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Popkultur

Zeitsprung: Am 3.9.2002 wagen In Flames etwas mit „Reroute To Remain“.

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Foto: Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 3.9.2002."

von Christof Leim

Im September 2002 wagen In Flames etwas: Die schwedischen Pioniere des Melodic-Death-Metal-Sounds klingen auf Reroute To Remain wesentlich griffiger als früher. Das gefällt nicht allen alten Fans, aber den meisten – und bringt die Band nicht nur musikalisch weiter, sondern auch vor viel neues Publikum.

Hier könnt ihr Reroute To Remain anhören:

Natürlich hört man auf Album Nummer sechs den Stil noch, den In Flames seit den frühen Neunzigern zusammen mit ihren Landsleuten At The Gates, Dark Tranquillity und Soilwork kultiviert haben: Melodic Death Metal, also rüdes Todesgebolze mit melodischen Riffs und Hooklines aus dem traditionellen Headbanger-Stoff – wofür vor allem die Briten Carcass 1993 mit Heartwork eine wichtige Grundlage gelegt hatten. Diesen oft „Göteborg-Sound“ getauften Stil ergänzen sie auf Reroute To Remain großzügig: Sie hauen zwar noch ordentlich rein, schaffen aber das Kunststück, die neuen Songs gleichzeitig unverschämt eingängig klingen zu lassen.

Sogar mit Hitsingles

Das liegt am verstärkten Einsatz von Klargesang, Chören und Keyboards neben Gebrüll und Gehämmer sowie modernen, weniger underground-igen, mitunter sogar poppigen oder folkigen Einflüssen. Vor allem feuert das Quintett auf der Platte Hooklines und Ohrwürmer ab, dass es nur so eine Art hat. Oder kurz gesagt: Die Songs sind gut. Die Riffs machen immer noch die Musik, keine Frage, aber In Flames legen hier einen großen Schritt hin, der sich schon zwei Jahre vorher an einigen Stellen des Vorgängers Clayman und insbesondere im Bandklassiker Only For The Weak abgezeichnet hatte. Anscheinend gefällt Anders Fridén (Gesang), Björn Gelotte und Jesper Strömblad (Gitarren), Peter Iwers (Bass) und Daniel Svensson (Schlagzeug) ihre modernisierte Ausdrucksform gut, denn sie packen ganze 14 Songs auf das neue Werk, unter denen sich einige manchmal übersehene Schätzchen verstecken.

In Flames 2002 – Foto: Promo

Die Platte erscheint am 3. September 2002 im wichtigen US-Markt (in Europa schon einen Tag früher) mit dem Untertitel Fourteen Songs Of Conscious Insanity. Zum ersten Mal wird ein In-Flames-Album begleitet von zwei offiziellen Single-Veröffentlichungen: Trigger und Cloud Connected sind in den folgenden Jahren aus keiner Zappelbude und auch von keiner Live-Setlist wegzudenken. 

Klopperei unter Kumpels

Der Clip zu Trigger zeigt eine lustige Kooperation mit den Kumpels von Soilwork: Die machen sich bei einem Auftritt von In Flames über die Band lustig, später kommt es zu einer Schlägerei, bei der In Flames gewinnen. Im folgenden Jahr veröffentlichen Soilwork ein Filmchen zu Rejection Role, das die gleiche Handlung zeigt, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Dass die Szene in Göteborg zusammenhält, zeigt sich auch an anderer Stelle: Das Artwork zu Reroute To Remain stammt von Dark-Tranquillity-Gitarrist Niklas Sundin. 

Mit der stilistischen Entwicklung zeigt sich die In-Flames-Anhängerschaft nicht in Gänze einverstanden. Die Betonköpfe der Szene kriegen ja üblicherweise bei jedem neuen Element aus Prinzip nervöse rote Flecken, was üblicherweise ein sehr, sehr gutes Zeichen ist. Manche vermissen aber einfach den härteren, naturbelasseneren, todesmetallischeren Sound der Frühwerke wie Whoracle (1997) oder Colony (1999). Unter dem Strich gewinnen In Flames mit dem Album aber vor allem neue Fans und schicken sich an, zum ersten Mal den US-amerikanischen Markt zu erobern: In den Billboard Independent Charts schaffen sie es auf Rang 13. Nicht zuletzt deshalb touren die Schweden als Teil des renommierten Ozzfest durch die Staaten. In Deutschland erreicht die Scheibe Platz 23, der Metal Hammer macht die Platte zum „Album des Monats“. 

Auf Soundtrack To Your Escape (2004) setzen In Flames den Weg dann fort und steigen für eine Weile zu einer internationalen Metal-Größe auf. Was lernen wir daraus: Hooklines haben noch keinem geschadet, solange die Riffs scheppern.

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