Popkultur
Bombay Bicycle Club im Interview: „Wir wussten das alles gar nicht mehr zu schätzen“
Die Mitglieder von Bombay Bicycle Club waren noch nicht einmal mit der Schule fertig, als sie ihre ersten Auftritte spielten. Der Indie-Rock der vier Jungs aus London begeisterte bald national und international, nach dem gefeierten Debütalbum I Had The Blues But I Shook Them Loose wurde jedes Release erfolgreicher, jede Tour größer. Und dann war Schluss.
von Christina Wenig
Nach einer umfangreichen Tournee zum 2014er Album So Long, See You Tomorrow und zehn Jahren als Band kündigte die mittlerweile recht ausgebrannte Band 2016 eine Pause auf unbestimmte Zeit an – die nun vorbei ist. Mit dem neuen Album Everything Else Has Gone Wrong melden sich Bombay Bicycle Club mit neuer Energie und einem neuen Selbstverständnis zurück. Sänger/Gitarrist Jack Steadman und Gitarrist Jamie MacColl sprachen mit uns über ihre dringend gebrauchte Auszeit, das Erwachsenwerden in einer Band und die Notwendigkeit von Optimismus.
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Jack und Jamie, wie fühlt es sich an, fast sechs Jahre nach eurem letzten Album wieder hier zu sitzen und Interviews zu geben?
Jamie: Ich habe wirklich Spaß! Vor fünf Jahren hätten wir wahrscheinlich gedacht „Nicht schon wieder“, aber nun freuen wir uns, in Berlin, Paris oder wo auch immer sein zu können. Deswegen haben wir auch diese Pause eingelegt: Damit wir solche Erfahrungen nicht mehr als selbstverständlich ansehen.
Ihr hattet euren Fans offiziell ja lediglich eine Pause angekündigt, aber wie ihr kürzlich verraten habt, war die Band insgeheim quasi schon aufgelöst…
Jamie: Ja, wir haben all unsere Instrumente verkauft – und dann nicht mal zwei Monate später angefangen, über einen Neustart der Band zu sprechen.
Jack: Der zehnte Jahrestag unseres Debütalbums näherte sich und wir dachten darüber nach, aus diesem Anlass ein paar Shows zu spielen. Aber es fühlte sich komisch an, nur für diese Auftritte zurückzukommen – sowas machen nur alte Bands und wir sind ja noch verhältnismäßig jung. (lacht) Also entwickelte sich die Diskussion in Richtung neuer Musik. Das war alles noch sehr unsicher, weil wir natürlich nicht wussten, ob wir einfach so ein neues Album hinbekommen würden. Aber ich habe langsam wieder angefangen zu schreiben, was nach all dieser Zeit wirklich toll war. Nachdem Eat, Sleep, Wake dann vor etwa einem Jahr entstanden war, ging alles ganz schnell. Eins führte zum anderen.
Eure Jahre als Band waren bis zur Pause sehr intensiv: Vier Alben in nur fünf Jahren, ständiges Touren, alles wurde immer größer. Wie ging es euch, als ihr 2015 dann den Stecker gezogen habt?
Jack: Ich war total aufgeregt, etwas Neues zu machen. Wir haben alle neue Wege eingeschlagen. Ich habe ein Solo-Album mit Musik aufgenommen, die ich nie mit der Band hätte machen können, Jamie ist zur Uni gegangen…
Jamie: Ich kann mich noch erinnern, dass ich direkt am Tag nach unserem letzten großen Gig in London unfassbar krank wurde. Ich war einfach total erschöpft von dem Jahr, das wir hinter uns hatten. Das war alles sehr ungesund, weil wir so viel wie möglich in kürzester Zeit machen wollten. Sowas wollen wir jetzt vermeiden, denn das ist nicht besonders nachhaltig. Ich glaube, wir hatten damals alle nicht mehr wirklich Spaß an der ganzen Sache. Wie schon gesagt, wir wussten das alles gar nicht mehr zu schätzen.
Als Teil solch einer beschäftigten Band erwachsen zu werden, ist sicherlich nicht einfach. Seht ihr Everything Else Has Gone Wrong auch als Resultat eines persönlichen Reifungsprozesses?
Jack: Auf jeden Fall. Wir wussten gar nicht, wer wir außerhalb dieser Blase waren, in der wir gelebt haben. Das war ja nicht das echte Leben. Du gehst auf Tour und alle kümmern sich um dich, als wärst du ein Baby: Du kriegst gesagt, wann du wo sein musst und musst nicht wirklich nachdenken. Da fragt man sich schon, wie man sich in der echten Welt als normaler Mensch, ganz auf sich allein gestellt, schlagen würde.
Jamie: Ich hatte Schwierigkeiten damit, meine persönliche Identität von der Band abzukapseln. Ich war sehr davon definiert, ein Teil von Bombay Bicycle Club zu sein, was nicht sonderlich gesund ist. Viele unserer Songs handelten ja auch vom Teenager-Dasein, sodass ich mich irgendwann gefragt habe „Werde ich nun ewig in diesem Kreislauf gefangen sein, älter zu werden, aber immer noch die Songs zu singen, die wir mit 15 geschrieben haben?“ Das fühlte sich echt merkwürdig an. Außerdem ist es schwierig, Songs darüber zu schreiben, permanent auf Tour zu sein. Das ist ein Thema, mit dem sich 99,9 Prozent der Menschen überhaupt nicht identifizieren können. Eines der besten Ergebnisse unserer Pause ist also, dass Jack neue Songs schreiben konnte, die mehr zu unserem jetzigen Leben passen und zu denen man leichter eine Verbindung herstellen kann.
Man kann den Albumtitel leicht als Statement des Versagens lesen, tatsächlich ist aber genau das Gegenteil der Fall.
Jack: Genau, es soll optimistisch und hoffnungsvoll sein. Wenn man sonst nichts mehr hat, hat man immer noch die Musik. Das wäre mein letzter Zufluchtsort, wenn die Welt den Bach runtergeht. Aber auch auf einer weniger dramatischen Ebene: Wenn man einen schlechten Tag hat oder von dem aktuellen politischen Klima frustriert ist, kann man einfach nach Hause gehen, Kopfhörer aufsetzen und Musik hören. Es ist eine Form von Eskapismus.
Wo du das politische Klima schon ansprichst: Gerade gibt es nicht besonders viele hoffnungsvolle Alben. War es schwierig für dich, diese Mentalität beim Schreiben zu erhalten? Oder blendest du die Außenwelt einfach ganz aus?
Jack: Das tue ich wirklich, nicht nur gedanklich: Wir haben den Großteil des Albums in einer sehr abgeschiedenen, ruhigen Ecke des Landes mit Blick aufs Meer geschrieben – sehr stressfrei. Ich halt es für wichtig, einen Rückzugsort zu haben, an dem noch Freude herrscht.
Jamie: Gerade gibt es sehr viel Musik, die die aktuelle Politik-Landschaft kommentiert. Das ist natürlich wichtig, aber ich denke nicht, dass alle Musik das tun muss. Für mich hat auch solche Musik einen Wert, die eine Flucht aus der Realität ermöglicht und eine positive Message hat. Die Band Idles macht das zum Beispiel sehr gut: Das ist Protestmusik, der aber ein gewisser Optimismus zugrunde liegt. Wir wollen auf jeden Fall eine positive Einstellung gegenüber der Zukunft der Welt bewahren. Irgendjemand muss es ja tun. (lacht)
Wie hat es sich auf die Arbeiten am neuen Album ausgewirkt, mehrere Jahre Abstand zu euren bisherigen Releases zu haben?
Jack: Wenn so viel Zeit vergeht, verspürt man weniger Druck durch die Außenwelt. Hätten wir dieses Album direkt nach dem letzten geschrieben, wären wir viel angespannter gewesen, denn das war unser bis dato erfolgreichstes und wir hätten uns darüber den Kopf zerbrochen, ob das neue da mithalten kann. Über sowas sollte man beim Schreiben nie nachdenken. Wir hatten das Gefühl, wieder ganz neu von vorne anfangen zu können und alle Freiheiten zu haben, weswegen wir zum Beispiel mit einem Produzenten gearbeitet haben, der uns etwas aus unserer Komfortzone gedrängt hat.
Jamie: Ich sehe dieses Album fast schon als eine Art Reaktion auf seinen Vorgänger. So Long, See You Tomorrow war sehr massiv produziert, vielschichtig und so voller Ideen, dass es zeitweise schon fast zu viel wurde. Mittlerweile sind wir etwas entspannter und okay damit, dass nicht jeder Song mit einem Mega-Refrain endet oder so. Dadurch ist das Album vermutlich etwas simpler geworden. Neben der Tatsache, dass Jack jetzt mit Mr. Jukes ein neues Ventil hat, ist eine wichtige Veränderung natürlich auch, dass unser Bassist Ed erstmals ein paar Songs beigesteuert hat, nachdem er sein Solo-Projekt Toothless gestartet hat.
Euer Produzent war John Congleton, der von Blondie bis Marilyn Manson schon mit zahlreichen Mega-Stars gearbeitet hat. Anders als ihr hat er eine sehr intuitive Arbeitsweise: Ihr habt kürzlich verraten, dass er euch kaum Retakes erlaubt hat. Wie war es für euch, diese Kontrolle abzugeben?
Jack: Mir fiel das anfangs wirklich schwer, weil ich das genaue Gegenteil von ihm bin. Ich würde hundert Takes von einem Part einspielen, damit alles absolut perfekt ist. Aber ich bin froh, dass wir diese Erfahrung mit ihm gemacht haben, ich mag seine Arbeitsweise und habe viel gelernt. John zwingt dich dazu einzusehen, dass das Publikum vermutlich weitaus weniger auf Perfektionismus achtet als du selbst und man sich nicht wegen jeder Kleinigkeit den Kopf zerbrechen muss.
Jamie: Für Jack war es vermutlich einfach schon sehr entspannend, dieses Mal nicht selbst zu produzieren. Wir sind alle offener und selbstbewusster geworden. Ich persönlich bin mittlerweile nicht mehr allzu besorgt um meinen Beitrag zur Musik, weil ich ein Leben außerhalb der Band gefunden habe. Mein Selbstwert ist nicht mehr so abhängig von Bombay Bicycle Club.
Jamie, in einem Interview hast du verraten, dass im September nicht einmal die Hälfte der Songs fertig waren. Das heißt, dass dieses Album in einer sehr kurzen Zeitspanne entstanden ist.
Jamie: Ich habe meinen Master-Abschluss im Juli gemacht, im August habe ich geheiratet und erst danach haben wir wirklich mit den Aufnahmen angefangen. Wir haben elf Songs in zwölf Tagen eingespielt – dafür hätten wir früher zwölf Wochen gebraucht. John hat definitiv gut gegen unsere Zwangsneurose angekämpft, alles endlos zu diskutieren. Er meint nur „Letztendlich ist das echt nicht so wichtig“. (lacht) Man könnte sich von dieser Einstellung ein bisschen angegriffen fühlen, aber letztendlich ist sie gut, denn er hat verstanden, dass das eigene Leben nicht damit steht und fällt, wie ein Album ankommt.
Dieser kurze Abstand zwischen den Aufnahmen und der Veröffentlichung schafft auch eine gewisse Unmittelbarkeit, oder? Ihr müsst jetzt nicht noch monatelang auf den fertigen Songs sitzen.
Jack: Ja, diese Zwischenphase ist echt nervig, weil man einfach nur will, dass die Leute es endlich hören können.
Jamie: Unmittelbarkeit ist ein gutes Wort dafür, weil es das Gefühl dieses Albums widerspiegelt – eben weil es, anders als die Vorgänger, nicht so vielschichtig und detailversessen, sondern eher schlicht und emotional ist. Vielleicht hat sich der Arbeitsprozess also auf das Endergebnis ausgewirkt.
Macht ihr jetzt schon Pläne für eure Zukunft?
Jamie: Wir haben darüber noch gar nicht wirklich geredet, mal schauen. Mich würde es überraschen, wenn alles wieder so laufen würde wie früher – Album nach Album nach Album, ohne Pause. Dann würden wir glaube ich schnell wieder an den gleichen Punkt gelangen wie vor sechs Jahren. Ich denke, dass keiner von uns nur diese eine Sache für den Rest seines Lebens tun will. Jack wird verschiedene Arten von Musik machen, Ed wird mehr Solo-Sachen aufnehmen, Suren wird mit anderen Künstler*innen arbeiten und ich werde mich außerhalb der Musik beschäftigen. Das halte ich für gesund, weil es darauf hinausläuft, die eigene Identität nicht von Bombay Bicycle Club verschlingen zu lassen. Letztendlich ist das hoffentlich der nachhaltigere Weg, diese Band aufrechtzuerhalten.

Popkultur
Zeitsprung: Am 20.3.2000 veröffentlichen Metallica „No Leaf Clover“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 20.03.2000.
von Christof Leim
Neue Songs gab es von Metallica um die Jahrtausendwende wenige. Eine der Ausnahmen taucht 1999 bei der Orchesterkollaboration S&M auf: No Leaf Clover. Am 20. März 2000 erscheint die Single dazu.
Hier könnt ihr euch S&M anhören:
Endlich neuer Stoff: Als Metallica im November 1999 unter dem Titel S&M den Mitschnitt ihrer Auftritte mit dem San Francisco Symphony Orchestra veröffentlichen, liegt Reload schon zwei Jahre zurück, Garage Inc. von 1998 enthält nur Coverversionen. Auf S&M ballert die Band im Wesentlichen ihre sattsam bekannten Hits und ein paar „deep tracks“ unverändert runter, während das Orchester unter der Leitung von Michael Kamen dazu spielt, quasi „draufgeflanscht“ wurde. Dabei schafft das klassische Ensemble manchmal mehr emotionale Tiefe und Spannung, oft genug sucht es aber auch vergeblich die Lücken im Riffgeknatter. (Wie das alles so kam, erzählen wir ein andermal bei einem Zeitsprung über S&M.)
Zwei Welten
Metallica-Freaks weltweit können sich dabei über zwei unveröffentlichte Stücke freuen: den Godzilla-gleichen, recht einfachen Stampfer – Human (ausgesprochen: „Minus Human“) und ein Lied namens No Leaf Clover. Beide sollen Überbleibsel der Load/Reload-Sessions sein, und das hört man. Damals hatten Metallica unter viel Wehklagen der Szenewächter den Pfad des „Stählernen“ verlassen und sich für ein paar Jahre von Metal und Thrash allgemein Richtung Rock orientiert.
Metallica und Michael Kamen (l.) im Dezember 1999 bei den Billboard Music Awards – Foto: Brenda Chase Online USA, Inc./Getty Images
Im Rahmen des S&M-Projektes funktionieren die beiden neuen Songs deshalb gut, da hier Orchester und Metallica eben nicht nur nebeneinander spielen, sondern weil die beiden Welten sich ergänzen. No Leaf Clover beginnt mit einem dramatischen Intro mit Pauken, Streich- und Blasinstrumenten, das die Band heute noch vor Liveeinsätzen des Stückes laufen lässt. Es folgen unverzerrte Akkorde von Meister Hetfield, über die sich fast so etwas wie Filmmusik spinnt. Natürlich lassen die harten Riffs nicht lange auf sich warten, und für die Strophen bräuchten Metallica und der Song das Orchester nicht mehr. Im Laufe von 5:43 Min. wechseln sich laut und leise, hell und dunkel, rockig-direkt und klassisch-umspielt immer wieder ab und machen aus No Leaf Clover ein kleines Schätzchen aus der zweiten Reihe der Metallica-Werke.
Keinblättriges Kleeblatt
Textlich scheint sich James Hetfield hier mit den Fallstricken von Ruhm und Reichtum zu beschäftigen: Ein Protagonist spürt seine Chance („feels right this time“) auf einen Durchbruch („crash course with the big time“), ignoriert aber Warnungen („pay no mind to the distant thunder“). Doch das scheint zu kurz gedacht zu sein („sucker for that quick reward“), denn im Chorus stellt sich heraus, dass hinter dem „beruhigenden Licht am Ende des Tunnels“ doch nur ein Zug steckt. Dazu passend verbirgt sich die schwarzmalerische Aussicht schon im Titel, der auf ein „four leaf clover“ anspielt, ein vierblättriges Kleeblatt also. Damit meint ein No Leaf Clover also alles andere als einen Glücksbringer.
Abgesehen davon, dass die abgenutzte Licht/Tunnel/Zug-Metapher für Hetfields Verhältnisse ziemlich schwach daherkommt, schlägt No Leaf Clover damit in eine ähnliche Kerbe wie The Memory Remains. Dass sich ein sensibler Texter wie der Metallica-Frontmann noch eine knappe Dekade nach dem unfassbaren Erfolg des Black Album mit Ruhm, Erfolg und ihren Nachteilen beschäftigt, verwundert nicht. Nachzulesen sind die Textzeilen hier.
Kunstanalystische Tresengespräche
Der Blog Toilet Ov Hell (heißt wirklich so, cooler Name) schreibt in einem gelungenen Kommentar, dass No Leaf Clover womöglich „der letzte Windstoß echten künstlerischen Wachstums“ für Metallica gewesen sein könnte, bevor sie sich in ihre „enttäuschende, aber verdiente“ Rolle als so genannter „Legacy Act“ zurückgezogen haben. So bezeichnet man üblicherweise eine Gruppe, die vor allem von ihrer und durch ihre gewaltige Geschichte lebt. Verständlich wäre es im Falle unserer Helden, denn die glorreichen Zeiten der ebenso innovativen wie alkoholgetränkten Ballerei auf Großtaten wie Ride The Lightning (1984) und Master Of Puppets (1986) ist mit dem Jahreswechsel 1999/2000 schon anderthalb Dekaden her.
T-Shirt-Motiv zum Titel
Ob das so stimmt, kann man diskutieren, und das machen wir auch gerne an jedem Festivaltresen der Welt, aber ganz Unrecht haben die Leute von Toilet Ov Hell nicht. Und zwar aus folgendem Grund: Man darf die lärmige Therapiestunde St. Anger (2003) und die unfassbar unerträglich beschissene Kollaboration mit Lou Reed auf Lulu (2011) zwar als künstlerische Statements bezeichnen, aber unstreitbar Großes wie in den ersten zehn Jahren ihrer Geschichte haben Metallica damit wohl nicht geleistet. Auf Death Magnetic (2008) und Hardwired…To Self-Destruct (2016) liefert das Quartett zwar guten Stoff, wiederholt aber bekannte Formeln und Formate. Ob das reicht, muss die Headbangerschaft noch am Tresen klären.
Liveeinsätze
Als erste Single von S&M wird zeitgleich Nothing Else Matters ausgekoppelt, No Leaf Clover folgt erst vier Monate später am 20. März 2000. Mit der Nummer erreichen Metallica einen Platz 74 in den allgemeinen US-Charts und sogar die Spitze der Mainstream Rock Charts. In Deutschland reicht es für Platz 40.
Für die Konzerte packen sie den Song immer mal wieder auf die Setlist, bis März 2020 insgesamt 125 Mal, wie etwa beim Konzert in Köln im Sommer 2019 (vollständiger Bericht hier). Die andere neue Nummer – Human bringt es nur auf vier Einsätze. Zum Vergleich: Das Stück Master Of Puppets haben die Burschen schon 1671-fach gespielt. Auch bei der einmaligen Neuauflage des Orchesterprojektes im Jahr 2019 unter dem Titel S&M2 gehört die Nummer natürlich zum Aufgebot. Für ein Schätzchen aus der zweiten Reihe ist das schon in Ordnung.
Popkultur
Zeitsprung: Am 19.3.1955 kommt Sänger & Schauspieler Bruce Willis zur Welt.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 19.3.1955.
von Timon Menge und Christof Leim
Er hat Hochhäuser gesichert, als Preisboxer um sein Leben gefürchtet und mehrfach den Planeten gerettet, zumindest auf der Kinoleinwand. Was die meisten nicht wissen: Action-Star Bruce Willis kann auch Blues. Heute feiert er Geburtstag.
Hier könnt ihr euch The Return Of Bruno anhören:
Alles beginnt in Rheinland-Pfalz, denn Walter Bruce Willis kommt am 19. März 1955 in Idar-Oberstein zur Welt. Das liegt daran, dass sein Vater David als US-Soldat in Deutschland arbeitet und dort Marlene kennenlernt, die Mutter von Bruce. 1957 zieht die Familie wieder in die USA und lebt ihr Arbeiterleben weiter; Mutter Marlene arbeitet bei einer Bank und Vater David als Schweißer, Mechaniker und Fabrikarbeiter.
Vom Stotterer zum Schulsprecher
Als Willis auf die High School kommt, entwickelt er ein Stotterproblem, und zwar so stark, dass seine Mitschüler ihm den Spitznamen „Buck-Buck“ verpassen. Das ändert sich, als er der Schauspiel-AG beitritt. Er bekommt das Stottern in den Griff, sammelt erste Schauspielerfahrung und arbeitet an seinem Selbstbewusstsein. Schließlich wird er sogar zum Schulsprecher ernannt.
Filmposter von Armageddon
Nach dem High-School-Abschluss 1973 arbeitet Willis in einem Atomkraftwerk, später als Privatdetektiv. Danach widmet er sich voll und ganz seiner Schauspielkarriere und wir wissen, was daraus wurde. Filme wie Stirb langsam (1988), Pulp Fiction (1994), Armageddon (1998) und The Sixth Sense (1999) verhalfen Bruce Willis zu internationaler Berühmtheit, viele der Streifen sind heute Klassiker. Er kann aber auch anders.
Bruce und der Blues
Viele wissen es nicht: Willis hat auch zwei Musikalben veröffentlicht und zwar noch vor seinem Durchbruch als Schauspieler. Sein Debüt The Return Of Bruno bringt die legendäre Plattenschmiede Motown am 20. Januar 1987 auf den Markt. Darauf singt er einerseits Blues-Stücke von Ry Cooder, Jerry Leiber/Mike Stoller und Allen Toussaint; für Jackpot (Bruno’s Bop) betätigt er sich aber auch als Komponist. Under The Boardwalk, ein Drifters-Cover, erreicht sogar Platz zwei der britischen Single-Charts. Die Kritiken fallen allerdings durchwachsen aus.
Das Album gehört zu einem großen Special des US-Fernsehsenders HBO, das kurz nach der Veröffentlichung der Platte ausgestrahlt wird. Nicht zuletzt wegen dieser Größenordnung werden Willis hochkarätige Musikerinnen und Musiker zur Seite gestellt, wie Booker T. Jones, die Pointer Sisters und die Temptations. Mit If It Don’t Kill You, It Just Makes You Stronger erscheint 1989 noch ein zweites Album.
Bruce Willis heute
Heute lebt Willis mit seiner Frau Emma Heming und seinen beiden Töchtern in Los Angeles. Ob wir nochmal auf ein Album hoffen dürfen? Wir wissen es nicht. Vielleicht singt Willis nur noch unter der Dusche. Es wäre schade, denn seine beiden bisherigen Veröffentlichungen sind gar nicht schlecht. Seine Schauspielkarriere musste er zudem beenden, da Anfang 2022 bei ihm Aphasie diagnostiziert wurde, eine Störung der Sprache. Ein Jahr wurde zudem Demenz festgestellt. Willis zog sich deshalb aus der Öffentlichkeit zurück. Wir wünschen nichtsdestotrotz alles Gute zum Geburtstag!
Zeitsprung: Am 27.2.2015 stirbt der Schauspieler – und Musiker – Leonard Nimoy.
Popkultur
Zeitsprung: Am 18.3.1965 pinkeln die Rolling Stones an eine Tankstelle.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 18.3.1965.
von Tom Küppers und Christof Leim
Seien wir ehrlich: Mehr oder weniger ungehöriges Benehmen gehört einfach zum Rock’n’Roll. Die Rolling Stones könnte man vielleicht sogar die ersten Rebellen der modernen Rockgeschichte nennen. Am 18. März 1965 jedenfalls produzieren sie einen kleinen Skandal, der mit unverhandelbarer Dringlichkeit und anatomischen Besonderheiten zu tun hat…
Hier könnt ihr euch die frühen Stones anhören:
Wer in einer Band spielt, egal ob als Hobbyist oder Profi, kennt die Situation. Nachts, Rückweg vom Gig, die Blase drückt. Damals wie heute gilt: ran an die nächste Tankstelle. So geht es auch den Rolling Stones am 18. März 1965. Die Band und ihre Crew fahren also vor, Bassist Bill Wyman (gilt als einer der ruhigen Vertreter in der Gruppe) fragt Charles Keeley, einen 41-jährigen Angestellten wo man denn „mal kurz Wasser lassen könnte“. Keeley, der Wyman später als „zotteliges Monster mit dunkler Brille“ beschreiben wird, entgegnet, dieses Etablissement verfüge nicht über Sanitäranlagen.
Blasendruck & Schreihals-Modus
Mit dieser unglaubwürdigen Antwort hat keiner gerechnet, wie sich Wyman in seiner Biografie erinnert. „Ich musste inzwischen wirklich dringend, ging zum Auto zurück und erklärte, was eben passiert war.“ Sänger Mick Jagger will der Sache auf den Grund gehen und betritt mit Gitarrist Brian Jones sowie Wyman im Schlepptau nochmal die Tankstelle. Er fragt noch mal nach dem Abort, doch der Mitarbeiter ist inzwischen im Schreihals-Modus angelangt.
Ein zotteliges Monster ohne Brille, aber mit Artgenossen: Bill Wyman (2.v.r.) und die Rolling Stones
„Na gut“, denkt sich Jagger und erklärt, das man sch eben woanders erleichtern würde. Die Stones (minus Schlagzeiger Charlie Watts, der später zu Protokoll gibt: „Ich habe im Auto geschlafen, Mann!“) steuern eine nahegelegene Mauer an, reihen sich auf und lassen der Natur ihren freien Lauf. Gitarrist Keith Richards erinnert sich in seinen lesenswerten Memoiren namens Life daran, das als nächstes – wie aus dem Nichts – die Polizei auftaucht. „Wir stehen da, lassen laufen, und auf einmal zückt ein Polizist seine Taschenlampe und beleuchtet Bills Genital.“ Unangenehm. Am nächsten Tag wird gegen Jagger, Wyman und Jones Anzeige erstattet.
Anatomische Besonderheiten
Als Zeuge dient ein an diesem Abend ebenfalls anwesender Kunde, der sich persönlich von den Musikern auf den Schlips getreten fühlt und ihnen „ekelhaftes Benehmen“ unterstellt. Als das ganz dann im Juli 1965 vor Gericht landet, stehen die Stones mit (I Can’t Get No) Satisfaction auf der Nummer eins der Charts. Die Verhandlung selbst verläuft ohne größere Zwischenfälle, es gibt ein kleine Geldstrafe und eine Standpauke von Richter Morey. „Bloss weil sie die höchsten Weihen ihrer Profession erreicht haben, gibt ihnen das nicht das Recht sich so aufzuführen.“
Richards lüftet dann in seinem Buch Jahrzehnte später den mutmaßlichen Grund dafür, warum die Band überhaupt erwischt wurde. „Die Sache mit Bill ist die, und das ist wahrscheinlich eine der am besten gehüteten Geheimnisse der Rolling Stones: Er besitzt eine der größten Blasen in der Geschichte der Menschheit.“ Bitte was? Der Stones-Gitarrist führt gerne aus: „Wenn der aussteigt um zu pinkeln, dann weißt du genau, das du erstmal die nächste Viertelstunde festhängst. Meines Wissens nach hat Bill es noch nie unter fünf Minuten geschafft.“ Mit anderen Worten: Die Rock-Helden wurden erwischt, weil sie zu lange gebraucht haben. Trotzdem: Verglichen mit dem, was Popstars heute abziehen, um in den Schlagzeilen zu gelangen, wirkt dieser kleine Ausrutscher vom 18. März 1965 doch geradezu niedlich, oder?
Zeitsprung: Am 8.8.2004 ist bei der Dave Matthews Band die K**ke am Dampfen.
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