan Charlie Watts als Schlagzeuger bei. Das ursprüngliche Line-Up war komplett: Brian, Mick, Keith, Bill, Charlie und Stu waren The Rolling Stones!
Durchklicken! Hier geht die Geschichte der Stones weiter…
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Popkultur
Zeitsprung: Am 1.4.2008 feuern Velvet Revolver ihren Sänger Scott Weiland.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 1.4.2008.
von Christof Leim
Das sah schon nach „Supergroup“ aus, was sich da 2002 zusammenbraute: Drei Musiker von Guns N’ Roses und der Sänger von den Stone Temple Pilots gründen Velvet Revolver. Doch sechs Jahre später ist der Ofen aus und Scott Weiland raus. Vorher gab es noch eine lahme Platte, Streit im Internet und die ganz kalte Schulter.
Hört euch hier das Velvet-Revolver-Debüt Contraband an:
Natürlich hat die ganze Welt mit Spannung zugehört, als Slash, Duff McKagan und Matt Sorum zusammen mit dem Gitarristen Dave Kushner und dem Frontmann der Stone Temple Pilots, Scott Weiland, eine Band gründen. Beim Debüt Contraband von 2004 kommen nicht ganz unerwartet zwei musikalisch benachbarte Welten zusammen: Classic Rock und alternative-lastiger Grunge-Sound. Die Scheibe wird zum Erfolg, doch der Nachfolger Libertad bleibt 2007 weit hinter den Erwartungen zurück.
Ein Bild aus besseren Zeiten: Velvet Revolver live 2007. Foto: Kreepin Deth/Wiki Commons.
Den weltweiten Touren der Band tut das keinen Abbruch, diverse Aufenthalte in Entzugskliniken, Visa-Probleme und kurzzeitige Verhaftungen durchkreuzen einige Pläne allerdings schon. Als Velvet Revolver im Januar 2008 ihre Rock’n’Roll As It Should Be-Tour durch Europa starten, hängt der Haussegen bereits schief. Am 20. März 2008 verkündet Weiland sogar auf offener Bühne in Glasgow: „Ihr seht hier etwas Besonderes: Die letzte Tour von Velvet Revolver.“
Längt beschlossene Sache
Was er nicht weiß: Seine Kollegen haben da längst beschlossen, ohne ihn weiterzumachen, wie Slash später in einem Interview eröffnet. Das liegt unter anderem daran, dass Weiland ständig die Fans ewig lang warten lässt, und das können die Guns N’ Roses-Jungs nach dem Dauerdrama mit dem notorisch verspäteten Axl Rose nicht mehr akzeptieren. Slash, der zottelhaarige Gitarrengott, berichtet auch, dass die Bandmitglieder während der UK-Shows so gut wie kein Wort mit ihrem Sänger wechseln. „Wir haben ihm die kalte Schulter gezeigt, dass es nur so eine Art hatte.“
Kein einfacher Zeitgenosse: Scott Weiland. Credit: CRL.
Nach dem Debakel von Glasgow, das in einer halbherzigen Performance gipfelte, tragen die Musiker zudem ihren Zank in die Öffentlichkeit: Drummer Matt Sorum veröffentlicht ein Statement, das ohne Namen zu nennen deutlich mit dem Finger auf Weiland zeigt. Der wird in seiner Antwort ein gutes Stück bissiger und ziemlich persönlich. Dass das alles nicht weitergehen kann, liegt auf der Hand. Am 1. April 2008 schließlich verkünden Velvet Revolver offiziell, dass Scott Weiland nicht mehr zur Band gehört.
Wie sich rausstellt, endet damit auch die Geschichte dieser Supergroup, sieht man von einer einmaligen Live-Reunion am 12. Januar 2012 bei einem Benefizkonzert ab. Denn leider können die Herren jahrelang keinen geeigneten Nachfolger finden, obwohl Könner wie Myles Kennedy von Slashs Soloband und Alter Bridge, Sebastian Bach (ehemals Skid Row), Lenny Kravitz und Chester Bennington (Linkin Park) als Kandidaten gehandelt werden. Slash und McKagan kehren schließlich zu Guns N’ Roses zurück, während Weiland bis 2013 bei den Stone Temple Pilots singt und anschließend mit seiner eigenen Band The Wildabouts unterwegs ist. Am 3. Dezember 2015 wird er tot in deren Tourbus gefunden. Rest in peace.
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Zeitsprung: Am 15.5.1995 klicken bei Scott Weiland zum ersten Mal die Handschellen.
Popkultur
„The Record“: Was kann das Debüt der Supergroup Boygenius?
Supergroups kennt man ja eher von Männern. Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus, die drei prominenten Damen hinter Boygenius, ändern das. Ihr Debüt The Record klingt zumeist sanft, verträumt, melancholisch, bricht aber manchmal wie entfesselt los. Indie-Album des Jahres? Gut möglich.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr euch The Record anhören:
Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus sind jede für sich Ikonen, einflussreiche Künstlerinnen, die es mit unter 30 zu prominenten Figuren gebracht haben. Bei Boygenius bündeln die drei ihr kreatives Genie in einem Trio, das es in der Indie-Welt so noch nicht gegeben hat – und das ist angenehmerweise mal keine hohle PR-Übertreibung. Jede von ihnen kann als Stimme ihrer Generation gewertet werden, jede von ihnen gehört zu einer neuen Ära von selbstbestimmten Künstlerinnen, die auf ihre Weise den Boys-Club der Rockmusik unterwandern, aushöhlen, obsolet machen wollen.
Wie einst Nirvana
Das tun Boygenius auf ihrem Debüt The Record nicht etwa laut, schrill, wütend. Sondern mit Sanftmut, melancholischer Ruhe und bockstarken Songs. Ist doch eh cleverer und nachhaltiger, das geballte Talent sprechen zu lassen, das die drei Künstlerinnen auch im Verbund auf wundersame Weise zu kanalisieren wissen. Und dann sind da eben noch die subtilen kleinen Spitzen, die Hinweise: Auf dem Cover ihrer ersten EP, die bereits 2018 erschien und ein langes Schweigen einläutete, sitzen sie genau so da wie Crosby, Stills & Nash auf ihrem Debüt. Und auf dem Rolling-Stones-Cover Anfang des Jahres stellen sie die Pose des Nirvana-Covershoots von 1994 nach. Kurt Cobain hätte das gefallen.
Warum wir eine reine Girl-Supergroup gebracht haben, wird schnell klar: Wo männliche Supergroups dann eben doch irgendwann an den exorbitanten Alpha-Male-Egos zerschellen wie Hagelkörner auf Asphalt, gehen Bridgers, Baker und Dacus die Sache beeindruckend egalitär und basisdemokratisch an. Niemand drängt sich in den Vordergrund, weil alle gleichberechtigt sind. Keine Frontfrau, keine Divaallüren. „Wir ziehen uns gegenseitig hoch“, so sagte Bridgers damals dem Rolling Stone. „Wir sind alle Leadsängerinnen und feiern uns gegenseitig dafür.“ Männer bekommen das eben irgendwie deutlich schlechter hin, ist einfach so.
Die Avengers der Indie-Welt
Das alles wäre natürlich nicht viel wert, wenn The Record nicht alle hohen Erwartungen spielend überflügeln würde. Es ist ein Album, um es kurz zu machen, das einem den Glauben an die Zukunft der Gitarrenmusik zurückbringt. Es ist mal laut, mal ahnungsvoll, mal zart, mal ruppig. Vor allem aber ist es ein homogenes, reifes Werk, das in seiner Lässigkeit die Jahrzehnte transzendiert. Offenkundig sind die Einflüsse der „Avegners der Indie-Welt“, wie eine enge Freundin der Band das mal auf den Punkt brachte: Classic Rock, die Laurel-Canyon-Szene, Grunge, der Folk von Crosby, Stills & Nash, von denen sie gleich auch die verschiedenen Gesangsharmonien haben.
Eins der ganz großen Highlights ist $20, ein furioser Rocker mit schroffer Lo-Fi-Gitarre, der sich plötzlich öffnet und von allen drei Stimmen ins Ziel getragen wird. Die Mehrheit des Materials ist ruhig, verträumt, am ehesten trifft es wohl lakonisch. Emily I’m Sorry etwa oder das kurze Leonard Cohen, inspiriert von einer unfreiwilligen Geisterfahrt der Drei auf einer kalifornischen Interstate. Die Ausbrüche wie Anti-Curse, in denen Baker von einer Nahtoderffahrung im Pazifik singt, läuten deswegen umso lauter, dringlicher. Dynamik ist König, das wissen die drei. Oder besser Königin.
Musste Rick Rubin draußen bleiben?
Sie wissen eh sehr viel. Wie schwer sie es haben würden, zum Beispiel. So kamen sie überhaupt erst auf ihren Namen Boygenius: Nach zahlreichen schlechten Erfahrungen mit vor Selbstbewusstsein nur so strotzenden männlichen Kollaborateuren, die von der ganzen Welt gefeiert werden, nannten sie sich selbst so, um sich Mut zuzusprechen. Ob das auch für Rick Rubin gilt? Aufgenommen haben sie zumindest in dessen Shangri-La Studio in Malibu. Aber er hat keinen Recording Credit und durfte vielleicht nur kiffend im Garten sitzen. Vorstellbar.
The Record ist ein geniales Debüt. Es ist aber mehr, ein Instant-Klassiker, ein Album, das sich einreiht in die großen Singer/Songwriter-Momente der letzten 50 Jahre. Es ist radikal ehrlich, direkt, ungefiltert, unaufgesetzt und das Testament großen Willens. Alle Songs hätten auch auf den jeweiligen nächsten Alben der drei Solitärinnen auftauchen können. Aber dann würde ihnen etwas fehlen. The Record ist ein Album voller Risse, durch die das Licht hineingelangt, um bei Leonard Cohen zu bleiben. Ein heilsames Stück Musik, durchwirkt von Insider-Jokes, kleinen Hieben geben das Patriarchat und jeder Menge Beweise für diese besondere Freundschaft. Das wird Grammys hageln.
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Popkultur
Zeitsprung: Am 31.3.1958 veröffentlicht Chuck Berry „Johnny B. Goode“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 31.3.1958.
von Christof Leim
Das sind die Grundlagen des Rock’n’Roll, liebe Brüder und Schwestern. Hier kommt viel der großartigen Krachmusik her, die wir im Zeitsprung feiern: Am 31. März 1958 veröffentlicht Chuck Berry den Klassiker Johnny B. Goode. Keine drei Minuten lang ist das Ding, Bluesschema in A, dazu ein flotter Backbeat und eine heiße Leadgitarre, und ab geht die Revolution. Bei Songs wie diesem haben sie alle zugehört, die Beatles, die Stones und AC/DC.
Geschrieben hatte Chuck Berry die Nummer bereits 1955 über einen „country boy“, einen Jungen vom Lande, der nicht richtig lesen und schreiben kann, aber so mühelos Gitarre spielt, als müsse er nur eine Glocke läuten. Und eines Tages wird sein Name auf allen Plakaten stehen… Wie sich später herausstellt, singt Berry hier über sich selbst. Darauf weist alleine schon der Titel hin, denn der Musiker wurde in der Goode Avenue in St. Louis geboren. Nur anfangs diente sein Pianist Johnnie Johnson als Namenspate für den Song. Der spielt jedoch nicht mal mit; bei den Aufnahmen am 6. Januar 1958 in den Chess Studios in Chicago haut Lafayette Leake in die Tasten. Den Bass bedient der nicht ganz unbekannte Blueser Willie Dixon. Das markante Eingangslick leiht sich Chuck Berry vermutlich bei Ain’t That Just Like A Woman, einer Nummer von Louis Jordan aus dem Jahr 1946, und zwar Note für Note, wie man hier hören kann. Die Originalversion der Single samt Text findet ihr hier.
Urvater des Rock’n’Roll: Chuck Berry
Aus dem Stand ein Hit
Johnny B. Goode wird zum Hit beim Publikum, und zwar unabhängig von der Hautfarbe, was Ende der Fünfziger keinesfalls als selbstverständlich gesehen werden kann. Der Track erreicht Platz zwei in den Billboard Hot R&B Sides Charts und Platz acht in den Hot 100 Charts. Wo der Unterschied zwischen diesen Hitparaden liegt, wissen wir nicht, aber fest steht: Mit der Nummer ging was. Um das zu erreichen, muss Berry eine kleine Änderung im Text vornehmen: Ursprünglich singt er von einem „little coloured boy“, ändert das aber in „little country boy“, um auch im Radio gespielt zu werden. Keine einfachen Zeiten für einen Schwarzen als Rockstar.
Die Goldene Schallplatte an Bord der Raumsonde Voyager. Johnny fliegt mit.
Heute gilt Johnny B. Goode als der wichtigste Chuck-Berry-Song. Er wird mit Preisen geehrt und in Bestenlisten aufgenommen, nicht zuletzt wird er 1977 mit der Voyager in den Weltraum geschossen. An Bord dieser Raumsonde befindet sich nämlich eine goldene Schallplatte mit Audioaufnahmen von der Erde, etwa der Stimme eines Kindes, Klassik von Johann Sebastian Bach – und eben Rock’n’Roll von Chuck Berry.
Da kommt noch mehr
Vier weitere Stück schreibt der Sänger und Gitarrist im Laufe der Jahre über den Charakter Johnny B. Goode: Bye Bye Johnny, Go Go Go, Johnny B. Blues und Lady B. Goode. Außerdem nennt er ein Album und dessen 19-minütiges instrumentales Titelstück danach: Concerto In B. Goode. Einen weiteren Popularitätsschub erhält das Lied 1985 durch Film Zurück in die Zukunft mit Michael J. Fox.
Die Liste der Coverversionen ist endlos und streift alle möglichen Genres, sie reicht von Jimi Hendrix, AC/DC und Judas Priest über NOFX und LL Cool J bis zu Motörhead und Peter Tosh. Und vermutlich fetzt noch heute irgendwo eine halbstarke Nachwuchskapelle bei ihrer dritten Probe durch das Bluesschema in A.
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Zeitsprung: Am 7.9.1955 macht Chuck Berry den „Duck Walk“. Später freut sich Angus.
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