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Popkultur

Stuart Sutcliffe: Der erste der „fünften Beatles“

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Stuart Sutcliffe
Foto: Bettmann/Getty Images

Um ein erfolgreicher Maler zu werden und die größte Band aller Zeiten mitzugründen, hat Stuart Sutcliffe nur ein paar Jahre gebraucht. Am 10. April 1962 starb er im Alter von gerade einmal 21 Jahren an einer Hirnblutung. Werfen wir einen Blick auf das viel zu kurze Leben des ersten „fünften Beatle“.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch die erste Beatles Anthology anhören:

Unsere Geschichte beginnt in Edinburgh, wo Stuart Fergusson Victor Sutcliffe am 23. Juni 1940 das Licht der Welt erblickt. Seine Mutter Millie arbeitet als Lehrerin, Vater Charles als Beamter. 1943 zieht Charles nach Liverpool, um das britische Militär zu unterstützen, denn vor der Haustür tobt der Zweite Weltkrieg. Er heuert als Schiffstechniker an und ist selten zuhause. Noch vor Sutcliffes Grundschulzeit ziehen seine Mutter, seine Geschwister, seine Halbgeschwister sowie Stuart selbst ebenfalls nach Liverpool, wo er seine Kindheit und Jugend verbringt. Sein Vater entpuppt sich als Enttäuschung, denn wenn er dann mal da ist, trinkt er und vergeht sich an Stuarts Mutter. Doch der junge Stu findet seine Ventile.

Nach der weiterführenden Schule landet Sutcliffe am Liverpool College Of Art, wo er seine Liebe zur Kunst ausleben kann. Sein schwieriges Elternhaus nimmt Einfluss auf seine Malerei, wie seine ehemalige Kommilitonin Helen Anderson später berichtet. So sei ihr Sutcliffes Stil als sehr aggressiv und düster aufgefallen, was sie von einem so „ruhigen Studenten“ nicht erwartet habe. Doch er landet mit seiner Kunst Erfolge. Als er eins seiner Gemälde ausstellt, findet sich ein Käufer, der stolze 65 Britische Pfund für das Bild bezahlt. Das klingt nicht nach viel, entspricht nach heutigen Verhältnissen aber fast 2.000 Euro.

Die Beatles finden zusammen

Für den jungen Künstler hagelt es von allen Seiten Lob, ob von Dozent*innen oder von Mitschüler*innen wie John Lennon. Moment. John Lennon? Genau, Lennon studiert zeitgleich mit Sutcliffe am Liverpool College Of Art, wo sich die beiden Jungs kennenlernen. Sutcliffes Arbeit bezeichnet Lennon als „wundervoll“ und die Zwei werden gute Freunde. Sie ziehen sogar zusammen, was Paul McCartney eifersüchtig werden lässt, wie er später einräumt. Lennon und Sutcliffe streichen die Wände ihrer Künstler-WG schwarz-gelb und erfreuen sich an ihrem Maler-Dasein. Doch dann passiert etwas.

Als die jungen Männer mal wieder einen Abend im Casbah Coffee Club verbringen (dem Club von Pete Bests Mama Mona), unterbreiten Lennon und McCartney ihrem neuen Kumpel Sutcliffe den Vorschlag, dass er sich eine Bassgitarre anschafft, damit er in ihre Band einsteigen kann. Mit Musik kennt sich Sutcliffe schon aus, denn er singt im Chor; auch mit dem Klavier, der Trompete und der Gitarre war er schon in Kontakt gekommen. Im Mai 1960 tritt er den „Silver Beetles“ bei, wie sich Lennon, McCartney und Gitarrist George Harrison damals noch nennen. Wenige Wochen später beginnt für die jungen Briten ein großes Abenteuer: Hamburg.

Die Beatles in der großen weiten Welt

Am 17. August 1960 spielen die vier Briten zum ersten Mal in der Hansestadt, nun unter dem Namen The Beatles. Die einen sagen, Sutcliffe sei auf der Bühne sehr zurückhaltend gewesen und habe dem Publikum häufig den Rücken zugedreht. Schlagzeuger Pete Best sieht das anders und beschreibt Sutcliffe auf der Bühne als lebhaft. Tatsächlich kommt er aus sich heraus und fängt an, Pilotensonnenbrillen und enge Hosen zu tragen. Wenn er bei Beatles-Konzerten den Song Love Me Tender singt, bekommt er dafür ein bisschen mehr Applaus als die anderen Bandmitglieder. Schön für ihn. Paul McCartney fühlt sich allerdings einmal mehr angegriffen.

Doch nicht nur McCartney hackt auf Sutcliffe herum. Auch John Lennons Stimmung kippt langsam und er beginnt, sich über Sutcliffe lustig zu machen. Ein paar Monate bleibt die Band noch beieinander, doch im Juli 1961 steigt Sutcliffe aus, um sich der Kunst zu widmen. Böses Blut gibt es ab da nicht mehr so viel, er leiht McCartney sogar vorübergehend seinen Bass. Sutcliffe bleibt in Hamburg und schreibt sich an der Hochschule für bildende Künste ein, wo er unter Popart-Pionier Eduardo Paolozzi studiert. Der schreibt über Sutcliffe: „Er ist sehr talentiert und intelligent. Er ist zu einem meiner besten Studenten geworden.“ Leider bleibt es nicht lange dabei.

Der tragische Tod von Stuart Sutcliffe

Während seiner Zeit in Deutschland klagt Sutcliffe immer wieder über starke Kopfschmerzen und eine ausgeprägte Lichtempfindlichkeit. Laut seiner Freundin Astrid Kirchherr erblindet er sogar vorübergehend. Im Februar 1962 wird er im Unterricht ohnmächtig, doch die Ärzt*innen im Krankenhaus finden keine Ursache und schicken ihn in ein englisches Krankenhaus. Auch dort kann das Personal nichts feststellen und Sutcliffe reist wieder nach Hamburg. Am 10. April 1962 wird er noch einmal ohnmächtig. Kirchherr rast mit ihm ins Krankenhaus, doch jede Hilfe kommt zu spät. Sutcliffe leidet unter einer Hirnblutung, die niemand entdeckt hat, und stirbt noch auf der Fahrt.

Die Ursachen für die Blutung kann man heute nur noch erahnen, doch eine Schlägerei im Januar 1961 könnte etwas damit zu tun haben. An jenem Tag gerät Sutcliffe an der Lathom Hall in Liverpool in Schwierigkeiten und zieht sich einen Schädelbruch zu. Medizinische Hilfe lehnt er ab, später verpasst er einen Röntgentermin. Das könnte ihn das Leben gekostet haben. John Lennon trauert um seinen alten Freund und leidet sehr unter Sutcliffes Tod, wie seine spätere Frau Yoko Ono berichtet. So habe Lennon oft von Sutcliffe gesprochen. Eins ist auf jeden Fall sicher: Wir werden Sutcliffe ewig dankbar dafür sein, dass er an der Gründung der Beatles beteiligt war. Ruhe in Frieden.

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