------------

Popkultur

50 Jahre „Led Zeppelin IV“ — zum Geburtstag des offiziell titellosen Albums

Published on

Header

Vor 50 Jahren erschufen Led Zeppelin mit ihrem vierten Album einen Meilenstein des Rock’n’Roll. Wir werfen einen Blick auf seine Entstehungsgeschichte.

 von Markus Brandstetter

Hier könnt ihr IV von Led Zeppelin hören:

Led Zeppelin konnten in den 1970er-Jahren einfach nichts falsch machen? Das sah damals nicht jeder so. Denn als am 5. Oktober 1970 „Led Zeppelin III“ erschien, gingen die Meinungen durchaus auseinander. Die einen fanden es großartig, die anderen wussten nicht so recht, was sie mit dem Album anfangen sollen. Nicht nur die Kritiken, auch die Verkaufszahlen war nicht so gut wie bei den ersten beiden Alben der Band. Klar, rückblickend hat man es mit einem der großen Alben der Rock’n’Roll-Geschichte zu tun — aber das war damals für viele nicht abzusehen.

Quasi als Trotzreaktion entschied sich die Band, das Album namenlos zu veröffentlichten. Kein Bandname auf dem Cover, kein Albumtitel — dafür vier Symbole, eines für jedes Bandmitglied. Angeblich wollte man schauen, ob sich das Album auch ohne Namen auf dem Cover verkauften würde Spoiler: Das tat es — und im Vergleich zum Vorgänger wusste man bei Led Zeppelin IV schon damals, was Robert Plant, Jimmy Page, John Paul Jones und John Bonham da auf die Welt losgelassen hatten.

Details zu den Aufnahmen

Die Aufnahmen fanden zum großen Teil in Headley Grange, jenem Haus im englischen County Headshire, in dem die Band schon Teile des Vorgängeralbums erarbeitete. Das Haus bot offensichtlich jede Menge Inspiration für die Band — das fängt bei den Songtiteln an (ein schwarzer Labrador, der dort herumstreunen, wurde zum Namensgeber des Openers der Platte, Black Dog) und hört beim Magnum Opus der Band auf, dessen Text Page dort innerhalb eines Tages niederschrieb. Richtig, die Rede ist von Stairway To Heaven — jenem Koloss von einer Ballade, dessen Popularität später Generationen von Gitarrenverkäufer in den Wahnsinn treiben sollte (wir erinnern uns an die legendäre Szene in Wayne’s World).

Da das Headley Grange zwar eine gute Akustik und viel Platz, aber kein Equipment bot mietete man das Rolling Stones Mobile Studio, das tatsächlich Jagger & Co. gehörte. Zuvor hatten die Arbeiten im Islands Records’ Basing Street Studios in London begonnen. Für die Overdubs begab man sich in die Island Studios in London, zum Mixing ging es ins legendäre Sunset Sound in Los Angeles.

Jones fühlte sich in Headley Grange übrigens nicht so wirklich wohl, wie er später gegenüber Mojo erinnerte: „Headley Grange war kalt, feucht, schmutzig und stank“. Daraufhin Page: „Warum beschwert sich John?. Wir waren dort, um zu arbeiten. Ich möchte nichts sagen, was Mrs. Smith, die Chefin, in Verlegenheit bringen könnte. Headley war ein bisschen streng. Aber es gab kein ‘Lasst uns kiffen oder in den Pub gehen und uns besaufen’. Das war nicht unsere raison d’être. Es hieß ‚essen, schlafen, arbeiten‘, aber gleichzeitig lief ich nicht mit Springerstiefeln und einer Peitsche herum.“. Page spricht von einem magischen Ort: „Es ist, als ob ein magischer Strom durch diesen Ort und diese Platte fließt. Als ob es so gewollt war.“

Keine leichte Geburt

Leichte Geburt war das keine: Das Album verzögerte sich mehrfach. Auch wenn Page selbst Hand am Mix anlegte — die Band war zunächst nicht zufrieden damit. Der Release (man wollte im April 2021 damit an die Öffentlichkeit gehen) wurde nach hinten verschoben. Dann wurde es nochmal später: die Band war sich wegen des Artworks nicht sicher, und auch über die Frage „Album oder Doppelalbum“ gab es Uneinigkeiten.

…und dann war es endlich da.

Am 5. Oktober 1970 war es aber da — und was für eomn Werl Plant, Page, Jones und Bonham der Welt da entgegenschleuderten! Große Songs, Plants unvergleichliche Stimme, die Black Dog einleitet, Pages grandiose Gitarrenriffs und diese unglaublich räumliche, druckvolle Sound, nicht nur jener von der Gitarre, sondern vor allem auch von Bonhams Schlagzeug (für den zu großen Teilen Klangtüftler Page selbst verantwortlich war — Page produzierte die Platte auch). Das zweite Stück, Rock’n’Roll, legt nochmal eins drauf — ehe bei The Battle Of Evermore jenes Instrument zum Einsatz kommt, für das John Paul Jones neben dem E-Bass bekannt ist: die Mandoline.

Und dann, als viertes, dieses große Gitarrenarpeggio, um das in den letzten Jahren vor Gericht so viel gestritten wurde: Stairway To Heaven — ein Song, in den Led Zeppelin alles an Dynamik, Stimmung und Arrangement reinpackten, was ging. Langsam baut sich Stairway To Heaven auf, wird druckvoller, dichter — von jeder Lautsprecherseite ertönt Pages E-Gitarre, ehe er zu einem der großartigsten Soli der Rockgeschichte ansetzt.

Und damit endet erst Seite eins: Es folgen: Misty Mountain Hop, Four Sticks, Going To California und When The Levee Breaks. Letzteres stammt im Original von Kansas Joe McCoy und Memphis Minnie und wurde 1929 geschrieben, Led Zeppelin überarbeiteten den Song aber noch einmal. Gäste sind auch auf Led Zeppelin IV zu hören: Ian Stewart, bekannt als Pianist der Rolling Stones, spielte auf Rock And Roll mit, Fairport-Convention-Sängerin Sandy Denny ist auf The Battle Of Evermore zu hören.

Ein Triumph

Die Reaktionen waren, wie bereits erwähnt, überaus enthusiastisch. Led Zeppelin IV bleibt bis heute der Megaseller der Band, alleine in den USA wurden davon 23 Millionen Exemplare verkauft – und die Platte 23 Mal (!) mit Platin ausgezeichnet. Insgesamt soll die Platte 37 Millionen Mal über die Ladentheke gegangen sein. Das Erbe des Longplayers ist unbestritten: Page, Plant, Jones und Bonham gelang eine der größten Rock-Platten überhaupt.

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

Zeitsprung: Am 25.10.1968 heißen Led Zeppelin zum ersten Mal Led Zeppelin.

Popkultur

Zeitsprung: Am 30.9.1978 veröffentlicht Gary Moore „Back On The Streets“.

Published on

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 30.9.1978.

von Christof Leim und Tom Küppers

Als Gary Moore am 30. September 1978 Back On The Streets veröffentlicht, hat er schon einige Bands hinter sich. Die Platte erscheint unter eigenen Namen, doch er kann auf helfende Freunde zählen. Insbesondere die Herren Lynott und Downey, zwei alte Bekannte aus Dublin, mischen mit.


Hört hier in Back On The Streets rein:

Klickt auf „Listen“ für das ganze Album.

Dass bei Gary Moore etwas mit Musik gehen würde, zeichnet sich schon früh ab: Mit zehn bekommt er seine erste Gitarre in die Finger, schon im Alter von 16 Jahren wird er 1968 von der Dubliner Band Skid Row rekrutiert (nicht verwandt oder verschwägert mit den gleichnamigen Hardrockern aus New Jersey). Nach dem Ende dieser Truppe gründet er die kurzlebige Gary Moore Band und veröffentlicht 1973 das Quasi-Soloalbum Grinding Stone. 1974 hilft er kurzfristig auf der Bühne und im Studio bei Thin Lizzy aus und betätigt sich parallel bei den Jazzrockern Colosseum II. Als Lizzy Anfang 1977 vor einer gemeinsamen US-Tour mit Queen ohne Gitarrist dastehen, springt Gary wieder ein.



Insbesondere mit Lizzy-Frontmann Phil Lynott versteht sich Moore auf künstlerischer und persönlicher Ebene hervorragend. Doch das Angebot fest bei der seinerzeit populärsten irischen Band einzusteigen, lehnt der Gitarrist noch ab. Zum einen will er seine Colosseum II-Kollegen trotz kommerziellen Misserfolgs nicht im Regen stehen lassen, zum anderen steckt er zu diesem Zeitpunkt schon in den Vorbereitungen für sein erstes „richtiges“ Soloalbum.



Back On The Streets wird im Frühjahr 1978 unter der Aufsicht des legendären Hardrock-Produzenten Chris Tsangarides eingespielt. Neben Studiogrößen wie dem späteren Toto-Schlagzeuger Simon Phillips gastiert mit Phil Lynott und Trommler Brian Downey die Rhythmussektion von Thin Lizzy gleich auf mehreren Stücken. Und auch kompositorisch hinterlässt Lynott deutliche Spuren: Abgesehen von einer gelungenen Neueinspielung des Lizzy-Hits Don’t Believe A Word in balladesker Form profitiert Moore zwei weitere Male von den schöpferischen Fähigkeiten seines Freundes.



Fanatical Fascists zeigt sich von der wuchtigen Simplizität des aufkeimenden UK-Punk inspiriert, für den Lynott große Sympathien hegt. Für die größere Überraschung sorgt Parisienne Walkways: Der gemeinsam von Lynott und Moore geschriebene Schmachtfetzen entpuppt sich als Hit, der im vereinigten Königreich bis auf Position acht der Single-Charts vordringt. Bis heute fesselt die Nummer durch ihre wunderbaren Gitarrenlinien, 2014 trägt sie den japanischen Eiskunstläufer Yuzuru Hanyu gar zum Punkte-Weltrekord im Kurzprogramm. Und selbstverständlich profitiert auch das am 30. September 1978 veröffentlichte Back On The Streets-Album in Sachen Verkaufszahlen von diesem kommerziellen Überraschungserfolg.

Eine weitere denkwürdige (weil einzigartige) Performance gibt es im Januar 1979 im Rahmen der BBC-Sendung The Old Grey Whistle Test zu bestaunen. Für diesen Anlass rekrutiert Moore mit Lynott, Lizzy-Klampfer Scott Gorham, Keyboarder Don Airey und Trommel-Gott Cozy Powell eine All-Star-Truppe ersten Kalibers. Die Interpretationen des Titelsongs von Back On The Street und Don’t Believe A Word sind absolut mitreißend, bei letzterem lässt sich Gary selbst von einer gerissenen Saite nicht aufhalten.



Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Gitarrist allerdings bereits wieder mit Thin Lizzy im Studio, um als festes Bandmitglied deren Album Black Rose: A Rock Legend (1979) einzuspielen. Jedoch verlässt er die von Drogenproblemen geplagte Band im Sommer während einer laufenden US-Tournee wieder. Von dem Moment an widmet er sich fast ausschließlich seinen musikalischen Alleingängen, mit denen er in den kommenden Jahrzehnten so wohl im Hard Rock als auch im Blues epochale Gitarrengeschichte schreiben wird.

Zeitsprung: Am 30.5.1980 landet Gary Moores G-Force auf dem Rockplaneten.

Continue Reading

Popkultur

„Monsters Of California“: Alles über den UFO-Film von Blink-182-Sänger Tom DeLonge

Published on

Tom DeLonge HEADER
Foto: Christopher Polk/Getty Images

Blink-182-Fans wissen: Frontmann Tom DeLonge hat nicht nur ein Faible für Rock, sondern auch für Roswell. Schon seit vielen Jahren interessiert er sich für UFOs, außerirdische Lebensformen und alles, was damit zu tun hat. Mit Monsters Of California bringt er bald seinen ersten Film raus. Und darin geht es natürlich um …

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Nine von Blink-182 anhören:

… genau. In Monsters Of California hängt der Teenager Dallas Edwards am liebsten mit seinen verpeilten Freund*innen herum. Eines Tages findet die südkalifornische Clique zufällig einige Unterlagen von Dallas’ Vater, die darauf schließen lassen, dass er beruflich mit mysteriösen und paranormalen Ereignissen zu tun hat. Die Jugendlichen verknüpfen ihre Erkenntnisse miteinander, stellen Theorien auf — und werden auf einmal von uniformierten Männern mit Maschinengewehren umstellt. Spätestens jetzt wissen sie, dass etwas Großem auf der Spur sind. Doch sie haben natürlich noch keine Ahnung, wie groß ihre Entdeckung wirklich ist …

Tom DeLonge: Pop-Punk-Ikone und UFO-Fan

Die meisten kennen Tom DeLonge als Sänger und Gitarrist der erfolgreichen Pop-Punks Blink-182. Doch der Kalifornier ist auch ein ausgewiesener Alien-Fan, der sich in seiner Freizeit ausgiebig mit UFO-Sichtungen, Area-51-Theorien, außerirdischen Lebensformen und paranormalen Aktivitäten beschäftigt. (Mit dem Song Aliens Exist vom Blink-182-Album Enema Of The State brachte er DeLonge beiden Leidenschaften 1999 unter einen Hut — und genau diese Nummer ist natürlich auch im Trailer von Monsters Of California zu hören.) Immer wieder hinterfragt und forscht er im Namen der Wissenschaft nach Aliens und sucht Erklärungen für diverse Verschwörungstheorien. Schräg, oder?

DeLonges Engagement geht so weit, dass er am 18. Februar 2017 zum Beispiel den „UFO Researcher of the Year Award“ von OpenMindTV verliehen bekam. 2015 erzählte er in einem Interview von einer mutmaßlichen Begegnung mit Außerirdischen — während eines Camping-Trips nahe der sagenumwobenen Area 51. „Mein ganzer Körper hat sich angefühlt, als sei er statisch aufgeladen gewesen“, versicherte der Sänger. Auch Freunde von ihm könnten über Begegnungen mit Aliens berichten. Außerdem verfüge er über Regierungsquellen und auch sein Telefon sei aufgrund seiner Forschungen schon abgehört worden. Wenn er meint …

Monsters Of California: Wann startet der erste Film von Tom DeLonge?

In den USA läuft Monsters Of California am 6. Oktober 2023 an, doch wann der Streifen in Deutschland erscheinen soll, ist bisher nicht klar. So oder so: Der Trailer verspricht mindestens einen unterhaltsamen Kinobesuch — nicht nur für Blink-182-Fans.

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

blink-182: Alle Studioalben im Ranking

Continue Reading

Popkultur

Zeitsprung: Am 29.9.1986 trumpfen Iron Maiden erneut auf mit „Somewhere In Time“.

Published on

Foto: Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 29.9.1986.

von Christof Leim

In den Achtzigern stürmen Iron Maiden von einem Triumph zum nächsten. Dabei reiben sie sich fast bis zur Überlastung auf, halten aber konsequent Kurs und Niveau und entdecken neue Sounds. Am 29. September 1986 erscheint Somewhere In Time – und Eddie wird zum Cyborg.

Hier könnt ihr das Album hören:

Die Geschichte von Somewhere In Time beginnt mit völliger Erschöpfung. Kann nach einer Welteroberung schon mal passieren: 1984 hatten die fünf Briten auf der World Slavery Tour elf Monate lang in 28 Ländern auf vier Kontinenten gespielt – und zwar satte 193 Shows vor geschätzten 3,5 Millionen Fans. Der Preis: Bruce Dickinson (Gesang), Steve Harris (Bass), Dave Murray (Gitarre), Adrian Smith (Gitarre) und Nicko McBrain (Schlagzeug) sind fix und fertig. Deshalb fordern die Musiker sechs Monate Pause. Daraus werden zwar nur vier, doch zum allerersten Mal seit Jahren steht die Maiden-Maschine ein Weilchen still. 

Neues Spielzeug

Die Konsequenzen hört man: Harris, Smith und Murray experimentieren mit Gitarrensynthesizern, mit denen sich Keyboardsounds über die Gitarre und den Bass erzeugen lassen. Dickinson indes zweifelt an seiner Motivation und will musikalisch in eine andere Richtung. Er komponiert vor allem akustisches (also stromloses, ruhiges) Material, das von den Kollegen und dem Produzenten aber abgelehnt wird. Der Sänger zeigt sich verletzt, freut sich aber darüber, für eine Weile „nur“  singen zu müssen. Für ihn springt Adrian Smith in die Bresche und liefert im Alleingang mehrere fertige Tracks, die auf einhellige Begeisterung stoßen und Somewhere In Time maßgeblich prägen sollten.

Futuristische Fahrzeuge, klassische Patronengurte: Iron Maiden auf dem Pressefoto für „Somewhere In Time“ – Foto: Aaron Rapoport/Promo

Erst im Januar 1986 geht es zurück ins Studio, genauer: in mehrere Studios. Drums und Bass nehmen Iron Maiden in den Compass Point Studios auf den Bahamas auf, in dem auch AC/DC Back In Black eingespielt hatten. Gitarren und Gesänge bringen die Musiker in den Wisseloord Studios im niederländischen Hilversum auf Band, abgemischt wird schließlich in den Electric Lady Studios in New York. Damit wird Somewhere In Time nicht nur zum teuersten Album der bisherigen Bandkarriere, sondern auch zum technisch ambitioniertesten. Wie für die Beständigkeit in der Maiden-Welt der Achtziger typisch, ändert sich an der sonstigen Formel wenig. Die Produktion übernimmt ein weiteres Mal Stammproduzent Martin Birch.

Fünf Minuten mindestens

Somewhere In Time erscheint am 29. September 1986 und steigt in Großbritannien auf Platz drei ein. In den USA schafft die Band mit Platz elf ihre bis dato beste Platzierung. Auf dem Cover prangt natürlich das unvergleichliche Iron Maiden-Monster Eddie in einem aufwändigen Science-Fiction-Gemälde. Schon im Intro der ersten Nummer, dem vom Film Blade Runner inspirierten Quasi-Titelstück Caught Somewhere In Time aus der Feder von Steve Harris, hören die Fans die besagten Gitarren-Synthesizer. Doch am grundsätzlichen Stil von Iron Maiden hat sich nichts geändert. Es galoppiert der Bass, wie es sich gehört, die Gitarren riffen, und Dickinson lässt seine Sirenenstimme aufheulen. Wo Iron Maiden drauf steht, ist Heavy Metal drin, vermutlich bis ans Ende aller Tage. Allerdings klingt Somewhere In Time insgesamt weniger rau, sondern bei gleichem Energieniveau erwachsener, vielschichtiger und, wenn mal so will, futuristischer.

Von den acht Songs fällt keiner kürzer aus als fünf Minuten aus, das Gros stammt von Steve Harris, drei Beiträge kommen von Adrian Smith. Dazu gehört die erste Single Wasted Years, in der Maiden so eingängig klingen wie es nur geht, ohne ihren eigenen Sound zu verlieren. Der Text erzählt von Heimatlosigkeit und Entfremdung – ein klarer Kommentar zur endlosen World Slavery Tour. Als Wasted Years drei Wochen vor dem Album als Single ausgekoppelt wird, sieht man auf dem Cover das Cockpit einer Zeitmaschine, in deren Armaturenbrett sich der Kopf von Eddie spiegelt. Der Grund: Sein neues Aussehen sollte nicht vor Erscheinen des Albums verraten werden, schließlich hat das Maskottchen mittlerweile Kultstatus erreicht.

Auf der Vorabsingle durfte Eddie sich noch nicht ganz zeigen…

Filme und Bücher als Inspiration

Das folgende Sea Of Madness, ein dramatischer Uptempo-Banger, stammt ebenfalls von Smith, setzt aber keine besonderen Akzente. Für Heaven Can Wait, einen Harris-Song über eine Nahtoderfahrung, rekrutieren Maiden die Gäste einer Kneipe, um die „Oh-Oh“ -Fußballchöre im Mittelteil einsingen zu lassen.

Das ebenso harte wie vertrackte The Loneliness Of The Long Distance Runner basiert nicht nur im Titel auf einer Kurzgeschichte des britischen Autoren Alan Sillitoe. Stranger In A Strange Land hingegen geht direkt ins Ohr und wird deshalb als zweite Single ausgekoppelt. Inspiriert wurde Adrian Smith hierfür durch ein Gespräch mit einem Arktisforscher, der einen gefrorenen Körper im Eis gefunden hatte. Vom gleichnamigen Science-Fiction-Roman von Robert A. Heinlein hingegen leiht sich Smith lediglich den Titel. 

Egal, wo und wann: Eddie ist immer cool

Die Credits für Deja-Vu teilt sich Harris mit Dave Murray, der im Schnitt für jedes zweite Album einen Song beisteuert. Alexander The Great stammt vom Bassisten alleine und reiht sich mit einer Spielzeit von achteinhalb Minuten in den Reigen der großen Maiden-Epen ein, diesmal mit explizit historischem Bezug.

Ein Cover wie ein Bildband

Ein sicherer Hit ist zweifelsfrei das Artwork der Platte: Hier steht Eddie als Weltraum-Terminator mit Cyborg-Auge und Laserpistolen in einer futuristischen Stadt, die vor Details nur so überquillt. Der Künstler Derek Riggs, der Künstler hinter diesem Werk, erinnert sich an den Arbeitsauftrag: „Wir haben uns eigens in Amsterdam getroffen und drei Tage lang über das Cover gesprochen. Sie wollten eine Kulisse wie in Blade Runner, eine Science-Fiction-Stadt.“ Um das zu erreichen, erschafft Riggs eine Skyline mit Werbeslogans und Firmennamen, die er größtenteils erfindet, um Copyright-Probleme zu vermeiden. Dabei dreht er richtig auf und auch ein wenig durch. 

Immense Detailfülle und jede Menge versteckte Späßchen: Das Artwork aus der Feder von Derek Riggs

Wer genau hinguckt, kann unter anderem erkennen: den Sensenmann und die Katze mit Heiligenschein von Live After Death, den abstürzenden Himmelsstürmer aus Flight Of Icarus, ein Flugzeug über der „Aces High Bar“ , das „Ancient Mariner Seafood Restaurant“, ein Straßenschild zur „Acacia Avenue“ , ein Konzertposter mit dem Ur-Eddie, die Dame aus Charlotte The Harlot, die Tardis aus Doctor Who, Batman, eine Uhr, die zwei Minuten vor Mitternacht anzeigt, das „Phantom Opera House“ , den Ruskin Arms Pub (eine der ersten Spielstätten der Band) sowie die exakt gleiche Straßenlaterne wie auf dem Cover des Debüts. Irgendwo steht sogar auf Japanisch „Pickelcreme“ , auf Russisch „Joghurt“  und in Spiegelschrift „Dies ist ein sehr langweiliges Gemälde“. Drei Monate sitzt Derek Riggs an dem Werk, mitgezählt eine mehrwöchige Zwangspause, weil er irgendwann Halluzinationen bekommt und aussetzen muss. Kurzum: Das Cover ist Wahnsinn. Und absolut großartig.

…und die Rückseite ist genauso bombastisch.

Auf die Straße. Natürlich.

Natürlich geht es für die fünf Musiker umgehend auf Konzertreise: Der Somewhere On Tour getaufte Trek zieht von September 1986 bis Mai 1987 um die Welt, mit dabei ein überdimensionaler Cyborg-Eddie, der über die Bühne spaziert, zwei riesige Podeste rechts und links in Form von Monsterkrallen, eine aufwändige, sehr helle Lightshow sowie ein pulsierendes Leuchtherz als Teil von Bruces Bühnenoutfit. 

Somewhere On Tour: Dave Murray schreddert, Eddie guckt kritisch – Foto: Ebet Roberts/Redferns/Getty Images

So stressig und geradezu selbstmörderisch wie zwei Jahre zuvor auf der World Slavery Tour sollte es jedoch nicht mehr werden, auch die Zeiten, in denen Iron Maiden jedes Jahr ein Album und eine Welttour hinlegen, sind mit Somewhere In Time vorbei. Doch die Metal-Weltherrschaft der Achtziger haben Iron Maiden da längst inne.

Zeitsprung: Am 28.4.1988 starten Iron Maiden ihre Welttournee in einem Kölner Club.

Continue Reading

Don't Miss