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The Dark Side of the Moon: Pink Floyds größenwahnsinniges Tribut an die Menschlichkeit

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Every one is a moon, and has a dark side which he never shows to anybody.
(„Jeder ist ein Mond und besitzt eine dunkle Seite, die er niemandem zeigt.“)

Es war dieser Satz des US-amerikanischen Schriftstellers Samuel Langhorne Clemens – besser bekannt als Mark Twain – der den Titel eines der größenwahnsinnigsten Alben überhaupt inspirierte: „The Dark Side of the Moon“ von Pink Floyd. Und Größenwahn bleibt hier keine musikjournalistisch verbrauchte Metapher für einen beliebigen Superlativ. Größe und Wahnsinn dringen tatsächlich und beabsichtigt durch jede Pore der zehn ursprünglich als Live-Performance konzipierten Songs, die zwischen 1972 und 1973 (wie jedes unnormal erfolgreiche Album) in den Londoner Abbey Road Studios aufgenommen wurden.


Was am 24. März 1973 veröffentlicht und langfristig eins der meistverkauften Alben aller Zeit werden sollte, begann bereits 1971, (wie jede unnormal erfolgreiche Angelegenheit) mit einer einfachen Idee. Man wollte ein Album über die eigene Menschlichkeit machen – dieses halbdunkle Gefühl – über das, was uns alle beschäftigt, uns wirklich glücklich und wirklich unglücklich macht. Pink Floyds erstes Konzeptalbum sollte „Ausdruck eines politischen, philosophischen und menschlichen Mitgefühls“ sein, erinnert sich Bassist Roger Waters in dem 2003 erschienenen Dokumentarfilm „Classic Albums – The Making of the Dark Side of the Moon“ von Regisseur Matthew Longfellow.

Man muss dazu wissen, dass Pink Floyd in der Zeit vor „The Dark Side of the Moon“ vor allem psychedelische bis spacige Rocknummern veröffentlichte. Von ihrer Gründung, 1965, bis ins Jahr 1968 stand die Band maßgeblich unter der Regie des ersten Sängers und Gitarristen Syd Barrett. Die Songs auf Pink Floyds Debüt, The Piper at the Gates of Dawn, stammen fast ausschließlich von Barrett und sind alles andere als weltlichen Problemen gewidmet – man kann sie fantasievoll nennen, trippy, oder eskapistisch, definitiv waren sie: gerne von ihm auf LSD performt. Zu gerne.



 

Als Barretts fortschreitender Drogenkonsum ihn bei Auftritten und Studioarbeiten für das zweite Album A Saucerful of Secrets immer unzuverlässiger werden ließ, beschlossen die anderen Bandmitglieder Anfang 1968, den befreundeten David Gilmour als zusätzlichen Gitarristen und Sänger in die Band aufzunehmen. Gilmour sollte Barrett bei Live-Auftritten zunächst nur unterstützen – letzterer stand immer öfter regungslos auf der Bühne oder gab völlig apathische Interviews – ersetzte ihn aber schließlich ganz. Auf A Saucerful of Secrets ist nur noch eine einzige Komposition von Barrett zu hören. Offiziell bekannt wurde die Trennung Pink Floyds von ihrem Gründungsmitglied am 6. April 1968. Nach zwei weiteren Solo-Platten verbrachte Barrett, der zunehmend unter Realitätsverlust litt, sein Leben größtenteils in Abgeschiedenheit.


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Über die nächsten fünf Alben entwickelte sich Roger Waters immer weiter zum neuen Bandleader. Ab 1973 schrieb er – bis zu seinem Ausstieg Mitte der Achtziger – sämtliche Songtexte und Kompositionen der Band. Aber Pink Floyd schaffte es nie ganz, das Image einer Truppe abzuschütteln, die mit ihrem ausschweifenden Space Rock vor allem den Soundtrack für Exzess und Drogen lieferte. Erst mit The Dark Side of the Moon gelang es der Band, das Psychedelische, was sie bis dahin so stark definiert hatte, und damit auch die psychische Entwicklung ihres ehemaligen Mitglieds Barrett, musikalisch infrage zu stellen. Die nicht immer leichte Balance auf dem immer schmalen Grad zwischen Vernunft und Wahnsinn, Realität und Illusion, Glück und Unglück aufzuzeigen.



 

Über zwei Jahre lang wurden die Songs für „The Dark Side of the Moon“ in einer heruntergekommenen Lagerhalle der Rolling Stones geschrieben und geprobt. Waters Songtexte drehen sich um die sehr realitätsnahen Probleme Geld, wie in Money, Zeit, wie in Time, Gewalt, wie in Us and Them und Wahnsinn, wie in Brain Damage. Kritiker befanden „The Dark Side of the Moon“, im Vergleich zu früheren Pink-Floyd-Alben, entsprechend schnell für zu kommerziell. Tatsächlich wurden auch vermehrt poppige Elemente wie Synthesizer verwendet – für damalige Verhältnisse ziemlich mainstream. Auf den ersten Blick.


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Auf den zweiten Blick stellte und stellt sich The Dark Side of the Moon immer wieder als progressives Meisterwerk heraus, was sich nicht allein an den 741 ununterbrochenen Wochen in den amerikanischen Billboard Charts und den über 50 Millionen verkauften Tonträgern messen lässt, sondern vor allem an seiner fast beängstigenden Zeitlosigkeit. Mit „The Dark Side of the Moon“ hat Pink Floyd etwas getroffen, das nur wenige Bands in dieser Form überhaupt berühren: Menschlichkeit, zwischen all ihrer Größe und ihrem Wahnsinn. Allerdings nicht nur textlich, sondern gerade auch musikalisch. Bis zum finalen Eclipse steigert sich das instrumentell Ausufernde, die Fülle der Songs exponentiell. Doch auch Clare Torrys euphorischste Soulstimme kann das mulmige Gefühl am Ende nicht ganz verdrängen. Nach einer Idee des Abbey-Road-Toningenieurs Alan Parsons (auch bekannt durch seine legendäre Arbeit an der Beatles-Platte Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band) erhielten die beiden Singles Time und Money Intros aus geloopten Sequenzen von klingelnden Weckern, beziehungsweise dem Rasseln einer Registrierkasse. In Breathe (In The Air) sowie Brain Damage sind irre Schreie zu hören und in On the run schnelle Schritte und Flugzeugmotoren. Zu Beginn und Ende des Albums schlägt ein Herz. Klänge, bei denen wir noch heute die gleiche Bedrängnis fühlen wie Jahrzehnte zuvor.


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Was für Produzenten inzwischen ein paar Mausklicks sind, war damals aufwendigste Bastelarbeit: Tonbänder mit Geräuschen mussten auseinander geschnitten und zu präzise auf das Tempo des Songs abgestimmten Klangschleifen neu verklebt werden. Damals auch einzigartig: Während der Aufnahmen interviewte Waters Roadies und Angestellte der Abbey Road Studios zu den Leitthemen des Albums. Ihre Antworten schleichen sich noch heute immer wieder leicht verstörend durch die glasklar produzierte Musik. Bekanntestes Beispiel ist wohl der Satz des Pförtners Gerry O’Driscoll: „There is no dark side in the moon, really; [as a] matter of fact it’s all dark“ („Es gibt keine dunkle Seite des Mondes; tatsächlich ist es alles dunkel“).

Zwar nahm Pink Floyd in den Jahren nach The Dark Side of the Moon und in verschiedenen Konstellationen noch sieben weitere Studioalben auf – darunter das von den Fans verehrte Wish You Were Here (1975) sowie das Doppelalbum The Wall (1979) – doch für Waters war der kreative Zenit der Band seit seinem größenwahnsinnigsten Album überschritten, sodass er sich 1985 verabschiedete. Und wenn jemand beurteilen konnte, wann Größe Gefahr läuft Wahnsinn zu werden, dann er.

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Def Leppard: Neues Album mit dem Royal Philharmonic Orchestra

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Def Leppard

2023 scheint ein weiteres Def-Leppard-Jahr zu werden. Nicht nur, dass die britischen Hardrock-Legenden nach wie vor mit ihren Kollegen Mötley Crüe um den Globus touren. Nein, „Def Lep“ bringen dieses Jahr auch noch eine neue Platte raus — gemeinsam mit dem Londoner Royal Philharmonic Orchestra.

von Timon Menge

Def Leppard und ein Orchester? Zugegeben, das klingt erstmal abenteuerlich. Doch der Vorab-Single Animal nach zu urteilen machen die Briten auf Drastic Symphonies eine wichtige Sache richtig: Sie überladen ihren Sound nicht. Wo Rockbands in der Zusammenarbeit mit Klassik-Ensembles häufig Gefahr laufen, zwei ausdrucksstarke Musik-Genres übereinander zu schichten, sodass am Ende eine unangenehme „Wall Of Sound“ entsteht, halten sich Def Leppard bewusst zurück und lassen das Royal Philharmonic Orchestra das Beste aus ihren Kompositionen herauskitzeln.

Gitarrist Phil Collen bestätigt die songdienliche Herangehensweise: „Als das Angebot kam, ein Album mit dem Royal Philharmonic Orchestra aufzunehmen, fühlten wir uns geehrt. Wir wollten aber nicht einfach nur das Orchester über unsere bisherigen Aufnahmen klatschen. Wir haben uns dazu entschieden, etwas ganz Besonderes zu erschaffen — etwas Klassisches, aber auf eine brandneue Art und Weise, sodass es im Kontext von Drastic Symphonies funktioniert. Wir haben neue Parts eingespielt, bestehende Sounds neu abgemischt und Instrumente rausgenommen, um dem Orchester Raum zum Atmen zu geben — also buchstäblich ein neues Album eingespielt.“


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Das neue Def-Leppard-Album Drastic Symphonies: ein Herzensprojekt

Def-Leppard-Sänger Joe Elliott kommentiert Drastic Symphonies folgendermaßen: „Def Leppard fanden es schon immer toll, aus allzu vorhersehbaren Pfaden auszubrechen — wie zum Beispiel bei unseren Arbeiten mit Tim McGraw, Taylor Swift und Alison Krauss. Als wir das Angebot bekamen, einige Songs aus unserem Backkatalog mit dem Royal Philharmonic Orchestra neuzugestalten, haben wir uns sofort darauf gestürzt.“ Ihm sei bewusst, dass Def Leppard nicht die erste Band sei, die mit einem Orchester spiele, doch er und seine Mitmusiker hätten einfach nicht widerstehen können.

Erscheinen soll Drastic Symphonies am 19. Mai 2023. Auf diese Songs im klassischen Gewand dürft ihr euch freuen:

  • Turn To Dust
  • Paper Sun
  • Animal
  • Pour Some Sugar on Me (Stripped Version)
  • Hysteria
  • Love Bites
  • Goodbye For Good This Time
  • Love 
  • Gods Of War
  • Angels (Cant Help You Now)
  • BringinOn The Heartbreak
  • Switch 625
  • Too Late For Love
  • When Love & Hate Collide
  • Kings Of The World
  • Have You Ever Needed Someone So Bad (Bonus auf Vinyl- und Atmos-Version)

Wer Def Leppard (und Mötley Crüe) live sehen möchte, hat dieses Jahr gleich dreimal die Möglichkeit dazu:

  1. Mai 2023 Mönchengladbach, SparkassenPark
  2. Mai 2023 München, Königsplatz
  3. Juni 2023 Hannover, Expo Plaza

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Zeitsprung: Am 1.8.1959 kommt Joe Elliott von Def Leppard zur Welt.

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Rush: „Signals“ erscheint als Super Deluxe Edition

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Rush
Titelfoto: Pete Still/Getty Images

Das Album Signals der Prog-Götter Rush feiert (mit ein wenig Verspätung) seinen 40. Geburtstag. Diesen Ehrentag begeht die Band mit einer Super Deluxe Edition, die es so richtig in sich hat.

Signals ist das neunte Studioalbum von Geddy Lee, Alex Lifeson und Neil Peart. Es erschien am 9. September 1982 und gilt längst als Klassiker. Das Album entstand teilweise auf der Tour zum Vorgänger Moving Pictures.  Rush nutzen die Soundcheck-Zeit, um an neuem Material zu arbeiten. Herausgekommen sind dabei acht grandiose Tracks — begonnen mit dem Opener Subdivisions bis hin zum finalen Song Countdown.

Hier könnt ihr euch Signals anhören:

Alex Lifeson über Signals

„Nach dem Erfolg von Moving Pictures hätten wir alles machen können, was wir wollten”, erklärte Lifeson in einem Interview mit Louder Sound, und ergänzte: „In der Welt von Rush bedeutet das normalerweise, dass es Zeit ist, sich zu verändern.“ Lifeson sieht Signals als wesentliches Album der Bandgeschichte an, deutet aber auch auf den schweren Entstehungsprozess hin: “Ich stimme mit dem Konsens überein, dass Signals zu unseren wichtigsten und interessantesten Platten gehört. Aber aus offensichtlichen Gründen habe ich gemischte Erinnerungen an diese Platte“.

Signals: Details zur Super Deluxe Edition

Die Super Deluxe Edition von Signals  kommt mit einem brandneuen Hugh Syme-Cover. Zu hören bekommt man den Remaster aus dem Jahr 2015, das erstmals auf CD erscheint. Vinyl-Aficionados kommen ganz besonderes auf ihre Kosten: Zum ersten Mal wurde Signals mit halber Geschwindigkeit über DMM geschnitten und auf 180g schwarzes Vinyl gepresst.


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Rush - Signals (40th Anniversary)
Rush
Signals (40th Anniversary)
Limited Picture Disc

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Ebenfalls enthalten ist eine Blu-ray-Audio-Disc mit neuen Dolby Atmos- und 5.1-Surround-Mixes von Richard Chycki, das 48kHz-24-Bit-Stereo-Remaster von 2015, neue animierte Visualizer für jeden Song und zwei Bonus-Musikvideos für Subdivisions und Countdown. Damit nicht genug: Abgerundet wird das Package von einem 40-seitigen Hardcover-Buch mit Illustrationen, Original-Bandfotos und mehr. Zusätzlich zur Deluxe Edition erscheint auch eine Picture-Disc


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Signals (40th Anniversary)
Limited Super Deluxe Box

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Rush veröffentlichen Jubiläumsedition von „Moving Pictures“

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„Multitudes“: Feist kündigt erstes neues Album seit sechs Jahren an

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Feist
Foto: Mary Rozzi

2017 erschien Pleasures, dann wurde es ruhig um Feist. Jetzt bricht die grenzgängerische Künstlerin ihr Schweigen – und kündigt für den 14. April 2023 ihr neues Album Multitudes an. Bei uns im Store kann man es bereits vorbestellen.

von Björn Springorum

Feist steht seit bald 20 Jahren für beschwörenden, kathartischen Indie Pop. Die kanadische Künstlerin vereint zahlreiche Stile in ihrer Musik und lotet die Grenzen des Pop immer wieder aufs Neue aus. Klassik, Soul, Jazz – erlaubt ist, was ihr gefällt. Das gab in den vergangenen Jahren zahlreiche Preise und Goldene Schallplatten. Jetzt bricht sie ihr fast sechsjähriges Schweigen: Am  14. April 2023 erscheint ihr neues Album Multitudes – und gleich drei brandneue Tracks daraus hat sie bereits veröffentlicht: In Lightning, Love Who We Are Meant To und Hiding Out In The Open.

Tod und neues Leben beherrschen die Songs

Auch für Multitudes schlüpfte Feist wieder mit ihren langjährigen Partnern Robbie Lackritz (The Weather Station, Bahamas, Robbie Robertson) und Mocky (Jamie Lidell, Vulfpeck, Kelela) unter eine Decke. Zusätzlicher Input beim Mix kam außerdem von Blake Mills (Bob Dylan, Fiona Apple, Perfume Genius) und Joseph Lorge.


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Feist - Multitudes
Feist
Multitudes
Excl. Col. LP, CD

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Beherrscht wird das Album von zwei einschneidenden, prägenden Erlebnissen in Feists Leben, die gegensätzlicher kaum sein könnten: die Geburt ihrer Tochter und der plötzliche Tod ihres Vaters. Die Erlebnisse und Gefühle, die sie in dieser Zeit bewegten, hat sie nach und nach in die neuen Stücke fließen lassen. Multitudes konnte allerdings nur entstehen, weil Feist alles über Bord warf, was sie in den Jahren davor zu wissen glaubte. Sie stellte sich nackt und unverhüllt der Trauer und dem neuen Leben und rang diesen Zeiten ein kräftigendes, reinigendes Pop-Manifest ab, durchzogen von andersweltlicher Schönheit.

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Liebesbrief an London: Adeles Debüt „19“ wird 15 Jahre alt

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