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Iggy Pop ist so frei: Wie sich die Punk-Legende auf „Free“ wieder einmal neu erfindet

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Iggy Pop
Foto: Harmony Korine

Iggy Pop ist mit einem neuen Album zurück. Drei Jahre nach dem gefeierten Longplayer Post Pop Depression beschreitet die Punk-Ikone einmal wieder ganz andere Wege.

von Markus Brandstetter

Iggy Pop FreeWir müssen uns wehren. Gegen den Stillstand, gegen den Tod, gegen die Dunkelheit. So in etwa endet das neue Album, das uns Iggy Pop im Alter von 72 Jahren überraschend entgegenwirft. Pop, der auf dem Cover in den Wellen steht, dem Betrachter des Bildes den Rücken zugedreht, hatte nach seinem letzten Album alles hinwerfen wollen, erzählt er. Sein 2016 erschienenes, von Josh Homme produziertes Album Post Pop Depression war ein krachender Triumph – aber auch ein Resümee, ein vermeintlicher Schlussstrich. Alles hinschmeißen, weggehen, frei sein.

Soundscapes, Skizzen, Jazz

Er ist doch zurückgekommen. Mit einem Album, das er einfach passieren hat lassen, wie er sagt. Ein skizzenhaftes Album zwischen Poesie, Crooning, Introspektion und Klangflächen. Rock’n’Roll und Riffs gibt es selten, am ehesten beim Stück Dirty Sanchez. Dafür eine dichte Atmosphäre, Ausflüge in Richtung Jazz (die kennt man von ihm bereits). Für das Klangbild verantwortlich sind in erster Linie zwei Musiker*innen: die Gitarristin Sarah Lipstate alias Noveller und der Trompeter Leron Thomas.

Thomas ist es auch, den man zu Beginn des Albums hört, nachdem sich die Soundscapes wie der Ozean auf dem Coverfoto ausbreiten. Er möchte frei sein, erklärt Iggy Pop, mit dieser sonoren Stimme, die immer Sinn ergibt, die abwechselnd und gleichzeitig alles sein kann: Erzähler und Verführer, Chronist und Zerstörer, Hofnarr und Weiser. Vielleicht ist das eine der großen Freiheiten des Iggy Pop.

Iggy Pop vertont Lou Reed

Es gibt außer Iggys Stimme keinen wirklichen roten Faden auf Free – und das macht auch den Charakter des Longplayers aus. Free besteht aus Betrachtungen und Gedichten. Zum Beispiel dem Gedicht We Are The People seines Freundes Lou Reed aus dem Jahr 1970. „We are the people without land. We are the people without tradition“, heißt es darin – und weiter: „We are the people who do not know how to die peacefully and at ease. We are the thoughts of sorrows. Endings of tomorrows. We are the wisps of rulers and the jokers of kings.“ 


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Wut gegen das Sterben des Lichts

Auf besagtem Finale des Albums nimmt sich Iggy Pop unter anderem das Gedicht Don’t Go Gentle Into To That Good Night des walisischen Dichters Dylan Thomas an – ein Flehen, dem eigenen Tod gegenüber Widerstand zu leisten, nicht still und leise ins Nichts zu gehen. „Rage, rage against the dying of the light“, heißt es in dem Gedicht – die Wut gegen das Absterben des Lichts. Ähnlich stur und lebensbejahend gibt sich Iggy im finalen Stück, The Dawn. Sich niederzulegen bedeutet aufzugeben, sagt er darin. „You gotta do something / Something / Because the dark is like a challenger“.

Meditation auf Leben und Tod

Free ist eine Meditation aufs Leben und den Tod – so durchwachsen und unfertig wie das Leben selbst. „Love and sex are gonna occur to you, and neither one is gonna solve the darkness“, sagt Iggy Pop in ebenjenem Stück. Wie man genau die Dunkelheit auflösen kann, weiß auch er nicht. Ob es schlussendlich Trost geben kann, ebensowenig. Vielleicht liegt die Antwort, der Trost und die tatsächliche Freiheit ja ausschließlich in dem, was Iggy Pop mit diesem Album mit einer bemerkenswerten Selbstverständlichkeit praktiziert:konstante Veränderung.

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