Popkultur
5 Wahrheiten über Iggy Pop, den “Godfather of Punk Rock”
Für alle Insider, jahrzehntelangen Fans, Neugierigen und Einsteiger: Hier nehmen wir uns mal ein paar Minuten Zeit und präsentieren euch 5 Geschichten, Anekdoten oder Fun Facts zu einem Genre, einer Band oder einem/r Künstler/in. Einfach, weil das Leben witzigere, unglaublichere und interessantere Geschichten schreibt, als jeder Autor jemals könnte.
Diesmal geht es um einen Musiker, der bereits früh mit Exzessen auf sich aufmerksam machte, den man als hyperaktiven Flummi mit X-Beinen bezeichnen kann und der sich mit Spritze im Arm wahlweise in Erdnussbutter oder Glassplittern wälzt und Zeilen singt wie “And now I wanna be your dog.” Die Rede ist vom “Godfather of Punk”, keinem geringeren als Iggy Pop.
Hier könnte ihr in Post Pop Depression reinhören:
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Kinder, Kinder! Vater wird man nicht einfach so, in die Rolle muss Mann auch erst hineinwachsen. Und fanden wir die wilden Geschichten unserer Eltern nicht auch immer ziemlich lustig? Sofern sie denn wild waren. In den meisten Fällen beschränken die sich wohl auf Anekdoten á la “Als Papa aus Versehen einen Haschkeks aß und in die Notaufnahme musste.”
Nicht im Fall von James “Jim” Osterberg alias Iggy Pop, nein! Wir können nur spekulieren, wie sein Sohn Eric Benson die wilden Eskapaden seines Vaters so fand und findet. Und weil diese Geschichten nun auch schon recht lange her sind und außerdem in den Punk-Annalen nachgelesen werden können, haben wir einige weniger bekannte Wahrheiten zusammengetragen.
1. Iggy ist nicht nur ein – nun ja – expressionistischer Sänger, sondern auch ein charmanter Schauspieler
Dies stellte er mehrfach unter Beweis, aber sein Auftritt in Jim Jarmuschs Coffee and Cigarettes an der Seite von Tom Waits sticht besonders hervor. Der schwarz-weiße Episodenfilm aus dem Jahr 2003 besteht aus elf Kurzfilmen und in der Folge Somewhere in California wartet Iggy Pop auf Tom Waits. Der kommt zu spät zum Treffen im kleinen Diner und entschuldigt sich damit, dass er am Straßenrand ein Baby zur Welt habe bringen müssen. Er beklagt sich über die hygienischen Probleme von Straßenrand-Operationen und die Komplikationen, die daraus entstehen können. Iggy Pop ist höchst erstaunt und beeindruckt. “Wie, du bist Arzt?”
Waits ist offenbar schlechter Laune und extrem leicht zu reizen. Während Iggy Pop sich ernsthaft für Waits zu interessieren scheint und freundliche Fragen stellt, lässt Waits ihn ständig auflaufen, was zu den absurdesten Dialogen führt. Am Ende sind es die Zigaretten, über denen Frieden geschlossen wird. Beide versichern sich, mit dem Rauchen endlich aufgehört zu haben, nur um dann seelig zu ihrem Kaffee eine Zigarette zu rauchen. Der Kurzfilm ist ein Feuerwerk an Witz und Situationskomik. Iggy Pop spielt die Rolle des freundlichen Iggy Pops und Tom Waits die des eitlen Tom Waits, der alles in den falschen Hals bekommt. Es ist eine Filmfest!
2. Stagediving – wer hat’s erfunden?!
Glaubt man den Büchern, so war es Iggy höchstpersönlich. So soll er auf dem Cincinnati Summer Pop Festival im Jahr 1970 zum ersten Mal versucht haben, über die Hände und Köpfe seiner Fans zu schlittern und zu stolpern, während die wahrscheinlich verdutzt am schwitzigen Oberkörper des agilen Sängers abrutschten. Stage Diving war aber nur eine seiner Aktivitäten auf der Bühne. Entgegen seiner Selbstverstümmelungen und Stripeinlagen fand das Stage Diving oder Crowd Surfing auch Anklang bei anderen Bands und so taten es ihm bald andere nach, zum Beispiel Jim Morrison von The Doors. Viele – Musiker und Fans – sollen sich dabei schon ernste Verletzungen zugezogen haben, so etwa Peter Gabriel. Einzelne tragische Todesfälle von Fans wurden bekannt.
Iggy dagegen tauchte offenbar stets unversehrt aus dem Bad in der Menge wieder auf. Das könnte auch daran liegen, dass sein Körper durch die vielen Knochenbrüche, Hüftprothesen und Wirbelsäulenfrakturen gegen weitere Verletzungen immunisiert ist. In einem Zeit Magazin Interview von März 2016 erzählt Pop, dass er noch ab und an von der Bühne und in die Menge springt – mit seinen 71 Jahren. Wenn das nicht Hingabe ist!
3. Iggy Pop ist ein richtiger Opa, wenn es um dieses Internet und Smartphones geht
Er weiß einem Interview zufolge zwar, wie man Emails liest, nicht aber, wie diese geschrieben werden. Ein Smartphone besitzt Iggy auch nicht, dagegen aber einen smarten Typen mit Computer und Smartphone. Was er dagegen sein Eigen nennt ist ein altes Handy, das man aufklappen kann und das offenbar nicht in die Brüche geht, auch wenn man es oft fallen lässt. SMS schreiben damit sei allerdings anstrengend, beklagt Iggy, das Telefon habe noch drei Buchstaben pro Knopf. Wir haben es hier eindeutig mit einem Technophoben zu tun. Aber der Mann ist 71 und er heißt Iggy Pop. Ergo darf er das.
Iggy sieht aber durchaus ein, dass ihm das Internet in seiner Karriere geholfen hat. Dem New York Magazin erzählt er, früher sei er in Plattenläden gegangen und während das Werbeplakat für ihn und seine Band The Stooges Postkartengröße gehabt hätte, wurde für Pink Floyd mit einem riesigen aufgeblasenen Schwein geworben. Auf den Computerbildschirmen gehe es nun etwas egalitärer zu, bei Amazon sei schließlich jedes Album gleich groß abgebildet.
4. Iggy Pops Körperbau und seine Bewegungen dienten als Vorlage für Gollum aus dem Herr der Ringe
Ein zugegebenermaßen wenig schmeichelhafter Ruhm, dem Iggy Pop da zuteilwird. Aber glaubt man Wikipedia, so hat sich die Firma Weta Workshop, die für die Special Effects in den Herr der Ringe Filmen von Peter Jackson verantwortlich war, bei der Figurenkonzeption oftmals von lebenden Menschen oder Tieren inspirieren lassen. Die herumstreunenden, trollenden, immer leicht gebückten Bewegungen von Herrn Pop empfand der Erschaffer von Gollum, John Howe, dabei als sehr inspirierend. Iggy Pop ein Alien? Nein, nur ein Mann mit Rückenschmerzen und expressionistischem Stil!
5. Für James “Jim” Osterberg alias Iggy Pop ist seine Bühnenpersona nur eine Rolle
Wenn Jim über Iggy oder Iggy über Jim spricht, klingt das beinahe ein wenig nach gespaltener Persönlichkeit. Tatsächlich ist es wohl eher eine sehr gesunde Trennung aus beruflichen und privaten Persönlichkeitsaspekten, die man besser ein wenig auseinander hält, wenn man nicht kaputtgehen will.
Er sei eigentlich ein eher braves Kind gewesen, erzählte Pop einmal. “Ich war ein kränkliches, schüchternes Kind mit Asthma. Solche Probleme plagten mich, bis ich Mitte dreißig war. Es war Jim Osterberg, der das alles überlebt hat, und nicht Iggy Pop. Iggy hätte das alles kaum durchgestanden. Denn ich muss immer wieder darauf hinweisen, dass Jim Osterberg und Iggy Pop nicht ein und dieselbe Person sind.”
Dann sagt Jim/Iggy noch den wunderbaren Satz “Die Iggy Pops der Welt werden nicht alt.” Man müsse den Iggy einfach des öfteren abschalten, dann ginge es schon. Und gerade mit zunehmendem Alter wären die vernünftigeren Seiten von Jim wichtiger geworden. Dennoch gebe es kein Entweder-Oder, erzählt Pop: “Ich mag Leute nicht, die dauernd etwas aufführen müssen. Wer mit mir privat Zeit verbringt, hat sehr viel mehr davon, wenn er das mit Jim tut. Was immer Iggy anstellt, soll vor allem unterhalten.”
Wie aber sollen wir dann Pops Mäandern zu Beginn von Coffee and Cigarettes verstehen, wenn er sich Tom Waits erst als Iggy, dann als James, dann als Jim und dann wieder als Iggy vorstellt. “You can call me Iggy.” Und Waits – dieser schlecht gelaunte Knochen – nennt ihn natürlich James.
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Popkultur
Als Led Zeppelin facettenreicher wurden: „Houses Of The Holy“
Vier durchnummerierte Platten brauchten Led Zeppelin, um die Spitze des Rockolymp zu erklimmen. Auf ihrer fünften Veröffentlichung Houses Of The Holy schlugen die Briten experimentierfreudigere Pfade ein — mit großem Erfolg. Den Titeltrack mussten sie allerdings auf das nächste Album verschieben.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch Houses Of The Holy von Led Zeppelin anhören:
Pause? Für Led Zeppelin ist das zu Beginn ihrer Karriere ein Fremdwort. In gerade einmal drei Jahren veröffentlichen die Briten vier legendäre Alben, touren mehrfach um den Globus und spielen weltweit vor ausverkauften Häusern. Großbritannien, Nordamerika, Japan, Australien — und wieder von vorn. Ein wenig zur Ruhe kommen Led Zeppelin erst 1972, als sie mit der Aufnahme ihres fünften Albums Houses Of The Holy beginnen. Die Gruppe schlägt darauf experimentellere Wege ein und setzt auf aufwändige Arrangements und neue Einflüsse statt auf schnodderigen Hardrock-Sound. Doch wie genau kam es zu dieser Typveränderung — und hatten auch die Fans Freude an den neuen Led Zeppelin?
Houses Of The Holy: Ein Album unter anderen Umständen
Anfang der Siebziger ist das Bankkonto von Led Zeppelin bereits gut gefüllt — so gut, dass sich Gitarrist Jimmy Page und Bassist John Paul Jones ihre eigenen Heimstudios einrichten. Zum ersten Mal können die beiden Musiker ihre Ideen in aller Ruhe aufnehmen, noch einmal hören, bearbeiten und ergänzen. Dadurch werden die Songs ausgeklügelter als sonst — weg vom Bluesrock, hin zum AOR, wenn man so möchte. Als Led Zeppelin mit den offiziellen Aufnahmen von Houses Of The Holy beginnen, sind die vier Musiker deutlich besser vorbereitet als bei ihren vorherigen vier Alben. Zu gut, wie es scheint, denn die Band spielt mehr Songs ein als auf die Platte passen.
Während der Sessions zu Houses Of The Holy sammeln Led Zeppelin so viel Material, dass sie ein paar ihrer neuen Kompositionen für später aufbewahren müssen. Das betrifft zum Beispiel den Song Walter’s Walk, der erst 1982 auf der Zusammenstellung Coda erscheint. The Rover und Black Country Woman packen die Briten auf ihr sechstes Album Physical Graffiti (1975). Besonders kurios: Sogar den Titeltrack verschieben Led Zeppelin auf später, sodass der Song Houses Of The Holy nun nicht auf dem Album Houses Of The Holy zu finden ist, sondern ebenfalls auf dem Nachfolger Physical Graffiti. Trotzdem klingt Houses Of The Holy stimmig — auch wenn „Led Zep“ darauf einige Experimente wagen.
Da wäre zum Beispiel die Funk-lastige Nummer The Crunge, die man den Briten vorher wohl nicht unbedingt zugetraut hätte. Auch das Reggae-beeinflusste Stück D’yer Mak’er klingt nicht wie ein typischer Led-Zeppelin-Song. Genau das war das Ziel, wie Gitarrist Jimmy Page in dem Buch Light & Shade: Conversations With Jimmy Page erklärt: „Auch wenn alle ein zweites Led Zeppelin IV wollten: Es ist sehr gefährlich, sich selbst zu kopieren. Ich werde keine Namen nennen, aber jeder kennt Bands, die sich ewig wiederholen. Nach vier oder fünf Alben sind sie ausgebrannt. Bei uns hingegen wusste man nie, was als nächstes kommt.“
Eine Tour der Superlative — und der anschließende Burnout
Das gilt auch für die Tour zu Houses Of The Holy, mit der Led Zeppelin einmal mehr neue Live-Show-Maßstäbe setzen. Laser, Discokugeln, aufwändige Outfits, Pyrotechnik: Die britischen Rocker lassen sich nicht lumpen und feuern auf ihrer insgesamt dreimonatigen Tour aus allen Rohren. 55 Konzerte geben Led Zeppelin, darunter auch in Nürnberg, München, West-Berlin, Hamburg, Essen und Offenburg. Überall feiert wird die Band gefeiert; später ist sogar die Rede davon, dass die Tour der technische Höhepunkt der Gruppe gewesen sein muss. Doch der Preis ist hoch: Nach der Konzertreise sind Led Zeppelin so fertig, dass sie eine fast zweijährige Pause einlegen.
Was die Verkaufszahlen und den Erfolg von Houses Of The Holy betrifft, geht die Platte im Vergleich zum direkten Vorgänger Led Zeppelin IV beinahe unter. „Nur“ elffaches Platin gelingt den Briten bis heute mit dem Album; bei Led Zeppelin IV ist es mehr als doppelt so viel und auch der Houses Of The Holy-Nachfolger Physical Graffiti kann insgesamt 16 US-Platinveredelungen abräumen. Dennoch: Led Zeppelin zeigen sich auf Houses Of The Holy von ihrer erwachsenen Seite und das kommt an. Drei Alben bringen die Briten anschließend noch raus, bis der Tod von Schlagzeuger John Bonham die Karriere der Gruppe im Jahr 1980 beendet. Doch das ist wieder einmal eine andere Geschichte.
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5 Dinge, die ihr über John Paul Jones von Led Zeppelin noch nicht wusstet
Popkultur
Zeitsprung: Am 28.3.1985 tritt Alicia Keys zum ersten Mal im TV auf. Sie ist 4.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 28.3.1985.
von Timon Menge und Christof Leim
Mehr als 150 Preise gewinnt Alicia Keys im Lauf ihrer Karriere, darunter 15 Grammys. Ihre Premiere im Showgeschäft feiert sie allerdings am 28. März 1985 in einer TV-Serie – mit vier Jahren.
Hier könnt ihr euch Here anhören:
Übernachtungsparty! Die kleine Tochter der Familie hat ihre Freunde und Freundinnen eingeladen, alle sind bestens gelaunt, vor allem als sie reihum mit dem Herrn Papa Rodeo spielen. Die Regeln: Wer sitzen bleibt, gewinnt. Ein Mädchen mit Lockenkopf kann sich trotz wildester Bewegungen halten und geht als Siegerin hervor. Vier Jahre alt ist die junge Schauspielerin in dieser Szene der Bill Cosby Show, ihr Name lautet Alicia Cook. Damals kennt sie niemand, heute schon…
In den Achtzigern kann man sich ein Fernsehprogramm ohne die Familie Huxtable kaum vorstellen. In acht Staffeln thematisiert die Sitcom das Leben einer afroamerikanischen Familie aus der Mittelschicht, die sich mit alltäglichen Situationen und Problemen auseinandersetzt. Dass dieses Format auch bei der weißen Bevölkerung gut ankommt, ist zu jener Zeit noch nicht selbstverständlich. Den Familienvater Dr. Heathcliff Huxtable gibt Schauspieler Bill Cosby, nach dem die Sendung auch benannt ist. (Heute ist Cosby weltweit und zurecht in Ungnade gefallen, weil er wegen dreifachen sexuellen Missbrauchs zu mehreren Jahren Haft verurteilt wird. Aber das ist eine andere, unschöne Geschichte.)
Wer ist Alicia Cook?
Diese kleine Alicia Cook, die da einen Gast der Übernachtungsparty der kleinsten Huxtable-Tochter Rudy spielt, lernen wir Jahrzehnte später unter einem anderen Namen kennen: Alicia Keys. Mit dem Auftritt in der Show feiert sie sozusagen ihren Einstand im Showgeschäft. Hier könnt ihr euch den Ausschnitt mit ihr angucken:
In einem späteren Interview mit der Teleschau erzählt Keys: „Ich erinnere mich vor allem daran, dass es ein wahnsinnig langer Tag war. Bis das alles abgedreht war, war es später Abend – und ich und die anderen Kinder waren so müde, dass wir irgendwann einfach auf dem Sofa eingeschlafen sind. Aber ich erinnere mich auch daran, dass es extrem witzig war. Bill Cosby war super. Und hey, immerhin habe ich beim Reite-Spiel auf seinem Knie gewonnen.“
Nur der Anfang
Gewinnen wird Keys nachher noch so einiges, nämlich mehr als 150 Auszeichnungen und 14 Platinschallplatten (allein in den USA). Mit Alben wie Songs In A Minor (2001), The Diary Of Alicia Keys (2003), As I Am (2007) und The Element Of Freedom (2009) räumt sie in den 2000er Jahren wirklich alles ab. Wer hätte 1985 gedacht, dass aus der kleinen Alicia Cook einer der größten Popstars des 21. Jahrhunderts wird?
Zeitsprung: Am 7.9.1984 sind die Jacksons auf Tour und Janet brennt durch.
Popkultur
Zeitsprung: Am 27.3.1970 veröffentlicht Alice Cooper „Easy Action“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.3.1970.
von Bolle Selke und Christof Leim
Die Rock’n’Roll-Welt steht nicht gerade in Flammen für die Alice Cooper Band, als sie am 27. März 1970 ihr zweites Album Easy Action veröffentlicht. Das könnte nicht zuletzt an der lustlosen Produktion liegen. Trotzdem bietet sich hier ein perfektes Zeitdokument einer sich entwickelnden Band, das man fast als Vorproduktion für den Meilenstein Love It To Death im folgenden Jahr ansehen könnte.
Hier könnt ihr euch Easy Action anhören:
Geneigte Fans und Hardrock-Aficionados wissen vermutlich, dass Alice Cooper für eine Band steht, die sich 1975 auflösen wird. Erst danach adaptiert deren Sänger Vincent Furnier den Namen und wird so zu einem hochgeschätzten Heavy-Metal-Entertainer und Gottvater des Shock Rock.
Psychedelische Scheißmusik
1970 allerdings stehen solche Superlative noch in weiter Ferne. Die Truppe schraubt an ihrem zweiten Album, das ebenso wie der Vorgänger Pretties For You bei Frank Zappas Plattenfirma Straight erscheinen soll. An den Reglern sitzt David Briggs, der heutzutage vor allem bekannt dafür ist, mehr als ein Dutzend Neil-Young-Alben produziert zu haben. Schlagzeuger Neal Smith sagt später über Briggs: „David hasste unsere Musik und uns. Ich erinnere mich, dass unsere Song für ihn ‚psychedelischer Scheiß‘ waren. Wenn man mich fragt, klang Easy Action zu trocken, eher wie eine TV- oder Radiowerbung. Er half in keiner Weise beim Arrangement der Lieder oder lieferte irgendwelchen positiven Input.“ Und so wird kein einziges der Stücke von Easy Action nach der Love It To Death-Tour jemals wieder live von Cooper aufgeführt.
Nichtsdestotrotz bezeichnen manche gerade diese Scheibe als das „große unentdeckte“ Cooper-Album. Während Pretties for You eine schwierige Platte ist und Love It to Death ein Klassiker, könnte man Easy Action als das perfekte Bild einer sich entwickelnden Band ansehen. Beim ersten Stück Mr. And Misdemeanor lässt sich zum Beispiel miterleben, wie Sänger Furnier seinen bösartig klingenden Gesangsstil definiert. Alice Cooper steht später für drei Minuten lange Hits mit eingängigen Melodien und negativen Themen, welche dann gegen Ende der Alben durch längere Stücke ergänzt werden. So gesehen liefern die Rocker mit Easy Action also fast eine Vorproduktion für Love It to Death, obwohl die Band auf ersterem mehr Erfindergeist zeigt.
Unisex, roh und gewalttätig
Hinter dem Albumtitel steckt eine Zeile aus einem Lieblingsfilm von Furnier und Bassist Dennis Dunaway, dem Musical West Side Story mit der Musik von Leonard Bernstein. Zitate daraus wie „got a rocket in your pocket“ und „when you’re a Jet, you’re a Jet all the way“ werden auch bei dem Song Still No Air verwendet. Das Motiv der halbstarken Gang aus West Side Story wird auch an anderen Stellen von Alice Copper aufgegriffen. Auf dem Cover wendet sich die Band von der Kamera ab, deren unbedeckte Rücken sind nur durch ihr langes Haar bedeckt. Eine Radiowerbung von 1970 pries die Band dann auch als „unisex, roh, miteinander und gewalttätig – genau wie ihr, amerikanische Mitbürger“.
Als ob die Band den fehlenden kommerziellen Erfolg von Easy Action geahnt hätte, beginnt der letzte Song, das psychedelisch abgedrehte Lay Down And Die, Goodbye, mit den Worten des Komikers Tom Smothers: „Ihr seid der einzige Zensor. Wenn euch das, was ich sage, nicht gefällt, habt ihr die Wahl: Ihr könnt mich ausschalten.“
Die Kritiker zerreißen das Album hauptsächlich. Robert Christgau bezeichnet es im Magazin The Village Voice als „unmelodisches Singen, unmelodisches Musizieren, unmelodische Melodien und pseudomusikalischen Beton“. Erst bei Love It To Death entdeckt die Band mithilfe von Produzent Bob Ezrin den Sound für den Alice Cooper heutzutage geliebt wird…
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