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Popkultur

„Wir haben damals die richtige Richtung eingeschlagen“: Joe Elliott über die Anfangsjahre von Def Leppard

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Foto: Dimitrios Kambouris/Getty Images

Was Langlebigkeit und dauerhaften Erfolg angeht, gibt es kaum eine Band, die Def Leppard das Wasser reichen könnte: Die Ikonen aus Sheffield waren schon vor 40 Jahren extrem angesagt – und füllen bis heute die größten Stadien mit ihren energiegeladenen Liveshows.

von Tim Peacock und Renko Heuer

Während sich ihre Alben längst über 100 Millionen Mal verkauft haben, wurden Def Leppard erst 2019 in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen. Die neu aufgelegte 5CD-Collection The Early Years 79-81 beleuchtet eindrucksvoll ihre ersten Schritte auf diesem Weg: Hier kann man hören, wie sie binnen kürzester Zeit Fuß fassen und so das Fundament legen sollten – für einen jahrzehntelangen Höhenflug, der bis heute anhält.


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Die Speerspitze der New Wave Of British Heavy Metal

Bestehend aus den ersten beiden Leppard-Alben On Through The Night und High’n’Dry, die flankiert werden von reichlich Exklusivmaterial, unter anderem ihren BBC Radio 1-Session-Aufnahmen und einem bislang unveröffentlichten Konzertmitschnitt, der im Rahmen der UK-Tour 1980 im New Theatre von Oxford entstand, ist The Early Years 79-81 eine echte Schatztruhe für die Fans: Die Tracklist transportiert einen automatisch zurück ins Jahr 1979, als die Band aus Sheffield gerade erst damit begonnen hatte, sich eine Fanbase aufzubauen. Viele dieser Fans sahen in ihnen damals die Speerspitze jener neuen Entwicklung, die als New Wave Of British Heavy Metal in die Musikgeschichtsbücher eingehen sollte.

Geprägt hatte den zumeist als Akronym verwendeten Sammelbegriff – NWOBHM – der Musikjournalist Geoff Barton, der ihn erstmals im Mai 1979 in der britischen Zeitschrift Sounds gebrauchte. Barton wollte damit das Aufkommen einer neuen Generation von Heavy-Metal-Bands beschreiben: Eine Generation, die sich ab den späten Siebzigern, als die Punk-Welle wieder am Abklingen war, zusammen mit vielen anderen neuen Stilen durchsetzte und sehr schnell immer größer wurde…

Von einer „neuen Welle“ sprach Barton deshalb, weil es so viele Gruppen in England gab, die den Hardrock- und Metal-Sound weiterentwickelten. Wirklich lange durchhalten sollten davon jedoch nur die wenigsten: Von den vielen Anwärtern aus dem Feld der NWOBHM-Bands avancierten genau genommen nur zwei – Iron Maiden und Def Leppard – zu internationalen Superstars. Daneben gab es noch Kandidaten wie Diamond Head oder Venom, die zwar nie dermaßen riesig werden sollten, aber immerhin später als wichtige Einflüsse angeführt wurden – unter anderem von Metal-Ikonen wie Metallica und Megadeth.

„Keine dieser Kategorien ist an uns haften geblieben“

„Auch nach all diesen Jahren versuchen die britischen Medien uns noch immer unter dem Begriff NWOBHM zu verorten, während die Presseleute in den USA uns immer noch am liebsten als ‘Hair Metal’-Band einstufen. Aber keine dieser Kategorien ist wirklich an uns haften geblieben, weil wir als Band irgendwann einfach nur noch für uns standen“, stellt Sänger Joe Elliott im Gespräch mit uDiscover Music klar.

Die Frisuren sitzen. Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

„Genau genommen ist es doch so, dass überhaupt nur zwei relevante Bands aus dieser NWOBHM-Schublade überlebt haben – und zwar wir und Iron Maiden: zwei Bands also, die unterschiedlicher nicht klingen könnten. Wir als Def Leppard stehen doch heute da, wo wir stehen – spielen die größten Stadien, wurden in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen –, weil wir unseren Weg gegangen sind, und nicht weil wir früher mal Teil irgendeiner Bewegung waren.“

Geschadet hat die Einstufung als NWOBHM-Band ihnen dabei gewiss nicht, denn dieses Schlagwort ließ viele Leute damals überhaupt erst hellhörig werden. Nachdem sich Def Leppard als gefeierte Liveband schon viele Fans erspielt hatten und auch Radio-Legende John Peel von der BBC sie früh unterstützt hatte, unterzeichneten sie schließlich ihren Major-Deal mit Phonogram/Vertigo, woraufhin im März 1980 mit On Through The Night ihr Debütalbum erscheinen sollte.

„Wie kleine Kinder im Süßwarenladen haben wir uns gefühlt.“

Für die Aufnahmen zu On Through The Night wurde ihnen der Produzent Tom Allom zur Seite gestellt, bekannt für seine Arbeiten mit Black Sabbath und Judas Priest. Die Sessions fanden im ländlichen Berkshire statt, in den Tittenhurst Park Studios, die einst John Lennon gehört hatten. Der Ex-Beatle hatte dort unter anderem das Video zu Imagine gedreht. Als Def Leppard jedoch die Arbeit an ihrem Erstling begannen, hatte Lennon das Studio längst an Ringo Starr weiterverkauft, der wiederum inzwischen in Los Angeles lebte. Während seiner Abwesenheit ließ sich dort Leben und Arbeiten wunderbar kombinieren.

„Das war eine wahnsinnig tolle Erfahrung“, erzählt Elliott und lacht. „Wir waren alle noch Teenager, hatten gerade einen Vertrag mit dem Label unterzeichnet, bei dem auch Thin Lizzy und Elton John waren, und ich bekam das ehemalige Schlafzimmer von John Lennon für einen ganzen Monat zugeteilt – wir haben uns also wie kleine Kinder im Süßwarenladen gefühlt.“

„Das war echt genial: Da waren wir also, fuhren auf Fahrrädern durch den Garten von John Lennon, tranken Rotwein und veranstalteten große Abendessen mit Tom Allom. Eine fantastische Zeit war das.“

Als sie sich dann an die eigentliche Arbeit machten, rasselte die Band in nur gut einem Tag sämtliche Instrumentalspuren herunter – woraufhin sie, wie Elliott selbst sagt, sich zu viel Zeit für die Overdubs nahmen. Rückblickend habe er das Gefühl, dass On Through The Night davon profitiert hätte, wenn sie in dieser Hinsicht etwas disziplinierter gewesen wären.

„Letztlich ist es ein Dokument, das zeigt, wo wir im Jahr 1979 standen“, sagt er weiter. „Es hätte nie ein so bahnbrechendes Debüt sein können wie etwa die ersten Alben von Boston oder von Van Halen.“

„Andererseits“, ergänzt er dann, „war es auch eine grandiose Startrampe für uns. Mir bedeutet On Through The Night wirklich sehr viel, und wir alle haben die Arbeit mit Tom Allom sehr genossen. Danach jedoch mit Mutt Lange zu arbeiten, das war dann noch mal eine ganz andere Nummer!“

„Einen besseren Tutor hätten wir uns nicht wünschen können“

Gewissermaßen das inoffizielle sechste Mitglied von Def Leppard, hatte tatsächlich niemand so großen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Band wie der aus Südafrika stammende Robert John Lange, Spitzname „Mutt“. Später auch für die Karriere-Meilensteine Pyromania und Hysteria mitverantwortlich, ging er erstmals mit Def Leppard für deren zweites Album High’n’Dry ins Studio (das zweite Album, das in voller Länge auf The Early Years 79-81 vertreten ist). Joe Elliott wusste schon damals, dass Lange genau der Mann war, den seine Band brauchte.

„Als Band ist er uns durch Highway To Hell von AC/DC aufgefallen, aber ich persönlich hatte ihn ehrlich gesagt schon deutlich früher auf dem Schirm“, erzählt Elliott. „Ich fand seine Arbeiten mit The Motors und The Boomtown Rats fantastisch, und ich wusste, dass Mutt so etwas wie der nächste Bob Ezrin oder Ron Nevison war… einer der ganz, ganz großen Produzenten also. Genau genommen hatte ich [den Manager] Peter Mensch schon davor gefragt, ob wir Mutt für On Through The Night gewinnen könnten, aber daraus wurde nichts.“

Peter Mensch konnte Lange aber doch dazu überreden, sich Def Leppard einmal live anzuschauen, als die Band 1980 im Vorprogramm von AC/DC in der Bingley Hall von Stafford spielte. Offensichtlich beeindruckt, bezeichnete der Producer sie als „zwar noch sehr rohen Diamanten, aber darin steckt tatsächlich ein Diamant.“ Als er daraufhin die ersten Demos gehört hatte, erklärte er sich bereit, High’n’Dry zu produzieren. Ganz anders als Tom Allom, der für On Through The Night auf eine entspannte Arbeitsatmosphäre gesetzt hatte, arbeitete Lange mit sehr viel mehr Aufwand und ganz anderen Methoden. Die Pre-Production-Phase dauerte allein mehrere Monate. Der Grund: Er zerlegte so gut wie alle Stücke von High’n’Dry erst mal komplett in ihre Einzelteile und baute sie dann radikal um.

„Es hatte einfach mehr Nachdruck, mehr Eier“

„Die erste Ansage von Mutt war, dass wir uns nicht so viel aus unseren Ideen machen sollten. Schließlich würden wir High’n’Dry von Grund auf neu aufbauen“, erinnert sich Elliott. „Aber es hat sich ja gelohnt. Als das Album dann im Kasten und der Druck weg war, hörten wir uns alles noch mal mit etwas Abstand an – und es war einfach mal um Längen besser als On Through The Night. Das war wirklich kein Vergleich.“

Gespickt mit frühen Meilensteinen wie Let It Go, High’n’Dry (Saturday Night) oder auch der ersten großen Ballade – dem MTV-tauglichen Song Bringin’ On The Heartbreak –, hatte die fünfköpfige Band aus Sheffield mit High’n’Dry ihr erstes substantielles Werk geschaffen. Es sollte dies- und jenseits des Atlantiks die Top-40 erobern und ihnen in den Staaten schließlich sogar zweifaches Platin bescheren. Zugleich war es für Def Leppard das Fundament, von dem aus sie 1983 mit Pyromania in die absolute Top-Liga der Rockwelt durchstarten konnten.

„Wir haben damals die richtige Richtung eingeschlagen“, sagt Joe Elliott rückblickend. „High’n’Dry hatte diesen melodischen Einschlag von On Through The Night, aber es hatte mehr Nachdruck, mehr Eier und auch einfach bessere Arrangements. Auch als Sänger machte ich damals echt große Fortschritte.“

„Die Arbeit an High’n’Dry hat zwar unsere ganze Arbeitsweise auf den Kopf gestellt, aber genau das gab uns auch eine neue Richtung. Der entscheidende Faktor war wirklich Mutt“, sagt er abschließend. „Er war unser Professor und wir seine aufnahmebereiten Studenten. Einen besseren Tutor hätten wir uns nicht wünschen können!“

10 Songs, die jeder Fan von Def Leppard kennen sollte

Popkultur

Zeitsprung: Am 4.6.1990 verstirbt Punk-Ikone Stiv Bators nach Zusammenstoß mit einem Taxi.

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Foto: Fin Costello/Redferns/Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 4.6.1990.

von Frank Thießies und Christof Leim

Als Sänger Stiv Bators am 4. Juni 1990 in Paris an den Folgen eines Verkehrsunfalls stirbt, ist dies ironischerweise die am wenigsten glamouröse Form des Ablebens für einen Rockstar mit Hang zum Morbiden. Dabei hatte der Sänger der Dead Boys und The Lords Of The New Church Zeit seines Lebens mit der Todessehnsucht gespielt. Ein Rückblick auf den Werdegang einer Legende des Punk und Gothic Rock.

Hier könnt ihr euch Young, Loud And Snotty anhören, das Debüt der Dead Boys:

Joey Ramone höchstselbst hatte ihnen geraten überzusiedeln: Ursprünglich stammen die Dead Boys aus Cleveland, Ohio; in New York City jedoch werden sie schnell eine der Hausbands im CBGB’s, eines legendären Punk-Epizentrums, und zu einem Publikumsmagneten für die aufkeimende Sicherheitsnadel-Szene. Mit ihrem programmatischYoung, Loud And Snotty betitelten Debüt von 1977 und der Punk-Hymne Sonic Reducer sowie ihren drastisch-provokanten, autoaggressiven Bühnenshows macht sich die Band im verrottenden Big Apple einen Namen. Ihr Anführer: Sänger Steven John Bator, genannt Stiv Bators. Bereits ein Jahr später folgt ein zweites Album, We Have Come For Your Children, welches übrigens auch den von Guns N‘ Roses Jahrzehnte später popularisierten Song Ain’t It Fun enthält.

Gothic-Größe

Mag die Band selber auch Spaß an jenen Gigs und den Provokationen haben, so ist sie anfangs doch etwas zu sperrig für einen Mainstream-Erfolg. Hier liegt vermutlich einer der Gründe dafür, dass sich die Dead Boys im Jahre 1979 auch schon wieder auflösen. Vorerst versteht sich. Nachdem Sänger Stiv Bators auf seinem Dezember 1990 erscheinenden Solodebüt Disconnected schon die Punk-Wurzeln zugunsten eines Garagen-Power-Pop-Sounds kappt, verschlägt es den Frontmann kurze Zeit später nach London. Dort gründet er nach der Zwischenstopp-Band The Wanderers 1981 schließlich zusammen mit Leuten von The Damned, Sham 69 und The Barracudas eine neue Supergoup: The Lords Of The New Church. Deren kühler, vergleichsweise gefälliger und gar nicht mehr so stachliger Sound, eine Mischung aus Gothic, Glam, Garagen Rock und einer kleinen Portion Punk, trifft genau den (britischen) Zeitgeist in der Post-Punk-Ära und soll in Sachen Klang und Look zahlreiche nachkommende Düsterrocker wie etwa die finnischen Finsternisfreunde The 69 Eyes maßgeblich prägen. 

Klinisch tot

Ihre ersten drei Alben, The Lords Of the New Church (1982), Is Nothing Sacred? (1983) und The Method To Our Madness (1984), hauen die neuen Gothic-Größen noch im Jahrestakt raus. Auf der Bühne bemüht Bators immer wieder gerne seinen seit Dead-Boys-Zeiten etablierten Mikrofonkabel-Strangulations-Trick. Ein Gimmick, welches dem Sänger 1983 bei einem Gig fast wortwörtlich das Genick bricht: Als Fans zu sehr an der Strippe ziehen, verliert Bators das Bewusstsein und muss gar ins Krankenhaus eingeliefert werden. Für einige Minuten ist er sogar klinisch tot. Sein lakonischer Kommentar dazu soll gelautet haben: „Ich bin einmal fast auf der Bühne gestorben. Wie um Himmels Willen soll man das noch übertreffen?“

Is This The End?

Zwar nicht so kurzlebig wie die Dead Boys, sind auch die Lords Of The New Church nach New Wave-Vorstößen sowie einem Madonna-Cover von Like A Virgin im Sommer des Jahres 1989 für Bators schon wieder Geschichte. Dort fasst der inzwischen in Paris lebende Sänger 1990 den Plan, zusammen mit dem späteren Schlagzeuger der Toten Hosen, Vom Ritchie, plus den Punk-Legenden Dee Dee Ramone und Johnny Thunders eine neue Gruppe ins Leben zu rufen. Doch die kurz unter dem Namen The Whores Of Babylon agierende Formation hat keinen Bestand. 

Als Stiv Bators am 3. Juni 1980 auf der Straße von einem Auto – manche behaupten, es sei ein Taxi gewesen – erwischt wird und so Opfer eines Verkehrsunfalls wird, ahnt der Sänger noch nicht, wie folgenschwer seine Verletzungen sind. Das Krankenhaus verlässt er jedenfalls unbehandelt, nachdem er ein paar Stunden warten musste. Keine gute Idee: Stiv Bators verstirbt in der folgenden Nacht im Schlaf an einem Schädel-Hirn-Trauma. Er wurde 40 Jahre alt. 

Zur arg gewöhnlich anmutenden Todesursache („Rockstar von Taxi angefahren“) kommen in der Folgezeit nicht nur eine, sondern gleich zwei des Rock’n’Roll würdige Mythen: Auf Bators Wunsch hin soll seine Asche von seiner Freundin Caroline Warren über dem Pariser Grab von Doors-Sänger Jim Morrison verstreut worden sein – angeblich jedoch nicht, bevor Warren davon noch schnell ein Näschen geschnupft haben soll. Was letztlich dann doch eine Prise mehr ist, als nur ein Toter-Rockstar-Mythos für Fußgänger…

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Popkultur

Zeitsprung: Am 3.6.1983 ermordet „Layla“-Trommler Jim Gordon seine Mutter.

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Jim Gordon

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 3.6.1983.

von Christof Leim

Jim Gordon gehört in den Sechzigern und Siebzigern zu den Besten in Sachen Rock’n’Roll-Schlagzeug. Er spielt auf legendären Alben wie Pet Sounds von den Beach Boys, Pretzel Logic von Steely Dan und Apostrophe von Frank Zappa. Doch Gordon ist krank: Irgendwann beginnt er, Stimmen zu hören. Am 3. Juni 1983 schließlich kommt es zu einer Tragödie…

Hier könnt ihr das legendäre Album von Derek & The Dominos reinhören:

Derek & The Dominos 1970. Ganz links: Jim Gordon.

Keine Frage, es läuft gut damals für Jim Gordon, sehr gut sogar: Angeblich geht auf der Höhe seines Erfolges die Nachfrage so weit, dass der Drummer jeden Tag zwischen Studiosessions in Los Angeles und abendlichen Auftritten in Las Vegas hin- und herfliegt. Er spielt auf All Things Must Pass, dem ersten Soloalbum von Ex-Beatle George Harrison, und gehört 1970 er zur Bluesrock-Supergroup Derek & The Dominos mit Eric Clapton. Die wird vor allem bekannt mit dem Klassiker Layla. In diesem Song verarbeitet Clapton seine Liebe zu Pattie Boyd, der Ehefrau seines Freundes George Harrison. (Die ganze Geschichte zu dieser verzwickten Situation findet ihr hier.)

Vielleicht gerät das Stück deshalb so eindringlich, denn der Gitarrengott leidet.  Am Schlagzeug: Jim Gordon. Die sieben Minuten lange Nummer endet mit einem langen, elegischen Piano-Outro, das aus Gordons Feder stammt. Zumindest offiziell: Später wird kolportiert, dass er die Idee von seiner damaligen Freundin Rita Coolidge übernommen habe. Die Songwriting-Credits laufen heute noch auf Clapton/Gordon. Das Lied gewinnt sogar später einen Grammy, als Clapton es für sein Unplugged-Album neu auflegt. (Mehr dazu hier.)

Traurige Eskalation

Kurzum: Für Jim Gordon könnte es nicht besser laufen. Nur leider geht es dem am 14. Juli 1945 geborenen Musiker psychisch nicht gut. Er beginnt, Stimmen zu hören, unter anderem die seiner Mutter. Diese Stimmen nötigen ihn zu hungern und halten ihn zusehends davon ab, sich zu entspannen, zu schlafen oder Schlagzeug zu spielen. Seine medizinische Betreuung schätzt die Ursache dieser Probleme falsch ein und behandelt ihn wegen Alkoholmissbrauchs. Das hilft leider nicht.

Am 3. Juni 1983 greift Jim seine 72 Jahre alte Mutter Osa Marie Gordon mit einem Hammer an und ersticht sie mit einem Messer. Später gibt er an, eine Stimme habe ihm das befohlen. Erst nach seiner Verhaftung wird diagnostiziert, dass Gordon massiv an Schizophrenie leidet. Wegen einer vor kurzem beschlossenen juristischen Reform gilt das vor Gericht nur eingeschränkt als Entlastung: Gordon wird am 10. Juli 1984 zu mindestens 16 Jahren Gefängnis verurteilt („16 years to life“). Er ist 38 Jahre alt und sollte nie mehr öffentlich Schlagzeug spielen.

Der erste Anspruch auf Begnadigung steht ihm 1991 zu, doch das Gericht lehnt dies mehrere Male ab. 2005 gibt Gordon an, seine Mutter sei noch am Leben, 2014 erscheint er nicht zur Anhörung. Die Staatsanwaltschaft verkündet, der Inhaftierte sei weiterhin „massiv psychologisch eingeschränkt“ und „eine Gefahr, wenn er nicht seine Medikamente nimmt“. Die Diagnose der Schizophrenie wird 2017 bestätigt, das zehnte Gnadengesuch wird im März 2018 abgelehnt. Jim Gordon verstirbt schließlich am 13. März 2023 im Alter von 77 Jahren in einer medizinischen Strafvollzugsanstalt in Kalifornien.

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Zeitsprung: Am 16.1.1992 spielt Eric Clapton ohne Strom & landet den größten Hit seiner Karriere.

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Popkultur

20 Jahre „Paper Monsters“: Als Dave Gahan richtig laufen lernte

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Dave Gahan HEADER
Foto: Bernd Mueller/Getty Images

Über 20 Jahre singt Dave Gahan die Texte von Martin Gore. Dann erscheint sein Solodebüt Paper Monsters, auf dem er erstmals für alles verantwortlich ist. Für den Depeche-Mode-Frontmann ist es die ultimative Feuertaufe; für viele Fans ein Fragezeichen. 20 Jahre später wollen wir mal schauen, wie die Platte gealtert ist.

von Björn Springorum

Hier könnt ihr euch Paper Monsters anhören:

Dave Gahans erste Soloplatte erscheint so spät, dass man sich fragt, warum sie überhaupt noch kommt. 2003 hat er mit Depeche Mode alles durch – 20 Jahre an der Spitze einer der größten Pop-Bands der Achtziger, mehrere Überdosen, Nahtoderfahrungen, Suizidversuche, angehimmelt von Millionen und auch intern alle Streits, Ego-Schlachten und Machtkämpfe durch, die so eine Band aus drei Männern eben so mit sich bringt.

Kein egozentrischer Alleingang

Mit anderen Worten: Ein Soloalbum hätte eigentlich viel früher Sinn ergeben. Es kam aber eben nie dazu. Doch genau dieser Umstand macht Paper Monsters zu einer spannenden Ausnahmeerscheinung. Das Album ist nicht das Produkt eines zickigen Frontmanns, der insgeheim denkt, die anderen eh nicht zu brauchen. Es ist ein ehrliches, tief gefühltes Statement eines Künstlers, der nach zwei Jahrzehnten ausschweifendem Leben weiß, wer er ist, was er sagen möchte. Und vor allem, was er an seinen Bandkollegen hat.

Slide-Gitarre und U2

Die große Frage bei Gahans Premiere auf der Solistenbühne ist dann aber trotzdem die, die sich jeder erfolgreiche Bandmusiker bei einem Alleingang stellen muss – egal, ob Phil Collins, Freddie Mercury oder Ozzy: Kann er es überhaupt, so ganz ohne Hilfe? Bei Depeche Mode übernimmt bekanntlich Martin Gore das Gros des Songwriting und der Lyrics, 20 Jahre lang sang Gahan also Texte, die gar nicht von ihm sind. Auf Paper Monsters kommt dann sogar beides von ihm, die Töne und die Worte, und natürlich hört man dem Album an, wessen Lieder der Messias der Popwelt da die letzten Jahre von der Bühnenkanzel predigte: Dave Gahan orientiert sich für sein erstes Soloalbum an Songs Of Faith And Devotion, packt ein wenig melancholische U2-Stimmung drüber und lebt sich spannenderweise an der Slide-Gitarre aus.

Läuterung oder Selbstdarstellung?

Die kommt von Knox Chandler, ein gefragter Studiomusiker, der Dave Gahan auch kompositorisch unter die Arme greift. Paper Monsters ist wie das Depeche-Mode-Album einer Americana-Band – weit, voller Hall, Streichern, Pianos und Gahans innerstem Seelenleben. Denn vor allem das ist dieses Album: Sein großer persönlicher Moment, das erste Mal, dass wir auch in seinen Kopf schauen können. Lyrisch gibt es deswegen auch die volle Nabelschau. Toxische Beziehungen, Alkoholsucht, zehrende Liebeslieder, existentielle Motive und mehr als eine Zeile, die sein Verhalten der letzten 20 Jahre verurteilt. Dave Gahan will Läuterung erfahren, tänzelt aber immer wieder auf der Schwelle zur Selbstdarstellung. Das ist die Gefahr aller Soloalben. Bei Paper Monsters geht es gerade noch mal gut.

Gahans beste Gesangsleistung

Musikalisch entsteht in den New Yorker Electric Lady Studios eine überwiegend ruhige, elegische, verträumte Platte. Produzent Ken Thomas, bekannt vor allem durch seine Arbeit mit Sigur Rós, beschert dem heiliggesprochenen Personal Jesus des Pop einen dichten, atmosphärischen Sound, sorgsam austariert zwischen glitzernder Electronica, endloser Weite, Western-Flair und zerrenden Gitarren. Synthesizer sind überraschenderweise Mangelware auf Paper Monsters. Dann wiederum ist ja irgendwie klar, dass Gahan möglichst viel Raum zwischen sich und seinem Hauptarbeitgeber schaffen möchte. Im Vordergrund steht aber natürlich eh sein größter Trumpf – seine Stimme. Mit Anfang 40 sind seine Tage als größtes Sexsymbol des Planeten so langsam vorüber, da konzentriert er sich lieber ganz auf sein volles, unverkennbares Timbre. Besser singt Dave Gahan auf keinem Depeche-Mode-Album. Das scheint er sich für seinen ganz persönlichen Auftritt aufgespart zu haben.

Bei Erscheinen sorgt Paper Monsters für gemischte Reaktionen und performt auch in den Charts eher unauffällig. So wirklich scheint 2003 niemand zu wissen, was man mit diesem Album anfangen soll. Vor allem wird dann auch seine stimmliche Leistung gelobt (etwa im schleppenden, gitarrenlastigen Hidden Houses), weniger die einzelnen Songs. Durchaus auffällig ist, wie weit Paper Monsters vom damals aktuellen Depeche-Mode-Album Exciter entfernt ist. Man kann es als also durchaus Statement sehen, dass Gahan mit dem experimentellen und elektronischen Sound seiner Hauptband nicht allzu zufrieden war. Zeigt auch das, was danach passiert: Auf Playing The Angel geht es 2005 wieder deutlich organischer zu. Und noch etwas ist neu: Erstmals steuert Gahan drei Songtexte bei. Hat also doch etwas bewirkt, dieser erste Alleingang. Zumindest für ihn persönlich.

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