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Popkultur

„…Baby One More Time“ wird 25: Das Ende der Unschuld

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Britney Spears
Foto: Paul Natkin/WireImage/Getty Images

Vor 25 Jahren erscheint das erste Britney-Spears-Album …Baby One More Time. Es ist ein Referenzwerk des Bubblegum-Pop der späten Neunziger – und der Trigger für all die Katastrophen und Traumata, die ihre Karriere bestimmen werden.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr …Baby One More Time hören:

Mit Kinderstars ist das ja wie mit Asteroiden: Irgendwann fallen sie. Macaulay Culkin, Edward Furlong, Lindsay Lohan oder Miley Cyrus hatten schon zu Teenagertagen mehr Abstürze und Entzüge als die meisten Erwachsenen, unzähligen weiteren hat die die Aussetzung der mörderischen Regenbogenpresse zumindest nicht all zu gut getan.

Auch Britney Spears ist da keine Ausnahme, wie die Welt spätestens im Zuge der #freebritney-Bewegung mitbekommen hat. Sie wächst im ultrakonservativen Bible Belt der USA auf, singt im Kirchenchor, nimmt schon mit drei Jahren Tanzstunden. Mit fünf steht sie bereits auf der Bühne, nimmt jetzt auch Gesangsunterricht und besucht Gymnastikkurse. Sie wird zu Talentshows geschickt, eh eine der gruseligsten Institutionen im konservativen Amerika, und steht mit zehn regelmäßig auf Musicalbühnen und vor Fernsehkameras. Das mag auch Britneys Wunsch gewesen sein. Die Rolle ihrer Eltern Jamie und Lynn in ihrer Karriere wird aber immer mindestens kontrovers bleiben.

Karrierestart neben Christina Aguilera und Justin Timberlake

Im Dezember 1992, mit elf, wird sie für den Mickey Mouse Club gecastet – neben Kids mit Namen wie Christina Aguilera, Justin Timberlake oder Ryan Gosling. Da hat man ihr Talent als Sängerin und Performerin, als blondes, hübsches All-American-Girl längst erkannt. Nach dem Ende der Show 1994 vergeht dann zwar noch etwas Zeit, aber ab 1997 stehen die Zeichen ganz klar auf Popkarriere.

Erst soll sie bei der Girlgroup Innosense anheuern, eine Solokarriere traut man ihr nicht zu. Die einhellige Meinung: „Es wird keine zweite Madonna geben.“ Äh, na ja. Doch. Aber das wird die Welt zwei Jahre später merken: Sie unterschreibt bei Jive, einem nicht mehr existenten Label, und nimmt im Frühling 1998 in Stockholm Songs für ihr erstes Album auf. Damals ist sie 16. Eigentlich würde sie gern Musik wie Sheryl Crow machen, findet sich dann aber bald damit ab, dass man sich klassische Popmusik von ihr wünscht. Sie erfüllt die Wünsche nur zu gern, ist schon damals born to make them happy.

Das erfolgreichste Debüt aller Zeiten

Die Produzenten Max Martin und Rami Yacoub haben bei den Sessions auch einen Song namens Hit Me Baby One More Time dabei. Der war eigentlich für TLC, aber die wollten ihn nicht. Spears sagte später, dass sie sofort spürte, dass das ein Hit werden würde. Und das wird er: Nummer eins in den Charts in 23 Ländern, mehr als zehn Millionen verkaufte Einheiten. Im Sommer 1998 weiß das aber noch niemand. Trotzdem ändern sie den Titel lieber mal in …Baby One More Time, weil gefürchtet wird, er würde sonst häusliche Gewalt verherrlichen.

Dass eine 16-Jährige hier wenig später offen lasziv und sexuell in einer viel zu knappen Schuluniform durch eines der berühmtesten Musikvideos aller Zeiten tanzen würde, ist allen offenkundig egal. Britney Spears wird mit 16 Jahren zu einem Produkt, zur sexy Highschool-Nixe, die damals noch gar nicht wissen kann, was geschehen wird. Nach ihrer Rückkehr in die Staaten geht alles ganz schnell: Sie macht eine Marketing-Tournee durch Shopping Malls, wo sie vier Songs spielt, sie geht als Opening Act mit *NSYNC auf Tour und veröffentlicht im September 1998 ihre erste Single …Baby One More Time. Das Album folgt am 12. Januar 1999 – und rauscht direkt an die Spitze der US-Charts. Nach einem Monat: Doppelplatin. Und insgesamt: 25 Millionen verkaufte Platten. Mehr als jedes andere Debüt.

Schmierige Talkshow-Hosts

Die erste eigene Tour wird da natürlich auch ein Erfolg, steht aber von einigen Seiten in heftiger Kritik. Der Grund: Die knappen und nicht viel Fantasie lassenden Outfits. Dieses Image manifestiert sich auch in den zahlreichen Talkshows, in die sie eingeladen wird. Männliche Hosts fragen sie unangebracht offen nach ihrem Aussehen, nach ihren Outfits oder ihren Ohrringen, musikalische oder künstlerische Fragen sind damals schon Mangelware. Und das bleiben sie auch. Wo das alles irgendwann hinführen wird, wissen wir leider. Skandale, Kontorversen, Ausfälle, Aussetzer, Ausraster und manch ikonischer Moment der Popkultur folgen nur wenige Jahre später am Fließband.

Sexualisierte Unschuld

Damals aber eben noch nicht. Sie wird über Nacht zum Teenie-Idol, zum Vorbild Millionen junger Frauen weltweit. Sie ist aber eben auch der Inbegriff problematischer Sexualität: Das Cover des Rolling Stone vom April 1999 zeigt Spears auf ihrem Bett liegend, mit offenem Oberteil, das ihren BH enthüllt, während sie einen Teletubby umklammert. Kindliche Unschuld und Sexualität kommen da auf verstörende Weise zusammen. Spears selbst zeigt sich damals noch unverständig: „Was ist denn so schlimm daran? Ich habe starke Moralvorstellungen. Ich würde es wieder tun.“

Nun muss man sagen, dass Britney Spears offenbar wirklich den Herzenswunsch hatte, Popstar zu werden. Als Teenagerin ist es aber eben unmöglich zu antizipieren, was die männerdominierte Musikbranche mit einem Mädchen wie ihr anstellt. Deswegen ist es fast schmerzhaft, sich …Baby One More Time anzuhören. Denn was vordergründig wie ein archetypisches Teen-Pop-Album klingt, ist in Wahrheit der Anfang vom Ende. Und das Ende der Unschuld.

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Zeitsprung: Ab 25.1.2000 erklärt uns Britney Spears die Halbleiterphysik. Quasi.

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