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Popkultur

Zeitsprung: Am 24.1.1995 veröffentlichen Van Halen ihr letztes Album mit Sammy Hagar: „Balance“.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 24.1.1995."

von Christof Leim

Am 24. Januar 1995 erscheint die vierte Van-Halen-Scheibe mit Sammy Hagar am Mikro. Wie schon die drei Alben zuvor landet Balance ohne Umwege auf Platz Eins der US-Charts, unbeeindruckt von der Popularität des Grunge. Leider sollte Balance aber auch die letzte Platte von Sammy mit den Van-Halen-Brüdern bleiben. Blicken wir zurück auf ein nicht ganz gewöhnliches Werk der amerikanischen Hard-Rock-Institution.

Hört euch Balance hier an, während ihr weiterlest:

1995 weht ein neuer Wind: Die Welt des Rock hat sich weitergedreht, coole Bands wie Alice In Chains und Nirvana dominieren mit düsteren Sounds die Szene und bilden die Antithese zu den hedonistischen Siebzigern und Achtzigern. Einer Institution wie Van Halen, groß geworden in genau diesen Zeiten, macht das jedoch nicht viel aus. Das neue Album Balance, auf das die Fans vier Jahre warten mussten, marschiert an die Spitze der Hitparade, enthält fünf erfolgreiche Singles und verkauft sich sogar besser als der Vorgänger For Unlawful Carnal Knowledge.

Gleichbleibender Stil

Ihren Stil haben Van Halen nicht groß geändert, doch es lässt sich nicht leugnen, dass die Songs ernster klingen und ja, vielleicht sogar ein bisschen düsterer. Zumindest erinnern der Opener The Seventh Seal und die Single Don’t Tell Me (What Love Can Do) von der Stimmung her auffällig wenig an die sonnendurchfluteten Partysongs von einst.

Von Zeitgeistanpassung will Gitarrengott Eddie Van Halen allerdings nichts wissen und sagt in einem Interview mit Guitar International: „Wir haben immer unser Ding gemacht und es soweit gebracht, wie wir konnten, egal, was gerade im Radio lief. Unseren Plattenvertrag haben wir während Punk und Disco bekommen, jetzt gibt es eben Rap und Grunge. Wie ich Songs schreibe, hat sich nie geändert. Ich spiele, was mir gefällt.“ Und natürlich klingen Van Halen immer noch nach Van Halen, aber die vier kalifornischen Rockstars sind Mitte der Neunziger um die 40 und werden womöglich langsam erwachsen. Vielleicht wirkt Balance deshalb auch einfach nur reifer. Eddies Instrument hat dabei einen offeneren Sound als früher, man könnte sagen: mehr Fläche als Brett. Natürlich kann der Meister immer noch sämtlicher Gitarrenkonkurrenz zeigen, wo der Klampfenhammer hängt, aber meistens spielt er vor allem songdienlich und kreativ.

Entspannt zum vierten Nummer-eins-Album in Folge: Van Halen auf der Rückseite von Balance.

MTV sperrt das Video

Zu den Höhepunkten gehören die mystische Eröffnungsnummer The Seventh Seal mit Mönchsgesang-Intro, die dramatische Ballade Not Enough (mit Background-Vocals von Steve Lukather) und das flotte Spaßlied Amsterdam. In dem geht es unter anderem um in den Niederlanden erlaubte Kräuterzigaretten, was MTV dazu bewegt, das Video abzulehnen. Ach Gottchen. Für das Zwischenspiel Strung Out fummelt Eddie mit Essbesteck im Inneren eines Pianos herum, auf Big Fat Money lässt er die schnellen Riffs wie früher fliegen, und mit Can’t Stop Lovin’ You landen die Herren sogar einen lupenreinen Pophit. Der Titel des Instrumentals Baluchiterium schließlich ist der lateinische Name eines Urzeit-Mammuts, womit sich ein Kreis schließt: In ihren frühen Tagen hießen Van Halen noch Mammoth.

Im März 1995 geht es mit den neuen Songs auf die Straße, doch leider sind die Van Halen-Brüder gesundheitlich angeschlagen: Eddie hat massive Probleme mit der Hüfte, Trommler Alex muss wegen angeknackster Wirbelsäule eine Halskrause tragen. Die Konzertreise heißt deshalb Ambulance Tour. Mehrere Shows werden mitgeschnitten und im Bezahlfernsehen ausgestrahlt. Die ganze Show taucht irgendwann im Internet auf, eine geplante Veröffentlichung als Homevideo fällt ins Wasser.

Es ist nicht alles gold was glänzt

Nummer-Eins-Album, Welttour, fette Singles, volle Hallen – läuft also bei Van Halen? Leider nicht. Schon während der Aufnahme herrscht dicke Luft zwischen Sammy auf der einen sowie Eddie und Alex auf der anderen Seite. Als Songwriter sind sie ständig gegensätzlicher Meinung, zudem gibt es Streit wegen eines neuen Managers, der zufällig auch der Schwager von Alex Van Halen ist. Eddie gibt später im Magazin Guitar World zu Protokoll: „Seit ich am 2. Oktober 1994 mit dem Trinken aufgehört habe, schwelten eine ganze Reihe Konflikte zwischen unserem Manager Ray Danniels, Sammy und der Band. Irgendwann wurde es so schlimm, dass ich sogar wieder mit Saufen angefangen habe.“ Autsch. Am 16. Juni 1996 kommt es folglich zu einem ernsten Telefonat zwischen Eddie und Sammy, und das Mark-II-Line-up von Van Halen ist Geschichte. Mindestens in kreativer Hinsicht sollte sich die Band davon nicht mehr erholen.

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Zeitsprung: Am 24.3.1986 triumphieren Van Halen mit neuem Sänger und „5150“.

Popkultur

Review: Auf „But Here We Are“ von den Foo Fighters tanzt der Tod immer mit

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Foo Fighters HEADER
Foto: Medios y Media/Getty Images

Der Tod ist fest mit dem Wesen der Foo Fighters verbunden. Deswegen kommt auch das große Trauerwerk But Here We Are nicht ohne eine ordentliche Dosis Memento Mori aus. Am Ende siegt auf dieser großen amerikanischen Rock-Platte aber das Leben. Wie immer bei Dave Grohl.

von Björn Springorum

Ohne den Suizid von Kurt Cobain gäbe es die Foo Fighters gar nicht. Hätte Dave Grohl kein Ventil für seine Trauer gebraucht, für die Implosion von Nirvana, seines Lebens und seiner bisherigen Karriere. Von der puren Rock’n’Roll-Katharsis des Debüts Foo Fighters, geschrieben und eingespielt von Grohl allein, bis zum zehnten Album Medicine At Midnight, von 1995 bis 2021, schien es nichts zu geben, was diese Band aufhält.

Die letzte große Rockband der USA

Die Foo Fighters waren eher eine Bruderschaft als eine Rock-Truppe, ein verschworener Haufen enger Freunde, die das Schicksal zusammengeführt hat und die entgegen aller persönlichen Erwartungen aus nichts Gold gemacht haben. Superstars, immer auf dem Teppich geblieben, immer gut gelaunt, immer gewillt, eine Kavalkade von drei Stunden ungefilterter Rock-Power hinzulegen. Spätestens seit dem Ende von Tom Petty und den Heartbreakers waren sie die letzte große Rock-Band der Vereinigten Staaten, der Dinosaurier aus Stadionzeiten, der länger dabei war als das Internet.

Dann kam der 25. März 2022. Und Dave Grohls Welt wurde einmal mehr schwarz. 28 Jahre nach dem Selbstmord von Kurt Cobain stirbt Taylor Hawkins an einer Medikamentenüberdosis (https://www.udiscover-music.de/popkultur/die-unvergesslichsten-momente-von-taylor-hawkins). Wieder verliert Dave Grohl einen seiner besten Freunde. Und wieder lässt er sich von der Musik retten. Dass But Here We Are gerade mal ein gutes Jahr nach Hawkins’ Tod (und dem Tod von Grohls Mutter Virginia) erscheint, ist kein Zufall. Dass es dieselbe viszerale, intime, fiebrige Energie hat wie das 1995er Debüt, auch nicht.

Grohl spielt die Drums als Tribut ein

Geschichte wiederholt sich. Bei den Foo Fighters sieht man das auf besonders gruselige Weise. Damals ein junger Dave Grohl, fast noch grün hinter den Ohren und immer noch überrumpelt vom unfassbaren, vom destruktiven Erfolg Nirvanas, heute ein gestandener Rockstar, erfahren, versiert. Im Grunde aber eben immer noch derselbe Typ, der um einen engen Freund trauert. Wie 1995, spielt Grohl wieder die Drums ein, ein Akt des Abschieds, der Heilung, ein Tribut an Hawkins, einen ganz großen hinter dem Kit.

Produziert von Greg Kurstin und der Band selbst, ist But Here We Are ein Album, das die Dualität von Leben und Tod schmerzhaft genau auf den Punkt bringt. Der Tod tanzt mit, immer und überall. Es ist für die Foos eben nur kein Grund, ihn über das Leben triumphieren zu lassen. Deswegen klingt ihre erste so schroff, hart und verzerrt wie zuletzt ihre Werke in den Neunzigern; doch zugleich liegt in den Arrangements, in den Melodien und auch in Grohls Gesang ein Silberstreif, ein ahnungsvolles Raunen, das sagen wird: Vielleicht ist morgen auch noch ein Tag. Nutzen wir ihn. Wut gibt es eine Menge auf dem Album, Frustration und Bockigkeit auch. Aber eben auch Akzeptanz, Ruhe und Stärke. But Here We Are ist wie eine Tour de force durch die verschiedenen Trauerphasen – mit ihrer besten Ensembleleistung seit Wasting Light.

Klares Highlight ist The Teacher

Die Vorabsingles Rescued, Another You und Show Me How (gesungen mit Grohls Tochter Violet) machten vorab klar, dass die Foo Fighters weiterhin der großen amerikanischen Stadion-Rock-Tradition folgen; insbesondere Stücke wie The Teacher, ein zehnminütiges, formwandelndes, chimärisches, mal düsteres, mal psychedelisches und mal hoffnungsvolles Stück Rock-Musikgeschichte, stehen aber für Momente, die es vor 2022 so wahrscheinlich nicht gegeben hätte. Der Titelsong zum Beispiel berstet vor Intensität und bringt Grohl gesanglich an seine Grenzen, während Hearing Voices von monochromen The-Cure-Gitarren und feiner Melancholie durchzogen ist.

Das Album, das sie nie machen wollten

Das Trauma, die Wunden, die Desorientierung und die pure Fassungslosigkeit sind Dauergast auf But Here We Are. Grohl und die Foo Fighters verwandeln sie aber als Waffen, als Mittel zum Zweck, um sich selbst aus dem Tal der Tränen zu ziehen. Sie kommen nah dran an eine neue Bestmarke – ausgerechnet mit einem Album, das sie nie machen wollten. Das ist schmerzlich, aber eben irgendwie auch heilsam. Und am Ende typisch Foo Fighters. Das sagt auch schon der Albumtitel. But Here We Are, und doch sind wir hier. Es ergibt keinen Sinn, wer lebt und wer nicht, wer überlebt. Doch alle die, die noch hier sind, müssen weitermachen. Und wenn auch nur für die, die nicht mehr hier sind. Dazu passt Rest, ein dräuendes Akustikstück wie zu besten Nirvana-Zeiten, mit einem Dave Grohl von seiner verletzlichsten Seite. Spätestens da bleibt kein Auge trocken. Und wenn doch, dann sollte sich diese Person ernsthafte Gedanken machen.

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Popkultur

Gefeiert von der LGBTQ-Community: Diese 15 Musik-Ikonen haben ihren Fans geholfen, ihre Stimme zu finden

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Freddie Mercury
Foto: Steve Jennings/WireImage/Getty Images

Mal waren es unmissverständliche Messages in den Songtexten, mal war es schlicht die Energie, der Vibe oder die Lebensfreude, die ihren Popentwurf so unwiderstehlich machten: Diese 15 Künstler*innen werden seit vielen Jahren von der LGBTQ-Community als Ikonen gefeiert, weil sie ihrer Zeit meilenweit voraus waren – und sie die Welt mit ihrer Musik nachhaltig verändern konnten.

In allen Lebensbereichen gibt es Pionier*innen, Wegbereiter*innen und Vorreiter*innen – sie sind so vielfältig, bunt und divers wie die Communitys, die sie feiern. Extrem facettenreich und farbenfroh ist dabei gerade die Palette jener Künstler*innen, die bereits seit Jahren von der LGBTQ-Community zelebriert werden: Da findet man nicht nur Popgenies, deren Sound wie pure Lebensfreude klingt, sondern auch Künstler*innen, deren rastlose Energie dermaßen ansteckend ist, dass dieser Funke früher oder später zwangsläufig überspringen und zum Wandel beitragen musste. Feiern muss man sie alle – und zwar nicht nur im Pride Month.

Ein kleiner Einblick in eine große, bunte Welt

Obwohl wir versucht haben, möglichst viele dieser Ikonen zu feiern, stößt natürlich auch die folgende Liste an ihre Grenzen und kann immer nur ein subjektiver Blick auf die breite, bunte, bewundernswerte Welt der LGBTQ-Artists sein. Andererseits sind natürlich auch hier ein paar offensichtliche Namen dabei, bei denen es keine Diskussionen geben kann – so groß und tiefgreifend ist ihr Beitrag als klangliche Speerspitze der LGBTQ-Bewegung. Als Madonna ihre Reichweite als größte Pop-Ikone des Planeten nutzte, um auch jene sonst im Schatten versteckten Aspekte der Sexualität zu erkunden, war das ähnlich mutig wie der Entschluss jenes jungen Rockmusikers, der Anfang der Siebziger erstmals als offen „schwuler Rockmusiker“ ins Rampenlicht trat, wo doch die Schwulenbewegung in jenen Tagen gerade erst langsam losging. Auch wenn die Gründe, diesen Schritt zu bereuen, in Jobriaths Fall noch offensichtlicher wirken, darf man auch nicht vergessen, wie hart Madonna für ihre Provokationen angegangen wurde und wie viel sie später dafür einstecken musste.

Der Mut, zu den eigenen Überzeugungen zu stehen, ist das entscheidende Merkmal dieser Pionier*innen – und alle Musiker*innen auf der folgenden Liste haben genau das auf die eine oder andere Art getan. Wir leben in einer Zeit, in der viele dieser Schlachten inzwischen gewonnen sind, doch der Kampf um mehr Akzeptanz wird in vielen Teilen der Welt nach wie vor geführt. Wenn es eine dazugehörigen Lektion gibt, die sich wie ein unsichtbarer Faden durch diese Liste zieht, dann ist es wohl die Einsicht, dass Veränderung durchaus möglich ist – wenn man seine Message so verpackt, dass eine Verbindung zu den Menschen entsteht: Große Songs, großartiger Style, grandiose Musik, ja selbst ein bloßer großer Spaß können manchmal kraftvoller sein als ein politischer Slogan. Hier sind 15 Pionier*innen, die LGBTQ-Fans dabei geholfen haben, ihre Stimme zu finden.

1. Freddie Mercury

Der vielleicht größte Showman der Rockgeschichte konnte ein Publikum in seinen Bann ziehen wie niemand sonst – weshalb der legendäre Queen-Auftritt bei Live Aid im Jahr 1985 längst zu den ikonischsten Momenten des Rock zählt. Und natürlich war auch seine sexuelle Orientierung ein entscheidender Faktor für die Musik und das ganze Image von Queen – wobei diese Band wirklich jede Art von Grenze transzendierte, niemanden dabei entfremdete und mit jedem erdenklichen Genre flirtete, angefangen bei den Disco-Anflügen von Another One Bites The Dust bis hin zum opernhaften Pomp von Innuendo.

2. Lady Gaga

Lady Gaga, die ihre Fans liebevoll als „Little Monsters“ bezeichnet, womit sie sich auf einen thematischen Faden ihres zweiten Albums bezieht, ist es über die Jahre gelungen, eine fast schon spirituelle Beziehung zu ihren Anhänger*innen aufzubauen. Viele der Probleme, mit denen sie selbst konfrontiert wurde, hat sie absolut offen in der Musik und auf der Bühne adressiert – und ihre Glaubwürdigkeit als Dancepop-Queen dazu genutzt, um gerade ihre zunehmend theatralischen Performances so zu gestalten, dass dabei starke Botschaften im Mittelpunkt stehen. Wer schon mal eine dieser Shows erlebt hat, weiß, dass bei Lady Gaga alles im Zeichen von Liebe und Akzeptanz steht.

3. Elton John

In den Siebzigern schien zwar jeder Mensch eine Platte von Elton John zu besitzen, aber er selbst war damals einfach zu beschäftigt mit seiner Arbeit, um diese Position anderweitig zu nutzen: zum Beispiel als Plattform, um die Situation schwuler Männer zu thematisieren. Schlagartig ändern sollte sich das erst, als Elton John seinen enormen Einfluss nutzte, um Millionen für seine eigene AIDS-Wohltätigkeitsorganisation zu sammeln. Während die Charity-Organisation nach wie vor wichtige Arbeit leistet, war Elton bei einer anderen Sache ganz früh mit dabei: 2005 nutzte er gleich den ersten Tag, an dem eingetragene Lebenspartnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare in Großbritannien möglich wurden, um seinem langjährigen Partner David Furnish vor großem Publikum ein kurzes und dabei wahnsinnig wichtiges Wort zu sagen.

4. ABBA

Die Eurovision-Abräumer aus Schweden avancierten in den Siebzigern und frühen Achtzigern endgültig zur größten Popband der Geschichte: Ihre ikonischen Hymnen begleiten uns seither in jeder Lebenslage und in jeder Ecke der Welt – mal im Film (Mamma Mia!), mal auf der Bühne (dito), vor allem aber auf jeder Hochzeit und jedem anderen großen Fest. Als dann vor ein paar Jahren bekannt wurde, dass es sogar brandneue Songs von ABBA geben würde, stand die Welt endgültig Kopf, denn mit dieser Voyage nach so langer Pause hatte wirklich niemand gerechnet …

5. David Bowie

Der erste große Verwandlungskünstler der Popgeschichte kokettierte in Zeiten des flächendeckenden Konservatismus mit provokanten Bildern und Worten, mit Sounds und Styles: Seine homoerotisch aufgeladene Performance von Starman bei Top Of The Pops im Jahr 1972 (zusammen mit Mick Ronson) sorgte bei den Jüngeren für einen grandios beschleunigten Puls, während die Elterngeneration eher Probleme damit hatte, den Blutdruck unter Kontrolle zu bekommen. Vor allem aber wurde Bowie damit zum ultimativen Superstar im Vereinigten Königreich – um wenig später dann ja auch den Rest der Welt zu erobern.

6. Madonna

Obwohl sie immer wieder dafür kritisiert wurde, sich zu sehr beim zeitgenössischen Popgeschehen zu bedienen, um diese gefundenen Früchte dann ganz provokativ auf ihre Art neu zu servieren, kann wohl niemand abstreiten, welch einzigartige Macht Madonna seit Jahrzehnten über den kulturellen Zeitgeist hat. Auf dem Höhepunkt der AIDS-Krise nutzte sie diese größtmögliche Bühne, um die damals umstrittenen Botschaften von Akzeptanz und Empowerment im Rahmen von umwerfenden Stadionshows und mit etlichen nicht weniger umwerfenden Pop-Hymnen zu verbreiten.

7. Judy Garland

Die gequälte Seele dieser Ikone sagt alles über die Paranoia und überhaupt über jene Zeit, als Homosexualität zum Teil noch illegal war – von gesellschaftlicher Akzeptanz ganz zu schweigen. Ihr Doppelalbum Judy At Carnegie Hall aus dem Jahr 1961, das später auch noch einmal komplett von Rufus Wainwright live aufgeführt wurde, bescherte ihr einen Grammy und markierte den absoluten Höhepunkt einer Ausnahmekarriere, die 1969 viel zu früh mit ihrem Tod enden sollte. Ein Ereignis, von dem man sagt, es habe auch dazu beigetragen, die Stonewall-Unruhen in New York City auszulösen. Dass die Ausschreitungen in der Christopher Street nur der Anfang einer sehr viel größeren Bewegung waren, muss man heute zum Glück niemandem mehr erklären.

8. Dusty Springfield

Sie war eine von Selbstzweifeln und Ängsten geplagte Perfektionistin – und die größte Angst von Dusty Springfield bestand darin, dass ihre wahre sexuelle Orientierung ans Licht kommen könnte: Obwohl ihre Sixties-Hits wie You Don’t Have To Say You Love Me gar nicht von ihr selbst geschrieben wurden, schaffte sie es im Studio immer wieder, dass man ihr jedes Wort glaubt. Eine längere Phase der Zurückgezogenheit beendete sie dann im Jahr 1987, als sie gemeinsam mit den Pet Shop Boys den Song What Have I Done To Deserve This? präsentierte, auf den sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1999 noch zwei weitere Studioalben folgen ließ.

9. Kylie Minogue

Auch wenn es in der Anfangszeit nur wenige gab, die eine lange Karriere der Australierin für möglich hielten, hat Kylie seither der ganzen Welt gezeigt, wie globaler Erfolg über Jahrzehnte aussieht – und wie man zum größten Star aus Down Under wird. Dabei waren schon die frühesten Hits, produziert von der Hitschmiede Stock Aitken Waterman, besonders angesagt in der LGBTQ-Community. Für das relativ junge Golden-Album, das in Großbritannien direkt auf die Nummer 1 und in Deutschland in die Top-3 ging, verknüpfte sie ihren typischen Mix aus Pop und Dance sogar mit Sounds aus der Country-Metropole Nashville.

10. Cher

Vielleicht waren es die grandiosen Outfits von Bob Mackie, vielleicht auch nicht, aber gerade schwule Männer entwickelten schon sehr früh ein gewisses Faible für die unsterbliche Cher, die selbst eine schwierige Ehe (und zugleich eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung) mit Sonny hinter sich lassen konnte, um danach eine der größten Solokarrieren zu launchen. Nachdem sie sich jahrelang auf Filmrollen und Soft Rock konzentriert hatte, lieferte sie ihrer treuen Fanbase im Jahr 1998 die ultimative Schwulenhymne, als Believe zum größten Hit ihrer Karriere avancierte.

11. Morrissey

Niemand sonst kann so sexy und geschlechtslos zugleich flirten: Die neckische Art von Morrissey jedenfalls verführt und verärgert das Publikum schon seit Jahrzehnten, denn der Ex-Frontmann von The Smiths wusste von Anfang an, wie man eine Indie-Crowd anmacht, die mit den Disco- und Popsounds der Achtziger nichts am Hut haben wollte. Berühmt ist inzwischen auch die zeitgleich zur Veröffentlichung seiner Autobiografie gemachte Erklärung, er sei „humasexuell“ (und nicht homosexuell), obwohl zugleich bekannt wurde, dass seine erste richtige Beziehung die Partnerschaft mit dem Fotografen Jake Owen Walters war. Es bleibt also weiterhin spannend.

12. Pet Shop Boys

Seit dem Jahr 1985 hat das legendäre britische Synthie-Duo sehr viel übers Schwulsein im Hier und Jetzt gesagt – ohne jemals viele Worte darüber zu verlieren. Visuell und musikalisch unverwechselbar, sind Neil Tennant und Chris Lowe auch für ihre grandiosen Bühnenshows und ihre Soundtracks immer wieder gefeiert worden. Vor allem aber steht ihr Name einfach mal für ein paar der größten Popsongs der letzten vierzig Jahre.

13. Jobriath

Komplett misslungenes Marketing war daran schuld, dass Jobriaths gleichnamiges Debütalbum aus dem Jahr 1973 ziemlich nach hinten losging, woraufhin der erste offen schwule Rocksänger der Geschichte den Blick auf die Glam-Szene richtete, was im Mainstream aber auch niemanden hellhörig werden ließ. Auch wenn er inzwischen als wichtiger Wegbereiter gefeiert wird, floppte damals auch das zweite Album, weshalb Jobriath 1975 seinen Rückzug bekanntgab. Anfang der Neunziger versuchte schließlich Morrissey, selbst langjähriger Fan des US-Amerikaners, ihn für eine Tour als Support-Act zu gewinnen – nur um zu erfahren, dass die frühe Ikone der LGBTQ-Bewegung schon knapp ein Jahrzehnt zuvor an den Folgen einer AIDS-Erkrankung verstorben war.

14. Sylvester

Dieser extravagante Star der Disco-Ära musste auf seinem Weg viel Mut beweisen, denn die Welt war damals längst nicht so inklusiv wie heute. Sein größter Hit You Make Me Feel (Mighty Real) wird für immer und ewig auf den Playlisten vertreten sein, denn er bringt wie kein anderer Song den Spirit der Disco-Szene von San Francisco in jenen sorglosen Tagen auf den Punkt, als die AIDS-Welle noch nicht zum Problem geworden war. Diese Welle nämlich sollte 1988 auch das Leben des Sängers mit der ikonischen Falsettstimme auslöschen.

15. kd lang

Die kanadische Country-Singer-Songwriter*in kd lang hat es geschafft, eine gute Balance zwischen Musikkarriere und Aktivismus zu finden. Richtig los ging’s mit ihrer Karriere, nachdem sie mit Roy Orbison an einer Grammy-gekrönten Coverversion von Crying gearbeitet hatte. Ihr größter Hit Constant Craving, veröffentlicht auf dem Album Ingénue von 1992, ging dann etwa zeitgleich mit der Nachricht von ihrem Coming-out um die Welt. Seither eine der größten LGBTQ-Musiker*innen aus Kanada, stand kd lang auch für diverse Film- und TV-Rollen vor der Kamera.

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This Could Be Heaven For Everyone: 10 Pride-Hymnen

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This Could Be Heaven For Everyone: 10 Pride-Hymnen

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Regenbogenflagge
Foto: Getty Images

Die LGBTQ-Community hat schon immer ihre persönlichen Hits und Hymnen. Manchmal sind ihre Slogans programmatisch und politisch, manchmal machen sie einfach nur richtig viel Spaß. Nicht immer wurde eine solche Wirkung von den Künstler*innen beabsichtig, aber oft stehen sie eben für bestimmte Werte oder Freiheiten. Hier kommen unsere persönlichen Favoriten unter den queeren Protestsongs und  Partyhits – ohne It’s Raining Men und YMCA, aber mit nicht weniger Power.

von Michael Döringer

1. Madonna – Vogue (1990)

Sexuelle Freizügigkeit und Anspielungsreichtum zeichneten Madonna schon immer aus und sie wurde bald zu einer Ikone der Schwulenszene. Das erreichte mit der Single Vogue und dem dazugehörigen Video von David Fincher einen Höhepunkt. Der House-Pop-Song ist eine Verneigung vor der New Yorker Voguing-Szene. Dabei geht es um expressiven Tanz, Mode und homosexuelle Körperpolitik. Natürlich ist der Song seitdem in diesem Kontext nicht mehr wegzudenken. Strike a pose!

2. Lady Gaga – Born This Way (2011)

Auch andere Popstars wie Britney Spears oder Kylie Minogue werden in der queeren Community vergöttert, doch Lady Gaga ist die wahre Nachfolgerin von Madonna. Ihre Pophits kamen nicht nur mit dem nötigen Glam und entfesselter Energie, sondern auch mit starken Parolen, die wichtige Anliegen auf den Punkt brachten. Born This Way hat alles, was eine solche Hymne braucht: die Kraft und die Worte. Es richtet sich an alle Außenseiter*innen und Marginalisierten: „I’m beautiful in my way / Cause God makes no mistakes / I’m on the right track, baby I was born this way.“

3. R.E.M. – Losing My Religion (1991)

Dass es bei R.E.M.s Riesenhit nicht um Religion geht, ist kein Geheimnis. Es ist ein Song über unerwiderte Liebe, und daraus kann sich jeder Mensch auf der Welt seine eigene Bedeutung drehen. Als Michael Stipe offenbarte, dass er sich sexuell nicht in den gängigen Kategorien hetero, bi oder schwul verortet, fiel seiner Person und allen R.E.M.-Songs damit natürlich eine schwerwiegende Bedeutung zu, und so wurde auch Losing My Religion zu einer tröstenden Hymne für alle Lover, auch abseits der gesellschaftlichen Norm.

4. Queen – I Want To Break Free (1984)

Bei Queen verhält es sich ähnlich wie bei R.E.M., nur dass Freddie Mercury durch seine ganze Persona sofort zur Schwulenikone avancierte – auch wenn er nie ein klares Coming-Out vollzog. In Queen-Songs wie I Want To Break Free ist es aber überdeutlich angelegt, vom Musikvideo ganz abgesehen.

5. Joan Jett & The Blackhearts – Oh Woe Is Me (1981)

Wo sind die lesbischen Vorbilder im Rock? Joan Jett ist eines von ihnen. Über ihre ganze Karriere hinweg sah sie sich immer wieder mit Gerüchten und Nachfragen zu ihrer Sexualität konfrontiert, doch sie ließ alles immer in der Schwebe und gab nie konkrete Antworten. Irgendwann hatte sie so um die Sache herumgeredet, dass kein Zweifel mehr bestand. Längst gilt Joan Jett als role model, nicht zuletzt wegen ihres Standings in der Rockwelt und ihren großartigen Songs.

6. Judas Priest – Eat Me Alive (1994)

Das Outing von Rob Halford kam spät, war deshalb aber nicht minder wichtig. Als einer der wenigen schwulen Frontmänner im Metal – und er gehört immerhin zu einflussreichsten Sängern ever – macht er immer wieder allen anderen Mut, zu den Tataschen zu stehen. Selbstverständlich taucht diese Thematik in Priest-Songs nur verschlüsselt auf, etwa mit zahllosen Ledersex- und SM-Referenzen wie in Eat Me Alive. Möglicherweise eine Nummer zu heftig für die Pride-Paraden, doch die Bedeutung von Rob Halford kann man gar nicht überbetonen.

7. Diana Ross – I’m Coming Out (1980)

Kaum eine queere Hymne hat eine so deutliche Botschaft wie dieser Dance-Hit von Diana Ross. Nile Rodgers schrieb den Song explizit für ihre zahlreiche schwule Anhängerschaft, doch musste die Sängerin ermutigen: Sie hatte Angst, sie könnte ihre Karriere ruinieren und dass man denken würde, sie selbst sei lesbisch. Das sah natürlich auch Rodgers ein, aber er stellte sich doof: „Auf keinen Fall, wie kommst du bloß darauf?“ sagte er zu Ross, um den Song zu retten. Und siehe da: Ross eröffnet regelmäßig ihre Konzerte mit I’m Coming Out.

8. Gossip – Standing In The Way Of Control (2004)

Wenn nur alle modernen Protest-Songs so viel Power hätten wie dieser Klassiker von Gossip. Beth Ditto und ihre Band kommen aus der queer-feministischen Szene und Standing In The Way Of Control entstand als Reaktion auf einen Gesetzesentwurf, der die gleichgeschlechtliche Ehe in den USA per Verfassung ächten wollte. „Ich schrieb den Refrain, um die Leute zu ermutigen, nicht aufzugeben“, sagte Ditto zur Bedeutung des Songs. „Es ist eine finstere Zeit für Bürger- und Menschenrechte, aber ich bin überzeugt, dass wir nur überleben können, wenn wir zusammenhalten und weiterkämpfen.“ Und diese Aussage hat bis heute nichts an Wahrheit eingebüßt.

9. Bronski Beat – Smalltown Boy (1984)

Auch Jimmy Sommervilles klagendes Falsett wird niemals an Ausdruckskraft verlieren. Mit dem Smalltown Boy aus Bronski Beats großem Hit werden sich auch noch zukünftige Generationen identifizieren, die das Alte hinter sich lassen, um irgendwo anders zu ihrem wahren Selbst zu finden. Abschiedsschmerz und Neuanfangseuphorie in einem Dance-Song vereint.

10. Sufjan Stevens – Mystery Of Love (2017)

Call Me By Your Name war einer der hochgelobten Filme des Jahres 2017. Er thematisiert die romantische Beziehung zwischen zwei Männern und das Entdeckten der Sexualität. Durch seine einfühlsame und kunstvolle Ästhetik war sofort ein neuer Kultfilm geboren. Und der Soundtrack tat sein übriges. Mystery Of Love von Sufjan Stevens bringt dieses wunderschöne Problem auf den Punkt. Ein Hoch auf die mysteriöse Liebe. Man weiß nie, wo sie hinfällt. Und das ist gut so.

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Gefeiert von der LGBTQ-Community: Diese 15 Musik-Ikonen haben ihren Fans geholfen, ihre Stimme zu finden

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