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Popkultur

Zeitsprung: Am 12.9.1990 verkünden Stevie Nicks & Christine McVie ihren Ausstieg von Fleetwood Mac.

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Fleetwood Mac 1990 - Foto: Time Life Pictures/DMI/The LIFE Picture Collection via Getty Images

"Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 12.9.1990.

von Jürgen Ehneß und Christof Leim

Bei Fleetwood Mac hat sich das Besetzungskarussell schon seit der Gründung rasant gedreht. Doch als Stevie Nicks und Christine McVie am 12. September 1990 ihren Ausstieg ankündigen, geht eine Ära zu Ende, die 1975 begonnen hat und von musikalischen Geniestreichen ebenso geprägt war wie von Dramen, Drogen und Gewalt.

Hier könnt ihr euch das damals aktuelle Album Behind The Mask anhören:

Kaum eine Band hat sich im Laufe der Jahre dermaßen verändert wie Fleetwood Mac – sowohl personell als auch musikalisch, inklusive eines mehrstufigen Totalumbaus von einer britischen Bluesband zu einer kalifornischen Popgruppe. Und auch das Fundament ist anders verortet als bei gewöhnlichen Truppen: Während sich im Rockzirkus traditionell oft Schlagzeughocker als Schleudersitze erweisen, sind bei Fleetwood Mac tatsächlich die namensgebenden Mick Fleetwood (Drums) und John „Mac“ McVie (Bass) die Konstanten.

Und wieder einer weg …

Als die beiden Frauen des Quintetts am 12. September 1990 verkünden, künftig nicht mehr mit von der Partie zu sein, markiert das einen gewaltigen Einschnitt in der Bandhistorie – und gleichzeitig ein Ereignis in einer langen Reihe ähnlicher Vorfälle. Die Gründe für das Ausscheiden der ehemaligen Bandmitglieder sind dabei so verschieden wie die Charaktere selbst. Blicken wir zurück.

Der ursprüngliche Bandleader/Gitarrist Peter Green bleibt 1970 auf einem LSD-Trip hängen, den er ausgerechnet bei den Münchener Schicki-Kommunarden Uschi Obermaier und Rainer Langhans eingeworfen hat, und will sein Leben daraufhin radikal ändern. Sein Mitstreiter Jeremy Spencer (Gitarre) tritt zum 1971er-Tourauftakt in Los Angeles spontan der Sekte Children Of God bei, verschwindet für fünf Tage spurlos und ist danach dermaßen gehirngewaschen, dass ein Weitermachen bei den Macs völlig ausgeschlossen ist. Der Dritte des ursprünglichen Gitarrentrios, Danny Kirwan, wird auf Grund seines alkoholbedingten unberechenbaren Verhaltens aus der Band geworfen. 

Zündstoff fürs Überalbum

Doch das ist nur der Anfang: Nachdem die Band in Richtung Pop steuert und auf Anraten des Green-Nachfolgers Bob Welch nach Kalifornien übersiedelt, wird sie grundlegend umgebaut: Lindsey Buckingham (Gitarre, Gesang) und Stevie Nicks (Gesang), musikalisch und privat zu dieser Zeit ein Paar, geben dem Sound eine völlig neue Richtung und Qualität – und der Bandgeschichte eine neue interne Ausrichtung. Noch mehr Zündstoff entsteht durch die Tatsache, dass das zweite Paar der Gruppe – Christine McVie (ehemals Christine Perfect, Keyboard und Gesang) und John McVie (Bass) – vor der Trennung steht.

Bereits vor dem alles überragenden kommerziellen wie künstlerischen Erfolg des Überalbums Rumours im Jahr 1977 setzt eine Seifenoper ein, die selbst im Pop-/Rock-Business einzigartig sein dürfte und sich im Plattentitel (deutsch: „Gerüchte“) widerspiegelt. Amouröse Verwicklungen sorgen dabei für nachhaltiges Konfliktpotenzial. So hat etwa Stevie Nicks, in ihrer On-Off-Beziehung noch nicht ganz von Lindsay Buckingham getrennt, eine Liaison mit Mick Fleetwood, der wiederum noch mit Jenny Boyd verheiratet ist – der Schwester von Pattie Boyd, die George Harrison schließlich für Eric Clapton verlässt. Jenny selbst hat zuvor eine Affäre mit dem Fleetwood-Mac-Gitarristen Bob Weston. Christine McVie, nun frisch von Basser John geschieden, pflegt wiederum ein Verhältnis mit einem Crew-Mitglied.

Dramen für Superstars

Alkohol und Kokain spielen eine zunehmend dominierende Rolle bei allen Bandmitgliedern, und man hat es sich zur Gewohnheit gemacht, sich ordentlich die Kante zu geben, bevor man spätnachts die Arbeit im Studio beginnt. Im benebelten Zustand sind massive Wutausbrüche und körperliche Gewalt an der Tagesordnung. Christine und Stevie klinken sich zunehmend aus der Studioarbeit aus und tauchen irgendwann nur noch für ihre Overdubs auf. 

Das erfolgreiche Siebziger-Line-up: Fleetwood, Nicks, McVie, McVie, Buckingham – Foto: Sam Emerson/Warner/Promo

Durch den Megaerfolg von Rumours läuft alles noch mehr aus dem Ruder: Knapp zehn Millionen verkaufte Alben im ersten Jahr lassen die fünf Stars förmlich abheben. Unzählige weitere Dramen folgen, bis Buckingham 1987 schließlich die Band verlässt – woraufhin seine ehemalige Lebensgefährtin mit der Absicht auf ihn losgeht, ihn ins Jenseits zu befördern.

Die Damen schmeißen hin

Damit kommen wir zu den Ereignissen des Jahres 1990: Die beiden Nachfolger des Gitarristen, Rick Vito und Billy Burnette, glänzen hauptsächlich durch Unauffälligkeit, und das erste und einzige Album mit den beiden, Behind The Mask, enttäuscht. Veröffentlicht wird es am 9. April 1990, und wie üblich soll eine Tour folgen, um das Album zu bewerben (damals lief das so, denn das Geld kam tatsächlich über Plattenverkäufe herein). Die Absätze laufen recht ordentlich, und in Großbritannien ergibt das sogar die Spitzenposition der LP-Charts samt Platinauszeichnung. 

Fleetwood Mac 1988 – Foto: Neal Preston/Promo

Wie es um die allgemeine Zufriedenheit bestellt ist, zeigt jedoch der 12. September 1990: Christine McVie, immerhin seit 1970 festes Mitglied bei Fleetwood Mac und wichtige Songschreiberin, und Stevie Nicks, seit 1975 mit an Bord, ziehen beiden die Reißleine und verkünden ihren Ausstieg direkt nach der noch laufenden Tour. Zumindest wollen sie nicht mehr mit den drei Herren unterwegs sein.

Das Ende

Das versetzt nicht den Fans nur einen Schock, sondern markiert zugleich das Ende einer einzigartigen Konstellation, die sich zwar später wieder zusammenrauft, aber nie mehr einen auch nur annähernd ähnlichen künstlerischen Höhenflug hinlegen wird. Christine McVie versucht zu trösten: „Fleetwood Mac wird es immer geben, solange Mick und John dabei sind.“ Doch natürlich ist Stevie Nicks der Publikumsliebling und das Aushängeschild der Band.

Am 7. Dezember steht das finale Konzert der Tour an, danach soll’s ernst werden, auch wenn Mrs. Nicks unter Tränen gesteht: „In meinem Herzen glaube ich nicht, dass das die letzte Show ist.“ Und nicht nur Stevie dürfte feuchte Augen haben, als sie sich von den Fans in Los Angeles mit einer Bomben-Setlist  verabschiedet. Für zusätzliche Rührseligkeit sorgt Lindsey Buckingham, der für drei Songs auf die Bühne gebeten wird – unter anderem für Go Your Own Way, das bereits zu Rumours-Zeiten programmatisch gedacht war und nun eine neue Bedeutung bekommt.

Hin und her und her und hin

Im Falle Christine McVie entpuppt sich das Ausstiegsbekunden als halbes Lippenbekenntnis. Vielleicht liegt es am Mangel an Alternativen, jedenfalls bleibt die Britin der Truppe zunächst noch einige Jahre treu und mischt auch bei der Nachfolgeplatte Time mit. Stevie Nicks jedoch nimmt tatsächlich ihren Hut und macht sich in den folgenden Jahren rar, nicht zuletzt wegen ihrer Sucht nach Klonopin, einem Beruhigungsmittel. Ein eher verhaltenes Lebenszeichen erscheint 1994 in Form ihres fünften Soloalbums Street Angel

Doch 1997 haben die Fans Grund zum Jubeln: Zu einem Reunionkonzert kommen sowohl Stevie als auch ihr Ex-Lover Lindsey wieder an Bord, anschließend tourt die Band in der Rumours-Besetzung durch Nordamerika – danach will Christine McVie erneut aussteigen, wirkt aber bis 2003 noch gelegentlich mit, bevor endgültig Schluss ist. Doch Fleetwood Mac wären nicht Fleetwood Mac, wenn’s das schon gewesen wäre. 2014 steigt Frau McVie nämlich wieder ein. Lindsey Buckingham dagegen macht sich vier Jahre später zum zweiten Mal vom Acker. Wir wiederum warten sehnsüchtig auf die nächste Staffel der Seifenoper.

Zeitsprung: Am 18.1.1974 gehen falsche Fleetwood Mac auf Tour – ganz offiziell.

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Zeitsprung: Am 4.6.1990 verstirbt Punk-Ikone Stiv Bators nach Zusammenstoß mit einem Taxi.

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Foto: Fin Costello/Redferns/Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 4.6.1990.

von Frank Thießies und Christof Leim

Als Sänger Stiv Bators am 4. Juni 1990 in Paris an den Folgen eines Verkehrsunfalls stirbt, ist dies ironischerweise die am wenigsten glamouröse Form des Ablebens für einen Rockstar mit Hang zum Morbiden. Dabei hatte der Sänger der Dead Boys und The Lords Of The New Church Zeit seines Lebens mit der Todessehnsucht gespielt. Ein Rückblick auf den Werdegang einer Legende des Punk und Gothic Rock.

Hier könnt ihr euch Young, Loud And Snotty anhören, das Debüt der Dead Boys:

Joey Ramone höchstselbst hatte ihnen geraten überzusiedeln: Ursprünglich stammen die Dead Boys aus Cleveland, Ohio; in New York City jedoch werden sie schnell eine der Hausbands im CBGB’s, eines legendären Punk-Epizentrums, und zu einem Publikumsmagneten für die aufkeimende Sicherheitsnadel-Szene. Mit ihrem programmatischYoung, Loud And Snotty betitelten Debüt von 1977 und der Punk-Hymne Sonic Reducer sowie ihren drastisch-provokanten, autoaggressiven Bühnenshows macht sich die Band im verrottenden Big Apple einen Namen. Ihr Anführer: Sänger Steven John Bator, genannt Stiv Bators. Bereits ein Jahr später folgt ein zweites Album, We Have Come For Your Children, welches übrigens auch den von Guns N‘ Roses Jahrzehnte später popularisierten Song Ain’t It Fun enthält.

Gothic-Größe

Mag die Band selber auch Spaß an jenen Gigs und den Provokationen haben, so ist sie anfangs doch etwas zu sperrig für einen Mainstream-Erfolg. Hier liegt vermutlich einer der Gründe dafür, dass sich die Dead Boys im Jahre 1979 auch schon wieder auflösen. Vorerst versteht sich. Nachdem Sänger Stiv Bators auf seinem Dezember 1990 erscheinenden Solodebüt Disconnected schon die Punk-Wurzeln zugunsten eines Garagen-Power-Pop-Sounds kappt, verschlägt es den Frontmann kurze Zeit später nach London. Dort gründet er nach der Zwischenstopp-Band The Wanderers 1981 schließlich zusammen mit Leuten von The Damned, Sham 69 und The Barracudas eine neue Supergoup: The Lords Of The New Church. Deren kühler, vergleichsweise gefälliger und gar nicht mehr so stachliger Sound, eine Mischung aus Gothic, Glam, Garagen Rock und einer kleinen Portion Punk, trifft genau den (britischen) Zeitgeist in der Post-Punk-Ära und soll in Sachen Klang und Look zahlreiche nachkommende Düsterrocker wie etwa die finnischen Finsternisfreunde The 69 Eyes maßgeblich prägen. 

Klinisch tot

Ihre ersten drei Alben, The Lords Of the New Church (1982), Is Nothing Sacred? (1983) und The Method To Our Madness (1984), hauen die neuen Gothic-Größen noch im Jahrestakt raus. Auf der Bühne bemüht Bators immer wieder gerne seinen seit Dead-Boys-Zeiten etablierten Mikrofonkabel-Strangulations-Trick. Ein Gimmick, welches dem Sänger 1983 bei einem Gig fast wortwörtlich das Genick bricht: Als Fans zu sehr an der Strippe ziehen, verliert Bators das Bewusstsein und muss gar ins Krankenhaus eingeliefert werden. Für einige Minuten ist er sogar klinisch tot. Sein lakonischer Kommentar dazu soll gelautet haben: „Ich bin einmal fast auf der Bühne gestorben. Wie um Himmels Willen soll man das noch übertreffen?“

Is This The End?

Zwar nicht so kurzlebig wie die Dead Boys, sind auch die Lords Of The New Church nach New Wave-Vorstößen sowie einem Madonna-Cover von Like A Virgin im Sommer des Jahres 1989 für Bators schon wieder Geschichte. Dort fasst der inzwischen in Paris lebende Sänger 1990 den Plan, zusammen mit dem späteren Schlagzeuger der Toten Hosen, Vom Ritchie, plus den Punk-Legenden Dee Dee Ramone und Johnny Thunders eine neue Gruppe ins Leben zu rufen. Doch die kurz unter dem Namen The Whores Of Babylon agierende Formation hat keinen Bestand. 

Als Stiv Bators am 3. Juni 1980 auf der Straße von einem Auto – manche behaupten, es sei ein Taxi gewesen – erwischt wird und so Opfer eines Verkehrsunfalls wird, ahnt der Sänger noch nicht, wie folgenschwer seine Verletzungen sind. Das Krankenhaus verlässt er jedenfalls unbehandelt, nachdem er ein paar Stunden warten musste. Keine gute Idee: Stiv Bators verstirbt in der folgenden Nacht im Schlaf an einem Schädel-Hirn-Trauma. Er wurde 40 Jahre alt. 

Zur arg gewöhnlich anmutenden Todesursache („Rockstar von Taxi angefahren“) kommen in der Folgezeit nicht nur eine, sondern gleich zwei des Rock’n’Roll würdige Mythen: Auf Bators Wunsch hin soll seine Asche von seiner Freundin Caroline Warren über dem Pariser Grab von Doors-Sänger Jim Morrison verstreut worden sein – angeblich jedoch nicht, bevor Warren davon noch schnell ein Näschen geschnupft haben soll. Was letztlich dann doch eine Prise mehr ist, als nur ein Toter-Rockstar-Mythos für Fußgänger…

Zeitsprung: Am 6.8.1996 spielen die Ramones ihre letzte Show

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Zeitsprung: Am 3.6.1983 ermordet „Layla“-Trommler Jim Gordon seine Mutter.

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Jim Gordon

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 3.6.1983.

von Christof Leim

Jim Gordon gehört in den Sechzigern und Siebzigern zu den Besten in Sachen Rock’n’Roll-Schlagzeug. Er spielt auf legendären Alben wie Pet Sounds von den Beach Boys, Pretzel Logic von Steely Dan und Apostrophe von Frank Zappa. Doch Gordon ist krank: Irgendwann beginnt er, Stimmen zu hören. Am 3. Juni 1983 schließlich kommt es zu einer Tragödie…

Hier könnt ihr das legendäre Album von Derek & The Dominos reinhören:

Derek & The Dominos 1970. Ganz links: Jim Gordon.

Keine Frage, es läuft gut damals für Jim Gordon, sehr gut sogar: Angeblich geht auf der Höhe seines Erfolges die Nachfrage so weit, dass der Drummer jeden Tag zwischen Studiosessions in Los Angeles und abendlichen Auftritten in Las Vegas hin- und herfliegt. Er spielt auf All Things Must Pass, dem ersten Soloalbum von Ex-Beatle George Harrison, und gehört 1970 er zur Bluesrock-Supergroup Derek & The Dominos mit Eric Clapton. Die wird vor allem bekannt mit dem Klassiker Layla. In diesem Song verarbeitet Clapton seine Liebe zu Pattie Boyd, der Ehefrau seines Freundes George Harrison. (Die ganze Geschichte zu dieser verzwickten Situation findet ihr hier.)

Vielleicht gerät das Stück deshalb so eindringlich, denn der Gitarrengott leidet.  Am Schlagzeug: Jim Gordon. Die sieben Minuten lange Nummer endet mit einem langen, elegischen Piano-Outro, das aus Gordons Feder stammt. Zumindest offiziell: Später wird kolportiert, dass er die Idee von seiner damaligen Freundin Rita Coolidge übernommen habe. Die Songwriting-Credits laufen heute noch auf Clapton/Gordon. Das Lied gewinnt sogar später einen Grammy, als Clapton es für sein Unplugged-Album neu auflegt. (Mehr dazu hier.)

Traurige Eskalation

Kurzum: Für Jim Gordon könnte es nicht besser laufen. Nur leider geht es dem am 14. Juli 1945 geborenen Musiker psychisch nicht gut. Er beginnt, Stimmen zu hören, unter anderem die seiner Mutter. Diese Stimmen nötigen ihn zu hungern und halten ihn zusehends davon ab, sich zu entspannen, zu schlafen oder Schlagzeug zu spielen. Seine medizinische Betreuung schätzt die Ursache dieser Probleme falsch ein und behandelt ihn wegen Alkoholmissbrauchs. Das hilft leider nicht.

Am 3. Juni 1983 greift Jim seine 72 Jahre alte Mutter Osa Marie Gordon mit einem Hammer an und ersticht sie mit einem Messer. Später gibt er an, eine Stimme habe ihm das befohlen. Erst nach seiner Verhaftung wird diagnostiziert, dass Gordon massiv an Schizophrenie leidet. Wegen einer vor kurzem beschlossenen juristischen Reform gilt das vor Gericht nur eingeschränkt als Entlastung: Gordon wird am 10. Juli 1984 zu mindestens 16 Jahren Gefängnis verurteilt („16 years to life“). Er ist 38 Jahre alt und sollte nie mehr öffentlich Schlagzeug spielen.

Der erste Anspruch auf Begnadigung steht ihm 1991 zu, doch das Gericht lehnt dies mehrere Male ab. 2005 gibt Gordon an, seine Mutter sei noch am Leben, 2014 erscheint er nicht zur Anhörung. Die Staatsanwaltschaft verkündet, der Inhaftierte sei weiterhin „massiv psychologisch eingeschränkt“ und „eine Gefahr, wenn er nicht seine Medikamente nimmt“. Die Diagnose der Schizophrenie wird 2017 bestätigt, das zehnte Gnadengesuch wird im März 2018 abgelehnt. Jim Gordon verstirbt schließlich am 13. März 2023 im Alter von 77 Jahren in einer medizinischen Strafvollzugsanstalt in Kalifornien.

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Zeitsprung: Am 16.1.1992 spielt Eric Clapton ohne Strom & landet den größten Hit seiner Karriere.

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Popkultur

20 Jahre „Paper Monsters“: Als Dave Gahan richtig laufen lernte

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Dave Gahan HEADER
Foto: Bernd Mueller/Getty Images

Über 20 Jahre singt Dave Gahan die Texte von Martin Gore. Dann erscheint sein Solodebüt Paper Monsters, auf dem er erstmals für alles verantwortlich ist. Für den Depeche-Mode-Frontmann ist es die ultimative Feuertaufe; für viele Fans ein Fragezeichen. 20 Jahre später wollen wir mal schauen, wie die Platte gealtert ist.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr euch Paper Monsters anhören:

Dave Gahans erste Soloplatte erscheint so spät, dass man sich fragt, warum sie überhaupt noch kommt. 2003 hat er mit Depeche Mode alles durch – 20 Jahre an der Spitze einer der größten Pop-Bands der Achtziger, mehrere Überdosen, Nahtoderfahrungen, Suizidversuche, angehimmelt von Millionen und auch intern alle Streits, Ego-Schlachten und Machtkämpfe durch, die so eine Band aus drei Männern eben so mit sich bringt.

Kein egozentrischer Alleingang

Mit anderen Worten: Ein Soloalbum hätte eigentlich viel früher Sinn ergeben. Es kam aber eben nie dazu. Doch genau dieser Umstand macht Paper Monsters zu einer spannenden Ausnahmeerscheinung. Das Album ist nicht das Produkt eines zickigen Frontmanns, der insgeheim denkt, die anderen eh nicht zu brauchen. Es ist ein ehrliches, tief gefühltes Statement eines Künstlers, der nach zwei Jahrzehnten ausschweifendem Leben weiß, wer er ist, was er sagen möchte. Und vor allem, was er an seinen Bandkollegen hat.

Slide-Gitarre und U2

Die große Frage bei Gahans Premiere auf der Solistenbühne ist dann aber trotzdem die, die sich jeder erfolgreiche Bandmusiker bei einem Alleingang stellen muss – egal, ob Phil Collins, Freddie Mercury oder Ozzy: Kann er es überhaupt, so ganz ohne Hilfe? Bei Depeche Mode übernimmt bekanntlich Martin Gore das Gros des Songwriting und der Lyrics, 20 Jahre lang sang Gahan also Texte, die gar nicht von ihm sind. Auf Paper Monsters kommt dann sogar beides von ihm, die Töne und die Worte, und natürlich hört man dem Album an, wessen Lieder der Messias der Popwelt da die letzten Jahre von der Bühnenkanzel predigte: Dave Gahan orientiert sich für sein erstes Soloalbum an Songs Of Faith And Devotion, packt ein wenig melancholische U2-Stimmung drüber und lebt sich spannenderweise an der Slide-Gitarre aus.

Läuterung oder Selbstdarstellung?

Die kommt von Knox Chandler, ein gefragter Studiomusiker, der Dave Gahan auch kompositorisch unter die Arme greift. Paper Monsters ist wie das Depeche-Mode-Album einer Americana-Band – weit, voller Hall, Streichern, Pianos und Gahans innerstem Seelenleben. Denn vor allem das ist dieses Album: Sein großer persönlicher Moment, das erste Mal, dass wir auch in seinen Kopf schauen können. Lyrisch gibt es deswegen auch die volle Nabelschau. Toxische Beziehungen, Alkoholsucht, zehrende Liebeslieder, existentielle Motive und mehr als eine Zeile, die sein Verhalten der letzten 20 Jahre verurteilt. Dave Gahan will Läuterung erfahren, tänzelt aber immer wieder auf der Schwelle zur Selbstdarstellung. Das ist die Gefahr aller Soloalben. Bei Paper Monsters geht es gerade noch mal gut.

Gahans beste Gesangsleistung

Musikalisch entsteht in den New Yorker Electric Lady Studios eine überwiegend ruhige, elegische, verträumte Platte. Produzent Ken Thomas, bekannt vor allem durch seine Arbeit mit Sigur Rós, beschert dem heiliggesprochenen Personal Jesus des Pop einen dichten, atmosphärischen Sound, sorgsam austariert zwischen glitzernder Electronica, endloser Weite, Western-Flair und zerrenden Gitarren. Synthesizer sind überraschenderweise Mangelware auf Paper Monsters. Dann wiederum ist ja irgendwie klar, dass Gahan möglichst viel Raum zwischen sich und seinem Hauptarbeitgeber schaffen möchte. Im Vordergrund steht aber natürlich eh sein größter Trumpf – seine Stimme. Mit Anfang 40 sind seine Tage als größtes Sexsymbol des Planeten so langsam vorüber, da konzentriert er sich lieber ganz auf sein volles, unverkennbares Timbre. Besser singt Dave Gahan auf keinem Depeche-Mode-Album. Das scheint er sich für seinen ganz persönlichen Auftritt aufgespart zu haben.

Bei Erscheinen sorgt Paper Monsters für gemischte Reaktionen und performt auch in den Charts eher unauffällig. So wirklich scheint 2003 niemand zu wissen, was man mit diesem Album anfangen soll. Vor allem wird dann auch seine stimmliche Leistung gelobt (etwa im schleppenden, gitarrenlastigen Hidden Houses), weniger die einzelnen Songs. Durchaus auffällig ist, wie weit Paper Monsters vom damals aktuellen Depeche-Mode-Album Exciter entfernt ist. Man kann es als also durchaus Statement sehen, dass Gahan mit dem experimentellen und elektronischen Sound seiner Hauptband nicht allzu zufrieden war. Zeigt auch das, was danach passiert: Auf Playing The Angel geht es 2005 wieder deutlich organischer zu. Und noch etwas ist neu: Erstmals steuert Gahan drei Songtexte bei. Hat also doch etwas bewirkt, dieser erste Alleingang. Zumindest für ihn persönlich.

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