Popkultur
Die musikalische DNA von Huey Lewis
Rockstars sind im Allgemeinen nicht dafür bekannt, bodenständig und bescheiden zu sein. Im Gegenteil: Sie dürfen es überhaupt nicht sein – sonst wären sie ja keine Rockstars! Oder? Nun ja, Hugh Anthony Cregg III ist ein spezieller Fall. Wer? Na, Huey Lewis natürlich. Hä, wer? Na, der mit The Power of Love! Nein, nein – nicht der Frankie Goes To Hollywood-Song. Erinnert ihr euch denn nicht an Zurück in die Zukunft? Oder an die Szene aus American Psycho, in der Patrick Bateman sein nächstes Opfer mit einer Analyse von Huey Lewis & The News einlullt, bevor er ihn zu den Tönen von Hip To Be Square mit einer Axt hinrichtet? Na, ist der Groschen gefallen? Wer sich nicht an Huey Lewis & The News erinnert, hat die achtziger Jahre entweder nicht erlebt oder kann sich nur nicht erinnern – bei diesem Jahrzehnt durchaus verzeihlich.
Hört euch hier einen Vorgeschmack der musikalischen DNA von Huey Lewis an:
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Falls ihr euch nun nach seinem Befinden fragt: Huey Lewis geht es nach wie vor spitze und er weint nicht vergangenen Tagen hinterher. „Immerhin konnten wir unsere 15 Minuten Ruhm eine echte Viertelstunde lang genießen“, erklärte er gegenüber dem Rolling Stone in Anspielung auf den ikonischen Ausspruch des Künstlers Andy Warhol. „Heutzutage bekommt niemand mehr 15 Minuten. Es sind höchstens dreieinhalb oder so.“ Da spricht jemand, der seine Zeit im Rampenlicht voll ausgekostet hat und sich nicht grämt, weil er seitdem eher durchschnittlichen kommerziellen Erfolg für sich verbuchen konnte. Immerhin: In den achtziger Jahren war leidenschaftliche Mundharmonika-Spieler der größte Rockstar der Welt und prägte den Sound eines ganzen Jahrzehnts. Darauf lässt es sich schon mal bequem ausruhen, oder? Zudem er weiterhin an Musik feilt, vor allem für gefeierte Filmsoundtracks. Bodenständig, bescheiden und fleißig – das ist Huey Lewis.
Wo wir schon beim Film sind – legendär ist eine Szene aus American Psycho, in welcher der Psychopath Patrick Bateman über Huey und seine News referiert. „Er ist mit Elvis Costello verglichen worden“, erzählt Bateman darin Paul Allen, kurz bevor er dessen Blut durch die Gegend spritzen lässt. Stimmt das denn? Werfen wir mal einen Blick auf die musikalische DNA von Huey Lewis, um herauszufinden, welche Musik ihn wirklich beeinflusst hat!
1. Louis Armstrong – Ain’t Misbehavin’
À propos American Psycho: Huey Lewis hat sich über die Interpretation des Stücks durch den Romanautor Bret Easton Ellis sehr gefreut. Denn allgemein wird Hip To Be Square gerne missverstanden und als Lob auf die Spießigkeit interpretiert. Dabei wurde dem kleinen Hugh doch die Gegenkultur geradezu in die Wiege gelegt. Er wächst als Kind einer Künstlerin auf, die gerne Grateful Dead hört und sich im Dunstkreis der Hippies und der literarischen Beatnik-Bewegung herumtreibt. Der Vater hingegen ist ein Jazz-Fan und steckt auch den Filius mit seiner Leidenschaft an – wie auch später in dessen erster erfolgreichen Band Clover zu hören ist.
Noch bis heute betrachtet Huey Lewis die dreißiger und vierziger Jahre als den Höhepunkt der Populärmusik. „Von da an ging es bergab“, meinte er einmal resigniert in einem Interview. Was aber sein Jazz-Favorit ist? Natürlich Satch Plays Fats von Louis Armstrong, das allerdings im Jahr 1955 erstveröffentlicht wurde und auf dem Armstrong Stücke des Jazz-Pianisten Fats Weller wie beispielsweise Ain’t Misbehavin‘ neu interpretierte. „Die Platte spielt außerhalb jeder Wertung“, schwärmte der 1950 geborene Rocker über die Armstrong-LP, die er in jedem Fall auf die einsame Insel mitnehmen würde.
2. Nick Lowe – I Knew The Bride (When She Used To Rock’n’Roll)
In so einem Elternhaus wird natürlich kein Konformist großgezogen. Huey Lewis lernt sein Handwerk auf den Straßen der USA und von Europa, schlägt sich mit seinem Mundharmonikaspiel durch die Welt. In Spanien kann er sich auf einem Trip mit seinen Künsten genug Geld erspielen, um sich den Flieger zurück in die Heimat zu leisten. Ziemlich beeindruckend für einen vagabundierenden Musiker, oder? Nach Europa soll es ihn auch später mit seiner Band Clover ziehen, nachdem Nick Lowe die Band in Los Angeles bei einem Konzert erlebt und nach Großbritannien einlädt. Doch das Timing ist miserabel: Im UK wird der folkige Pub Rock-Sound 1976 vom Punk überschattet, die Chance scheint vertan.
„Johnny Rotten spuckte einem NME-Reporter ins Gesicht und alles war vorüber“, fasste Huey die Geschichte zusammen. „Nick Lowe sollte unsere Platte produzieren, und dann kamen Elvis Costello und Wreckless Eric und schließlich The Damned. Sie starteten Stiff Records, heuerten den Produzenten John ‚Mutt‘ Lange an und sagten: ‚Lass es uns in Amerika versuchen!‘“ Die Freundschaft zwischen Lewis und Lowe beschädigte das aber nicht. Auch als Musiker übrigens verstanden die beiden sich stets prächtig, wie auch das The News-Cover von I Knew The Bride (When She Used To Rock’n’Roll) beweist. Der Lowe-Sound beeinflusste den von Huey Lewis maßgeblich, wie zu hören ist. Obwohl dieser selbst meinte, dem Stück ein „ganz schönes Techno-Feeling verpasst“ zu haben.
3. Elvis Costello – Mystery Dance
À propos Elvis Costello, à propos England: So ganz untätig reisten Clover nicht aus dem Königreich ab. Als sie dort landeten, brach zwar die Punk-Epidemie aus, doch Stiff Records heute Clover für einen anderen Job an. Elvis Costello wollte nämlich seine Karriere starten. „Sie brauchten eine Band für Elvis und haben ihn deshalb mit uns zusammengesteckt“, erinnerte sich Huey. „Ich entsinne mich an die erste Probe mit den Jungs. Alle sagten zu mir: ‚Die Lyrics von dem Typen sind klasse. Glaub uns, der bringt‘s!‘“ Damit hatten sie schließlich auch nicht unrecht, denn Costello sollte einer der größten Rockexporte aus dem UK werden!
Huey selbst war bei den Aufnahmen nicht dabei. „Alex, der Lead-Sänger von Clover, und ich nahmen zwei Wochen Urlaub und fuhren nach Amsterdam“, schmunzelte er in einem Radio-Interview. Wer nicht gebraucht wird, kann sich eben den schönen Dingen im Leben widmen. Was sie dort gemacht haben? „Viele Filme geschaut“, scherzte Huey. Alles klar… So oder so: Obwohl sich das Gerücht hartnäckig hält, so ist auf Costellos My Aim Is True-Album keine Mundharmonika von Huey zu hören. „Aber die Mundharmonika, die nicht auf der Platte zu hören ist – die habe ich gespielt“, frotzelte ein gut aufgelegter Huey im selben Interview. Na dann…
4. Thin Lizzy – Baby Drives Me Crazy
Die Musik Costellos sollte eine Konstante in Hueys Karriere bleiben, wie nicht allein die ikonische Passage aus American Psycho beweist. Mit einer anderen Band verband ihn allerdings noch viel mehr. Auch sie lernte er allerdings in seiner Zeit bei Clover kennen: Thin Lizzy waren die irische Hardrock-Band ihrer Zeit und hatten mit Phil Lynott einen der wohl besten Frontmänner im ganzen Business. Und tatsächlich: Auf einigen Thin Lizzy-Platten ist das markante Mundharmonikaspiel Hueys zu hören, darunter auch das legendäre Live and Dangerous-Album. Im Song Baby Drives Me Crazy liefert Huey ein himmlisches Solo ab.
„Phil war der beste Rock-Performer, den ich je gesehen habe“, erinnerte sich Huey in einem Interview an den tragisch verstorbenen Kollegen. „Er war außerdem eine wundervoll großzügige Person und ein guter Freund. Er hat so viele der heutigen Rock-Musiker beeinflusst. Er sollte in der Rock and Roll Hall of Fame sein!“ Besonders an Lynott gefiel Huey immer die Bühnenpräsenz des Kumpels, den er selbst als „Mentoren“ bezeichnete. Mit Kopfschütteln erinnert er sich an das erste gemeinsame Konzert von Clover und Thin Lizzy: Er und seine Kollegen warteten nervös hinter dem Vorhang, draußen schrie die Crowd begierig nach den Iren. „Und dann geht der Vorhang auf und voilà: ‚Ladies und Gentlemen – Clover!‘“, lachte er.
5. Bob Dylan – Hard Travellin‘
Die Zeiten in Europa haben Huey in jeder erdenklichen Hinsicht geprägt, sein eigener Sound aber bezieht sich klar aus der US-amerikanischen Tradition seiner Heimat. Dort wurde der Blues im Mississippi-Delta geboren und vom schwitzigen Rhythm and Blues der Südstaaten aufgepäppelt, bis ihn Elvis Presley und andere dem weißen Mainstream beibrachten. Doch die USA haben musikalisch natürlich noch mehr zu bieten und Huey wird euch jederzeit den Einfluss von Country-Legenden oder dem Folk-Barden Bob Dylan auf sein Schaffen bestätigen. Auch wenn das Verhältnis zum kauzigen Robert Allen Zimmermann sich nicht immer einfach gestaltete.
Besonders denkwürdig scheinen Huey heute noch die Aufnahmen zur Charity-Single We Are The World. „Ich erinnere mich dran, in einer Pause mit Willie Nelson über Golf gesprochen zu haben. Dylan kam rüber und meinte: ‚Ihr Kerle sprecht über Golf? GOLF? Das ist ungeheuerlich!‘“, lachte Huey. „Ich meinte nur: Nein, Bob. Nashville Skyline war ungeheuerlich. Golf ist Golf.“ Dennoch schickte ihm Dylan eines Tages ein Stück – doch Huey nahm es nie auf! „Es war ziemlich gut“, kopfschüttelte er zerknirscht. „Wenn es um Bob Dylan geht, fange ich zu zittern an.“ Besonders viel Ehrfurcht hat er vor dem Arbeitseifer des Hard Travellin‘-Sängers. „Auf der Bühne zu stehen ist das Schönste auf der Welt für ihn und deshalb macht er das alles.“
6. Isaac Hayes – Soulsville
Neben Jazz, Rock und seinen Vorläufern sowie Country und Folk hat Huey noch eine ausgewiesene Schwäche für den Soul. Lieber noch als den sanften, samtigen Trademark-Klang der Motown-Platten scheint ihm der Rock-verwurzelte Stax-Sound zu sein. Zwar erinnert er sich ebenso gern daran, mit seinen Idolen Stevie Wonder und Bruce Springsteen auf der Bühne gestanden zu haben, sein Herz pochte aber noch für den Rhythm and Blues. „Als wir im Kindesalter ins Filmore gegangen sind, habe ich mir nicht Jefferson Airplane angeschaut, sondern Muddy Waters.“ James Cotton, Otis Redding – sein Herz schlug immer schon für eine bestimmte Art von Blues, Rock und Soul, wie sie vor allem in Memphis gebraut wurde.
Am deutlichsten wird das mit Blick auf Soulsville, auf dem Huey 2010 dem Label Stax eine ganze Tribute-Platte widmete. Neben der Musik von Solomon Burke oder Isaac Hayes, von dem sich die Platte ihren Titel lieh, war Huey auch stets von den sozialpolitischen Implikationen des Stax-Imprints begeistert. „Schau dir Booker T. und die MGs an – zwei Schwarze und zwei Weiße. Deren Gesichter konntest du damals nicht aufs Cover packen“, erzählte er eifrig. „Wenn du über diese integrativen Musik-Sessions im Süden während der Fünfziger und Sechziger nachdenkst, damals war die Gesellschaft ja noch segregiert… Jetzt haben wir eine integrierte Gesellschaft – aber segregierte Musik!“
7. Steely Dan – Hey Nineteen
Es überrascht kaum, dass der Sohn einer Hippie-Mutter, der schon in jungem Alter viel von der Welt sah, nichts von Rassismus hält. Allgemein ist der Jazz-Fan kein Freund von irgendwelchen Reinheitsgeboten, wie sich auch in seiner Musik zeigte. Mit den News brachte er Rock-Musik auf ein neues Level, weil er nicht davor zurückschreckte, neue Mittel einzusetzen. „Unser Stil war, etwas Altes zu nehmen und was Neues draus zu machen“, sagte er lakonisch. Was das bedeutete? „Dass es unsere Idee war, moderne Technologie als Kuchen zu nehmen und Saxofon und Stimme darüber zu streichen, als wäre es Zuckerguss.“ So, so!
Ausschlaggebend war die legendäre Fusion-Band Steely Dan, die mit gutem Beispiel voranging. „Damals gab es kein Internet, keine Jam-Band-Szene. Das Kurzwellenradio war komplett durchprogrammiert und es gab keinen direkten Weg zum Erfolg“, rekapitulierte Huey die Anfangstage seiner Band. Als die Band aber an den Aufnahmen zu Sports saß, hörten sie das 1980 veröffentlichte Steely Dan-Stück Hey Nineteen. „Sie haben es mit einer LinnDrum aufgenommen“, erinnerte er sich. Er erinnert sich aber nicht ganz korrekt: Die Drummachine wurde erst 1982 eingeführt, Steely Dan hatten einen Tontechniker dazu engagiert, ihnen eine eigene Maschine – genannt „Wendel“ – maßzuschneidern. Wie dem aber auch sei: Mit dem Einzug von elektronischen Mitteln in die Rock-Welt brach ein neues Zeitalter an.
8. Ernest Gold – Theme From Exodus
Ja, die Zeiten ändern sich und das nicht immer unbedingt zum Besseren. Das musste Huey am eigenen Leib erfahren, denn seine 15 Minuten Ruhm waren nach dem Erfolg seines Überalbums Sports bald wieder herum. Gut, dass er sich schon zu Anfangszeiten ein zweites Karrierestandbein aufbaut. Exodisco lautete der Titel einer recht ungewöhnlichen Cover-Version vom Exodus Film-Theme, den ursprünglich Ernest Gold geschrieben hatte. Gemeinsam mit den News machte Huey 1979 eine fast fünfminütige Disco-Nummer aus dem ikonischen Stück, damals noch unter dem Namen American Express.
Das Interesse für Film-Soundtracks sollte sich im Laufe der Jahre verstärken und bald schon saß Huey selbst hinter den Reglern und war natürlich – siehe Zurück in die Zukunft – in einer Reihe von Filmen und Fernsehserien zu sehen. Exodisco landete ihm nicht nur einen Plattenvertrag mit Phonogram, sondern stand auch am Anfang seiner umfassenden Arbeit als Filmkomponist (für etwa Pineapple Express) beziehungsweise als Musiker, dessen Stücke in ikonischen Filmen eine zentrale Rolle spielen (beispielsweise Big).
9. Smokey Robinson – Cruisin’
Nicht nur auf dem Soundtrack, sondern auch in den Credits einiger Filme ist Hueys Name zu lesen gewesen. So auch im Streifen Traumpaare, der eine eher kuriose Geschichte erzählt. Huey ist darin als ein abgehalfterter Karaoke-Sänger zu sehen, der bei der Beerdigung seiner Ex-Frau eine junge Dame kennenlernt. Schnell stellt sich raus, dass es sich bei der mysteriösen Liv um seine Tochter handelt, von der er bis zu diesem Zeitpunkt gar nichts wusste. Was läge also näher, gemeinsam an einem Karaoke-Wettbewerb teilzunehmen? Genau: Eine ganze Menge. Aber so verworren ist die Story des Films eben…
Kruder Plot hin oder her, im Film überrascht die sonst nur als Schauspielerin bekannte Paltrow im großen Finale des Wettbewerbs mit einer tollen Singstimme. Die Chemie zwischen den beiden scheint zwar nicht unbedingt zu stimmen, das allerdings mag auch an den Lyrics liegen: „This is not a one-night-stand…“ heißt es beispielsweise in Cruisin‘. Ist das wirklich der richtige Song für ein Vater-Tochter-Duett? Sei’s drum. Das Original, einer der größten Smokey Robinson-Hits für Motowns Tamla-Sublabel, hatte immer zwei gefunden, die den Sound des Stücks perfekt einfangen konnten.
10. Ray Parker Jr. – Ghostbusters
Womit wir gleich beim Thema wären: Das tat jemand anderes auch mit I Want A New Drug von Huey Lewis & The News, was dem aber so gar nicht schmeichelte. 1984 zog er sogar vors Gericht, um Ray Parker Jr. zur Verantwortung zu ziehen. Der Name sagt euch nichts? Aber doch, klar! Erneut müsst ihr euer Achtziger-Wissen aktivieren. Woran nämlich denkt ihr, wenn wir „Who you gonna call?“ rufen? Richtig, Ghostbusters! Laut Huey hatte ihn der Kollege dreist für den legendären Theme-Song des Blockbusters beklaut.
Die beiden konnten sich außergerichtlich einigen, doch der Streit war noch lange nicht beigelegt: 2001 verklagte nunmehr Parker Lewis dafür, in einer Behind the Music-Episode über den Prozess gesprochen zu haben, obwohl er eigentlich eine Geheimhaltungsvereinbarung unterzeichnet hatte. Uff! Noch bis heute ist Huey sichtlich genervt, wenn er darauf angesprochen wird. Mehr konnte er sich für Weird al Yankovics grandiose Coverversion I Want A New Duck erwärmen – und metzelte den Kollegen doch mit einer Axt nieder. Nein, nicht im echten Leben, sondern nur für einen Videoclip, in welchem die beiden die legendäre Szene aus American Psycho persiflierten. Typisch Huey: bescheiden, bodenständig, selbstironisch – nicht viele Rockstars können das von sich behaupten!
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von Sina Buchwitz und Christof Leim
Viele Popstars wagen im Laufe ihrer Karriere einen Ausflug in die „benachbarte“ Film- und Fernsehwelt. Pop-Urgestein Madonna bildet da keine Ausnahme: Sie spielt zwischen 1985 und 2002 in 18 Spielfilmen mal größere, mal kleinere Rollen mit ebenso variierendem Erfolg. Ihr Debüt in A Certain Sacrifice von 1979 bringt ihr 100 Dollar – und dem Regisseur ein „Fuck You“.
Hier könnt ihr das Album Like A Virgin anhören:
Mitte der Achtziger brennt sich Madonna für immer in die Netzhaut der Popkultur: In Brautkleid und Bustier singt die Meisterin der Provokation erst bei den MTV Awards Like A Virgin und schockt damit die konservativen USA, um wenig später im Musikvideo zu Material Girl im Marilyn Monroe-Look einmal mehr zu beweisen, dass Männer in ihrer Welt höchstens die zweite Geige spielen. Im Frühjahr 1985 geht Madonna mit dem Album Like A Virgin auf Tour und festigt ihren Status als neue Stil- und Musikikone. Die Platte verkauft sich weltweit über 14 Millionen Mal. Zur gleichen Zeit feiert sie ihr Debüt auf der Kinoleinwand mit Desperately Seeking Susan (hierzulande: Susan… verzweifelt gesucht).
Ein kleines Stück vom Glück
Nun möchte auch jemand anders ein Stück von Madonnas Ruhm abhaben und veröffentlicht am 1. Oktober 1985 Madonnas eigentliches Filmdebüt. Das hatte sie bereits 1979 gedreht, bis dato war es aber nie an die Öffentlichkeit gelangt. Und das unterscheidet sich deutlich vom Hochglanz-Hollywood-Streifen Desperately Seeking Susan: In der bizarren Low-Budget-Produktion A Certain Sacrifice spielt Madonna die Rolle der Bruna, einer New Yorkerin, die mit ihren drei „Liebessklaven“ auf der Lower East Side lebt. Als die Figur sich unerwartet in einen jungen Mann verliebt und mit ihrer Clique brechen will, wird sie vergewaltigt. Ein brutaler Ritualmord ist die Folge.
A Certain Sacrifice on Home Video! Madonna’s Dirty Laundry #1985 #Madonna Only $59.95 #RebelHeart #StephenLewicki pic.twitter.com/LRXwkLIUUg
— it’s all madonna’s fault (@madonnas_fault) August 8, 2015
Mit nur 20.000 Dollar produziert Regisseur Stephen Jon Lewicki die 60-minütige Geschichte und zeigt sich vom Einsatz seiner Hauptdarstellerin begeistert. Die hatte sich mit einem dreiseitigen, handgeschriebenen Brief beworben, obwohl nicht mal eine Gage ausgeschrieben war. Letztlich erhält sie als einzige Schauspielerin 100 Dollar, um ihre Miete zahlen zu können.
„Fuck You“, Lewicki!
Sechs Jahre später ist die ursprüngliche Begeisterung für den Film verflogen: Neben einer Vergewaltigungsszene sind es vor allem die Oben-Ohne-Sequenzen, die Pop-Ikone Madonna Sorge bereiten. Über die geplante Veröffentlichung zeigt sie sich entsprechend erbost und versucht, diese zu stoppen. Bei einer privaten Vorführung in Lewickis Apartment reagiert sie schockiert auf das Ergebnis, brüllt „Fick dich!“ und stürmt aus der Wohnung. Im Anschluss verklagt sie Lewicki.
Das Filmposter zu „A Certain Sacrifice
Am 2. August 1985 verliert Madonna den Rechtsstreit jedoch, und der Streifen darf veröffentlicht werden. Nach einigen Filmvorführungen in New York wird A Certain Sacrifice auf Videokassette vertrieben. Die Reaktionen sind überwiegend positiv. So schreibt die New York Post: „Madonna ist sexy wie die Hölle.“ Erwartungsgemäß geistert er heute mit verschiedenen Coverartworks auch durch das Netz. Ihrer Karriere tut die Entblößung keinen Abbruch, im Gegenteil. Nur zwei Jahre später wird sie mit ihrer Who’s That Girl World Tour zur erfolgreichsten Popsängerin der Achtziger.
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Zeitsprung: Am 30.9.1978 veröffentlicht Gary Moore „Back On The Streets“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 30.9.1978.
von Christof Leim und Tom Küppers
Als Gary Moore am 30. September 1978 Back On The Streets veröffentlicht, hat er schon einige Bands hinter sich. Die Platte erscheint unter eigenen Namen, doch er kann auf helfende Freunde zählen. Insbesondere die Herren Lynott und Downey, zwei alte Bekannte aus Dublin, mischen mit.
Hört hier in Back On The Streets rein:
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Dass bei Gary Moore etwas mit Musik gehen würde, zeichnet sich schon früh ab: Mit zehn bekommt er seine erste Gitarre in die Finger, schon im Alter von 16 Jahren wird er 1968 von der Dubliner Band Skid Row rekrutiert (nicht verwandt oder verschwägert mit den gleichnamigen Hardrockern aus New Jersey). Nach dem Ende dieser Truppe gründet er die kurzlebige Gary Moore Band und veröffentlicht 1973 das Quasi-Soloalbum Grinding Stone. 1974 hilft er kurzfristig auf der Bühne und im Studio bei Thin Lizzy aus und betätigt sich parallel bei den Jazzrockern Colosseum II. Als Lizzy Anfang 1977 vor einer gemeinsamen US-Tour mit Queen ohne Gitarrist dastehen, springt Gary wieder ein.
Insbesondere mit Lizzy-Frontmann Phil Lynott versteht sich Moore auf künstlerischer und persönlicher Ebene hervorragend. Doch das Angebot fest bei der seinerzeit populärsten irischen Band einzusteigen, lehnt der Gitarrist noch ab. Zum einen will er seine Colosseum II-Kollegen trotz kommerziellen Misserfolgs nicht im Regen stehen lassen, zum anderen steckt er zu diesem Zeitpunkt schon in den Vorbereitungen für sein erstes „richtiges“ Soloalbum.
Back On The Streets wird im Frühjahr 1978 unter der Aufsicht des legendären Hardrock-Produzenten Chris Tsangarides eingespielt. Neben Studiogrößen wie dem späteren Toto-Schlagzeuger Simon Phillips gastiert mit Phil Lynott und Trommler Brian Downey die Rhythmussektion von Thin Lizzy gleich auf mehreren Stücken. Und auch kompositorisch hinterlässt Lynott deutliche Spuren: Abgesehen von einer gelungenen Neueinspielung des Lizzy-Hits Don’t Believe A Word in balladesker Form profitiert Moore zwei weitere Male von den schöpferischen Fähigkeiten seines Freundes.
Fanatical Fascists zeigt sich von der wuchtigen Simplizität des aufkeimenden UK-Punk inspiriert, für den Lynott große Sympathien hegt. Für die größere Überraschung sorgt Parisienne Walkways: Der gemeinsam von Lynott und Moore geschriebene Schmachtfetzen entpuppt sich als Hit, der im vereinigten Königreich bis auf Position acht der Single-Charts vordringt. Bis heute fesselt die Nummer durch ihre wunderbaren Gitarrenlinien, 2014 trägt sie den japanischen Eiskunstläufer Yuzuru Hanyu gar zum Punkte-Weltrekord im Kurzprogramm. Und selbstverständlich profitiert auch das am 30. September 1978 veröffentlichte Back On The Streets-Album in Sachen Verkaufszahlen von diesem kommerziellen Überraschungserfolg.
Eine weitere denkwürdige (weil einzigartige) Performance gibt es im Januar 1979 im Rahmen der BBC-Sendung The Old Grey Whistle Test zu bestaunen. Für diesen Anlass rekrutiert Moore mit Lynott, Lizzy-Klampfer Scott Gorham, Keyboarder Don Airey und Trommel-Gott Cozy Powell eine All-Star-Truppe ersten Kalibers. Die Interpretationen des Titelsongs von Back On The Street und Don’t Believe A Word sind absolut mitreißend, bei letzterem lässt sich Gary selbst von einer gerissenen Saite nicht aufhalten.
Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Gitarrist allerdings bereits wieder mit Thin Lizzy im Studio, um als festes Bandmitglied deren Album Black Rose: A Rock Legend (1979) einzuspielen. Jedoch verlässt er die von Drogenproblemen geplagte Band im Sommer während einer laufenden US-Tournee wieder. Von dem Moment an widmet er sich fast ausschließlich seinen musikalischen Alleingängen, mit denen er in den kommenden Jahrzehnten so wohl im Hard Rock als auch im Blues epochale Gitarrengeschichte schreiben wird.
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Blink-182-Fans wissen: Frontmann Tom DeLonge hat nicht nur ein Faible für Rock, sondern auch für Roswell. Schon seit vielen Jahren interessiert er sich für UFOs, außerirdische Lebensformen und alles, was damit zu tun hat. Mit Monsters Of California bringt er bald seinen ersten Film raus. Und darin geht es natürlich um …
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Hier könnt ihr euch Nine von Blink-182 anhören:
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