Popkultur
Zehn Songs, die jeder Fan von Bon Jovi kennen muss
Happy Birthday, Jon Bon Jovi! Am 2. März 2020 wird der Rock-Beau 58 Jahre alt. Aus diesem Grund widmen wir uns heute zehn Songs seiner Band, um die man als Fan definitiv nicht umher kommt.
von Markus Brandstetter
Urgestein des Rocks
Seit fast vier Jahrzehnten sind Bon Jovi nun schon im Geschäft. Auch wenn die Besetzung mittlerweile eine etwas andere ist als zu Zeiten von New Jersey, Keep The Faith & Co.: Bon Jovi sind immer noch auf den großen Bühnen der Welt zuhause. Am 15. Mai 2020 erscheint mit Bon Jovi 2020 das 20. Studioalbum der Band. Grund genug, sich wieder einmal quer durch das Oeuvre der Band zu hören und zehn besondere Stücke herauszupicken.
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Runaway (1981)
1981 veröffentlichten Bon Jovi mit Runaway ihre Debütsingle. Allerdings bestand die Band damals noch aus John und einer Reihe von Sessionmusikern. Am Bass: Ein gewisser Hugh MacDonald, der 1994 nach dem Rauswurf von Alec John Such den Bass bei den Rockern aus New Jersey übernehmen sollte. Auch beim Keyboarder des Stücks handelt es sich um einen bekannten Namen: Die Arbeit an den Tasten übernahm Roy Bittan, seines Zeichens Mitglied von Bruce Springsteens E Street Band. Aufgenommen wurde das Stück in den Power Station Studios in Manhattan, deren Mitbesitzer Jons Cousin Tony Bongiovi war und wo Jon arbeitete. Die Single wurde zu einem Radiohit in der New-York-Gegend – und so stellte Jon ein erstes Bon-Jovi-Lineup auf die Beine. Drei Jahre später eröffnete der Song das selbstbetitelte Debütalbum der Band.
You Give Love A Bad Name (1986)
Eigentlich hatte Songschreiber Desmond Child den Song, aus dem später You Give Love A Bad Name wurde, für Bonnie Tyler geschrieben. Diese veröffentlichte ihn 1983 unter dem Titel If You Were A Woman (And I Was A Man) auf ihrem Album Faster Than The Speed Of Light/Secret Dreams. Weil aus dem Song aber nicht der Hit wurde, den sich Child erhofft hatte, schrieb er das Stück gemeinsam mit Bon Jovi und Sambora um. Es wurde 1986 auf dem Longplayer Slippery When Wet veröffentlicht. Für Bon Jovi wurde das Stück zum Riesenerfolg: Mit You Give Love A Bad Name konnte die Band ihren ersten Spitzenplatz in den US-Charts feiern.
Zum Vergleich das Stück If You Were A Woman (And I Was A Man) von Bonnie Tyler:
Livin’ On A Prayer (1986)
Der Erfolg von Slippery When Wet endete aber nicht mit You Give Love A Bad Name – denn als zweite Single veröffentlichten Bon Jovi ihren möglicherweise besten Song überhaupt. Livin’ On A Prayer wurde erneut vom Songwriting-Team Child/Bon Jovi/Sambora verfasst. Alles am Stück hat großen Wiedererkennungswert: Der Talkbox-Effekt von Richie Sambora, sein Gitarrensolo, die Strophen und allen voran der überdimensionale Chorus.
Wanted Dead Or Alive (1986/1987)
Dass Bon Jovi auch Akustik-Balladen mit Wild-West-Flair schreiben können, hat die Band mehrfach bewiesen. Als Paradestück hätte hier neben Wanted Dead Or Alive auch das Stück Blaze Of Glory herhalten können – dies ist allerdings ein Jon-Bon-Jovi-Solostück von dessen ersten Soloalbum und zählt deshalb nicht. Das zweite perfekte Beispiel für dieses Genre ist Wanted Dead Or Alive, die dritte Single von Slippery When Wet. „I’m a cowboy, on a steel horse I ride / And I’m wanted / dead or alive“, singt Bon Jovi. Dazu spielt Richie Sambora auf seiner zwölfsaitigen Ovation–Akustikgitarre, für das Solo greift er dann aber doch wieder zur Elektrischen (zumindest im Video ein Modell von Hamer).
Born To Be My Baby (1988)
1988 veröffentlichten Bon Jovi das Album New Jersey – und machten da weiter, wo sie zwei Jahre zuvor mit Slippery When Wet aufgehört hatten. Dabei warf das Album mehrere Top-1-Singles ab. Das Stück Born To Be My Baby zählte nicht dazu – der Song erreichte nur Platz drei der Billboard Charts. Geht es nach dem Produzenten Bruce Fairbairn, ist das von Bon Jovi gewählte Arrangement des Stücks daran schuld: „Auch Born To Be My Baby hätte ein Nummer-1-Hit werden können. Der Song war eigentlich gedacht als ein etwas ruhigerer Folk-Rock-Titel, eine Hymne im Stil von Bruce Springsteen. Aber die Jungs haben das Tempo viel zu schnell genommen und einen Kracher wie Livin’ On A Prayer daraus gemacht. Damit war ich absolut nicht einverstanden“, zitierte „SWR3“ den Produzenten vor einigen Jahren. Trotzdem ist Born To Be My Baby ein wichtiges Bon-Jovi-Stück, das auch von der Thematik und vom Ethos Parallelen zu Livin’ On A Prayer besitzt: „Rainy night and we worked all day We both got jobs ’cause there’s bills to pay / We got something they can’t take away / Our love, our lives“, heißt es in der ersten Strophe – ehe Bon Jovi zum großen Refrain ansetzen.
Bed Of Roses (1992/1993)
Nach New Jersey veröffentlichten Bon Jovi einige Jahre keinen Longplayer. In der Zwischenzeit verfolgten Jon Bon Jovi und Richie Sambora Solokarrieren – 1992 war es dann aber doch wieder soweit. Mit dem Longplayer Keep The Faith meldete sich die Band zurück. Der Hairspray-Rock war nun auch optisch gewichen – denn Bon Jovi zeigte sich erstmals ohne seine charakteristische Mähne der frühen Tage. Hier zeigten Bon Jovi Mut zur Ballade – und zum ganz großen Pathos: Bed Of Roses ist ein epochaler Schmachtfetzen, eine nahezu perfekte Ballade, die 1993 als Single veröffentlicht wurde.
I’ll Sleep When I’m Dead (1992)
Auf Keep The Faith ging es aber nicht nur balladesk zu – denn auch wenn das Rock-Element etwas in den Hintergrund trat, war es durchaus vorhanden. Ein Beweis dafür ist das eingängige I’ll Sleep When I’m Dead – für das Bon Jovi erneut mit Desmond Child zusammenarbeitete.
Always (1994)
„This Romeo is bleeding / But you can’t see his blood“: Auf ihrem Best-Of-Album Cross Road zeigten Bon Jovi mit Always eine bis dahin unveröffentlichte Powerballade im Geiste von Bed Of Roses. Den Song hatte Jon Bon Jovi eigentlich für den Soundtrack des Films Romeo Is Bleeding geschrieben – das Angebot dann aber doch zurückgezogen, weil ihm der Film bei einem Screening nicht gefallen hatte. Beinahe wäre der Song in Vergessenheit geraten – hätte ihn der legendäre A&R John Kalodner nicht wiedergefunden und damit Bon Jovi einen weiteren Charterfolg beschert.
Someday I’ll Be Saturday Night (1994)
Auch das zweite neue Stück von Cross Road ist bemerkenswert. Es handelt von prekären Lebenssituationen, große Träumen. Diesmal heißen die Hauptcharaktere Jim und Billie-Jean – und haben es nicht leicht: Er hat keinen Job und schläft in seinem Auto, sie wurde von ihrem Vater misshandelt und arbeitet auf der Straße: „My name is Billie-Jean, my love was bought and sold / I’m only sixteen, I feel a hundred years old / My foster daddy went, took my innocence away / The street life ain’t much better, but at least I get paid.” Ganz schön starker Tobak für eine salonfähige Akustik-Ballade – die trotz allem Optimismus und den Willen zum Aufbruch versprüht: „Hey, man I’m alive I’m takin’ each day and night at a time / Yeah I’m down, but I know I’ll get by / Hey hey hey hey, man gotta live my life / I’m gonna pick up all the pieces and what’s left of my pride / I’m feelin’ like a Monday, but someday I’ll be Saturday night”.
It’s My Life (2000)
Mit dem Song It’s My Life starteten Bon Jovi gleich mit einem großen Hit ins neue Jahrtausend. Der Beginn erinnert mit seiner düsteren Stimmung und Richie Samboras Talkbox einmal mehr an Livin’ On A Prayer – und auch der Refrain ist imposant. Für It’s My Life holte sich die Band Verstärkung von einem der erfolgreichsten Songschreiber der letzten Jahrzehnte – Max Martin kennt man auch von seinen Arbeiten mit Britney Spears, Pink, Katy Perry sowie Backstreet Boys und *NSYNC. Man kann It’s My Life viel vorwerfen – es platt oder allzu konstruiert nennen, aber eines ist das Stück auf alle Fälle: eines der eingängigsten Bon-Jovi-Stücke überhaupt.

Popkultur
„Atomic City“: Neuer U2-Song feiert die Post-Punk-Jahre
Und plötzlich ist ein brandneuer Song von U2 gelandet: Auf Atomic City schwelgen die Iren im Sound früherer Jahre und läuten zugleich eine furiose neue Ära ein. Hier bei uns gibt es Song samt Video!
U2 fahren die Motoren langsam hoch. Kürzlich erst gaben sie einen Überraschungsauftritt mitten auf dem Strip in Las Vegas, um ihre furiose Residence im Sphere zu bewerben. Die startet am heutigen Freitag und verspricht ein revolutionäres Konzerterlebnis: 160.000 Lautsprecher und 260 Millionen Videopixel läuten dieses Wochenende eine neue Ära in Sachen Livemusik ein.
Hommage an Las Vegas
Passend dazu erscheint heute die brandneue Single Atomic City. Produziert wurde der Song von Jacknife Lee und Steve Lillywhite und ist als Hommage an Las Vegas zu verstehen – die Stadt wurde in den fünfziger Jahren als Atomic City bezeichnet. Musikalisch ist der Song ein Kniefall vor dem magnetischen Geist des Post-Punk der Siebziger und Bands wie Blondie oder The Clash, die U2 beide stark beeinflussten. Hier gibt es die starke Nummer zu hören:
Aufgenommen wurde die Single in Los Angeles und erscheint passend vor den anstehenden Terminen der Band im Sphere in Las Vegas, wo sie ihr bahnbrechendes Album Achtung Baby aus dem Jahr 1991 zelebrieren. Der Frontmann Bono selbst sagt über die Single: „Es ist ein Liebeslied an unser Publikum: Where you are is where I’ll be.“ Das dazugehörige Musikvideo wurde unter der Regie von Ben Kutchins gedreht und zeigt U2s nächtlichen Überraschungsauftritt des Songs in Downtown Las Vegas letzter Woche. Da hat sich mal jemand mit Schnitt und Post-Production beeilt.
Jetzt können wir nur noch warten und morgen schon die Bilder dieser grandiosen neuen Show mit Ersatzschlagzeuger Bram van den Berg bestaunen. Oder doch vielleicht eher gleich Flüge buchen?
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Popkultur
„Monsters Of California“: Alles über den UFO-Film von Blink-182-Sänger Tom DeLonge
Blink-182-Fans wissen: Frontmann Tom DeLonge hat nicht nur ein Faible für Rock, sondern auch für Roswell. Schon seit vielen Jahren interessiert er sich für UFOs, außerirdische Lebensformen und alles, was damit zu tun hat. Mit Monsters Of California bringt er bald seinen ersten Film raus. Und darin geht es natürlich um …
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch Nine von Blink-182 anhören:
… genau. In Monsters Of California hängt der Teenager Dallas Edwards am liebsten mit seinen verpeilten Freund*innen herum. Eines Tages findet die südkalifornische Clique zufällig einige Unterlagen von Dallas’ Vater, die darauf schließen lassen, dass er beruflich mit mysteriösen und paranormalen Ereignissen zu tun hat. Die Jugendlichen verknüpfen ihre Erkenntnisse miteinander, stellen Theorien auf — und werden auf einmal von uniformierten Männern mit Maschinengewehren umstellt. Spätestens jetzt wissen sie, dass etwas Großem auf der Spur sind. Doch sie haben natürlich noch keine Ahnung, wie groß ihre Entdeckung wirklich ist …
Tom DeLonge: Pop-Punk-Ikone und UFO-Fan
Die meisten kennen Tom DeLonge als Sänger und Gitarrist der erfolgreichen Pop-Punks Blink-182. Doch der Kalifornier ist auch ein ausgewiesener Alien-Fan, der sich in seiner Freizeit ausgiebig mit UFO-Sichtungen, Area-51-Theorien, außerirdischen Lebensformen und paranormalen Aktivitäten beschäftigt. (Mit dem Song Aliens Exist vom Blink-182-Album Enema Of The State brachte er DeLonge beiden Leidenschaften 1999 unter einen Hut — und genau diese Nummer ist natürlich auch im Trailer von Monsters Of California zu hören.) Immer wieder hinterfragt und forscht er im Namen der Wissenschaft nach Aliens und sucht Erklärungen für diverse Verschwörungstheorien. Schräg, oder?
DeLonges Engagement geht so weit, dass er am 18. Februar 2017 zum Beispiel den „UFO Researcher of the Year Award“ von OpenMindTV verliehen bekam. 2015 erzählte er in einem Interview von einer mutmaßlichen Begegnung mit Außerirdischen — während eines Camping-Trips nahe der sagenumwobenen Area 51. „Mein ganzer Körper hat sich angefühlt, als sei er statisch aufgeladen gewesen“, versicherte der Sänger. Auch Freunde von ihm könnten über Begegnungen mit Aliens berichten. Außerdem verfüge er über Regierungsquellen und auch sein Telefon sei aufgrund seiner Forschungen schon abgehört worden. Wenn er meint …
Monsters Of California: Wann startet der erste Film von Tom DeLonge?
In den USA läuft Monsters Of California am 6. Oktober 2023 an, doch wann der Streifen in Deutschland erscheinen soll, ist bisher nicht klar. So oder so: Der Trailer verspricht mindestens einen unterhaltsamen Kinobesuch — nicht nur für Blink-182-Fans.
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Popkultur
Zeitsprung: Am 29.9.1986 trumpfen Iron Maiden erneut auf mit „Somewhere In Time“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 29.9.1986.
von Christof Leim
In den Achtzigern stürmen Iron Maiden von einem Triumph zum nächsten. Dabei reiben sie sich fast bis zur Überlastung auf, halten aber konsequent Kurs und Niveau und entdecken neue Sounds. Am 29. September 1986 erscheint Somewhere In Time – und Eddie wird zum Cyborg.
Hier könnt ihr das Album hören:
Die Geschichte von Somewhere In Time beginnt mit völliger Erschöpfung. Kann nach einer Welteroberung schon mal passieren: 1984 hatten die fünf Briten auf der World Slavery Tour elf Monate lang in 28 Ländern auf vier Kontinenten gespielt – und zwar satte 193 Shows vor geschätzten 3,5 Millionen Fans. Der Preis: Bruce Dickinson (Gesang), Steve Harris (Bass), Dave Murray (Gitarre), Adrian Smith (Gitarre) und Nicko McBrain (Schlagzeug) sind fix und fertig. Deshalb fordern die Musiker sechs Monate Pause. Daraus werden zwar nur vier, doch zum allerersten Mal seit Jahren steht die Maiden-Maschine ein Weilchen still.
Neues Spielzeug
Die Konsequenzen hört man: Harris, Smith und Murray experimentieren mit Gitarrensynthesizern, mit denen sich Keyboardsounds über die Gitarre und den Bass erzeugen lassen. Dickinson indes zweifelt an seiner Motivation und will musikalisch in eine andere Richtung. Er komponiert vor allem akustisches (also stromloses, ruhiges) Material, das von den Kollegen und dem Produzenten aber abgelehnt wird. Der Sänger zeigt sich verletzt, freut sich aber darüber, für eine Weile „nur“ singen zu müssen. Für ihn springt Adrian Smith in die Bresche und liefert im Alleingang mehrere fertige Tracks, die auf einhellige Begeisterung stoßen und Somewhere In Time maßgeblich prägen sollten.
Futuristische Fahrzeuge, klassische Patronengurte: Iron Maiden auf dem Pressefoto für „Somewhere In Time“ – Foto: Aaron Rapoport/Promo
Erst im Januar 1986 geht es zurück ins Studio, genauer: in mehrere Studios. Drums und Bass nehmen Iron Maiden in den Compass Point Studios auf den Bahamas auf, in dem auch AC/DC Back In Black eingespielt hatten. Gitarren und Gesänge bringen die Musiker in den Wisseloord Studios im niederländischen Hilversum auf Band, abgemischt wird schließlich in den Electric Lady Studios in New York. Damit wird Somewhere In Time nicht nur zum teuersten Album der bisherigen Bandkarriere, sondern auch zum technisch ambitioniertesten. Wie für die Beständigkeit in der Maiden-Welt der Achtziger typisch, ändert sich an der sonstigen Formel wenig. Die Produktion übernimmt ein weiteres Mal Stammproduzent Martin Birch.
Fünf Minuten mindestens
Somewhere In Time erscheint am 29. September 1986 und steigt in Großbritannien auf Platz drei ein. In den USA schafft die Band mit Platz elf ihre bis dato beste Platzierung. Auf dem Cover prangt natürlich das unvergleichliche Iron Maiden-Monster Eddie in einem aufwändigen Science-Fiction-Gemälde. Schon im Intro der ersten Nummer, dem vom Film Blade Runner inspirierten Quasi-Titelstück Caught Somewhere In Time aus der Feder von Steve Harris, hören die Fans die besagten Gitarren-Synthesizer. Doch am grundsätzlichen Stil von Iron Maiden hat sich nichts geändert. Es galoppiert der Bass, wie es sich gehört, die Gitarren riffen, und Dickinson lässt seine Sirenenstimme aufheulen. Wo Iron Maiden drauf steht, ist Heavy Metal drin, vermutlich bis ans Ende aller Tage. Allerdings klingt Somewhere In Time insgesamt weniger rau, sondern bei gleichem Energieniveau erwachsener, vielschichtiger und, wenn mal so will, futuristischer.
Von den acht Songs fällt keiner kürzer aus als fünf Minuten aus, das Gros stammt von Steve Harris, drei Beiträge kommen von Adrian Smith. Dazu gehört die erste Single Wasted Years, in der Maiden so eingängig klingen wie es nur geht, ohne ihren eigenen Sound zu verlieren. Der Text erzählt von Heimatlosigkeit und Entfremdung – ein klarer Kommentar zur endlosen World Slavery Tour. Als Wasted Years drei Wochen vor dem Album als Single ausgekoppelt wird, sieht man auf dem Cover das Cockpit einer Zeitmaschine, in deren Armaturenbrett sich der Kopf von Eddie spiegelt. Der Grund: Sein neues Aussehen sollte nicht vor Erscheinen des Albums verraten werden, schließlich hat das Maskottchen mittlerweile Kultstatus erreicht.
Auf der Vorabsingle durfte Eddie sich noch nicht ganz zeigen…
Filme und Bücher als Inspiration
Das folgende Sea Of Madness, ein dramatischer Uptempo-Banger, stammt ebenfalls von Smith, setzt aber keine besonderen Akzente. Für Heaven Can Wait, einen Harris-Song über eine Nahtoderfahrung, rekrutieren Maiden die Gäste einer Kneipe, um die „Oh-Oh“ -Fußballchöre im Mittelteil einsingen zu lassen.
Das ebenso harte wie vertrackte The Loneliness Of The Long Distance Runner basiert nicht nur im Titel auf einer Kurzgeschichte des britischen Autoren Alan Sillitoe. Stranger In A Strange Land hingegen geht direkt ins Ohr und wird deshalb als zweite Single ausgekoppelt. Inspiriert wurde Adrian Smith hierfür durch ein Gespräch mit einem Arktisforscher, der einen gefrorenen Körper im Eis gefunden hatte. Vom gleichnamigen Science-Fiction-Roman von Robert A. Heinlein hingegen leiht sich Smith lediglich den Titel.
Egal, wo und wann: Eddie ist immer cool
Die Credits für Deja-Vu teilt sich Harris mit Dave Murray, der im Schnitt für jedes zweite Album einen Song beisteuert. Alexander The Great stammt vom Bassisten alleine und reiht sich mit einer Spielzeit von achteinhalb Minuten in den Reigen der großen Maiden-Epen ein, diesmal mit explizit historischem Bezug.
Ein Cover wie ein Bildband
Ein sicherer Hit ist zweifelsfrei das Artwork der Platte: Hier steht Eddie als Weltraum-Terminator mit Cyborg-Auge und Laserpistolen in einer futuristischen Stadt, die vor Details nur so überquillt. Der Künstler Derek Riggs, der Künstler hinter diesem Werk, erinnert sich an den Arbeitsauftrag: „Wir haben uns eigens in Amsterdam getroffen und drei Tage lang über das Cover gesprochen. Sie wollten eine Kulisse wie in Blade Runner, eine Science-Fiction-Stadt.“ Um das zu erreichen, erschafft Riggs eine Skyline mit Werbeslogans und Firmennamen, die er größtenteils erfindet, um Copyright-Probleme zu vermeiden. Dabei dreht er richtig auf und auch ein wenig durch.
Immense Detailfülle und jede Menge versteckte Späßchen: Das Artwork aus der Feder von Derek Riggs
Wer genau hinguckt, kann unter anderem erkennen: den Sensenmann und die Katze mit Heiligenschein von Live After Death, den abstürzenden Himmelsstürmer aus Flight Of Icarus, ein Flugzeug über der „Aces High Bar“ , das „Ancient Mariner Seafood Restaurant“, ein Straßenschild zur „Acacia Avenue“ , ein Konzertposter mit dem Ur-Eddie, die Dame aus Charlotte The Harlot, die Tardis aus Doctor Who, Batman, eine Uhr, die zwei Minuten vor Mitternacht anzeigt, das „Phantom Opera House“ , den Ruskin Arms Pub (eine der ersten Spielstätten der Band) sowie die exakt gleiche Straßenlaterne wie auf dem Cover des Debüts. Irgendwo steht sogar auf Japanisch „Pickelcreme“ , auf Russisch „Joghurt“ und in Spiegelschrift „Dies ist ein sehr langweiliges Gemälde“. Drei Monate sitzt Derek Riggs an dem Werk, mitgezählt eine mehrwöchige Zwangspause, weil er irgendwann Halluzinationen bekommt und aussetzen muss. Kurzum: Das Cover ist Wahnsinn. Und absolut großartig.
…und die Rückseite ist genauso bombastisch.
Auf die Straße. Natürlich.
Natürlich geht es für die fünf Musiker umgehend auf Konzertreise: Der Somewhere On Tour getaufte Trek zieht von September 1986 bis Mai 1987 um die Welt, mit dabei ein überdimensionaler Cyborg-Eddie, der über die Bühne spaziert, zwei riesige Podeste rechts und links in Form von Monsterkrallen, eine aufwändige, sehr helle Lightshow sowie ein pulsierendes Leuchtherz als Teil von Bruces Bühnenoutfit.
Somewhere On Tour: Dave Murray schreddert, Eddie guckt kritisch – Foto: Ebet Roberts/Redferns/Getty Images
So stressig und geradezu selbstmörderisch wie zwei Jahre zuvor auf der World Slavery Tour sollte es jedoch nicht mehr werden, auch die Zeiten, in denen Iron Maiden jedes Jahr ein Album und eine Welttour hinlegen, sind mit Somewhere In Time vorbei. Doch die Metal-Weltherrschaft der Achtziger haben Iron Maiden da längst inne.
Zeitsprung: Am 28.4.1988 starten Iron Maiden ihre Welttournee in einem Kölner Club.
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