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Popkultur

Von Paris nach Kalifornien: Die besten Songs gegen Fernweh!

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Foto: Mike Hewitt/Getty Images

Auch wenn es derzeit nicht danach aussieht: Der nächste Urlaub kommt bestimmt. Und bis wir endlich mal wieder was anderes sehen als unsere eigenen vier Wände, können wir uns mit diesen Klassikern an andere Orte träumen.

von Björn Springorum

Bruce Springsteen: New Jersey

Menschen aus New York City lassen keine Gelegenheit aus, sich über den angrenzenden Bundesstaat New Jersey lustig zu machen. Und die Leute aus New Jersey? Denen könnte das egaler nicht sein. Während sich andere also von den flackernden Lichtern der Weltstadt blenden lassen, schreibt Bruce Springsteen einfach über das, was er vor seiner Haustür vorfindet: Das einfache Leben einfacher Menschen am Atlantik. Aufgewachsen in Freehold, war es vor allem das abgebrannte Küstenstädtchen Asbury Park, das ihm eimerweise Inspiration bescherte. Wie in 4th of July, Asbury Park (Sandy) von seinem 1973 er Werk The Wild, The Innocent And The E-Street Shuffle. Bodenständig, unpoliert, ein bisschen bärbeißig, nach Salzwasser duftend – das Stück reflektiert die Stimmung dieses Ortes. Und setzt den merkwürdigen Gestalten dieser Gegend – Wahrsagern, Obdachlosen, Kellnerinnen – ein Blue-Collar-Denkmal.

Frank Sinatra: Chicago

Die meisten kennen ihn heute für seine Ode an die Stadt, die niemals schläft. Seine Liebeserklärung an Chicago, erstmals veröffentlicht 1922 von Fred Fisher, ist von allen Interpretationen des Stoffes die bekannteste. Und steht Ol’ Blue Eyes besser zu Gesicht als die Geschichte mit New York – auch, aber nicht nur wegen der kriminellen Magie der Stadt. Nicht zuletzt disst Sinatra sein anderes Baby New York City mit der Zeile „On State Street, that great street, I just want to say, they do things they don’t do on Broadway“. Chicago war eben immer schon ein bisschen verwegener als die Metropole am Hudson. Und Chicago (That Toddlin’ Town) fängt genau das ein.

Pulp: Sheffield

Es gibt ja durchaus Städte, die man mit Sinnlichkeit und Lust in Verbindung bringt. Paris, Rio de Janeiro, Amsterdam, Barcelona. Sheffield, dieser Koloss aus Stahl und Beton im grauen Norden Englands, gehört eigentlich nicht dazu. Pulp sehen das anders. Wie die Arctic Monkeys oder Def Leppard, tragen auch sie maßgeblich dazu bei, dass man Sheffield als Musikhauptstadt wahrnimmt. Aber als sexuell anregend? Klar, wie Sheffield: Sex City beweisen will. Ist dann doch eher eine triste Spoken-Word-Performance, eingebettet in Electronica und ein Fall von Sinnlichkeit. Eines machen Pulp Anfang der Neunziger aber dann doch unabsichtlich richtig: Sie verpassen dem monochromen, bleiernen Image ihrer Heimatstadt den richtigen Soundtrack.

Leonard Cohen: New York

Man könnte Bücher füllen mit Songs über New York. Ach was, ganze Plattenläden. Es gibt die offensichtlichen (New York, New York), die Seltsamen (Cabbies On Crack) – und es gibt die Sublimen. Die Kostbaren, die man nur sehr selten anhört, weil man Angst hat, ihren Zauber zu verwischen. Chelsea Hotel #2 von Leonard Cohen ist so einer. Der Ort ist ebenso selbsterklärend wie die Stadt oder die Zeit, in der sich diese tragische kleine Romanze zweier Menschen ereignet hat. Singt Cohen hier über seine Begegnung mit Janis Joplin? Es ist vollkommen egal, weil dieses Stück Musik wie des Öfteren bei Cohen alles transzendiert und für das große Ganze steht. Für die Großstadt, die Anonymität, die Einsamkeit und das menschliche Verlangen nach Nähe.

Tom Petty: Los Angeles

Ähnlich wie ihre Schwester an der Ostküste, wurde auch die Stadt der Engel an der Westküste unzählige Male besungen, verflucht, beschworen und verwünscht. Natürlich reiht sich auch der Freigeist Tom Petty ein, der Heartland-Hero, der so ziemlich jede Region der USA bereist, besungen und mit seiner Musik bekehrt hat. Simpler vielleicht als viele seiner Kolleg*innen, widmet sich Petty in Free Fallin‘ einfach der verführerischen Vorstellung, alles hinter sich zu lassen und einfach den Freeway zu nehmen. Klassisches Roadtrip-Futter, glänzend und auch ein wenig abgründig wie Los Angeles selbst.

Scott McKenzie: San Francisco

Klar ist das hier eine naive Nummer. Klar kippte der Summer of Love irgendwann. Aber das hier ist 1967, das hier sind lange Matten, Blumen in den Haaren, Schlaghosen und freie Liebe. Was Scott McKenzie mit San Francisco (Be Sure To Wear Flowers In Your Hair) schafft, ist eine zeitlose, unschuldige, wunderschöne Psych-Pop-Hymne an eine Stadt, die zugleich zum einem Mantra für eine gesamte Bewegung wird. Nebensache: Die Nummer wurde eigentlich produziert, um Werbung für das Monterey Pop Festival im Sommer 1967 zu machen. Sagen wir es so: Es macht bis heute Werbung für die gesamte Gegenkultur der Sechziger.

Simon & Garfunkel: USA

Ah, das alte Amerika war ein sagenumwobener Ort. Ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten, ein Sehnsuchtsort, an dem man wirklich noch vom Tellerwäscher zum Millionär werden konnte. Genau dieses untergegangene, heute beinahe mythisch erscheinende Amerika besingen Simon & Garfunkel in America, einer Immigrantenhymne auf eine schöne, bessere Zeit.  Davon ist ziemlich wenig übrig geblieben.

The Clash: London

Schon klar, London Calling ist nicht unbedingt geeignet, um Werbung für die Stadt an der Themse oder das bröckelnde Königreich drumherum zu machen. Dennoch stehen wenige Songs so für London zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt als dieser mächtige, zu gleichen Teilen aufputschende und bedrohliche Klassiker von The Clash: Nervös, klaustrophobisch und aussichtslos wie das eben 1979 so war in London und im Rest der Welt. Und historisch korrekt war er auch. „London is drowning and I live by the river“, so geht bekanntlich eine berühmte Zeile aus dem Stück. Wenn man jetzt weiß, dass die Thames Barrier erst drei Jahre nach Komposition dieses Songs errichtet wurde, bekommt man eine Vorstellung davon, wie man in Central London Regen und Hochwasser gegenüberstand. Lieber mal die Gummistiefel rausholen…

Édith Piaf: Paris

Alle haben, wenige dürfen, die wenigsten konnten: Paris in einem kurzen Stück Musik einzufangen, die Lebenskunst, den Geruch, die Farben und Gerüche, das ist die Champions League des Liedermachens. Sous le Ciel de Paris von 1951 schafft das mühelos, ein bittersüßes, federleichtes Stück über das Leben an der Seine. Bis heute ungezählte Male interpretiert, oft schlecht, manchmal gut. Édith Piaf sticht mit ihrem wunderbar dramatischen Gesang klar heraus.

Toto: Afrika

Um die Genese von Totos unkaputtbarem Welthit Africa, der es in letzter Zeit glatt zum merkwürdigen Internet-Hype brachte, ranken sich zahllose Mythen. Ein Fan ging sogar soweit und interpretierte in den Bombast-Pop eine Werwolfgeschichte hinein. Man darf bezweifeln, dass das stimmt, laut Aussagen von Keyboarder David Paich wollte man auf die Situation hungernder Kinder in Afrika aufmerksam machen. Dennoch pumpen Toto eine gehörige Dosis Pathos, Fernweh und Exotismus in Musik und Text und fahren schon bei Veröffentlichung 1982 gewaltige Erfolge damit ein.

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