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Popkultur

John Lee Hooker – Sein Leben in 10 Songs

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Wer in seinem Leben augenscheinlich mehr gesungen hat, als irgendetwas anderes zu machen, der sollte auch genau so beschrieben werden. Nein, nicht mit Gesang – aber durch seinen Gesang. Mit seiner Musik. John Lee Hooker ist mit über 200 Songs in einer gut 50 Jahre langen Karriere ein astreiner Kandidat dafür. Der gute Mann hat wahrscheinlich selbst seinem Friseur in Blues-Rhythmik erklärt, wie er denn sein Haar geschnitten haben möchte. Grund genug, sich in einer der einflussreichsten Blues-Karrieren mal das anzusehen, was wirklich zählt: Songs!


Hier sind die Songs von John Lee Hooker in einer Playlist zusammengefasst:


1. Boogie Chillen, 1948

 

Manchmal wird Spontanität doch belohnt, obwohl Spontanität bei unserem ersten John Lee Hooker Song wohl eher eine gezwungene Maßnahme war. Wir schreiben das Jahr 1948, es ist September und John Lee Hooker verbringt bereits einige Tage im United Sound Studio in Detroit. Das letzte Jahrzehnt war gespickt von kommerziell eher mäßig erfolgreichen Aufnahmen und die Arbeit im Studio sollte endlich den Durchbruch bringen. Die Aufnahmezeit war für drei Stunden angesetzt – wohl gemerkt für vier Songs! Eine Zeit, in der Musiker es heute nicht einmal schaffen, ihr Equipment vom Van in den Aufnahmeraum zu räumen. Aber wenn man nur mit einer Gitarre unterwegs ist, hat man etwas leichteres Spiel. Jedenfalls ließ sich Produzent Bernhard Besman bei den ersten drei Titeln nicht hetzen, sodass bei Song Nummer vier – Boogie Chillen – das Studienarbeits-Prinzip griff: Ich habe ein Motivationsproblem bis ich ein Zeitproblem bekomme. Aber gut, dem Erfolg des Songs konnte das jedoch nichts anhaben. Er verkaufte sich rund eine Millionen mal.


Schaut euch hier eine Live-Version von Boogie Chillen an:


2. I’m In The Mood, 1951

Oh ja, wer in den richtigen Blues Mood kommen möchte, ist bei diesem Song an der richtigen Adresse. Aber dieser Song lässt nicht nur jeden einsamen Whisky in einer verrauchten Kellerbar besser schmecken, er spiegelt auch wunderbar John Lee Hookers Stilmittel wieder, die sich durch seine ganze musikalische Karriere ziehen. Stampfender Beat und abgebrochene Reime. Hier mal ein kleines Songtext Beispiel:

Every time I see you, baby, walking down the street

Know I get a thrill now, baby, from my head down to my toes

Verfechter wohlklingender Endreime sind an dieser Stelle wahrscheinlich nicht die größten Fans, aber hier geht es schließlich auch nicht um klassische Lyrik. I’m In The Mood ist ein Blues Klassiker und zählt bis heute zu den meist verkauften Blues Aufnahmen aller Zeiten.


 Schaut euch hier eine Live-Version des Songs gemeinsam mit Bonnie Raitt an:


3. Nothin’ But Trouble, 1954

Da der gemeine Blues-Musiker Mitte der 50er für eine Platte noch in ein richtiges Aufnahme-Studio gehen musste, anstatt seine Gitarre einfach nur in den Laptop zu stöpseln, waren es auch immer diese Studios, diese heiligen Hallen, die den Songs Atmosphäre gegeben haben. Dieser Vibe kam im Falle von John Lee Hooker vor allem aus dem United Sound Studio. Der Ort, der die musikhistorisch wichtigsten Stücke des Künstlers auf Vinyl bannte. Bis 1954, im Oktober.

In diesem Monat spielte er die letzte Session in dem Detroiter Studio und nahm die Stücke Nothing’ But Trouble, Odds Against Me, I Need Love So Bad und Don’t Trust Me auf. Und warum ihr jetzt ausgerechnet Nothin’ But Trouble hören sollt? Gute Frage, wir finden den Song einfach ziemlich gut!


Hört euch hier den Song an:


4. Dimples, 1956

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Neues Label, neues Glück! Vee-Jay Records, Hookers neues Plattenlabel, sah in ihm den neuen Jimmy Reed und statteten ihn auch sogleich mit Reeds eigener Backing Band aus. Merkmal eines einzigartigen Künstlers ist aber – nun ja – die Tatsache, dass er eben einzigartig ist. Das mussten auch die Musiker feststellen, die sich glücklicher Weise bald Hookers Stil anpassten. Eine weise Entscheidung, denn mit der Aufnahme von Dimples landete unsere Blues Ikone seinen ersten Chart-Erfolg auf der Britischen Insel. Und einen der bis heute beliebtesten und am meisten gecoverten John Lee Hooker Titel!


Schaut euch hier einen kurzen Ausschnitt samt Tanzeinlagen an:


5. Boom Boom, 1962

Der Song mit diesem komplexen Titel sollte zwar – vom Songwriting ausgehend – im Blues-Regal stehen, ist aber aus unserer Popmusik Geschichte nicht mehr wegzudenken. Anfang der 60er Jahre veröffentlicht, taucht er dreißig Jahre später wieder in den UK Charts auf, wird von der Rock and Roll Hall of Fame auf der Liste „Songs That Shaped Rock and Roll“ geführt und schließlich 2009 in die Hall of Fame der Blues Foundation aufgenommen.

Absolutes Pflichtprogramm für jede auch nur ansatzweise ambitionierte Blues-Coverband und aus unserer kleinen Chronologie hier natürlich ebenfalls nicht wegzudenken!


Schaut euch hier einen TV-Auftritt von 1960 mit dem Song an:


6. One Bourbon, One Scotch, One Beer, 1966

John Lee Hookers Interpretation dieses Blues-Klassikers lässt Grund zur Annahme, dass während der Aufnahme wahrscheinlich mehr als nur ein Glas der im Songtitel angeführten Seelentröster im Spiel waren. Hookers singt sein eigenes Ding, bleibt im Refrain rhythmisch bei der Band und entgleitet in den Strophen immer wieder dem altbekannten Blues Pattern. Eine wirklich interessante Spannung, aber ob das so gewollt war oder ob Hooker sich etwas zu sehr vom Songtitel hat inspirieren lassen, werden wir wohl nie erfahren…


Schaut euch hier One Bourbon, One Scotch, One Beer Live in Montreal:


7. The Motor City Is Burning, 1967

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An dieser Stelle müssen wir uns gleich mit zwei Versionen dieses Songs auseinandersetzen. Klar, das Original wurde von John Lee Hooker geschrieben, eine Cover-Version hat den Titel an dieser Stelle aber erst erwähnenswert gemacht. Mehr als erwähnenswert, denn die Band, die The Motor City Is Burning gecovert hat, war MC 5. Gemanagt von John Sinclair, eine Band, die immer wieder mit der umstrittenen linksradikalen White Panther Party in Verbindung kam.

Richtig interessant wird dabei – abseits der politischen Ebene – dass die Cover-Version im Rockgewandt ein echter Erfolg war! Und zwar so sehr, dass John Lee Hooker als Reaktion selbst mal etwas härter in die Saiten schlug.


Hört euch hier den Song an und lest weiter:


8. The Healer, 1989

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Höhen und Tiefen – in den 50ern und 60ern strahlte mit John Lee Hooker ein neuer Stern am melancholischen Blues-Himmel. Aber die Zeit schritt voran und Hooker blieb etwas zurück. Und obwohl er auch in dieser Zeit fleißig Songs schrieb, war er nur noch selten in der ersten Reihe zu sehen. Soweit wäre das bekannt. Aber war das alles? Ein langsames, leises Verschwinden von der Bildfläche?

Da es sich hier eindeutig um eine Suggestivfrage handelt, lassen wir die Katze gleich mal aus dem Sack: Natürlich nicht! Ende der 90er holte sich Hooker prominente Verstärkung, unter anderem von Carlos Santana und Bonnie Raitt, und veröffentlichte das Album The Healer, das sich bescheidene 40 Wochen lang in den US Charts hielt. Der gleichnamige erste Titel des Albums sei an dieser Stelle mal zum Reinhören empfohlen.


Schaut euch hier Hooker und Santana beim Performen des Songs an::


9 Mr Lucky, 1991

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Ohne jetzt Verwirrung stiften zu wollen, aber wir haben hier wieder Song und Album mit gleichem Titel. Und das ist nicht die einzige Parallele. Nach dem Erfolgsrezept des Vorgänger-Albums trommelte Hooker wieder eine ganze Reihe namhafter Musiker zusammen, die mit der Blues-Legende nicht nur hervorragend harmonierten, sondern auch ein Album schafften, das den Blues-Standrad wieder mal nach oben korrigierte.

Das Songwriting war anscheinend so einflussreich, dass sich selbst die Kollegen von Depeche Mode inspirieren ließen. Und die würde man ja nun wirklich nicht in die Blues-Ecke stellen. Da passt Dave Gahans Tanzstil beim besten Willen nicht.


Scheut euch hier einen Live-Mitschnitt des Songs gemeinsam mit Robert Cray an:


10 I’m Bad Like Jesse James, 1992

Ein Song, der zusammen mit dem dazugehörigen Album einen bemerkenswerten Eintrag in John Lee Hookers Post-Comeback Discographie darstellt. Seine Vorgänger Alben waren allesamt für Blues-Verhältnisse dick und aufwändig produziert. Nach modernen Standards eben. I’m Bad Like Jesse James ist viel dünner, puristischer und klingt wieder nach Hookers Wurzeln. Am Ende kommt eben jeder irgendwie wieder nach Hause. Und sei es in der Musik.

Übrigens: Der belesene Blues-Liebhaber sollte grade ein Déjà-vu haben – denn besagtes, puristischer produziertes Album heißt Boom Boom. Richtig, genau wie der Song aus den 60ern. Und genau dieser Song eröffnet auch das Album. Warum? Ein nicht ganz unbekannter Jeans Hersteller hatte in Großbritannien die Idee, einen Werbespot genau mit diesem Song zu hinterlegen. Und als darauf Boom Boom die UK Charts stürmte, wurde der Titel neu aufgelegt und wieder veröffentlicht.


Hier könnt ihr euch ein Video des Songs anschauen:


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